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Kapitalanlagebetrug – Schadenersatzanspruch

Schutz vor Kapitalanlagebetrug: Prospektangaben im Fokus

Das Landgericht Dortmund verurteilte die Beklagten im Fall eines Kapitalanlagebetrugs zu Schadenersatzzahlungen an die Klägerin. Der Anspruch basiert auf unrichtigen und unvollständigen Angaben in einem Prospekt, durch die die Klägerin zur Beteiligung an einem Fonds verleitet wurde. Der Fall betont die Bedeutung vollständiger und wahrheitsgemäßer Informationen in Investitionsprospekten und die Haftung für daraus resultierende Schäden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 129/14   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Kapitalanlagebetrug: Die Beklagten wurden wegen Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a StGB verurteilt.
  2. Schadenersatzforderung: Die Klägerin erhält über 72.000 EUR Schadenersatz zuzüglich Zinsen aufgrund unzutreffender Informationen in einem Fondsprospekt.
  3. Verantwortlichkeit für Prospektfehler: Die Beklagten haften für fehlerhafte und unvollständige Angaben im Prospekt, die wesentlich für die Investitionsentscheidung waren.
  4. Aufklärungspflichten: Eine Verletzung der Aufklärungspflichten führte zur Verurteilung.
  5. Verjährung: Die Einrede der Verjährung seitens der Beklagten war nicht erfolgreich.
  6. Rolle des Gerichts: Beweiserhebung und Feststellung der Kausalität zwischen Prospektfehlern und der Investitionsentscheidung der Klägerin.
  7. Bedeutung für Anleger: Das Urteil unterstreicht die Wichtigkeit von Transparenz und Richtigkeit in Anlageprospekten.
  8. Haftung der Beklagten: Die Beklagten sind gesamtschuldnerisch zur Zahlung und zur Freistellung von Forderungen verpflichtet.
Kapitalanlage Schadensersatz
(Symbolfoto: Ground Picture /Shutterstock.com)

Bei Kapitalanlagebetrug können Geschädigte unter bestimmten Voraussetzungen Schadenersatzansprüche geltend machen. Dabei spielt die Prospekthaftung eine wichtige Rolle, wie das Urteil des Landgerichts Dortmund im Fall eines Kapitalanlagebetrugs zeigt.

Ein Schadenersatzanspruch kann sich aus unrichtigen und unvollständigen Angaben in einem Prospekt ergeben, durch die Anleger zur Beteiligung an einem Fonds verleitet wurden. Die Beklagten haften für fehlerhafte und unvollständige Angaben im Prospekt, die wesentlich für die Investitionsentscheidung waren. Eine Verletzung der Aufklärungspflichten führte zur Verurteilung. Es ist jedoch zu beachten, dass der Weg zum Schadenersatz oft langwierig und schwierig ist. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil zum Thema Kapitalanlagebetrug und Schadenersatzanspruch vorgestellt und besprochen.

Kapitalanlagebetrug und die Folgen: Ein Fall vor dem LG Dortmund

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Landgericht Dortmund verhandelt wurde, ging es um einen Schadenersatzanspruch, der sich aus einem Kapitalanlagebetrug ergab. Die Klägerin, eine Anlegerin, forderte Schadenersatz von den Beklagten wegen Prospektfehlern und Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zu einem geschlossenen Fonds. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität und die rechtlichen Herausforderungen bei Kapitalanlagen und deren Dokumentation.

Die Rolle des Prospekts in der Kapitalanlage

Die Klägerin beteiligte sich an einem Fonds, dessen Prospekt am 18. Oktober 2004 veröffentlicht wurde. Dieser enthielt Angaben zu einer Beteiligungsmöglichkeit an der Wertentwicklung von Index-Zertifikaten, die von einer Fondsgesellschaft erworben wurden. Diese Zertifikate wiederum spiegelten den Wert eines Portfolios aus US-Lebensversicherungen wider. Die Prospektangaben wiesen jedoch wesentliche Fehler auf, insbesondere bei den Angaben zu den Anschaffungsnebenkosten der Lebensversicherungen. Diese Fehler hatten weitreichende Folgen für die Anlageentscheidung der Klägerin.

Haftung für Prospektfehler und deren Konsequenzen

Das Gericht stellte fest, dass sowohl die Beklagte zu 1, die persönlich haftende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft, als auch die Beklagte zu 2, die Erbin des verstorbenen Geschäftsführers der Fondsgesellschaft, für den Prospektfehler haften. Es wurde entschieden, dass ein Prospektfehler vorlag, der für die Anlageentscheidung der Klägerin wesentlich war. Die Unvollständigkeit der Angaben über die Anschaffungsnebenkosten wurde als entscheidend für die Fehleinschätzung der Rentabilität des Anlageobjekts betrachtet.

Urteil und Rechtsfolgen des LG Dortmund

Das Landgericht Dortmund sprach der Klägerin Schadenersatz in Höhe von 72.142,41 EUR zu, zuzüglich Zinsen. Darüber hinaus wurden die Beklagten verurteilt, die Klägerin von etwaigen Forderungen Dritter freizustellen. Dieses Urteil verdeutlicht die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus unzureichenden oder fehlerhaften Informationen in Anlageprospekten ergeben können. Es unterstreicht die Bedeutung der genauen und umfassenden Aufklärung von Anlegern im Vorfeld ihrer Investitionsentscheidungen.

