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Tierhalterhalterhaftpflicht – Leistungsausschluss bei Mietsachschäden durch Urin von Katzen

Katzenurin und Mietsachschäden: Tierhalterhaftpflicht auf dem Prüfstand

Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil entschieden, dass Schäden an einer Mietwohnung durch Katzenurin als übermäßige Beanspruchung der Mietsache gelten und somit von einer privaten Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sein können. Dies gilt insbesondere, wenn keine explizite Vereinbarung über die Tierhaltung zwischen Mieter und Vermieter besteht und die Intensität der Tierhaltung zu erhöhter Abnutzung oder Schäden führt. Das Landgericht hatte zuvor entschieden, dass der Versicherungsschutz greift, wurde jedoch vom OLG Hamm korrigiert.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-20 U 106/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Übermäßige Beanspruchung: Schäden durch Katzenurin in einer Mietwohnung können als übermäßige Nutzung der Mietsache angesehen werden.
  2. Ausschluss vom Versicherungsschutz: Solche Schäden können daher von der Deckung einer privaten Haftpflichtversicherung ausgeschlossen sein.
  3. Keine konkrete Vereinbarung: Fehlt eine ausdrückliche Vereinbarung über die Tierhaltung, kann sich die Intensität der Tierhaltung als unzulässig erweisen.
  4. Abwägung der Interessen: Die Beurteilung der Zulässigkeit der Tierhaltung erfordert eine Abwägung der Interessen von Vermieter und Mieter.
  5. Berücksichtigung verschiedener Faktoren: Art, Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere sowie die Eigenschaften des Mietobjekts spielen eine Rolle.
  6. Kein automatischer Versicherungsschutz: Der Versicherungsschutz für Tierhalter schließt nicht automatisch alle durch Tiere verursachten Schäden ein.
  7. Rückausschlussklausel: Die Klausel für übermäßige Beanspruchung in der Versicherungspolice ist entscheidend für den Ausschluss vom Versicherungsschutz.
  8. Einzelfallbeurteilung: Jeder Fall muss individuell unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilt werden.
Mietschäden durch Katzenurin
(Symbolfoto: Creative Cat Studio /Shutterstock.com)

Die Tierhalterhaftpflichtversicherung deckt in der Regel auch Mietsachschäden ab, die durch Haustiere verursacht werden. Allerdings gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel Schäden durch übermäßige Beanspruchung der Mietwohnung durch Katzenurin. In solchen Fällen kann der Versicherungsschutz entfallen, wie das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 20 U 106/14) zeigt. Laut Tierarzt Onlineverzeichnis sind Schäden an der Mietwohnung durch Katzen versichert, wenn in der Privathaftpflicht Mietsachschäden eingeschlossen sind. Allerdings kann die Tierhaltung in bestimmten Fällen als übermäßiger Gebrauch der Mietwohnung angesehen werden, wie das IWW Institut erklärt.

In einem Fall, in dem eine Mietwohnung durch den Urin von drei Katzen erheblich beschädigt wurde, entschied das Landgericht Dortmund (Urteil vom 09.04.2014 – 2 O 218/13), dass der Risikoausschluss nicht greift, da Katzenurin nicht als ausgeschlossene Abnutzung, Verschleiß oder übermäßige Beanspruchung zu betrachten ist. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Deutsche Rechtsanwaltshotline darauf hinweist, dass bei Mietschäden, die durch übermäßige Beanspruchung von Haustieren verursacht worden sind, der Haftpflichtversicherungsschutz entfallen kann. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil zum Thema Tierhalterhaftpflicht und Leistungsausschluss bei Mietsachschäden durch Urin von Katzen vorgestellt und besprochen.

Der Rechtsstreit um Katzenurin und seine Folgen für die Tierhalterhaftpflicht

Ein bemerkenswerter Fall erreichte das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm), in dem es um die Frage ging, ob Schäden, die durch Katzenurin in einer Mietwohnung entstanden sind, unter die Tierhalterhaftpflichtversicherung fallen. Die Klägerin, eine Mieterin, wurde von ihrem ehemaligen Vermieter für erhebliche Schäden an der Mietwohnung durch den Urin ihrer Katzen zur Rechenschaft gezogen. Sie forderte daraufhin von ihrer Versicherungsgesellschaft Deckungsschutz für den entstandenen Schaden.

