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Kapitalanlageberatung misslungen (Dreiländerfond) – Schadensersatzansprüche

 Oberlandesgericht Celle

Az.: 11 U 291/01

Verkündet am 15.08.2002

Vorinstanz: Landgericht Hannover – Az.: 9 O 6161/00


In dem Rechtsstreit hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juni 2002 für Recht erkannt:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 24. August 2001 teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 54.996,60 € (107.564 DM) nebst 8 % Zinsen ab dem 18. Januar 2001 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung an dem Objekt DLF 94/17

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle aus der Ablösung des Darlehensvertrages Nr. ####### mit der B####### Bank AG, #######, entstehenden Schäden zu ersetzen.

3. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird gestattet, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in nämlicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, eine von ihnen zu erbringende Sicherheit in Form einer unbedingten unwiderruflichen unbefristeten selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder eines Kreditinstituts, welches einem namhaften Einlagensicherungsfonds angehört, zu leisten.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 45 % zu tragen und hat die Beklagte 55 % zu tragen.

6. Die Revision wird zugelassen.

7. Die Beschwer beider Parteien übersteigt 20.000 €.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger für eine aus dessen Sicht misslungene Kapitalanlageberatung Schadensersatz zu leisten.

Der Kläger, ein Zahnarzt, beteiligte sich im November 1996 mit einem Betrag von 200.000 DM zuzüglich 10.000 DM Abwicklungsgebühr an der so genannten „Dreiländer Beteiligung Objekt DLF 94/17- Walter Fink KG -„, einem geschlossenen Immobilienfond (im Folgenden: Dreiländerfonds). Zur Zeit der Beteiligung war der Kläger ca. 40 Jahre alt. Der Kläger hat einen Prospekt der Initiatoren dieses Fonds zu den Akten gereicht, der zur 7. Auflage aus dem März 1996 gehört (GA 33 ff.), von dem nicht streitig ist, dass er dem Kläger von dem für die Beklagte tätigen Berater ausgehändigt worden ist. Im Laufe des Berufungsrechtszuges hat die Beklagte einen Prospekt der 8. Auflage aus dem Mai 1996 vorgelegt, der in die hintere Aktentasche von Band IV der Akten genommen worden ist. Auf den Prospekt mit Stand 8.5.1996 nimmt das Beteiligungsangebot Bezug, das der Kläger am 12. November 1996 unterzeichnet hat.

Der Beteiligung des Klägers vorangegangen war eine Beratung durch den für die Beklagte als Handelsvertreter tätigen Berater namens K#######. Im Rahmen der Beratung des Klägers durch den vorgenannten Finanzberater wurde im März 1996 eine so genannte Mandantenanalyse erstellt. Deren Ergebnis ging dahin, dass der Kläger monatlich nach Deckung aller betrieblichen und privaten Kosten und seines Lebensunterhalts 2.029 DM zur freien Verfügung habe (GA 15). Ferner werde bei seinem Rentenbeginn in 25 Jahren voraussichtlich eine Versorgungslücke von monatlich 24.884 DM bestehen.

Die von dem Finanzberater der Beklagten vermittelte Vermögensanlage in dem Immobilienfond wurde vollständig durch einen Kredit finanziert, welchen der Kläger bei der B####### Bank AG zu einem effektiven Jahreszins von 9,17 % aufnahm und für den er ab 1. Februar 1997 eine monatliche Rate in Höhe von 2.205 DM bei einer Zinsfestschreibung bis zum 31. Dezember 2006 zu zahlen hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist dabei der Argumentation der Beklagten gefolgt, für einen als freien Handelsvertreter der Beklagten tätigen Berater nicht einstehen zu müssen. Ergänzend hat es seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger nicht zureichend dargetan habe, durch die Anlage geschädigt zu sein.

Gegen dieses Erkenntnis wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Mit seiner Berufung macht er insbesondere geltend, insoweit falsch beraten worden zu sein, als die Analyse seiner wirtschaftlichen Situation maßgebliche Faktoren nicht vollständig bzw. nicht richtig berücksichtigt habe mit der Folge, dass die zur Schließung einer Versorgungslücke im Alter angebotene Beteiligung im Dreiländerfond gänzlich ungeeignet sei. Schließlich sei er über die in der Beteiligung liegenden Risiken nicht hinreichend aufgeklärt worden. Er teilt die Ansicht des Landgerichts, die Beklagte hafte für das Verhalten des für sie tätig gewordenen Handelsvertreters, nicht. Er bekämpft das landgerichtliche Urteil auch insoweit, als ihm darin zum Vorwurf gemacht wird, einen Schaden nicht hinreichend substantiiert zu haben. Das Landgericht habe die Möglichkeiten der Schätzung aus § 287 ZPO verkannt. Im Übrigen habe er hilfsweise einen umfänglichen Feststellungsantrag angekündigt. Das Feststellungsinteresse ergebe sich schon daraus, dass die Beklagte in erster Instanz die Verjährungseinrede erhoben habe.

Der Kläger behauptet, die in Rede stehende Kapitalanlage sei im Hinblick auf die von dem Handelsvertreter der Beklagten diagnostizierte Versorgungslücke eingegangen worden. Insoweit beruft er sich auf das Zeugnis seines Lebenspartners

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 210.000 DM nebst 8 % Zinsen ab dem 12. November 1996 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung (hilfsweise gegen Abtretung der Rechte aus der Beteiligung) an dem Objekt DLF 94/17 – Beteiligungsnummer #######,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle aus der Ablösung des Darlehensvertrages Nr. ####### mit der B####### Bank AG, #######, entstehenden Schäden zu ersetzen,

hilfsweise

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle aus der unter Ziff. 1 aufgeführten Beteiligung sowie dem zu ihrer Finanzierung aufgenommenen Darlehen gemäß Ziff. 2 resultierenden Schäden zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Beklagte räumt ein, dass dem Kläger durch den für sie tätigen Handelsvertreter Presseberichte, die über den ausgehändigten Prospekt des Dreiländerfonds hinausgehen, nicht vorgestellt worden sind. Sie behauptet aber, der Handelsvertreter habe den Kläger entsprechend den Angaben im Prospekt über die Risiken der Anlage unterrichtet. Die Beklagte bestreitet, dass in der Beratung des Klägers dessen Alterssicherung und eine vermeintliche Versorgungslücke eine Rolle gespielt hätten; der Kläger sei dafür viel zu jung. Im Vordergrund hätten für den Kläger kurzfristig zu erzielende Steuervorteile gestanden; die Beklagte beruft sich insoweit auf das Zeugnis des für sie tätig gewesenen Handelsvertreters K#######.

Ferner hat die Beklagte in diesem Verfahren Presseberichte eingereicht, die auch in dem Parallelverfahren 11 U 341/01, das vom Senat am gleichen Tage verhandelt worden ist und in dem die dortigen Parteien von den nämlichen Prozessbevollmächtigten vertreten werden, eine Rolle spielen. Insoweit wie auch wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst den zugehörigen Anlagekonvoluten Bezug genommen. In dem Parallelverfahren, in dem eine andere Kammer des Landgerichts die Beklagte als zum Schadenersatz verpflichtet angesehen hat, war auch bereits die Frage der Anrechenbarkeit von Steuervorteilen, die das Landgericht verneint hatte, während des ganzen Berufungsrechtszuges Streit- und Diskussionspunkt gewesen, sodass der Senat von einem besonderen Hinweis in dieser Sache wegen dieses Gesichtspunktes abzusehen vermochte.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat überwiegend – bis auf eine Zuvielforderung der Höhe nach – mit den Hauptanträgen Erfolg.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auf Grund einer positiven Vertragsverletzung eines Anlageberatungsvertrages unter Anrechnung von diesem erzielter Vorteile die aus der unter Ziff. 1 seines Hauptantrages aufgeführten Beteiligung sowie dem zu seiner Finanzierung aufgenommenen Darlehen gemäß Ziffer 2 des Hauptantrages resultierenden Schäden zu ersetzen.