Das Urteil des LG Dortmund in diesem Fall ist nicht nur für die beteiligten Parteien von Bedeutung, sondern auch für den Finanzmarkt im Allgemeinen. Es betont die Verantwortung von Fondsgesellschaften und deren Vertretern, präzise und vollständige Informationen in ihren Anlageprospekten bereitzustellen. Für Anleger unterstreicht es die Notwendigkeit, Anlageentscheidungen auf der Grundlage gründlicher Recherchen und verlässlicher Informationen zu treffen. Der Fall zeigt, dass bei Kapitalanlagen Vorsicht geboten ist und dass eine genaue Prüfung der zugrunde liegenden Dokumentation entscheidend ist.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was ist unter Kapitalanlagebetrug zu verstehen?

Kapitalanlagebetrug bezeichnet jede Form von Betrug, bei der Anleger am Kapitalmarkt getäuscht und vorsätzlich zum Zwecke der Bereicherung durch die Täter manipuliert werden. Dies kann durch verschiedene Methoden geschehen, einschließlich falscher Versprechungen, gefälschter Unterlagen, nicht existierender Unternehmen oder betrügerischer Anlageberater.

Im juristischen Sinne ist Kapitalanlagebetrug in Deutschland nach § 264a des Strafgesetzbuches (StGB) definiert. Es handelt sich um einen speziellen Tatbestand des Betrugs im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen. Tathandlung ist die unrichtige vorteilhafte Angabe oder das Verschweigen nachteiliger Tatsachen in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen. Die Strafe für Kapitalanlagebetrug kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe sein.

Es ist zu beachten, dass ein Anlagebetrug bereits dann vorliegt, wenn nachteilige Tatsachen gegenüber dem Investor verschwiegen oder unwahrheitsgemäße Angaben gemacht werden. Dabei muss dem Investor nicht unbedingt ein Kapitalanlageschaden entstanden sein.

Beispiele für Kapitalanlagebetrug können Schrottimmobilien (Immobilienbetrug) und gefälschte Wertpapiere (Wertpapierbetrug) sein. Eine Grauzone stellen viele Angebote im Umfeld des grauen Kapitalmarkts dar, wobei die Grenze zwischen exzessiv hohen Kosten einerseits und Betrug andererseits oft verschwimmen.

Wie wird ein Schadenersatzanspruch bei Prospektfehlern begründet?

Ein Schadenersatzanspruch bei Prospektfehlern wird auf der Grundlage der Prospekthaftung begründet. Die Prospekthaftung bezieht sich auf die Verantwortung derjenigen, die einen Verkaufsprospekt für eine Kapitalanlage erstellen und veröffentlichen. Wenn der Prospekt falsche, fehlerhafte oder unvollständige Angaben enthält, können Anleger Schadenersatzansprüche geltend machen.

Die Haftung betrifft nach § 9 Absatz 1 Satz 1 WpPG diejenigen, die das Prospekt erstellt haben, sowie diejenigen, die für ihn in sonstiger Weise verantwortlich sind. Dies betrifft beispielsweise den Emittenten, beteiligte Banken oder Konzernmütter. Darüber hinaus können gewöhnlich alle Personen in die Prospekthaftung genommen werden, die eine sogenannte Aufklärungspflicht haben. Darunter fallen zum Beispiel auch Berater und Vermittler.

Ein Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass der Verkaufsprospekt nicht den Voraussetzungen der § 5 WpPG entspricht und dass der Anleger ein Wertpapier innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung des Prospekts erwirbt.

Es ist auch zu beachten, dass ein Schadenersatzanspruch aus § 44 BörsG in einem Jahr seit dem Zeitpunkt verjährt, zu dem der Erwerber von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Angaben des Prospekts Kenntnis erlangt, spätestens jedoch in drei Jahren seit der Veröffentlichung des Prospekts.

Ein Schadenersatzanspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn die im Prospekt enthaltenen Angaben einen verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Kapitalanleger bei seiner Anlageentscheidung insofern beeinflussen, dass er im Vertrauen auf deren Richtigkeit die Anlage gezeichnet hat.

Es ist jedoch zu beachten, dass eine geringfügige Unrichtigkeit nicht ausreicht, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen. Es muss ein erheblicher Fehler vorliegen, der die Anlageentscheidung des Anlegers beeinflusst hat.

Welche Rolle spielen Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Kapitalanlagen?

Aufklärungspflichten spielen eine entscheidende Rolle im Zusammenhang mit Kapitalanlagen. Sie dienen dazu, den Anleger vor den Risiken einer Kapitalanlage zu schützen und ihn in die Lage zu versetzen, eine informierte Entscheidung zu treffen.

Die Aufklärungspflichten eines Anlageberaters oder Anlagevermittlers bestehen unabhängig davon, ob die Kapitalanlage mittels eines Prospekts vertrieben wird oder nicht. Sie umfassen die ungefragte und schriftliche Aufklärung über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge sowie Risiken und Gewinnchancen der Kapitalanlage.

Können wir Ihnen helfen? Rufen Sie uns an: 02732 791079 und vereinbaren einen Beratungstermin oder fordern Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung online an.

