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Klage eines Kaufmanns unter seiner Firma zulässig?

Kaufmann klagt unter Firmennamen: Handelsrechtliche Grundsatzentscheidung durch OLG Rostock“ [80 Zeichen inkl. Leerzeichen]

In dem Urteil des OLG Rostock wird die Berufung eines Kaufmanns, der unter seiner Firmenbezeichnung geklagt hatte, zurückgewiesen. Der Senat sieht keine Aussicht auf Erfolg für die Berufung, da weder grundsätzliche Bedeutung für die Rechtssache besteht noch die Notwendigkeit einer Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gegeben ist. Zentral ist dabei die Feststellung, dass die Klage unter der Firmenbezeichnung des Kaufmanns zulässig ist und dass keine Ansprüche gegen die Beklagte auf Schadensersatz unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten bestehen, unter anderem weil kein sittenwidriges Verhalten der Beklagten festgestellt werden konnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 U 449/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das OLG Rostock weist die Berufung eines Kaufmanns zurück, der unter seiner Firmenbezeichnung geklagt hatte.
  2. Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine Rechtsfortbildung oder einheitliche Rechtsprechung erforderlich ist.
  3. Eine Klage unter der Firmenbezeichnung ist zulässig, und es besteht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte.
  4. Es wurde kein sittenwidriges Verhalten der Beklagten festgestellt, insbesondere in Bezug auf den Einsatz und den Verbau von Abschaltvorrichtungen in Fahrzeugen.
  5. Die Entscheidungen und Prüfungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zu den streitgegenständlichen Technologien waren bereits bekannt und nicht beanstandet worden.
  6. Die Beklagte hat keinen vorsätzlichen oder fahrlässigen Rechtsbruch begangen, da sie von der Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen ausging.
  7. Es besteht kein Anspruch auf Schadensersatz aus verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten (§§ 826, 823 Abs. 2, 31 BGB u.a.).
  8. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs stützt die Auffassung, dass kein sittenwidriges Verhalten der Beklagten vorliegt.

Klage eines Kaufmanns unter seiner Firma zulässig?

Im heutigen Rechtsgespräch befassen wir uns mit einer spannenden Frage aus dem Handelsrecht: Kann ein Kaufmann unter seiner Firma klagen und verklagt werden? Diese einfache Frage birgt einige Tücken und ist mitnichten trivial.

Die rechtliche Grundlage für die Beantwortung dieser Frage findet sich im Handelsgesetzbuch (HGB). Das HGB regelt die Rechte und Pflichten von Kaufleuten, also Personen, die ein Handelsgewerbe betreiben. In § 17 HGB heißt es:

„Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt.“

Darüber hinaus bestimmt § 17 Abs. 2 HGB:

„Ein Kaufmann kann unter seiner Firma klagen und verklagt werden.“

Diese Vorschrift bedeutet, dass der Kaufmann nicht mit seinem bürgerlichen Namen, sondern mit seiner Firma im Rechtsverkehr auftreten kann. Dies hat mehrere Vorteile:

  • Klarheit und Identifikation: Die Firma ermöglicht eine eindeutige Identifizierung des Kaufmanns im Geschäftsverkehr.
  • Verständlichkeit: Die Firma ist einprägsam und leichter zu merken als der bürgerliche Name des Kaufmanns.
  • Haftungsbeschränkung: Bei einer Klage gegen die Firma haftet nicht der Kaufmann persönlich, sondern sein Unternehmen.
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Darf ein Kaufmann unter seiner Firma klagen?
Wichtiges Urteil zur Zulässigkeit von Klagen unter der Firma. (Symbolfoto: Wellnhofer Designs /Shutterstock.com)

Im juristischen Streit um die Zulässigkeit einer Klage unter einer Firmenbezeichnung hat das OLG Rostock eine wegweisende Entscheidung getroffen. Im Kern drehte sich der Fall um die Frage, ob ein Kaufmann unter seiner kaufmännischen Bezeichnung vor Gericht klagen darf, eine Praxis, die im Handelsrecht nicht unüblich, aber juristisch nicht immer eindeutig ist.

Kaufmann klagt unter Firmennamen: Ein Novum im Handelsrecht

Die Auseinandersetzung nahm ihren Anfang, als ein Kaufmann, der unter seiner kaufmännischen Bezeichnung „… Haustechnik“ agiert, vor dem Landgericht Stralsund gegen einen Autohersteller klagte. Der Kaufmann hatte 2017 bei einem Autohaus einen Seat Alhambra erworben, der mit einem von der Beklagten entwickelten Motor ausgestattet war. Kurz nach dem Kauf erhob der Käufer Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller, begründet durch mutmaßlich manipulative Abschalteinrichtungen im Fahrzeug, die zu einer Verzerrung der Abgaswerte führen sollten.