1. Vertragliche Verpflichtung zwischen den Parteien

Die Beklagte war dem Kläger im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages zur ordnungsgemäßen Beratung verpflichtet.

Entgegen der Annahme des Landgerichts fehlt es im Falle eines Beratungs- oder Vermittlungsfehlers des für sie tätigen freien Handelsvertreters nicht etwa an der Passivlegitimation der Beklagten.

Der Senat hat bereits in seinen Urteilen zu einem früheren Verfahrenskomplex (vgl. Senatsurteile 11 U 128/96 und andere Gleichlautende vom 28. Oktober 1999; Revision insoweit vom BGH durch Beschluss vom 25. Januar 2001 nicht angenommen; OLG-Report Celle 2001, S. 122 ff) ausgeführt, dass ein Finanzdienstleister, der im Wege des Strukturvertriebes Handelsvertreter für sich tätig werden lässt, grundsätzlich wegen positiver Vertragsverletzung des Beratungsvertrages durch den Handelsvertreter selbst einzustehen verpflichtet ist. Im Einzelnen hat er dazu ausgeführt:

„Dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen wird, ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Anlageinteressent, der deutlich macht, dass er auf bestimmte für ihn wesentliche Anlageentscheidungen bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des anderen in Anspruch nehmen will und der Anlageberater bzw. -vermittler in der Kenntnis dieses Kundenwunsches die Beratung beginnt (vgl. BGHZ 74, 103, 106; OLG Celle, OLG-Report 1999, 162). So liegt es hier zwischen der Beklagten und dem Kläger.

Die Beklagte befasst sich, wie sich aus dem Vorspann des mit dem Mitarbeiter S. geschlossenen und allen anderen Mitarbeiterverträgen ergibt, mit Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung. Sie übt ausweislich Punkt 1.1 der Mitarbeiterverträge ihre Tätigkeit als Handelsvertreterin aus. Sie tritt allerdings grundsätzlich nicht selbst mit Kunden in Kontakt, sondern durch ihr wiederum als selbstständige Handelsvertreter verbundene Mitarbeiter. Dabei macht sie es gemäß Punkt 7.1 des Vertrages ihren Mitarbeitern zu Pflicht, die Kunden sachgemäß aufzuklären und zu beraten, wobei sie es gemäß Punkt 6.5. des Mitarbeitervertrages übernimmt, den Mitarbeiter durch diesem übergeordnete Führungskräfte fachlich zu unterstützen. Sodann verpflichtet sie die Mitarbeiter, ihnen mündlich oder schriftlich erteilte Weisungen einzuhalten (Punkt 7.7. des Vertragswerkes).

Aus diesen in den Mitarbeiterverträgen angelegten organisatorischen Grundstrukturen ergibt sich, dass die Beklagte durch ihre Mitarbeiter gegenüber von diesen zu akquirierenden Kunden Beratungsleistungen hinsichtlich Finanzanlagen insbesondere den Abschluss von Bauspar- und Versicherungsverträgen, wie sich aus der Produktpalette ergibt, aber auch hinsichtlich Fondsanlagen etc. anbietet. Dabei folgt aus der Art und Weise des Angebots, wie es sich dem einzelnen Kunden darstellt, dass der jeweilige Mitarbeiter im Regelfall als Vertreter der Beklagten einen Beratungsvertrag zwischen dem Kunden und der Beklagten abschließt. Der Kunde hat nämlich kein Interesse, mit dem jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten persönlich in vertragliche Beziehungen hinsichtlich der Beratung zu treten. Er weiß über dessen Ausbildung und Sachkunde regelmäßig nichts. Das Interesse, sich von einem Mitarbeiter gerade der Beklagten über Finanzanlagen beraten zu lassen, rührt vielmehr aus der Größe und dem Marktauftreten der Beklagten her. Aus diesen Faktoren schließt der Kunde darauf, es würden ihm Anlagen angeboten und vermittelt, die die Beklagte hinsichtlich Solidität und Sicherheit kompetent geprüft habe und dies geschehe durch Mitarbeiter, welche die Beklagte hinsichtlich der Anlagekompetenz schule und unterweise. In dieser Weise angelockt, gibt der Kunde, der sich wegen einer Kapitalanlage an einen Mitarbeiter der Beklagten wendet oder durch einen solchen für eine Anlage interessiert wird, zu erkennen, den Abschluss eines diesbezüglichen allgemeinen Beratungsverhältnisses zur Beklagten zu wünschen. Geht der Mitarbeiter darauf ein, kommt ein allgemeines Beratungsverhältnis zur Beklagten zustande. Aus diesem ist die Beklagte verpflichtet, über ihre Mitarbeiter nur von ihr geprüfte Kapitalanlagen und Versicherungen den Kunden anbieten zu lassen, sowie die Kunden nur von solchen Mitarbeitern betreuen und beraten zu lassen, die – soweit sie beraten – auch ausreichend geschult sind oder aber bei Erreichen der Grenzen ihrer Sachkompetenz den Kunden an eine fachkundigere Person aus dem übrigen Mitarbeiterstab verweisen.

Dem kann die Beklagte weder mit Erfolg entgegen halten, dass ihre Mitarbeiter gemäß Punkt 6.5. der Mitarbeiterverträge nicht berechtigt seien, Geschäfte für den AWD oder dessen Produktpartner abzuschließen, noch dass – für den Kunden eher sichtbar – sich ein Hinweis hierauf auch in der Fußzeile eines jeden Briefbogens befinde. Dort heißt es wörtlich:

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„Erklärungen in diesem Schreiben sind keine der AWD-GmbH, sondern des obigen Absenders. Rechtsverbindliche Erklärungen für den Allgemeinen Wirtschaftsdienst GmbH bedürften der zusätzlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der AWD-GmbH.“

Zum Einen ist nicht sicher gestellt, dass der Kunde vor einem ersten Geschäftsabschluss einen solchen Hinweis der Beklagten auf die mangelnde Vertretungsmacht der Vertreter wahrnehmen kann. Sodann wirbt die Beklagte gerade mit der Größe und Einheitlichkeit ihrer Organisation, indem sie ihr einheitliches Logo für Geschäftsstellen, Briefpapier, Visitenkarten etc. ihren Untervertretern zur Verfügung stellt. Bei diesem dem einzelnen Kunden erkennbar werdenden Verhalten stellt es eine Widersprüchlichkeit in sich dar, auf die sich die Beklagte gemäß § 242 BGB nicht berufen könnte, wollte sie sich dem ihr entgegen gebrachten Vertrauen insoweit entziehen, als sie jegliche rechtsgeschäftliche Bindung im Kontakt zu diesem ablehnte. Es ist vielmehr so und entspricht, wie die Mitglieder des Senats, die den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, selbst beurteilen können, auch dem natürlichen Verständnis, dass der Kunde, selbst wenn er den ihm auf dem Briefpapier entgegen tretenden Hinweis wahrnimmt, diesen enger versteht und auch verstehen darf. Dahin nämlich, dass der einzelne Mitarbeiter die Beklagte nicht rechtsgeschäftlich binden kann und darf, der Mitarbeiter dem Kunden also beispielsweise keinen Erfolg zusagen darf, in dem Sinne, ihm einen Versicherungsvertrag bestimmten Inhalts oder dergleichen zu verschaffen oder ihm ggf. ein Darlehen des AWD oder dergleichen zu gewähren, falls eine Finanzierung am Markt nicht gelingt. Dass damit die Kompetenz des einzelnen Mitarbeiters überschritten wäre, leuchtet jedem Kunden sofort ein. Diese Erwägungen gelten jedoch nicht hinsichtlich der Bindung der Beklagten in einem allgemeinen Beratungsverhältnis zum Kunden.