Die Pflicht zur Beratung geht dabei weit über die ebenfalls bestehende Pflicht zur Aufklärung hinaus. Während sich die Aufklärung des Kunden durch den Anlageberater darauf beschränkt, den Kunden über die Eigenschaften und Risiken der spezifischen Anlage zu informieren, umfasst die Beratungspflicht auch die Prüfung, ob das konkrete Geschäft, das dem Kunden empfohlen wird, oder die konkrete Wertpapierdienstleistung im Rahmen der Finanzportfolioverwaltung den Anlagezielen des Kunden entspricht.

Eine Verletzung der Aufklärungspflicht kann schwerwiegende Folgen haben. Wenn ein Anleger aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung eine nachteilige Kapitalanlage erworben hat, kann er Schadensersatzansprüche geltend machen.

Es ist auch zu beachten, dass die Aufklärungs- und Beratungspflichten je nach Einzelfall variieren können, insbesondere in Bezug auf die Person des Kunden und das konkrete Anlageobjekt. Zum Beispiel kann eine Bank, die erklärt, sie kenne sich mit bestimmten Optionsscheinen nicht aus, sich keiner Aufklärungspflichtverletzung schuldig machen, wenn sie eine Order über solche Scheine ausführt, ohne den Kunden über die damit verbundenen besonderen Risiken aufzuklären.

Insgesamt ist die Einhaltung der Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Kapitalanlagen von entscheidender Bedeutung, um das Vertrauen der Anleger zu gewährleisten und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

LG Dortmund – Az.: 3 O 129/14 – Urteil vom 06.02.2015

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 72.142,41 EUR (i.W.: zweiundsiebzigtausendeinhundertzweiundvierzig 41/100 Euro) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2014 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte und Ansprüche der Klägerin, die ihr aus ihrem mittelbaren Beitritt an der E mit der Kennnummer …/… zustehen.

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagten in Annahmeverzug befinden.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von etwaigen Forderungen der Treuhandkommanditistin oder Gläubigern der E freizustellen.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 2.879,09 EUR (i.W.: zweitausendachthundertneunundsiebzig 09/100 Euro) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Mai 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen Prospektfehlern und der Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit ihrem Beitritt zu dem geschlossenen Fonds E mit der Kennnummer …7… (nachfolgend Fondsgesellschaft). Bei der Beklagten zu 1 handelt es sich um die persönlich haftende Gesellschafterin und Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft. Die Beklagte zu 2 ist Erbin des im Jahr 2012 verstorbenen Geschäftsführers der Beklagten zu 1.

In dem am 18.10.2004 herausgegebenen Prospekt (Anl. K5) wird der „Gegenstand der Beteiligung“ auf Seite 8 wie folgt beschrieben:

„Mit der Beteiligung an der E (nachfolgend: „Fondsgesellschaft“) haben Anleger die Möglichkeit, an der Wertentwicklung einer innovativen Form von Index-Zertifikaten zu profitieren. Die Fondsgesellschaft erwirbt 45 US M Zertifikate (nachfolgend: „Index-Zertifikate“) von der E2 Emittentin GmbH (nachfolgend: „Emittentin“), die den Wert eines geplanten Portfolios aus US-Lebensversicherungen widerspiegeln (nachfolgend: „Portfolio“).

Das geplante Portfolio wird nach strengen Kriterien aufgebaut und mit einer sicherheitsorientierten Risikomischung strukturiert. Es soll aus ca. 125 Policen mit einer angestrebten Gesamtversicherungssumme von rund US-$ 223 Millionen bestehen.

Das Portfolio selbst wird von der E3 Portfolio S.A. Luxemburg (nachfolgend: „Portfolio Gesellschaft“) aufgebaut und verwaltet. Die Portfoliogesellschaft finanziert den Kaufpreis der Policen aus dem Nettoemissionserlös der Index-Zertifikate. Diesen erhält sie von der Emittentin auf der Grundlage einer zwischen beiden Gesellschaften abgeschlossenen Anlagevereinbarung (Anlagevereinbarung siehe Kapitel 12 „Rechtliche Grundlagen“, Seite 54). … “

Die „Investitions-und Finanzierungsrechnung“ wird in dem Prospekt wie folgt dargestellt:

Auf Seite 34:

„Basis dieser Fondskonzeption ist eine dreistufige Investitionsphase. Die Anleger beteiligen sich mit ihrem Eigenkapital an der Fondsgesellschaft. Die Fondsgesellschaft erwirbt wiederum 45 Index-Zertifikate von der Emittentin. Der Kaufpreis der Index-Zertifikate wird – nach Abzug der Ausgaben der Emittentin – an die Portfoliogesellschaft weitergereicht (Nettoemissionserlös). Diese investiert in ein aufzubauendes Portfolio aus US-amerikanischen Lebensversicherungen. Zusammengefasst ergibt sich über alle drei Investitionsebenen nachfolgende Brutto-Investitionsfinanzierungsberechnung.

Mittelherkunft in TUS-$ in %

Kommanditkapital 81.300 100,0

Finanzierungsvolumen 81.300 100,0

Mittelverwendung

Kaufpreis

Lebensversicherungen 69.839 85,9

Akquisitionskosten … .“

Auf Seite 37:

„Ebene Portfoliogesellschaft

Kaufpreis Lebensversicherungen

Der Kaufpreis für die US-Lebensversicherungen ist mit US-$ 69,8 Mio. kalkuliert worden. Die Position beinhaltet auch Anschaffungsnebenkosten aus der Vermittlung und Beratung bei der Strukturierung des Portfolios.“

In dem Abschnitt „Rechtliche Grundlagen … Ausländische Vertragsbeziehungen“ befindet er sich auf den Seiten 56 und 57 des Prospektes folgender Hinweis:

„Bei Erwerb einer Police von N erstattet die Portfoliogesellschaft N den auf dem Zweitmarkt an den Versicherungsnehmer gezahlten Kaufpreis, die bis zum Erwerbszeitpunkt durch die Portfoliogesellschaft angefallenen Prämienzahlungen und die Auslagen von N.