Kern des Rechtsstreits: Deckungsschutz und Ausschlussklauseln

Die Klägerin hatte seit 2002 eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die auch die gesetzliche Haftpflicht als Halter von zahmen Haustieren umfasste. Im Versicherungsvertrag war festgelegt, dass Schäden an gemieteten Wohnräumen grundsätzlich in den Versicherungsschutz einbezogen, jedoch Haftpflichtansprüche wegen Abnutzung, Verschleißes und übermäßiger Beanspruchung ausgeschlossen sind. Diese Klauseln standen im Mittelpunkt des Rechtsstreits, da die Versicherungsgesellschaft sich auf den Ausschluss berief und die Deckung verweigerte. Die Klägerin argumentierte, dass der Ausschluss nicht für Schäden durch Tierhaltung gelte und die Beschädigung durch Katzenurin keine übermäßige Beanspruchung im Sinne des Ausschlusses darstelle.

Die Entscheidung des OLG Hamm und ihre Begründung

Das OLG Hamm wies die Klage der Mieterin ab und änderte damit das vorherige Urteil des Landgerichts Dortmund. Das Gericht stellte fest, dass die Art und Weise der Katzenhaltung durch die Klägerin eine übermäßige Nutzung der Mietsache darstellte. Es wurde betont, dass die Beanspruchung über das übliche Maß hinausgeht und zu einer erhöhten Abnutzung oder einem erhöhten Schadensrisiko führt. Das Gericht fand, dass die Klägerin nicht in der Lage war, die Katzen adäquat zu beaufsichtigen, was durch die gravierenden Substanzschäden belegt wurde.

Rechtliche Implikationen und Bedeutung für die Tierhalterhaftpflicht

Dieses Urteil wirft ein Licht auf die Grenzen der Deckung in der Tierhalterhaftpflichtversicherung. Es verdeutlicht, dass Versicherungsnehmer die Bedingungen ihrer Policen sorgfältig prüfen müssen, insbesondere hinsichtlich der Ausschlüsse. Die Entscheidung betont auch die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Tierhaltung und die möglichen rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer Vernachlässigung dieser Verantwortung ergeben können.

Das OLG Hamm legte dar, dass der Versicherungsschutz für Schäden, die in direktem Zusammenhang mit der Tierhaltung stehen, nach den spezifischen Klauseln der Versicherungspolice beurteilt werden muss. Dieser Fall zeigt, dass die Gerichte die Bedingungen und Ausschlüsse von Versicherungspolicen genau prüfen und ihre Entscheidungen auf der Basis der tatsächlichen Nutzung der versicherten Sache treffen.

Das vorliegende Urteil des OLG Hamm (Az.: I-20 U 106/14) vom 30.01.2015 stellt somit einen wichtigen Referenzpunkt für zukünftige Fälle dar, in denen es um die Abgrenzung des Versicherungsschutzes bei Schäden durch Haustiere geht. Es zeigt auf, wie entscheidend die genaue Auslegung der Versicherungsbedingungen für die Frage des Deckungsschutzes ist.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was versteht man unter einer Tierhalterhaftpflichtversicherung?

Unter einer Tierhalterhaftpflichtversicherung versteht man eine Versicherungsart, die Tierhalter vor Schadensersatzansprüchen Dritter schützt, die durch das eigene Tier verursacht werden. Die Haftung des Tierhalters ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 833 geregelt und stellt eine Gefährdungshaftung dar, was bedeutet, dass der Halter auch ohne eigenes Verschulden für Schäden haftbar gemacht werden kann, die sein Tier verursacht.

Die Versicherung deckt in der Regel Personen-, Sach- und Vermögensschäden ab, die durch das Tier entstehen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Hund jemanden beißt oder ein Pferd einen Verkehrsunfall verursacht. Die Versicherung ist besonders für Halter größerer Tiere wie Hunde und Pferde relevant, wobei in einigen Bundesländern Deutschlands eine Versicherungspflicht für Hundehalter besteht. Kleintiere wie Hamster oder Sittiche sind meist über die Privathaftpflichtversicherung des Halters abgedeckt.

Die Höhe der Versicherungsbeiträge hängt von der gewählten Selbstbeteiligung und der Deckungssumme ab. Es ist ratsam, die genauen Versicherungsbedingungen zu prüfen, da der Umfang des Versicherungsschutzes und die Ausschlüsse variieren können. In manchen Fällen können auch Personen, die das Tier beaufsichtigen oder pflegen, durch die Versicherung mit abgesichert sein.

Die Tierhalterhaftpflichtversicherung ist also eine wichtige Absicherung für Tierhalter, um sich vor den finanziellen Folgen von Schäden zu schützen, die durch das eigene Tier entstehen können.