Vielmehr spricht weiter dafür, dass ein allgemeines Beratungsverhältnis im oben beschriebenen Sinne durch den Mitarbeiter namens der Beklagten mit dem Kunden zustande kommt, dass, wie sich auch aus dem im Zusammenhang mit diesem Verfahren entstandenen Schriftverkehr ergibt, die Beklagte selbst von einem solchen Vertragsschluss ausgeht. . . .

Aus den Zusatzverträgen für Führungskräfte ergibt sich sodann (Punkt 2.3.), dass die Führungskraft im Rahmen des Vertriebssystems der Beklagten das Recht und die Pflicht übernimmt, „geeignete Mitarbeiter. . . anzuwerben, auszubilden und die Durchführung der diesen obliegenden Aufgaben der Kundengewinnung, Beratung und Betreuung sicher zu stellen und in ihrer Tätigkeit zu überwachten“. Dieser Passus setzt voraus, dass es ein Verantwortungssystem gibt, welchem die Beklagte nicht entzogen ist, sondern in dem sie oberstes Glied einer Kette einander hirarchisch unterstützter Mitarbeiter ist.

Schließlich spricht als Indiz für das Zustandekommen solcher Beratungsverhältnisse, dass die Beklagte die Risiken, die ihr aus dieser vertraglichen Bindung erwachsen, nicht unentgeltlich auf sich lädt. Aus dem Verhältnis wird sie, wenn es zur erfolgreichen Vermittlung von Verträgen zwischen den Kunden und einem Partnerunternehmen kommt, entlohnt, indem sie einen erheblichen Teil der vom Partnerunternehmen zunächst an sie fließenden Provision einbehält.“

Diese generelle Würdigung hat der Bundesgerichtshof durch Nichtannahmebeschlüsse in einer Vielzahl von Verfahren gebilligt, mit denen er die diese Würdigung bekämpfende Revision des Finanzdienstleisters nicht angenommen hat.

Auch im vorliegenden Fall geht der Senat davon aus, dass entsprechend der vorzitierten Würdigung zwischen dem Kläger als Anlageinteressenten und der Beklagten als Finanzdienstleister ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist. Dies geschah dadurch, dass der Handelsvertreter der Beklagten sich auf Empfehlung von Freunden der Familie im November 1995 an den Kläger wandte und dessen Beratung dadurch begann, dass er mittels von der Beklagten zur Verfügung gestellter Grundlagen unter dem 7. März 1996 für den Kläger die in Ablichtung Bl. 11-31 zu den Akten gelangte „Private Finanzstrategie“ erstellte, die sich mit den finanziellen Verhältnissen gerade des Klägers individuell auseinandersetzte. Im Streitfall ändert es nichts am Zustandekommen eines Beratungsvertrages, dass die Initiative zu der geschäftlichen Zusammenarbeit nicht vom Kläger als Anlageinteressenten, sondern vom für die Beklagte tätigen Handelsvertreter ausging. In dieser Verteilung der Initiative schlägt sich, ohne dass dies auf das Zustandekommen eines Anlagevermittlungs- bzw. Beratungsvertrages Einfluss hätte, ein im Geschäftsbereich der Beklagten häufig zu beobachtendes Phänomen nieder, wonach die Handelsvertreter gerade zu Beginn ihrer Tätigkeit ihren Familien- und Bekanntenkreis und nach Art eines Schneeballsystems auch die Bekannten von Bekannten sei es auf Anraten ihrer Vorgesetzten oder auf Anregung der Beklagten auf etwaigen Dienstleistungsbedarf hin abklopfen.

Dass der Kläger hinsichtlich der später tatsächlich getätigten Fonds-Anlage, um die die Parteien hier streiten, Beratungsbedarf hatte, ergibt sich bereits daraus, dass er das Zahlenmaterial zu der vorgenannten „Privaten Finanzstrategie“ beisteuerte und sie erstellen ließ. Aus ihr ließ sich für den für die Beklagte tätig gewordenen Handelsvertreter ersehen, dass der Kläger über weitere Finanzanlagen nicht verfügte, sondern bisher zur Vermögensbildung bzw. Alterssicherung nur 2 Lebensversicherungsverträge eingegangen war. Bei einer solchen dem Anlageberater vom Interessenten aufgedeckten oder ihm sonst ersichtlich werdenden Vermögensstruktur ergibt sich die Notwendigkeit, im Laufe der sich anschließenden Anlageberatung über gegenüber den bereits vorhandenen Geldanlagen in Form von Lebensversicherungen höhere Risiken der dem Anleger neu empfohlenen Anlageformen, hier einer Fondsbeteiligung, im Einzelnen aufzuklären und auf sie hinzuweisen.

2. Pflichtverletzung

Im Rahmen der Anlageberatung, die im Streitfall noch im Rahmen eines wie vorstehend beschriebenen verstärkten Aufklärungsbedarfs des Interessenten zu besonderer Risikoaufklärung zwang, ist es zu Pflichtverletzungen gekommen.

Die Beratung des Interessenten durch seinen Berater im Rahmen eines Anlageberatungsvertrages hat sowohl anlage- als auch anlegergerecht zu erfolgen. Im Streitfall sind in beiden Bereichen Pflichtverletzungen festzustellen, deren jede für sich allein zur Haftungsbegründung ausreicht.

a) Der Senat erachtet die durch den Finanzberater der Beklagten durchgeführte Risikodarstellung als pflichtwidrig, weil die nach dem Vortrag der Beklagten entsprechend dem Prospekt durchgeführte Risikoberatung unzureichend aufzeigt, dass das Wohl und Wehe des Fonds und damit der Finanzbeteiligung des Klägers in höherem Maße als es im Prospekt deutlich wird, von den Erfolgschancen des Musicalbetriebes abhängt. Hierin liegt eine unzureichende anlagegerechte Beratung.

aa) Nach dem Vortrag der Beklagten ist die Risikodarstellung von dem Handelsvertreter anhand des von den Initiatoren der Anlage stammenden Fonds-Prospektes durchgeführt worden. Der Handelsvertreter soll sich nach Darstellung der Beklagten gegenüber dem Kläger nur auf den Prospekt bezogen haben, eigene darüber hinausgehende Erklärungen habe er nicht abgegeben.

Mit diesem Beratungsumfang, der zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden kann, hat der Handelsvertreter nicht diejenige anlagegerechte Beratung erbracht, die sie im Rahmen des Anlageberatungsvertrages schuldete. Zwar kann es sich im Einzelfall einmal so verhalten, dass ein Anlageprospekt alle erforderlichen Beratungsangaben enthält und der Anlageberater mit dessen Wiedergabe bzw. einer eng an den Text des Prospekts angelehnten Beratung alles leistet, was erforderlich ist.

Im Streitfall lag es so jedoch nicht.

Der Prospekt über die Fondsanlage ist unübersichtlich und undeutlich. Der Anleger, der sich aus ihm über die Risiken informieren will, findet in der von der Beklagten eingereichten Fassung (Auflage Mai 1996), von der der Senat zu deren Gunsten ausgehen kann, eine Untergliederung „Risiken und Chancen“, die sich von S. 77 bis 84 kleingedruckt, engzeilig und zweispaltig hinzieht. Die hier enthaltenen Risikohinweise kranken daran, dass keine zusammenstellende Aufzählung und Gewichtung der Risiken stattfindet.