Für die Vermittlung jeder einzelnen zu erwerbenden US- Lebensversicherungspolice erhält N eine Provision in Höhe von 3,3 % der Versicherungssumme jeder Einzelpolice. Zusätzlich erhält N noch eine Leistungsprämie, insofern die erzielte Einkaufsrendite 16 %. P.a. (IRR) übersteigt. Die Leistungsprämie beträgt dann die Hälfte der Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten günstigeren Kaufpreis und dem Kaufpreis, der für die Erzielung einer auf Einkaufsrendite von 16 % p.a. (IRR) zu zahlen gewesen wäre. Die Portfoliogesellschaft gewährt bei Überschreiten bestimmter Ertragsziele der N eine Mehrerlösbeteiligung.“

Unter dem 28.02.2005 unterschrieb die Klägerin eine formularmäßige Beitrittserklärung (Anl. K3). Gegenstand war ihre mittelbare Beteiligung an der Fondsgesellschaft. Die Beteiligungssumme belief sich auf 90.000,00 US-$ zzgl. 5 % Agio. Die Klägerin zahlte 76.650,38 EUR. Sie erhielt Ausschüttungen i.H.v. 4.507,97 EUR. Die Differenz ist die Klageforderung.

Die Klägerin meint, der Prospekt weise diverse Prospektfehler auf. Unter anderem kläre er nicht hinreichend über die Anschaffungsnebenkosten auf. Sie verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der am 10.06.2005 herausgegebene Prospekt auf Seite 41 unstreitig folgenden Hinweis erhält:

„Kaufpreis Lebensversicherungen

Der Kaufpreis für die US-Lebensversicherungen ist mit US-$ 69,8 Mio. kalkuliert worden. Die Position beinhaltet auch Anschaffungsnebenkosten in Höhe von TUS-$ 7.424 aus der Vermittlung und Beratung durch N Financial bei der Strukturierung des Portfolios.“

Sie behauptet, I habe ihr vor der Beitrittserklärung erklärt, dass die Anlage in den streitgegenständlichen Fonds praktisch risikofrei sei, da Lebensversicherungen werthaltig seien und es in jedem Fall zu einer Auszahlung der Lebensversicherung komme, lediglich der Zeitpunkt der Zahlung sei offen.

Wenn sie zutreffend aufgeklärt worden wäre, dann hätte sie sich nicht für die streitgegenständliche Fondsbeteiligung entschieden, sondern eine Anlage in deutsche Kapitallebensversicherungen gewählt. Ausgehend von einem Garantiezins i.H.v. 2,75 % seien ihr 17.844,84 EUR Zinsen entgangen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 72.142,41 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 17.844,84 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. die Verpflichtung aus Ziffer 1 und Ziffer 2 hat gegen Übertragung der Beteiligungen der Klägerin an der E mit der Kennnummer …/… zu erfolgen,

4. festzustellen, dass sich die Beklagten in Annahmeverzug befinden,

5. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, die Klägerin von etwaigen Forderungen der Treuhandkommanditistin oder Gläubigern der freizustellen,

6. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie weitere 2.879,09 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie berufen sich auf die Einrede der Verjährung.

Sie bestreiten mit Nichtwissen, dass die Klägerin mit I ein Gespräch über den Beitritt zur streitgegenständlichen Fondsgesellschaft geführt habe und behaupten, I habe der Klägerin den Verkaufsprospekt rechtzeitig vor ihrer Beitrittserklärung übergeben und den Inhalt des Verkaufsprospektes zum Gegenstand der „Beratung“ gemacht. Sie bestreiten die von der Klägerin vorgetragenen Prospektfehler und die Kausalität für die streitgegenständliche Beitrittserklärung der Klägerin.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst den zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I und Q sowie durch die Parteivernehmung der Klägerin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 5. Dezember 2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist teilweise – in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – begründet.

I. Haftung der Beklagten zu 1 und 2

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1 einen Anspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB. Die Beklagte zu 2 haftet als Erbin des damaligen Geschäftsführers der Beklagten zu 1 für dessen Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 1967 BGB. Gegen den Geschäftsführer der Beklagten zu 1 hat die Klägerin einen Schadenersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 264a StGB

Bei der Vorschrift des § 264a StGB handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Das Vertrauen der Allgemeinheit in das Funktionieren des Kapitalmarktes stellt nicht das einzige geschützte Rechtsgut dar, welches durch § 264a StGB geschützt werden soll. Dieses Gesetz ist nach Zweck und Inhalt ebenfalls darauf gerichtet, das Vermögen des einzelnen Kapitalanlegers im Bereich des weithin anonymisierten Kapitalanlagemarktes vor möglichen Schäden durch falsche und unvollständige Prospektangaben zu schützen (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.1991 – II ZR 204/90 – NJW 1992, 241, 242 f.; Urt. v. 29.05.2000 – II ZR 280/98 – NJW 2000, 3346; Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 218/03 – NJW 2004, 2664, 2666; Urt. v. 01.03.2010 – II ZR 213/08 – NJW-RR 2010, 911; Urt. v. 08.01.2013 – VI ZR 386/11 – WM 2013, 503; OLG Hamm, Beschl. v. 06.02.2014 – 34 W 71/13 -; BVerfG, Beschl. v. 29.02.2008 – 1 BvR 371/07 – NJW 2008, 1726, 1727).