Was sind Mietsachschäden und wie werden sie rechtlich behandelt?

Mietsachschäden sind Schäden, die an gemieteten Objekten entstehen. Dazu zählen Schäden an fest verbauten Elementen wie Wänden, Fenstern, Türen, Böden (Fliesen, Parkett, Laminat), Sanitäranlagen (Waschbecken, Badewanne, Toilette), Einbauküchen und Einbauschränken. Auch Schäden, die durch Haustiere verursacht wurden, gelten als Mietsachschäden.

Rechtlich gesehen ist der Mieter für die Kosten der Schadensregulierung verantwortlich. Allerdings kann der Vermieter nur den Zeitwert der beschädigten Mietsache in Rechnung stellen. Das bedeutet, dass der Mieter nur für den Wert des beschädigten Gegenstandes zum Zeitpunkt des Schadens aufkommen muss, nicht für den Neuwert. Beispielsweise haben Gerichte entschieden, dass ein Parkettboden nach 12 Jahren abgeschliffen werden muss. Entsteht nach 6 Jahren ein Mietschaden, muss die Mietpartei lediglich die Hälfte der Kosten für einen Abschliff übernehmen.

Eine private Haftpflichtversicherung deckt in der Regel Mietsachschäden ab. Es ist jedoch entscheidend, welche Mietsachen versichert sind und welche nicht. Ausschlussklauseln enthalten häufig beispielsweise die Außenflächen und Möbel. Nicht jede Privathaftpflichtversicherung deckt Mietschäden im gleichen Umfang ab. Daher ist es ratsam, den genauen Umfang des Versicherungsschutzes zu prüfen.

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Wenn ein Mietsachschaden auftritt, sollte der Mieter den Schaden dokumentieren und sowohl den Vermieter als auch die Versicherung unverzüglich informieren.

Es ist zu erwähnen, dass normale Abnutzung und Verschleiß nicht als Mietsachschäden gelten und daher nicht vom Mieter ersetzt werden müssen.

Wie wird die übermäßige Beanspruchung einer Mietsache definiert?

Die übermäßige Beanspruchung einer Mietsache wird definiert als eine Nutzung, die über das für den einzelnen Raum vereinbarte oder übliche Maß hinausgeht, sowohl quantitativ als auch qualitativ. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der ursprüngliche Boden in der Wohnung mit selbstklebenden Teppichfliesen überklebt wird.

Übermäßige Beanspruchung bezeichnet Schäden oder Veränderungen an Mietsachen, die über das gewohnte Maß hinausgehen und nicht der normalen Abnutzung oder dem Verschleiß entsprechen. Beispiele für solche übermäßigen Beanspruchungen können Flecken von Rotwein oder Kaffee auf einem zur Mietsache gehörenden Teppichboden oder Flecken an den Wänden sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass normale Abnutzung und Verschleiß, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch entstehen, nicht als übermäßige Beanspruchung gelten.

In rechtlicher Hinsicht kann der Vermieter Schadensersatz für eine übermäßige Abnutzung der Mietsache verlangen, auch wenn der Mietvertrag keine oder eine unwirksame Regelung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen enthält. Der Mieter ist in solchen Fällen für die Kosten der Schadensregulierung verantwortlich.

Es ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Privathaftpflichtversicherungen Schäden durch übermäßige Beanspruchung der Mietsache abdecken. Daher ist es ratsam, den genauen Umfang des Versicherungsschutzes zu prüfen.


Das vorliegende Urteil

OLG Hamm – Az.: I-20 U 106/14 – Urteil vom 30.01.2015

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09.04.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Deckungsschutz aus einer privaten Haftpflichtversicherung im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Klägerin durch ihren vormaligen Vermieter C auf Schadenersatz wegen Beschädigung der Mietsache durch Katzenurin verpflichtet sei.