Die Risiken werden vereinzelt dargestellt. Beispielsweise wird das Risiko der dauerhaften Auslastung der Aufführungen des Musicals Miss Saigon zwar aufgezeigt, aber durch den sogleich nachfolgenden Verweis auf die Erfolge der Aufführungen von „Cats, Starlight Express und Phantom der Oper“ unverzüglich wieder abgeschwächt (Prospekt S. 79). Es fehlt an dieser Stelle die thematisch hierher gehörende Auseinandersetzung mit der Erfolgsprognose für das konkrete Musical und die Parallelproduktion „Die Schöne und das Biest“, die im zweiten Bauabschnitt der Musical-Arenen aufgeführt werden sollte. Ferner fehlt der deutliche Hinweis im Zusammenhang mit der Darstellung der Auslastungsrisiken, dass aufgrund der starken Ausrichtung des Hotelbetriebes, der Schwabenquelle und des Einkaufsund Erlebniszentrums auf die Musicalgäste in Stuttgart bei ansonsten für Publikumszulauf ungünstiger Stadtrandlage ein erhöhtes Risiko bestand. Von diesem Risiko waren nicht nur die Musical-Arenen selbst betroffen, sondern etwa 50% des Einlagekapitals insgesamt und von demjenigen Teil des Kapitals, der in Deutschland investiert werden sollte (gut 53% der Fondsinvestitionen lt. Prospekt S. 5) der ganz überwiegende Teil, mit Ausnahme desjenigen vergleichsweise geringen Betrages, der auf die Seniorenresidenz Baden-Baden entfiel. Damit hingen die Investitionen in Deutschland ganz überwiegend vom Prosperieren der Mieterin der Musical-Paläste, der Stella AG ab, bzw. davon, ob im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Stella AG rasch und leicht ein anderer Betreiber gefunden werden konnte, der das Immobilien-Konzept nahezu unverändert zu nutzen bereit war. Das wirtschaftliche Wohl und Wehe der Stella AG hatte also beträchtlichen unmittelbaren und mittelbaren Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Betriebes von etwa 50 % der Fonds-Immobilien bzw. des Fondsvermögens. Das wird mit hinreichender Klarheit aber an keiner Stelle des Prospektes mitgeteilt.

Ob in diesem Mangel an gewichteter Information ein Prospektmangel zu sehen wäre, darauf kommt es in diesem Rechtsstreit nicht an. Ein Anlageberater jedenfalls, der eine solche Anlage mit derartigem Prospekt vertreibt, schuldet eine eigene Prüfung, Gewichtung und Benennung der wesentlichen Risiken der Anlage, wenn diese sich im Prospekt an keiner Stelle geballt und zusammengefasst und in leicht nachvollziehbarer Form findet. Eine derartige pointierte und gewichtete Information gegeben zu haben, deren Übermittlung sich im Streitfall auch schon aufgrund der Länge der Ausführungen des Prospekts, die insgesamt etwa 90 Seiten ausmachen, und damit für nicht professionelle Anleger kaum überschaubar sind, aufgedrängt hätte, nimmt die Beklagte nicht für sich in Anspruch.

bb) Für die vorstehend geschilderte Pflichtverletzung kommt es nicht darauf an, ob – was die Parteien in den Vordergrund des Rechtsstreits stellen – die Beklagte es versäumt hat, über ihren Handelsvertreter dem Kläger vor dessen Anlageentscheidung kritische Pressestimmen zur Kenntnis zu geben. Im Ausgangspunkt hält der Senat den Berater grundsätzlich für verpflichtet, dem Interessenten den Tatsachenkern kritischer Presseberichte, die vor der Anlage warnen, zumindest dem Inhalt nach – möglicherweise vom Berater kommentiert – zur Kenntnis zu bringen (vgl. hierzu insb. Senatsurteil v. 2. Dezember 1999, 11 U 81/99, S. 9 ff. = OLG-Report 2000, S. 143 ff.; Revision beim BGH eingelegt; Az: III ZR 383/99, dort jedoch dadurch erledigt, dass die Parteien wegen Insolvenz einer Beteiligten das Verfahren dort nicht mehr betrieben haben; ferner Senatsurteil 11 U 29/99 v. 2. Dezember 1999, S. 10f). Ob diese Pflicht sich auch auf den Tatsachenkern von Warnungen aus sog. „Brancheninformationsdiensten“ erstreckt, die im wesentlichen Meinungsäußerungen enthalten, muss im Streitfall ebenfalls nicht entschieden werden. Hierauf konnte es schon deshalb nicht ankommen, weil die Beklagte im Streitfall Anlass zur Weitergabe von Bedenken aus der Presse, sei es durch Zitat sei es durch eigene Formulierungen, spätestens aufgrund eines Artikels der Wirtschaftswoche v. 23. März 1995 (GA 425 f.), die nicht zu den sog. Branchendiensten zählt, hatte.

Dort heißt es deutlich eindringlich und wörtlich:

„Doch ob die optimistische Prognoserechnung aufgeht, ist ungewiss. Denn wer den „Miss Saigon“-Fonds zeichnet, beteiligt sich eher an einem Unternehmen als an einer Immobilie. Die Rentabilität steht und fällt mit dem Erfolg der Betreiberin. Das weiß auch Deyle: „nur die Immobilie wird überleben, in der auch Leben drin ist.“

In der Anfangsphase läuft es bombig. „Wir haben ´Miss Saigon` vorsichtig mit einer 80prozentigen Auslastung budgetiert“ erläutert Stella-Manager Günter Irmler. In den ersten drei Monaten konnten jedoch bereits 100 Prozent der Tickets verkauft werden. Läuft das Musical, sind auch die Hotels im SI gut belegt.

Ob der Erfolg des Musicalspektakels aber, wie geplant, mindestens 10 Jahre anhalten wird, kann keiner voraussagen. Besuchern, die „Cats“, den „Starlight Express“ oder das „Phantom der Oper“ gesehen haben, erscheint „Miss Saigon“ als das schwächste Stück. „Trendanalysen deuten auch künftig auf eine steigende Nachfrage nach kommerziellen Dauer-Musical-Projekten hin“ weiß zwar Carl-Otto Wenzel, Geschäftsführer der Hamburger Freizeit-Unternehmensberatung Wenzel & Partner. Aber weil die Konkurrenz nicht schlafe, so Wenzel, „ist mittelfristig mit zunehmendem Wettbewerb und ersten Sättigungstendenzen zu rechnen.“

Für die Anleger bleibt der DLF eine unternehmerische Beteiligung mit Black-Box-Charakter. …“

Die einer derartigen skeptischen Einschätzung zugrundeliegenden Überlegungen, bzw. sie widerlegende Tatsachen möchte und muss ein Anleger nach Ansicht des Senats von seinem Anlageberater zur Kenntnis erhalten, wenn die aufgezeigten Risiken im Prospekt eher vereinzelt und ohne Gewichtung im Hinblick auf den vom Risiko betroffenen Anteil des Fondskapitals dargestellt werden. Dies gilt um so mehr, als sich der Anleger nur wenn er in dieser Weise in Kenntnis gesetzt wird, bewußt zu entscheiden vermag, ob er an einem Fonds beteiligt sein möchte, in dem wertbildend gerade das als am schwächsten von mehreren ähnlichen Musical-Projekten eingeschätzte Projekt ist.

Der vorerwähnte Artikel versucht – ohne Präzision im Detail – zumindest eine Zusammenfassung der Risiken, die die Beklagte zu geben unterlassen hatte. Dort ist zu lesen:

„So können Lage und Bauqualität der US-Immobilien nur schwer beurteilt werden. Gleiches gilt für die Chancen des Baden-Badener Seniorenheims. Das Haus liegt in ungünstiger Stadtrandlage. Ein passender Betreiber wurde noch nicht gefunden.