Der Beklagten zu 1 und ihrem damaligen Geschäftsführer fällt ein Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB zur Last. Die Beklagte zu 1 haftet nach § 31 BGB für das Handeln ihres Geschäftsführers. Der objektive Tatbestand des § 264a StGB erfordert, dass in Bezug auf bestimmte Anlagewerte (im vorliegenden Fall die Beteiligung an der Fondsgesellschaft als Treugeber-Kommanditistin) aus Anlass von Anlagegeschäften (Vertrieb der Fondsbeteiligungen) in Werbeträgern (Prospekt vom 18.10.2004), die das Informationsinteresse des Anlegerkreises betreffen, eine Täuschungshandlung (vorteilhafte Angaben, Verschweigen nachteiliger Tatsachen) begangen wird (vgl. Cramer/Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Auflage 2010, § 264a Rn. 3 ff.). Der objektive Tatbestand des § 264a StGB stimmt mit dem der verjährten Prospekthaftung im engeren Sinn überein und unterscheidet sich nur dadurch von der Prospekthaftung im engeren Sinn, dass § 264a StGB vorsätzliches statt lediglich fahrlässiges Verhalten erfordert (BGH, Urteil vom 29.05.2000, II ZR 280/98 zu II, Seite 8, Urteil vom 01.03.2010, II ZR 213/08 Rn 24).

a) Prospektfehler

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes muss einem Anleger für seine Beitrittsentscheidung ein richtiges Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muss über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutreffend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden (vgl. BGH, Urt. v. 23.04.2012 – II ZR 75/10 – NJW-RR 2012, 1312, 1313, Rn. 13 mit umfangreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 27.12.2012 – 34 U 84/12 – BeckRS 2013, 12067; Palandt-Grüneberg, BGB, 72. Auflage 2013, § 311 Rn. 70). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können. Ob ein Prospekt unrichtige oder unvollständige Angaben enthält, ist nach dem Gesamtbild zu beurteilen, das sich bei einer von dem Anleger zu erwartenden sorgfältigen und eingehenden Lektüre des Prospekts ergibt (vgl. BGH, ebda.). Abzustellen ist auf den Empfängerhorizont (BGH, Urteil vom 14.05.2013, XI ZR 335/11, Rn.27).

Als wesentliche Prospektangaben sind diejenigen anzusehen, die ein durchschnittlicher, verständiger Anleger „eher als nicht“ bei der Anlageentscheidung berücksichtigen würde (Ebenroth, HGB, BörsG 2007, Rn. IX, 431). Durch die Aufklärungspflicht der Prospektverantwortlichen gegenüber den mit dem Prospekt geworbenen Interessenten soll deren Recht zur Selbstbestimmung über die Verwendung ihres Vermögens sichergestellt werden (BGH NJW 1993, Seite 2865). Der Anleger hat trotz und gerade wegen der Tatsache, dass er mit seiner Anlage ein Risikogeschäft eingeht und ihm dieses wirtschaftliche Risiko bleiben muss, ein Recht darauf, seine Entscheidung eigenverantwortlich in voller Kenntnis sämtlicher für die Beurteilung dieses Risikogeschäfts maßgeblicher Umstände zu treffen. Dabei stellt sich schließlich für oder gegen die Beteiligung an der angebotenen Anlage gefasste Entschluss stets als das Ergebnis einer Gesamtentscheidung in Ausübung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechtes dar, bei der alle Vor- und Nachteile sowie sämtliche mit der betreffenden Anlage verbundenen Chancen und Risiken gegeneinander abgewogen worden sind. Da dem Anleger diese in eigener Verantwortung zu treffende Entscheidung von niemandem, am wenigsten von dem Anbieter der Anlage, abgenommen werden kann und darf, hat ihm der Beteiligungsprospekt, mit dem für die Anlage geworben wird, ein möglichst vollständiges Bild von den für seine sachgerechte Beurteilung der Anlage erheblichen Umstände zu vermitteln (BGH NJW 1993, 2865, BGH, II ZR 203/08, Urteil vom 22.03.2010, Rn. 22).