Juristische Feinheiten im Fokus des OLG Rostock

Das Landgericht Stralsund wies die Klage ab, eine Entscheidung, gegen die der Kaufmann in Berufung ging. Das OLG Rostock stellte jedoch klar, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Besonders bemerkenswert ist die Feststellung des Gerichts, dass die Klage unter der Firmenbezeichnung des Kaufmanns zulässig sei, entgegen der Einschätzung der Beklagten und teilweise auch des Landgerichts. Das Gericht betonte, dass die Firma zwar kein Rechtssubjekt ist, der Firmeninhaber aber unter seiner Firma handeln und klagen kann.

Tiefgreifende Analyse technischer und rechtlicher Aspekte

In seiner Urteilsbegründung ging das OLG Rostock ausführlich auf die vorgebrachten Schadensersatzansprüche ein. Es wurde festgestellt, dass dem Kaufmann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche zustehen. Die ausführliche Auseinandersetzung mit der Funktionsweise und Zulässigkeit der in dem Fahrzeug verbauten Technologien, insbesondere der sogenannten Abschalteinrichtungen, nahm dabei einen zentralen Raum ein. Das Gericht bezog sich auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und stellte fest, dass es an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten fehlt.

Kein Verschulden bei der Beklagten feststellbar

Weiterhin argumentierte das Gericht, dass die Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt habe und auch kein Verschulden vorwerfbar sei. Diese Einschätzung basierte unter anderem darauf, dass die Beklagte in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum gehandelt habe, da sie davon ausging, dass die streitgegenständlichen Emissionsstrategien im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen.

Das Fazit des OLG Rostock unterstreicht die Komplexität juristischer Auseinandersetzungen im Kontext moderner Technologien und regulativer Anforderungen. Indem es die Klage unter der Firmenbezeichnung für zulässig erklärte, bestätigte es eine wichtige Praxis im Handelsrecht. Zugleich betonte das Urteil die Notwendigkeit einer detaillierten technischen und juristischen Prüfung in Fällen, die Abschalteinrichtungen und Emissionswerte betreffen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie definiert das Handelsgesetzbuch die Möglichkeit für Kaufleute, unter ihrer Firma zu klagen?

Das Handelsgesetzbuch (HGB) definiert in § 17 die Möglichkeit für Kaufleute, unter ihrer Firma zu klagen und verklagt zu werden. Die Firma eines Kaufmanns ist dabei der Name, unter dem er seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Dies bedeutet, dass die Firma nicht nur als Geschäftsbezeichnung dient, sondern auch eine rechtliche Identität besitzt, die es dem Kaufmann ermöglicht, im Rechtsverkehr unter diesem Namen aufzutreten.

Die Firma muss zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen, um von anderen Firmen abgegrenzt werden zu können. Sie ist im Handelsregister einzutragen, wodurch sie öffentlich wird und der Kaufmann seine Rechte und Pflichten unter diesem Namen ausüben kann. Die Eintragung der Firma ins Handelsregister ist somit ein wesentlicher Schritt, um die rechtliche Fähigkeit zu erlangen, unter der Firma klagen und verklagt werden zu können.

Zusammengefasst ermöglicht § 17 HGB Kaufleuten, unter ihrer Firma am Rechtsverkehr teilzunehmen, was bedeutet, dass sie unter diesem Namen Verträge abschließen, klagen und verklagt werden können.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO: Regelung zur Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung, wenn diese offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
  • § 17 Abs. 2 HGB: Erlaubt es einem Kaufmann, unter seiner Firma zu klagen und verklagt zu werden.
  • § 17 Abs. 1 HGB: Definiert die Firma als den Namen, unter dem ein Kaufmann im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt.
  • § 164 Abs. 1 Satz 1 BGB: Normiert die Vertretungsmacht und deren Wirkung im Namen des Vertretenen.
  • §§ 826, 31 BGB: Betreffen den Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlichen sittenwidrigen Schadens durch den Vertreter einer juristischen Person.
  • §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB: Stellen die Haftung für Schäden dar, die durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungen (hier: Betrug) entstanden sind.
  • §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV: Regeln die Haftung bei Verstößen gegen europäische Fahrzeugzulassungsvorschriften.
  • § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB: Regelt die Haftung des Geschäftsherrn für den von seinen Verrichtungsgehilfen verursachten Schaden.
  • § 823 Abs. 1 BGB: Betrifft Ansprüche wegen der Verletzung von Rechtsgütern wie Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder ein sonstiges Recht.


Das vorliegende Urteil

OLG Rostock – Az.: 8 U 449/22 – Beschluss vom 13.02.2024

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 01.04.2022, Az.: 2 O 213/21, gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Den Streitwert für das Berufungsverfahren beabsichtigt der Senat auf … Euro festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Die Rücknahme der Berufung wird nahegelegt.