Die Klägerin nahm bei der Beklagten im Jahre 2002 eine private Haftpflichtversicherung unter Geltung der AHB 2002 der Beklagten sowie deren Risikobeschreibungen, Besonderen Bedingungen und Erläuterungen zur Haftpflichtversicherung von privaten Haftpflicht-Risiken (RBE-Privat). Nach Ziff. 5.1 RBE-Privat ist mitversichert die gesetzliche Haftpflicht als Halter von zahmen Haustieren. In Ziff. 3. RBE-Privat heißt es unter der Überschrift „Haus und Wohnung“ u.a.:

„3.5 Mietsachschäden

a) Eingeschlossen ist – abweichend von § 4 Ziff. I 6 a) AHB – die gesetzliche Haftpflicht aus der Beschädigung von Wohnräumen und sonstigen zu privaten Zwecken gemieteten Räumen in Gebäuden und alle sich daraus ergebenden Vermögensschäden.

b) Ausgeschlossen sind

– Haftpflichtansprüche wegen

– Abnutzung, Verschleißes und übermäßiger Beanspruchung,

– Schäden an Heizungs-, Maschinen-, Kessel- und Warmwasserbereitungsanlagen sowie an Elektro- und Gasgeräten,

( … )“

Wegen der weiteren Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien wird auf den Versicherungsschein vom 02.08.2002 sowie das Bedingungswerk der Beklagten (jeweils Anlage K1) verwiesen.

Die Klägerin war in der Zeit vom 08.12.2003 bis zum 31.12.2012 Mieterin einer im Jahre 2003 errichteten und im Eigentum des Herrn C stehenden Doppelhaushälfte, gelegen D-Straße in D2. Seit spätestens 2010 hatte die Klägerin in dem vorgenannten Objekt zuletzt mindestens vier Katzen, darunter zwei Kater, gehalten. Nach Beendigung des Mietverhältnisses nahm der Vermieter C die Klägerin mit der Begründung einer erheblichen Beschädigung der Mietsache durch Urin der von der Klägerin gehaltenen Katzen auf Schadenersatz in Anspruch, wobei er die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 18.03.2013 unter Fristsetzung bis zum 03.04.2013 zur Zahlung in Höhe von 17.484,41  EUR auffordern ließ und alsdann einen Mahnbescheid vom 26.04.2013 des Amtsgerichts Hagen gegen die Klägerin erwirkte, gegen den diese Widerspruch erhob. Ansprüche des Vermieters C gegen die Klägerin sind Gegenstand eines Klageverfahrens vor dem Amtsgericht Castrop-Rauxel (11 C 304/13).

Bereits am 09.02.2013 war es nach Schadenmeldung der Klägerin zu einer Besichtigung des Mietobjekts durch den von der Beklagten beauftragten Sachverständigen F gekommen, über die sich dessen Besichtigungsbericht vom 09.02.2013 verhält. Mit Schreiben vom 06.03.2013 hatte die Beklagte Deckungsschutz mit der Begründung verweigert, Haftpflichtansprüche wegen Abnutzung, Verschleißes und übermäßiger Beanspruchung seien vom Versicherungsschutz bedingungsgemäß ausgeschlossen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich auf den Ausschluss in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat bereits deshalb nicht berufen, weil nach Ziff. 5.1 RBE-Privat für die gesetzliche Haftpflicht als Halter von zahmen Tieren uneingeschränkt Versicherungsschutz bestünde. Dass der Ausschluss in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat auch für die Tierhaltung gelten solle, ergebe sich für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer aus dem Bedingungswerk der Beklagten nicht hinreichend deutlich. Ohnehin, so hat die Klägerin weiter gemeint, greife der Ausschluss auch deshalb nicht, weil die Beschädigung einer Mietsache durch Katzenurin nicht als übermäßige Beanspruchung im Sinne des Ausschlusses anzusehen sei. Denn derartiges Tierverhalten stelle per se keine zulässige Nutzung einer Wohnung mehr dar, sondern könne allenfalls als sog. qualitativ abweichende Nutzung angesehen werden. Eine solche qualitativ abweichende Nutzung unterfalle aber nicht dem Risikoausschluss.