Kritisch werden auch die mit 9 Prozent sehr hoch angesetzten Erträge aus den Schweizer Wertpapieren beurteilt. „Das Depot soll den Fonds mit ausreichender Liquidität ausstatten, um über eine ordentliche Revitalisierung die langfristige Wertsteigerung der Immobilien zu gewährleisten. Im Klartext: Läuft das Musical auf Dauer nicht wie erwartet, muss für einen Umbau investiert werden. Minuspunkte bringen zudem die hohen sogenannten weichen Kosten von 20 Prozent, mit denen der Vertrieb gefüttert wird.“

Die Mitteilung ähnlicher gestraffter Risikobetrachtungen und zusätzlich deren Gewichtung hätte der Beklagten als Beraterin des Anlegers ebenfalls oblegen.

cc) Die Beklagte ist bei ihrer durch den Handelsvertreter anhand des Prospektes vorgenommenen Beratung des Klägers ihrer vorstehend unter aa) dargestellten Pflicht auch keinesfalls dadurch ausreichend nachgekommen, dass im Prospekt im Rahmen der Ausführungen zum Investitionsteil Deutschland bei der Darstellung der Risiken und Chancen davon die Rede ist, dass durch zukünftige Entwicklungen insb. Mietausfälle auch ein vollständiger Vermögensverfall eintreten kann (S. 78 des von der Beklagten eingereichten Prospekts der 8. Auflage) und der Handelsvertreter auf diese Passage hingewiesen haben mag. Diese Angabe ist nicht hinreichend deutlich. Sie wird nicht in Zusammenhang gestellt mit der Erfolgsprognose von Musicalaufführungen in einem prozentual besonders schwergewichtigen Investitionsteil, sondern in Zusammenhang mit nicht absehbaren Zukunftsentwicklungen insb. durch Verbesserungen der Telekommunikation und des Datenverkehrs und des Individualverkehrs. Der erforderliche Bezug zu dem Problem des Musicalerfolges wird nicht hergestellt. Zudem schließt sich an diese Passage nicht etwa die Risikobewertung des Stuttgarter Objekts an, sondern es folgen Ausführungen zur Seniorenresidenz Baden-Baden. Damit ist die an dieser Stelle vorgenommene Warnung außer Zusammenhang gesetzt zu dem größten Anlageteil, nämlich dem Stuttgarter Musical-Projekt, nebst Hotel, Badewelt und Nebeneinrichtungen. Nähere Ausführungen hierzu beginnen ohne Bezug zur Passage, die vor dem Totalverlust des Anlagekapitals warnt, erst eine Spalte später.

Auch die näheren Angaben zu dem Stuttgarter Freizeit- und Erlebniszentrum, S. 79 f. des Prospektes, enthalten genügende Risikohinweise nicht. Hier werden die Risiken nur vereinzelt dargestellt, aber an keiner Stelle zusammengefasst und gewichtet. Das Risiko der dauerhaften Auslastung der Aufführungen des Musicals „Miss Saigon“ wird zwar aufgezeigt, aber durch den sogleich nachfolgenden Verweis auf die Erfolge der Aufführungen von „Cats, Starlight Express und Phantom der Oper“ sofort wieder abgeschwächt. Eine Auseinandersetzung mit der Erfolgsprognose für das konkrete Musical fehlt.

Es wird sodann zwar darauf hingewiesen, dass im Rahmen der 15-jährigen Mietzeit durch die Stella-AG das Musical Miss-Saigon wahrscheinlich durch eine Nachfolgeproduktion würde ersetzt werden müssen. Hierfür werden aber keine zeitlichen Dimensionen genannt; vielmehr werden statt der notwendigen argumentativen Unterfütterung des Risikohinweises etwa aufkommende Bedenken dadurch sogleich zerstreut, dass auf die Nutzbarkeit der Baulichkeiten auch für Nachfolgeproduktionen und darauf hingewiesen wird, dass das Management der Stella AG nur solche Musicals in Angriff nehme, die in den USA und Großbritannien mit großem Erfolg liefen.

Die Beklagte kann sich gegenüber dem ihr zur Last fallenden unter 2a erörterten Pflichtenverstoß, der dahin zusammengefasst werden kann, dass sie dem Kläger kein hinreichend klares Bild vom zur Zeit seiner Anlageentscheidung erkennbaren Risiko der Anlage vermittelt hat, auch nicht mit Erfolg damit verteidigen, dass sie eine derartige gewichtende Risikobewertung nicht vornehmen musste, weil renommierte Pressestimmen, insb. auch renommierte deutsche Tageszeitungen, die Anlageform günstig bewertet und kommentiert hätten. Es obliegt dem Anlageberater gerade, dem Interessenten durch Ermittlung und Vorlage des notwendigen Tatsachen- und Beurteilungsmaterials eine eigene Entscheidung auf zutreffender Grundlage zu ermöglichen. Der Anlageberater darf nicht diese Entscheidung seinerseits für den Kunden dadurch vorwegnehmen und treffen, dass er, solange renommierte positive Beurteilungen vorliegen, von einer eigenen Risikomitteilung und -gewichtung absieht.

b) Im Streitfall kommt hinzu, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger auch – wie nach dem unstreitigen Sachverhalt feststeht – individuelle Beratungspflichten verletzt hat. Nach Auffassung des Senats stellt es sich bei Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalles als fehlerhaft dar, dass die Beklagte es unterlassen hat, dem Kläger von der Kreditfinanzierung des Fondsanteils mit allem Nachdruck abzuraten. Die Beklagte hatte durch ihren Handelsvertreter im Rahmen der entsprechend ihren Vorgaben erstellten „privaten Finanzstrategie“ etwa 7 Monate vor der Anlageentscheidung ermittelt, dass ihm monatlich ein über Verpflichtungen und Lebenshaltungskosten hinausgehender Betrag von 2.029 DM zur freien Verfügung stehe (GA 17). Ferner hatte sie ermittelt, dass bei der Altersversorgung eine monatliche Versorgungslücke von 11.855 DM bzw. sogar gut 24.000 DM zu erwarten sei (GA 17, 21). Angesichts dieser ermittelten Daten, die es geboten erscheinen ließen, aus dem verfügbaren Betrag etwas für die Altersvorsorge zu tun, erscheint es als schwerer Beratungsfehler, dem Kläger eine Anlage, die zum vollständigen Kapitalverlust führen kann/konnte, zu vermitteln, die er durch einen Kredit finanzieren muß, den er mit einer Monatsrate von 2.205 DM abtragen muss. Durch diese Finanzierung, die monatlich mehr als den gesamten frei verfügbaren Betrag in Anspruch nahm, lief der Kläger das Risiko, aus seinem frei verfügbaren Monatsbetrag im Falle der Verwirklichung des Anlagerisikos bei fortlaufender Kreditverpflichtung für seine Altersversorgung nichts zurück zu erhalten. Wegen dieses Risikos hätte es der Beklagten oblegen, angesichts des ermittelten Altersvorsorgebedarfs von der vermittelten Anlagekonzeption intensiv abzuraten bzw. zumindest zu einem Splitting zwischen der später tatsächlich gewählten Anlageform im Dreiländerfonds mit einem kleineren Betrag und sichereren, aus dem Haben zu finanzierenden Anlagen zu raten. Dergleichen will die Beklagte aber nach eigenem Vortrag nicht getan haben. Dieses Unterlassen gereicht ihr zum Pflichtverstoß.