Gründe

Die Berufung der Klagepartei ist zulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO), hat jedoch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

I.

Vorab ist klarzustellen, dass ein Erfolg der Klage und damit ggf. auch ein Erfolg der Berufung gegen die Klageabweisung nicht daran scheitert, dass die Klagepartei sich dafür entschieden hat, anstelle ihres bürgerlichen Namens unter ihrer (einzel-) kaufmännischen Bezeichnung („… Haustechnik“) zu klagen. Entgegen der Einschätzung der Beklagten (…) begegnet diese Konstruktion mit Blick auf § 17 Abs. 2 HGB keinen Bedenken. Mit der Frage des „Vertretungsverhältnisses“ (so der in der Klageerwiderung verwendete Terminus) hat dies – insofern allerdings auch abweichend von der Einschätzung des Landgerichts – nichts zu tun. Die Firma – die kein Rechtssubjekt ist, sondern bloß die Bezeichnung darstellt, unter der ein (kaufmännisches) Rechtssubjekt auftritt (§ 17 Abs. 1 HGB) – wird nicht durch ihren Inhaber vertreten (so aber die Formulierung in der angefochtenen Entscheidung (…)). Vertreten werden kann nur, wer über Rechtssubjektivität verfügt, weil die Vertretung in der Person des Vertretenen Rechte und Pflichten auslöst (§ 164 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klagepartei ist vielmehr der Firmeninhaber (handelnd unter seiner Firma).

II.

Der Klagepartei, die am 10.08.2017 bei einem in … ansässigen Autohaus einen Pkw Seat Alhambra (Diesel) – hergestellt und erstzugelassen in 2017 und ausgestattet mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Motor vom Typ EA 288 – mit einer Laufleistung von 11 Kilometern erworben hat (…), stehen die geltend gemachten Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Es bestehen insbesondere weder Ansprüche aus §§ 826, 31 BGB (zu 1.) noch aus §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB (zu 2.) bzw. §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV (zu 3.) noch aus § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB (zu 4.).

1. Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB besteht nicht, da es bereits an einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten gegenüber der Klagepartei fehlt.

a. Hinsichtlich der maßgeblichen Anforderungen an die Darlegung eines vorsätzlich sittenwidrigen Verhaltens eines Automobilherstellers aus und im Zusammenhang mit dem Einsatz und Verbau sog. Abschaltvorrichtungen wird auf die von den Parteien bereits referierte und mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Bezug genommen (zuletzt etwa grundlegend BGH, Urteil vom 31.05.2022 – VI ZR 804/20, NJW-RR 2022, 956 m.w.N.).

b. Hiervon ausgehend kann die Klagepartei ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten zunächst nicht darauf stützen, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeug auf Grundlage einer Prüfstandserkennung (Fahrkurvenerkennung) zwei unterschiedliche Strategien für die Regeneration des NOx-Speicherkatalysators (NSK) oder des SCR-Katalysators verwendet werden bzw. sonst prüfstandsbezogen eine gezielte – manipulative – Verzerrung der realen Abgaswerte erfolgt.

Offenbleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die in Rede stehenden Funktionen eine nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung darstellen, wie die Klagepartei bereits erstinstanzlich behauptet hat. Es lässt sich nämlich jedenfalls nicht feststellen, dass die Nutzung der Fahrkurvenerkennung auf einem auf Täuschung der zuständigen Behörde – hier das Kraftfahrtbundesamt (KBA) – angelegten, sittlich zu beanstandenden Verhalten der Beklagten beruht (etwa BGH, Beschluss vom 21.03.2022 – VIa ZR 334/21).

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Es kann insofern dahinstehen, ob die in Fahrzeugen mit dem Motor EA 288 verwendete Fahrkurvenerkennung dem KBA im Typgenehmigungsverfahren offengelegt wurde und ob sie in dem hier streitgegenständlichen Fahrzeug überhaupt verbaut war bzw. ein etwaiger Verbau den Absprachen zwischen dem KBA und der Beklagten in Bezug auf die Produktion ab der Kalenderwoche 22/2016 entsprach (…). Jedenfalls nämlich muss davon ausgegangen werden, dass der Genehmigungsbehörde die Funktionsweise der Software zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Kaufvertrages bereits bekannt war und nicht beanstandet worden ist.