Der Emissionsprospekt vom 18.10.2004 (Anlage K5) enthält auf Seite 37 unvollständige Angaben zu den „Anschaffungsnebenkosten“ des Erwerbes der Lebensversicherungen in Höhe von unstreitig 7.424.000,00 US-$. Dabei handelt es sich zweifelsfrei um einen für die Anlageentscheidung wesentlichen Umstand, weil dieser erhebliche Betrag nicht für die Lebensversicherungen zur Verfügung steht und Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Anlageobjekts und der Rentabilität der Kapitalanlage zulässt (BGH, Urteil vom 12.12.2013, III ZR 404/12 Rn.14, Urteil vom 09.02.2006, III ZR 20/05 Rn. 5, Urteil vom 12.02.2004, III ZR 359/02 Seite 15). Die „Anschaffungsnebenkosten“ und die auf Seite 35 des Prospektes dargestellten Kosten auf der Ebene der Fondsgesellschaft addieren sich auf 81.300.000,00 US-$ (Kommanditkapital, Finanzierungsvolumen) – 69.839.000,00 US-$ (Kaufpreis der Lebensversicherungen) + 7.424.000,00 US-$ (in der Position „Kaufpreis der Lebensversicherungen“ enthaltene „Anschaffungsnebenkosten“) = 18.885.000,00 US-$ = 23% des Kommanditkapitals. Dieser auf die Vertriebs- und Erwerbskosten entfallende Anteil des Kommanditkapitals liegt deutlich über der kalkulierten Rendite von 16 % (Seite 24 und 57 des Prospektes), was nach Meinung der Kammer offensichtlich für die Anlageentscheidung von Bedeutung ist. Unerheblich ist die Einordnung dieser Kosten als „Weichkosten“ oder „Hartkosten“. Entscheidend ist allein, dass dieser Betrag nicht als Kaufpreis für die Lebensversicherungen zur Verfügung steht. Dafür spricht auch die folgende Änderung des Hinweises in dem Prospekt vom 10.6.2005:

„Kaufpreis Lebensversicherungen

Der Kaufpreis für die US-Lebensversicherungen ist mit US-$ 69,8 Mio. kalkuliert worden. Die Position beinhaltet auch Anschaffungsnebenkosten in Höhe von TUS-$ 7.424 aus der Vermittlung und Beratung durch N Financial bei der Strukturierung des Portfolios.“

Die im Tatbestand zitierten Angaben auf den Seiten 8 und 57 reichen zur Erfüllung des Informationsbedürfnisses der Anleger nicht aus. Es reicht kein einfacher Rechenschritt (dazu BGH III ZR 404/12, Rd. 16 und III ZR 20/05, Rd. 4 ff). Die „Anschaffungsnebenkosten“ werden vielmehr verschleiert und nicht in dem Abschnitt „Investitions- und Finanzierungsberechnung“ dargestellt und beziffert, in dem sie der Anleger erwartet, sondern teilweise auf Seite 8 (Gesamtversicherungssumme 223.000.000 US-$) und teilweise auf Seite 57 (Provisionen 3,3 % der Versicherungssumme).

b) Prospektverantwortlichkeit

Die Beklagte zu 1, die sich das Handeln ihres Geschäftsführers nach § 31 BGB zurechnen lassen muss, und der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und Erblasser haften für den unter a) dargestellten Prospektmangel als Gründungsgesellschafterin (Beklagte zu 1), mithin derjenigen, von der der Erlass des Prospektes ausgeht (§ 44 Abs. 1 BörsG a.F.), bzw. als Hintermann (Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und Erblasser). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften für fehlerhafte oder unvollständige Angaben in dem Emissionsprospekt einer Kapitalanlage neben dem Herausgeber des Prospekts die Gründer, Initiatoren und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen. Darüber hinaus haften als so genannte Hintermänner alle Personen, die hinter der Gesellschaft stehen und auf ihr Geschäftsgebaren oder die Gestaltung des konkreten Anlagemodells besonderen Einfluss ausüben und deshalb Mitverantwortung tragen (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2011 – III ZR 103/10 – NJW 2012, 758, 759, Rn. 17 m.w.N.; OLG Hamm, Urt. v. 23.01.2014 – 34 U 226/12 – S. 31; Urt. v. 23.01.2014 – 34 U 43/13 – S. 28). Anknüpfungspunkt für die Haftung ist, da vertragliche oder persönliche vorvertragliche Beziehungen zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anleger und diesem Personenkreis nicht zustande kommen, dessen Einfluss auf die Gesellschaft bei der Initiierung des in Frage stehenden Modells. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Anleger um die Initiatoreneigenschaft der in Anspruch genommenen Person wusste und ob diese Initiatoreneigenschaft bei seiner Anlageentscheidung irgendeine Rolle spielte. Nicht entscheidend ist schließlich, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospektes gegeben ist; ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 23.01.2014 – 34 U 226/12 – S. 31; Urt. v. 23.01.2014 – 34 U 43/13 – S. 28; jeweils m.w.N.).

c) Kausalität

Der Anleger trägt grundsätzlich die Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen der Schutzgesetzverletzung und dem Schaden. Für ihn streitet aber der Anscheinsbeweis, soweit das verletzte Schutzgut typischen Gefährdungsmöglichkeiten entgegenwirkt und zeitlich nach dem Verstoß gerade derjenige Schaden eingetreten ist, dessen Verhinderung das Schutzgesetz bezweckt (Palandt, BGB, 73. Aufl. 2013, § 824 Rn. 81). Die Kausalität zwischen dem Kapitalanlagebetrug, der der Beklagten zu 1 und ihrem damaligen Geschäftsführer zur Last fällt, und dem Kaufentschluss der Klägerin wird für die Dauer der Anlagestimmung widerleglich vermutet (vgl. Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, 34. Auflage 2010, § 44 BörsG Rn. 8 u. § 45 BörsG Rn. 2; BGH, Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 218/03 – NJW 2004, 2664). Zudem spricht auch die Lebenserfahrung dafür, dass ein erheblicher Prospektfehler ursächlich für den Entschluss zum Erwerb der Anlage ist. Diese auf Tatsachenerfahrung beruhende Vermutung gilt für die quasi-vertragliche Prospekthaftung im engeren Sinn und für Schadensersatzansprüche wegen falscher Prospektangaben auf deliktischer Grundlage gleichermaßen (BGH, Urteil vom 21.03.2013, III ZR 139/12).