c) Ob es daneben den für die Beklagte tätig werdenden Anlageberatern generell obliegt, von der Kreditfinanzierung von Anlagen, die das Risiko des Totalverlustes bergen, abzuraten, kann für den Streitfall unentschieden bleiben. Tatsächlich steht der Anleger, der eine solche Anlage wählt, nämlich letztlich möglicherweise so dar, dass er sein ganzes (Berufs-)leben lang einen Kredit abzahlt, dessen finanzierten Gegenwert er schon nach kurzer Zeit – ähnlich wie beim Roulette – vollständig verloren haben kann. Niemand würde es aber für einen vernünftigen Rat eines Anlageberaters halten, der Anlageinteressent möge mit dem Geld aus einem Darlehen sein Glück im Spielkasino suchen. Tatsächlich scheinen derartige Anlageberatungen ihren Antrieb im wesentlichen im Provisionsinteresse des Beraters zu haben, der die Chance hat, die Provision für die gesamte Fondsanlage, zu der der Anleger das Kapital an sich nicht zur Verfügung hat, sofort zu verdienen und ggf. zusätzlich noch Vermittlungsprovision für den Finanzierungskredit.

d) Ob es im Streitfall zu einem weiteren Pflichtverstoß durch den für die Beklagte tätigen Handelsvertreter gekommen ist, den der Kläger darin sieht, dass der Berater zu der in Rede stehenden Beteiligung gerade auch zum Zwecke Deckung der festgestellten Lücke in der Altersversorgung des Klägers geraten haben soll (Beweisantritt des Klägers hierzu GA 511), bedarf nach dem Vorstehenden nicht mehr der Klärung. Hierfür spricht zwar, dass eine derartige Versorgungslücke einen ganz wesentlichen Stellenwert in der von dem für die Klägerin tätigen Handelsvertreter erstellten „privaten Finanzstrategie“ des Klägers einnimmt, so dass schon Zweifel bestehen, ob demgegenüber der Vortrag der Beklagten, die dies mit der Behauptung abtut, der zur Zeit des Vertragsschlusses 40jährige Kläger sei für eine Alterssicherung zu jung gewesen, ausreicht. Diese Argumentation wird dadurch widerlegt, dass eine wirksame Altersvorsorge nur über Jahre hin aufgebaut werden kann und der Kläger mit bei Vertragsschluss 25jährigem Vorlauf vor dem zu erwartenden Rentenalter hierfür im richtigen Alter war. Demgegenüber dürfte es gering wiegen, dass der Kläger – wie wohl nahezu jedermann – sicherlich auch von dem Wunsch beseelt gewesen sein dürfte, seine Steuerlast nach Kräften zu mindern.

3. Verschulden

a) An den vorstehend festgestellten Pflichtverletzungen zu 2 a und 2 b traf den die Beratung durchführenden Handelsvertreter auch ein Verschulden.

Er hätte erkennen können und müssen, dass die Risikoaufklärung über den Dreiländerfonds, die der Prospekt bot, unzureichend war und hätte dies entweder dem Anleger aufdecken oder bei der Beklagten Weisung einholen müssen, wie insoweit vorzugehen sei.

Zudem trifft den für die Beklagte tätigen Handelsvertreter ein Verschulden daran, dem Kläger nicht von der – kreditfinanzierten – Anlage mit Risiko des Totalverlustes abgeraten zu haben, nachdem er selbst im Rahmen der „privaten Finanzstrategie“ eine ungedeckte Altersversorgungslücke festgestellt hatte. Dass es zu deren Schließung einer sichereren Anlage bedurfte, konnte der Handelsvertreter aufgrund seiner Schulungen durch die Beklagte erkennen bzw. musste er als Anlageberater erkennen können. Dementsprechend hätte er handeln müssen.

b) Zunächst sind der Beklagten, die selbst aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet war, gemäß § 278 BGB diejenigen Handlungen und Unterlassungen zuzurechnen, an denen den Handelsvertreter ein Verschulden traf.

c) Daneben trifft die Beklagte an den unter 2a und 2b festgestellten Pflichtverletzungen aber auch ein eigenes – zumindest fahrlässiges – Verschulden.

Als professionelle Organisation, die sich der kundengerechten Finanzanalyse und Anlageberatung widmet, war sie sowohl verpflichtet, Beratungsmaterialien oder Beratungsinhalte zu erarbeiten, die die erforderliche gewichtende Risikoaufklärung der Kunden hinsichtlich des Dreiländerfonds gewährleisteten, als auch verpflichtet, ihren Handelsvertretern zu untersagen, bei ermittelten Versorgungslücken in – bezogen auf den freien Einkommensteil – großem Umfang anstelle von Warnungen zu (kreditfinanzierten) Anlagen zu raten, die ein Totalverlustrisiko bargen.

4. Kausalität

Die Beratungsfehler der Beklagten sind auch für den Schaden des Klägers ursächlich geworden. Im Rahmen von Anlageberatungsverträgen gilt die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens, d.h. es wird vermutet, dass der Anleger sich im Falle zutreffender Beratung in deren Sinne entschieden hätte, im Streitfall also nicht im Dreiländerfonds angelegt hätte.

Unerheblich ist demgegenüber, ob sich gerade das Risiko im Wertverlust der Anlage verwirklicht hat, über das falsch beraten/aufgeklärt worden ist.

Für die der Beklagten obliegende Darlegung, dass der Kläger die Anlage dennoch gewählt haben würde, hat sie nichts von Substanz vorgetragen.

5. Schädigung

Der Kläger ist auch durch den Erwerb der Beteiligung geschädigt. Eine Schädigung liegt im Streitfall vor, weil die Beteiligung – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – einen beträchtlichen Wertverlust erlitten hat, der von den Marktteilnehmern so eingeschätzt wird, dass nur noch etwa 30 % des ursprünglichen Nennwertes am sog. grauen Markt gezahlt werden.

6. Mitverschulden

Ein Mitverschulden muss der Kläger sich gegenüber der Beklagten nicht anrechnen lassen. Bei der streitgegenständlichen Anlage handelt es sich um eine solche, bei der der Anleger mit einer Durchschnittsrendite von 7% geworben wurde. Bei einer solchen Renditehöhe spricht nichts dafür, dass der Anlageinteressent sich aufgrund eines übersteigerten Renditeversprechens hätte selbst fragen können oder müssen, ob das Angebot solide sei.

7. Verjährung

Der vorstehend begründeten Ersatzpflicht stand nicht entgegen, dass sich die Beklagte bereits erstinstanzlich auf die Verjährung etwaiger Ansprüche berufen hat (GA 171, Bl. 18 des Schriftsatzes vom 28. Februar 2001). Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung aus positiver Vertragsverletzung verjähren in 30 Jahren. Auf die kürzeren Verjährungsfristen, die für Prospektinitiatoren im Rahmen der Prospekthaftung gelten und diejenigen, die im Prospekt der Beteiligung durch deren Initiatoren im Verhältnis zum Kläger angelegt sind, kommt es zwischen den hier streitenden Parteien nicht an.

8. Schadenshöhe

Der Höhe nach war die Beklagte zu verurteilen, wie aus dem Tenor ersichtlich.

a) Hinsichtlich des Hauptantrages zu 1 ist der Senat dem Ausgangspunkt des Klägers gefolgt, der begehrt, so gestellt zu werden, als habe er den Anlagebetrag in Höhe von 210.000 DM nicht in der ihm empfohlenen Anlage investiert.

b) Von dem Anlagebetrag, dessen Erstattung der Kläger begehrt, waren allerdings diejenigen Vorteile abzuziehen, die dem Kläger aufgrund der Anlage zugeflossen sind, denn diese wären dem Kläger nicht zugeflossen, hätte er die Anlage nicht getätigt.

aa) Abzuziehen waren insoweit in erster Linie diejenigen Beträge, die der Kläger als Rendite erhalten hat. Diese belaufen sich in der Summe auf 52.540 DM.