Die Beklagte hat demgegenüber gemeint, die Beschädigungen unterfielen dem Risikoausschluss. Denn von einer übermäßigen Beanspruchung der Mietsache sei auszugehen, wenn sie über das für den einzelnen Raum vereinbarte und übliche Maß quantitativ oder qualitativ erheblich hinausginge und deshalb zu einer erhöhten Abnutzung, einem erhöhten Verschleiß oder einem erhöhten Schadensrisiko führe. Die Beklagte hat sich überdies darauf berufen, dass Versicherungsschutz auch wegen vorsätzlicher Herbeiführung des Schadens durch die Klägerin gem. § 4 II 1 AHB 2002 nicht bestehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und wegen der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 09.04.2014 (GA I 66 ff.) verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage mit dem angefochtenen Urteil stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei in Ansehung des durch den früheren Vermieter der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzes zur Gewährung von Deckungsschutz aus der bestehenden Haftpflichtversicherung verpflichtet. Hierbei könne sich die Beklagte auf den in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat bedungenen Ausschluss nicht berufen. Denn diese Klausel könne aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur so verstanden werden, dass sie nicht den gesamten Einschluss von Mietsachschäden gem. Ziff. 3.5 Buchstabe a) RBE-Privat umfasse. Nach § 538 BGB seien grundsätzlich Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt würden, vom Mieter nicht zu vertreten. Da sich der Wiedereinschluss nicht nur auf einen reinen Abwehranspruch unberechtigter Ansprüche beschränken könne, greife der Ausschluss nicht, wenn die Beeinträchtigung ihrer Art nach eine falsche Behandlung der Mietsache darstelle. Die Beeinträchtigung müsse also durch einen grundsätzlich vertragsgemäßen, jedoch in der Intensität gesteigerten Gebrauch entstehen. Unter den Rückausschluss falle daher nur die quantitative Überbeanspruchung. Denn anderenfalls würde der Ausschluss den Wiedereinschluss aushöhlen und zumindest weitgehend wertlos machen. Hieran gemessen sei die Art und Weise der Katzenhaltung durch die Klägerin eine grundsätzlich falsche Benutzung der Mietsache, wobei es nicht darauf ankomme, wie viele Tiere die Klägerin gehalten habe und ihr die Katzenhaltung mietvertraglich gestattet gewesen sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt habe. Denn beim Vorsatzausschluss gem. § 4 II 1 AHB müsse sich der Vorsatz nicht nur auf das Schadensereignis, sondern auch auf die Schadensfolgen beziehen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts durch das Landgericht rügt und ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass das Landgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des Rückausschlusses in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat zu Unrecht verneint habe. Die Differenzierung des Landgerichts zwischen einer quantitativen und einer qualitativen Überbeanspruchung der Mietsache überzeuge schon deshalb nicht, weil auch in einer übermäßigen Beanspruchung eine qualitative Nutzungsüberschreitung zu sehen sei, so dass im Streitfall gerade auch ein Fall der quantitativen Überbeanspruchung gegeben sei. Bereits das Halten von Haustieren sei von der Rechtsprechung als übermäßige Beanspruchung einer Mietsache angesehen worden. Zu dieser Rechtsprechung setze sich das angefochtene Urteil in Widerspruch. Der Klägerin sei es auch gar nicht möglich gewesen, vier Katzen über mehrere Etagen verteilt in verschiedenen Räumen zu beaufsichtigen, ohne dass es zu Schadenfällen habe kommen können. Tatsächlich sei es zudem so, so behauptet die Beklagte, dass die Klägerin eine deutlich höhere Anzahl an Katzen in dem Haus gehalten habe, was ihr, der Beklagten, erst durch Übersendung eines Schriftsatzes vom 26.06.2013 mit handschriftlichen Anmerkungen der Klägerin durch deren Prozessbevollmächtigte am 25.05.2014 bekannt geworden sei.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt – unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens – die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage.

Die auf Gewährung von Deckungsschutz gerichtete Feststellungsklage der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.

Das Landgericht hat angenommen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Deckungsanspruch bestehe, da durch Ziff. 3.5 Buchstabe a) RBE-Privat die nach den AHB 2002 ausgeschlossenen Mietsachschäden wieder in den Deckungsschutz einbezogen seien und in Ansehung dieser Deckungserweiterung die Voraussetzungen des Rückausschlusses in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat nicht vorliegen würden, weil es sich bei der in Rede stehenden „Art und Weise der Katzenhaltung“ um eine grundsätzlich falsche Benutzung der Mietsache und nicht um eine quantitative Überbeanspruchung handele.

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ist allerdings die Annahme des Landgerichts, dass nur ein grundsätzlich vertragsgemäßer, jedoch in der Intensität gesteigerter Gebrauch der Mietsache dem Rückausschluss in Ziff. 3.5 Buchstabe b) RBE-Privat unterfällt, nicht eine schon ihrer Art nach (auch ohne Übermaß) widerrechtliche oder falsche Behandlung der Mietsache (vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 09.09.2013, 5 W 72/13, juris, Rn. 15, VersR 2014, 325; LG Dortmund, Beschl. v. 01.03.2010, 2 T 5/10, juris; LG Ravensburg, Urt. v. 24.06.1993, 5 S 85/93, VersR 1994, 340; Lücke, in: Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, Nr. 5 BesBed PHV Rn. 8; Koch, in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. 2013, AHB 2012 Ziff. 7 Rn. 182).