Umstände, die diese Vermutung widerlegen, sind weder ersichtlich noch dargelegt. § 264a StGB enthält ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt im Vorfeld des Betruges und setzt daher keinen Irrtum und keine Prospektkenntnis des potentiellen Anlageopfers voraus (vgl. Cramer/Perron, in: Schönke/Schröder, a.a.O., § 264a Rn. 1).

Vorliegend ist für die Klägerin schon mit Zeichnung der Anlage am 28.02.2005 ein Schaden entstanden (dazu im Folgenden unter 5. Schadensersatz), der in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zu dem objektiven Schutzgesetzverstoß – hier der Veröffentlichung des mangelhaften Emissionsprospekts vom 18.10.2004 – stand.

d) Verschulden

Auch ein Verschulden der Beklagten zu 1, die sich das Handeln ihres Geschäftsführers nach § 31 BGB zurechnen lassen muss, und des damaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 1 und Erblassers ist gegeben.

Verschulden erfordert im Bereich der Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands des Schutzgesetzes (vgl. Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 823 Rn. 60). Der subjektive Tatbestand des Kapitalanlagebetrugs nach § 264a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert Vorsatz, zumindest bedingten Vorsatz. Der Vorsatz muss sich auch auf die Erheblichkeit der Angaben sowie ihre Unrichtigkeit bzw. im Fall der verschwiegenen Tatsachen auf die Nachteiligkeit beziehen (Schönke/Schröder, StGB, 29 Aufl. 2014, § 264a Rn. 36; BGH, Urt. v. 15.07.2010 – III ZR 321/08 Rn. 37). Der damalige Geschäftsführer kannte unstreitig den Inhalt des Prospekts und die oben im einzelnen dargestellten den Prospektfehler begründenden nicht hinreichend dargestellten „Anschaffungsnebenkosten“. Diese „Anschaffungsnebenkosten“ waren für das Informationsinteresse und damit die Anlageentscheidung der Anleger auch für einen juristischen Laien, mithin auch für den damaligen Geschäftsführer der Beklagten zu 1, offensichtlich von erheblicher Bedeutung, weil es sich bei den nicht dargestellten „Anschaffungsnebenkosten“ der Lebensversicherungen um einen wesentlichen Umstand für die Beurteilung des Risikos und des Erfolges des Fondskonzeptes handelt. Dafür spricht auch die konkrete Nennung der „Anschaffungsnebenkosten“ im Prospekt vom 10.06.2005. Daraus folgert die Kammer, dass der damalige Geschäftsführer der Beklagten zu 1 die notwendige Kenntnis der rechtlichen Erheblichkeit des Prospektfehlers hatte.

Auch kommt kein unvermeidbarer Rechtsirrtum aufgrund der Hinzuziehung von Experten in Betracht. Ein Irrtum darüber, ob eine dem Täter bekannte Tatsache der Informationspflicht unterfällt, ist ein Verbotsirrtum im Sinne von § 17 StGB (Schönke/Schröder, StGB, § 264a Rn. 36; Fischer, StGB, § 264a Rn. 20). Zwar gilt im Zivilrecht grundsätzlich die Vorsatztheorie, wonach zum Vorsatz auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit gehört, so dass bei einem Verbotsirrtum eine Vorsatzhaftung entfällt. Handelt es sich aber – wie vorliegend – um ein Schutzgesetz aus dem Strafrecht, wonach der Verbotsirrtum nur dann entlastet, wenn er unvermeidbar war (§ 17 StGB), so gilt dasselbe auch im Anwendungsbereich des § 823 Abs. 2 BGB. Bei einem fahrlässigen Verbotsirrtum wird danach die Sanktion als Vorsatztat nicht ausgeschlossen (BGH, Urt. v 10.07.1984 – VI ZR 222/82, NJW 1985, 134; BGH, Beschl. v. 28.10.2010 – III ZR 255/09). Ein unvermeidbarer, mithin nicht fahrlässiger Verbotsirrtum liegt nicht vor, weil die Pflicht, in einem Verkaufsprospekt vollständige Angaben zu der Erwerbskosten des Anlageobjektes zu machen, auch für einen juristischen Laien im vorliegenden Fall auf der Hand liegt. Es gilt daher schon der allgemeine Grundsatz, dass „Rechtsblindheit“ den Vorsatz nicht beseitigt (Palandt, BGB, § 276 Rn. 11).