Der Kläger trägt die Höhe der Ausschüttungen zwar nicht vor, stellt aber die von der Beklagten vorgetragenen Beträge(GA 382 und GA 590) unstreitig (GA 694), so dass der Senat von diesen ausgehen konnte.

Anzurechnen waren danach für die Jahre 1996 bis 1998 jeweils 7% des Beteiligungsbetrages von 200.000 DM, d. h. jeweils 14.000 DM; für 1999 waren 3 % von 200.000 DM, d. h. 6.000 DM und für 2001 2,27% von 200.000 DM 4.540 DM in Ansatz zu bringen.

Soweit der Kläger meint, die Renditezahlungen seien nicht anrechenbar, weil er seine Schadensberechnung so aufgebaut habe, dass er für die Vergangenheit gegenüber der Beklagten die Aufwendungen für das Finanzierungsdarlehen auch nicht in Ansatz gebracht habe, vermochte der Senat sich seiner Argumentation nicht anzuschließen. Der Anleger kann nicht mehr verlangen, als so gestellt zu werden, als hätte er die Anlage nicht vorgenommen. Für die Situation des Klägers folgt daraus, dass er sich entscheiden musste, entweder – wie mit dem Antrag zu 1 geschehen, das Anlagekapital nebst Zinsen zurückzuverlangen, obwohl es im Zeitpunkt der Anlage in seinem Vermögen nicht vorhanden war, oder aber – was der Kläger nicht gewählt hat – zu verlangen, von den Belastungen aus dem Darlehen insgesamt freigestellt zu werden, weil er dieses ohne die Beratung nicht würde aufgenommen haben. Eine Kumulation beider Berechnungswege muss dem Anleger jedoch verwehrt sein, damit er nicht durch die Falschberatung unbillig begünstigt wird.

bb) Angerechnet hat der Senat ferner die Steuerersparnisse, die dem Kläger aufgrund der Anlage zugeflossen sind. Dabei hat sich der Senat im Ausgangspunkt von der Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (II ZR 40/00, NJW 2002, 1711 f.) leiten lassen, wonach im Falle von Schädigungen durch Kapitalanlagen im Einzelfall entschieden werden muss, ob dem Anleger die Steuervorteile zu belassen sind oder nicht. Maßstab soll dabei sein, ob die Anrechnung dem Zweck des Schadensersatzes entspricht und sie weder den Geschädigten unzumutbar belastet, noch den Schädiger unbillig entlastet. Im Streitfall fällt dabei ins Gewicht, dass die Investition im Dreiländerfonds, wie sich schon aus dem Prospekt ersehen lässt, gerade eine solche ist, die – neben Auszahlungen – auf weitere Rendite über Steuervorteile angelegt ist. Entscheidet sich bei einer solchen Anlageform der Anleger nach einer Falschberatung, allerdings in einer Situation, in der kein Totalverlust der Anlage eingetreten ist, sondern in der sich nur ein wirtschaftliches Teilrisiko verwirklicht hat, für die Inanspruchnahme des Beraters, so erscheint es angebracht, dem Anleger nicht zu Lasten des Beraters die Vorteile der Anlage zu belassen; andernfalls würde man zu einer Situation gelangen, in der es aus Sicht des Anlegers wichtig würde, welchen Zeitpunkt er nach Fehlberatung für sein Rückgabeverlangen wählt. Wählt er den Zeitpunkt möglichst spät, könnte er erreichen, zunächst möglichst viele steuerliche Vorteile für sich behalten zu können, und andererseits noch vom Anlageberater das gesamte eingesetzte Kapital erstattet erhalten. Einer derartigen Entwicklung des Taktierens während der langen Verjährungszeit für Beratungsfehler und einer möglichst späten Entscheidung für die Geltendmachung einer Anlageberatungshaftung gilt es entgegen zu steuern.

Die Anrechnung der Steuervorteile stellt auch keine unzumutbare Belastung des geschädigten Klägers dar. Hierfür hat er keine Gesichtspunkte dargetan; insbesondere ist nichts dafür ersichtlich, dass er den von der Beklagten zu beanspruchenden Schadensersatzbetrag anders als die Gesellschafter/Mitunternehmer in den vom Kläger angeführten Urteilen (auch in dem Urteil des 9. Senats des OLG Celle 9 U 138/00 v. 20. Dezember 2000), die Beteiligungen an Gewerbebetrieben betrafen, unter irgendeinem Gesichtspunkt versteuern müsste. Die Anrechnung der Steuervorteile führt auf Seiten der Beklagten auch nicht zu einer unbilligen Entlastung. Dieser Gesichtspunkt greift insbesondere dann, wenn als Schädiger Personen in Anspruch genommen werden, die Gelegenheit hatten, auf das Schicksal der wertlosen oder wertgeminderten Kapitalanlage steuernd Einfluss zu nehmen; ihnen sollen unbillige Entlastungen auf Kosten der Anleger nicht zukommen. So liegt es im Streitfall aber nicht. Die Beklagte als Anlageberaterin übte nach dem Parteivortrag im Streitfall keinen Einfluss auf die Wertentwicklung der Anlage im Dreiländerfonds aus und hätte hierzu auch keine Möglichkeit gehabt. Dementsprechend erscheint es unter Abwägung aller Gesichtspunkte für den Streitfall zutreffend, die Steuervorteile des Klägers schadensmindernd anzurechnen. Hierfür spricht insbesondere auch der Umstand, dass der Kläger andere steuermindernde Maßnahmen in der hier eingegangenen Größenordnung angesichts seiner finanziellen Gesamtsituation nach Überzeugung des Senats nicht ergriffen hätte, zumindest im Rechtsstreit nichts Ausreichendes dafür vorgetragen hat.

Einer Anrechnung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass die Beklagte grundsätzlich darlegungs- und beweispflichtig für die Höhe der anzurechnenden Vorteile ist und insoweit unzureichend vorgetragen hätte. Die Beklagte hat im Streitfall zu den Steuervorteilen mit Schriftsatz vom 28. Februar 2002, S. 7 ff. (GA 160 ff.) vorgetragen, was in ihren Möglichkeiten stand. Details zu den steuerlichen Auswirkungen der Anlage beim Kläger in den einzelnen Veranlagungsjahren, kann sie naturgemäß nicht vorgetragen, weil sie sie nicht kennt und sich ihre Kenntnis auch nicht verschaffen kann; insoweit liegt vielmehr eine sekundäre prozessuale Mitwirkungspflicht beim Kläger.

Nachdem der Kläger aber zu seiner Steuersituation aufgrund der Beteiligung ebenfalls im einzelnen nicht vorgetragen hat und die hierzu eingereichten 2 Blatt Unterlagen (GA 701 und GA 703), zu denen der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, weiteres könne und solle insoweit nicht vorgetragen werden, obwohl zu derartigem Vorbringen nach dem Hinweis des landgerichtlichen Urteils Anlass bestanden hätte, hat der Senat die anrechenbaren Steuervorteile im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt und in Höhe von 49.896 DM angerechnet.

Der Senat hat das Vortragsverhalten des Klägers zu seinen Steuervorteilen nicht zum Anlass einer Klagabweisung mangels Darlegung des Schadens genommen, weil für dessen Verhalten sprach, dass ihn die konkrete Darlegung seiner Steuervorteile zur Preisgabe besonders schützenswerter Individualdaten gezwungen haben würde. Dieser nachvollziehbare Gesichtspunkt hat den Senat veranlasst, die Zurückhaltung des Klägers bei der Mitwirkung im Prozess, wo der Gegner sie nicht leisten kann, nicht gänzlich zu seinem Nachteil durchschlagen zu lassen.