Gemessen hieran liegt aber – entgegen der Auffassung des Landgerichts – in der Art und Weise der Katzenhaltung durch die Klägerin eine „übermäßige“ Nutzung der Mietsache im Sinne des Rückausschlusses.

Eine Beanspruchung der Mietsache ist übermäßig, wenn sie über das für den einzelnen Raum vereinbarte oder übliche Maß (§ 538 BGB) quantitativ oder qualitativ erheblich hinausgeht und deshalb zu erhöhter Abnutzung oder erhöhtem Verschleiß oder einem anderen Schadensrisiko führt (Lücke, a.a.O.) Das war hier der Fall.

Die Klägerin selbst hat insoweit angegeben, ihr Vermieter C sei mit der Haltung von Katzen einverstanden gewesen, wobei sie lediglich allgemein gefragt haben will, ob Katzen gehalten werden dürften. Bestand demnach keine konkrete Vereinbarung über das Maß der Haltung von Katzen, bestimmte sich dieses nach einer einzelfallbezogenen Abwägung unter Berücksichtigung der Interessen des Vermieters und des Mieters, welche insbesondere Art und Größe, Verhalten und Anzahl der Tiere, Art, Größe, Zustand und Lage des Mietobjekts berücksichtigt (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.2007, VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218; Häublein, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 535 Rn. 93; Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 535 Rn. 551). Eine übermäßige Tierhaltung, die zu starken Belastungen der Mietsache führt, ist hierbei vom vertragsgemäßen Gebrauch nicht gedeckt (Eisenschmid, a.a.O., Rn. 552 mit weiteren Nachweisen).

Mit Blick auf den Wortlaut des Rückausschlusses, der nur auf eine „übermäßige Beanspruchung“ der Mietsache ankommt, kommt es allerdings nicht auf die mietrechtliche Frage an, ob das Maß der Tierhaltung noch dem vertragsgemäßen Gebrauch (§ 538 BGB) unterfällt oder sich als vertragswidriger Gebrauch darstellt (anderer Ansicht offenbar OLG Saarbrücken, a.a.O., Rn. 21). Indessen ist die Haltung einer Mehrzahl von Katzen durch die Klägerin unter den gegebenen Umständen als „übermäßige Beanspruchung“ anzusehen. Dass die Klägerin entgegen ihrer Behauptung gerade nicht in der Lage gewesen ist, die Katzen hinreichend zu beaufsichtigen, belegen die unstreitigen gravierenden Substanzschäden an der Doppelhaushälfte. Hierbei verkennt der Senat nicht, dass eine übermäßige Beanspruchung nicht stets schon aus dem Entstehen gravierender Substanzschäden geschlossen werden kann (OLG Saabrücken, a.a.O., Rn. 15). Bereits die Lichtbilder aus dem Beweissicherungsgutachten des Dipl.-Ing. M widerlegen aber die Behauptung der Klägerin einer ständigen Beaufsichtigung der Tiere bzw. zeugen von einem sorglosen Umgang mit der Mietsache.

„Ihrer Art nach“ war aber -wie sich aus den Vorstehenden ergibt- die Haltung von Katzen vertragsgemäß.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Deckungsschutz auch nicht „ohne Weiteres“ aus Ziff. 5.1 RBE-Privat. Nach dieser Klausel ist die gesetzliche Haftpflicht als Halter von zahmen Haustieren mitversichert. Diese umfasst auch nicht lediglich den Tatbestand des § 833 BGB erfüllende Schadensfälle, sondern alle Schäden, die – wie hier – vom Versicherten gerade in seiner Eigenschaft als Tierhalter verursacht werden (vgl. OLG Saarbrücken, a.a.O., Rn. 12). Geht es aber um Schäden an Mietsachen, so richtet sich der Umfang des Versicherungsschutzes nach der – gleichrangigen – Regelung in Ziff. 3 RBE-Privat, welche Mietsachschäden im Wege des Wiedereinschlusses in den Versicherungsschutz einbezieht, aber einen Rückausschluss für Haftpflichtansprüche wegen u.a. „übermäßiger Beanspruchung“ vorsieht. So muss auch ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse das Gefüge der Klauseln bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen.

Ebenso wird er ohne Schwierigkeiten das Gefüge von Ziff. 3.5 Buchstabe a) und b) verstehen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision ist in Ermangelung der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht veranlasst. Die Rechtssache weist weder grundsätzliche Bedeutung auf noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

 

 

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