Grundsätzlich trifft den Schuldner das Risiko, die Rechtslage zu verkennen. Er handelt schuldhaft, wenn er mit der Möglichkeit rechnen musste, dass das zuständige Gericht einen anderen Rechtsstandpunkt einnimmt.

e) Schaden

Der Klägerin ist ein Schaden entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist der Anleger, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits durch deren Erwerb geschädigt. Wer durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrags verleitet wird, den er ohne dieses Verhalten nicht geschlossen hätte, kann sogar bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden dadurch erleiden, dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2005 – XI ZR 170/04 – Rn. 17, zit. nach juris; Urt. v. 11.07.2012 – IV ZR 151/11 – Rn. 59, zit. nach juris).

f) keine Verjährung

Der Anspruch ist nicht verjährt. Auf unerlaubter Handlung beruhende Prospekthaftungsansprüche verjähren innerhalb der dreijährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2010, II ZR 213/10 Rn. 24; KG, Beschl. v. 01.06.2011 – 19 U 90/11 – Rn. 23, zit. nach juris), für deren vom Schädiger darzulegenden Beginn es gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Geschädigten ankommt. Entsprechende Umstände, die zum Eintritt der Verjährung bereits vor dem Eintritt der die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB hemmenden Rechtshängigkeit am 16.05.2014 geführt hätten, sind weder ersichtlich noch von den Beklagten zu 1 und 2, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 18.11.2013 – 31 U 108/13 – Rn. 48, zit. nach juris), vorgetragen. Sie haben weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass die Klägerin schon im bzw. vor dem Jahr 2011 von der Fehlerhaftigkeit des Prospektes hinsichtlich der „Kaufnebenkosten“ erfahren haben soll.

II. Rechtsfolge

a) Die Klägerin kann wegen der schuldhaften Schutzgesetzverletzung der Beklagten zu 1 und ihres damaligen Geschäftsführers und Erblassers gemäß § 249 Abs. 1 BGB verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie sich an dem streitgegenständlichen Fonds nicht beteiligt. Das bedeutet, dass sie von den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zunächst die Erstattung des Anlagekapitals nebst Agio sowie die Freistellung von etwaigen Forderungen der Treuhandkommanditistin oder Gläubiger der E mit der Kennnummer …/… verlangen kann.

Im Falle der schadensrechtlichen Rückabwicklung einer mittelbaren Fondsbeteiligung muss der geschädigte Kapitalanleger dem Schädiger als Zug um Zug zu gewährende Leistung die Abtretung seiner Rechte aus der Beteiligung bzw. dem Treuhandvertrag anbieten (BGH, Urt. v. 10.07.2012 – XI ZR 272/10 – Rn. 11, zit. nach juris) und sich bei der Schadensberechnung die erhaltenen Fondsausschüttungen im Wege des Vorteilsausgleichs anrechnen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 31.05.2010 – II ZR 30/09 – Rn. 19, zit. nach juris; OLG Hamm, Urt. v. 18.11.2013 – 31 U 108/13 – Rn. 51, zit. nach juris). Dies führt im Streitfall dazu, dass sich die Klägerin auf die von ihr geleistete Beteiligungssumme zuzüglich Agio (insgesamt 76.650,38 EUR) die unstreitig ausgeschütteten 4.507,97 EUR anrechnen lassen muss.

Auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind ein ersatzfähiger Schaden (Palandt § 249 Rn. 56 ff).

b) Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Der ausgeurteilte Zeitpunkt für den Verzinsungsbeginn entspricht dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Ansprüche.

Die weitergehende Zinsforderung (Klageantrag zu 2) ist nicht begründet.

Einen Anspruch auf entgangenen Gewinn gemäß § 252 BGB ausgehend von dem Garantiezins deutscher Lebensversicherungen für den Anlagezeitraum hat die Klägerin nicht unter Beweis gestellt. Zwar sind entgangene Anlagezinsen Teil des entgangenen Gewinns nach § 252 BGB. Bezüglich der abstrakten Berechnung der Anleger kann in der Regel auf die allgemeine Lebenserfahrung, § 252 S. 2 BGB, abgestellt werden, dass Eigenkapital ab einer gewissen Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt ruht, sondern angelegt wird (BGH, 08.05.2012 – XI ZR 262/10; Palandt, § 252 Rn. 7; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2010 – 6 U 2/10). Allerdings wurde durch die Rechtsprechung des BGH die Möglichkeit einer abstrakten Berechnung des entgangenen Gewinns insoweit begrenzt, als dass es nicht der allgemeinen Erfahrung entspreche, dass eine Geldanlage überhaupt einen Gewinn ergäbe und eine bestimmte Gewinnhöhe erst recht nicht festzustellen sei (BGH, Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11). Es obliegt dem Anleger, den entgangenen Gewinn konkret zu berechnen. Der Anleger ist für die Tatsache und die Höhe des entgangenen Gewinns unter Berücksichtigung von § 287 ZPO, § 252 S. 2 BGB darlegungs- und beweisbelastet (BGH, Urt. v. 24.04.2012 – XI ZR 360/11; OLG Hamm, Urt. v. 11.06.2012 – 31 U 89/11).

Die Klägerin behauptet zwar wenig substantiiert, sie hätte eine Anlage in eine deutsche Kapitallebensversicherung gewählt. Sie tritt aber keinen Beweis für ihren Vortag an.

c) Ferner hat die Klägerin gegen die Beklagten zu 1 und 2 einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs mit der Entgegennahme ihrer Beteiligungsrechte (§ 293 BGB). In der Klageschrift hat die Klägerin nämlich die Übertragung der Fondsanteile und damit die von ihr geschuldete Zug um Zug-Leistung mit dem geschuldeten Inhalt angeboten; dieses wörtliche Angebot reichte vorliegend gemäß § 295 BGB aus. Die Beklagten zu 1 und 2 haben hierauf mit dem Antrag auf Klageabweisung reagiert.

B.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert beläuft sich auf bis zu 80.000,00 EUR.

 

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