Bei der Vornahme der Schätzung der Steuervorteile, zu der sich der Senat anhand der im Streitfall mitgeteilten finanziellen Ausgangssituation des Klägers und der Einzelheiten der Anlage und des zu deren Finanzierung aufgenommenen Kredits in der Lage sah, hat der Senat berücksichtigt, dass der besondere Steuervorteil der gewählten Anlage darin liegen sollte, dass der Anleger Einkünfte aus der Anlage erzielte, die den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen waren. Dadurch und durch deren Kreditfinanzierung wurde die Möglichkeit eröffnet, die aufzubringenden Kreditraten, soweit sie nicht Tilgung waren, als Verluste aus Vermietung und Verpachtung den Einkünften steuermindernd entgegen zu setzen. Dementsprechend lag der Steuervorteil des Klägers in dem Anteil der Kreditzinsen, der seinem Durchschnittssteuersatz entspricht.

Den Durchschnittssteuersatz des Klägers hat der Senat, nachdem der Kläger ihn in der „privaten Finanzstrategie“ auf 50 % angegeben hatte, andererseits dieser Satz kaum sein Durchschnittssteuersatz gewesen sein dürfte, auf 45% geschätzt.

Für den Kredit hatte der Kläger ausweislich des Darlehensvertrages (GA 109 f.) jährlich 12 mal 2.205 DM abzüglich der Tilgung, die 3,8 % vom Darlehensnennbetrag von 210.000 DM, also 7.980 DM betrug, jährlich 18.400 DM zu zahlen. 45 % hiervon machen 8.316 DM aus. Als geschätzter Steuervorteil war mithin für die Jahre 1997 bis 2001 41.580 DM anzusetzen. Für 2002, in dem die mündliche Verhandlung vor dem Senat lag, hat er den halben Jahresbetrag angenommen, nämlich 4.158 DM, desgleichen für das Jahr der Anlage 1996, weil insoweit regelmäßig im ersten Jahr die Abziehbarkeit vermindert ist.

Insgesamt errechnete sich aus den Steuervorteilen der weitere Abzugsbetrag von der Anlagesumme in Höhe von (41.580 DM; 4.158 DM und 4.158 DM) 49.896 DM.

Soweit die Parteien im Rahmen der Diskussion um die Anrechenbarkeit etwaiger Steuervorteile im Prozess auch den Einfluss der sog. Spekulationssteuer diskutiert haben, hat der Senat diesem Gesichtspunkt Bedeutung nicht beigemessen. Die Rückabwicklung seiner Kapitalanlageentscheidung im Verhältnis zu der Beklagten, die durch Falschberatung die Anlageentscheidung herbeigeführt hat, führt nicht zum Anfall eines Spekulationsgewinns im Vermögen des Klägers, den er zu versteuern hätte. Der Kläger hat insoweit nichts Substantiiertes dargetan und der Zufluss eines solchen Gewinnes ist für den Senat auch aus sonstigen Anhaltspunkten nichts ersichtlich.

dd) Die vom Kläger begehrten Zinsen waren ihm in Höhe von 8 % zuzuerkennen, nachdem unstreitig feststeht, dass er Kredit mindestens in Höhe des Anlagebetrages aufgenommen hat, den er mit mehr als 8% p. a. verzinsen muss.

Allerdings kann der Kläger die Verzinsung des Ersatzbetrages erst ab Rechtshängigkeit, d.h. ab dem 18. Januar 2001 (GA 132) verlangen, nachdem er zu einem früheren Eintritt des Verzuges nicht vorgetragen hat.

Unter dem Gesichtspunkt des entgangenen Gewinns konnte der Kläger diesen Zins als Schaden nicht bereits ab einem früheren Zeitpunkt erhalten. Zwar mag ihm das Darlehenskapital ab dem beantragten Zinszeitpunkt zur Verfügung gestanden haben, der Kläger trägt jedoch nicht vor, welche sicherere Anlageform er gewählt haben würde und in welcher Höhe er Verzinsung für eine solche Anlage hätte erhalten können.

Auch mit seinem Feststellungsbegehren hat der Kläger überwiegend Erfolg. Der Senat legt den Feststellungsantrag nicht dahin aus, obwohl das nach dem Wortlaut auch möglich gewesen wäre, dass der Kläger erreichen möchte, dass die Beklagte ihm auf den Antrag zu 1 das Anlagekapital zurückerstattet und auf den Antrag zu 2 ferner sämtliche noch ausstehenden Zahlungen auf den Darlehensvertrag vornimmt. Dadurch erhielte der Kläger wirtschaftlich das Anlagekapital, das er nur einmal durch Kreditaufnahme und -verwendung aufgebracht hat, wirtschaftlich nahezu zweimal.

Vielmehr versteht der Senat den Feststellungsantrag dahin, dass der Kläger erreichen möchte, neben der Rückerlangung des durch Kreditaufnahme aufgebrachten Anlagekapitals so gestellt zu werden, dass es ihm ermöglicht wird, aus dem Ersatzbetrag, den er aus dem Antrag zu 1 zu beanspruchen hat, ohne Nachteile für sich den Kredit vorzeitig tilgen zu können, also im wesentlichen von einer etwa zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung der Bank und mit der Tilgung in Zusammenhang stehenden Gebühren freigestellt zu werden.

Mit dem vorstehenden Inhalt war der Feststellungsantrag begründet. Die Beklagte hat dem Kläger auch diejenigen weiteren Vermögensnachteile zu ersetzen, die ihm aus der vorzeitigen Abwicklung des Darlehensvertrages entstehen, falls der Kläger eine solche vornimmt. Im Streitfall hätte der Kläger bei zutreffender Beratung durch die Beklagte den freien Betrag seiner monatlichen Einkünfte zu einer langfristigen Vermögensbildung zur Alterssicherung anstelle einer Kreditabzahlung einsetzen können. Der Kläger hat Anspruch darauf, hierzu wieder in die Lage versetzt zu werden, was voraussetzt, dass er die Möglichkeit erhält, sich aus der Bindung des Kreditvertrages ohne weitere Vermögensnachteile zu lösen.

IV.

Die vom Kläger der Beklagten im Hinblick auf § 255 BGB im Gegenzug zu deren Ersatzleistung angediente Übertragung der Beteiligung hat der Senat im Sinne der Abtretung der Ansprüche aus derselben entsprechend dem diesbezüglichen Hilfsantrag des Klägers (GA 694) modifiziert, nachdem die Beklagte selbst geltend gemacht hatte, die weitergehende und ihr günstigere Übertragung der Anteile sei nicht möglich.

V.

Eines Eingehens auf den Hilfsantrag des Klägers aus der Berufungsbegründung bedurfte es nicht, nachdem der Kläger mit seinem bezifferten Antrag – bis auf die dargestellte Zuvielforderung der Höhe nach – Erfolg hatte.

VI.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze beider Parteien haben dem Senat keinen Anlass gegeben, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO und auf § 92 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der Kosten. Das Verhältnis von 51 % zu 49 % der Kosten, das sich zu Lasten der Beklagten nach den Anteilen des Obsiegens und Verlierens nach dem Hauptantrag zu 1 ergab, hat der Senat im Hinblick auf den zusätzlichen Verlustanteil, der auf den Antrag zu 2 entfiel, geschätzt.

Der Senat hat die Revision auf Anregung beider Parteien zugelassen, zum einen um der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache für die Beklagte Rechnung zu tragen, die die Ansprüche noch vieler Anlagekunden befürchtet, und zum anderen um der Anlegerseite die Klärung zu ermöglichen, ob die Anwendung der Grundsätze zur Anrechenbarkeit steuerlicher Vorteile den rechtlichen Vorgaben des Bundesgerichtshofs entspricht.

 

 

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