Aus den von der Klagepartei selbst (…) vorgelegten „Applikationsrichtlinien & Freigabevorgaben EA 288“ der Beklagten vom 18.11.2015 ergeben sich – zudem gerichtsbekannt (§ 291 ZPO) – die Applikationsrandbedingungen der Funktion und der Umstand, dass sie inhaltlich mit dem KBA abgestimmt waren. Dort war die Fahrkurvenerkennung bei Fahrzeugen mit NSK dahin beschrieben, dass die Bedatung, Aktivierung und Nutzung zur Erkennung des Precon und des NEFZ erfolgt, um die Abgasnachbehandlungsevents (DeNOx- / DeSOx-Events) nur streckengesteuert zu platzieren. Im normalen Fahrbetrieb erfolge eine strecken- und beladungsgesteuerte Platzierung der Events, wobei die Beladungssteuerung die führende Größe sei. Gleichsam findet sich darin eine Beschreibung der Applikationsrandbedingungen für Fahrzeuge mit einem SCR-Katalysator.

Damit hat die Beklagte eine – unterstellt zuvor getroffene – sittenwidrige strategische unternehmerische Entscheidung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor dem Ankauf des hier streitbegriffenen Fahrzeugs durch die Klagepartei geändert (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20, NJW 2020, 2798; BGH, Urteil vom 08.12.2020 – VI ZR 244/20, MDR 2021, 165; BGH, Beschluss vom 09.03.2021 – VI ZR 889/20). Das KBA konnte nach dem gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG geltenden Amtsermittlungsgrundsatz die Zulässigkeit der Fahrkurvenerkennung prüfen. Beanstandungen hat das KBA trotz eigener Untersuchung des streitgegenständlichen Motortyps ausweislich des beigebrachten Untersuchungsberichts des BMVI in der Folge nicht erhoben.

Aus dem von der Beklagten bereits in erster Instanz als Anlage … vorgelegten, im Übrigen auch gerichtsbekannten Bericht der Untersuchungskommission VW aus April 2016 ergibt sich zudem, dass das KBA den Motor der Baureihe EA 288 umfassend untersucht hat. Hinweise auf den Einsatz unzulässiger Abschaltvorrichtungen hätten sich im Zuge der Tests nicht bestätigt.

Ein auf Erschleichung der Typengenehmigung angelegtes, sittenwidriges Verhalten lässt sich aber nicht feststellen, wenn davon auszugehen ist, dass die Fahrzeugherstellerin die Genehmigung auch erhalten hätte, wenn dem KBA die an die Fahrkurvenerkennung anknüpfende Softwaresteuerung im Genehmigungsverfahren bekannt gewesen wäre. Das Verhalten eines Fahrzeugherstellers, das im Einklang mit der Auffassung einer Bundesoberbehörde steht, kann regelmäßig und so auch hier nicht als sittenwidrig angesehen werden. Deshalb drohte und droht auch nicht die Stilllegung des Fahrzeugs, wenngleich es hierauf letztlich nicht tragend ankommt.

c. Auch unter dem Gesichtspunkt einer außentemperaturgesteuerten NSK-Regeneration ergibt sich vorliegend kein Sittenwidrigkeitsvorwurf. Die Behauptung der Klagepartei, die NSK-Regeneration werde u.a. in Abhängigkeit von der Außentemperatur abgeschaltet, erfolgt nach dem o.g. Maßstab ohne greifbaren Anhalt und damit im hier maßgeblichen (Prozess-) Rechtssinne – auch unter Berücksichtigung der dezidierten Ausführungen der Klagepartei zu Vortrags- und Substantiierungslast (…) – ins Blaue hinein. Sie ist daher unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs prozessual unbeachtlich (vgl. BeckOK ZPO/v. Selle, 51. Edition – 01.12.2023, § 138 Rn. 32, m.w.N.). Mit Blick auf die ausgeführten Prüfungen durch das KBA spricht nichts für die Annahme der Klagepartei. Im Gegenteil: Auch nach dem o. g. Bericht der Untersuchungskommission VW (… a.a.O., dort konkret Seiten 20 ff.) waren die mit einem NSK ausgerüsteten Fahrzeuge des Motortyps EA 288 in den durchgeführten Untersuchungen unauffällig. Dabei ist der NEFZ auch bei 10° C durchfahren worden.

d. Entsprechendes gilt für das Thermofenster, wobei dessen konkrete Bedatung offenbleiben kann. Soweit behauptet wird, die Abgasrückführung werde in Abhängigkeit von der Außentemperatur und bestimmten Höhenlagen reduziert bzw. abgeschaltet, genügt dies nicht, um den subjektiven Vorwurf der Sittenwidrigkeit zu begründen. Die Vorrichtung arbeitet bereits danach nicht prüfstandsbezogen und es sind keine Umstände ersichtlich, dass die Beklagte in der Annahme gehandelt hätte, die Vorrichtung sei rechtswidrig. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass die Beklagte der Annahme war und auch sein durfte, die Vorrichtung sei rechtmäßig. Die Beklagte hat den Mitarbeitern des KBA die AGR-Technologie in Bezug auf die hard- und softwareseitigen Anforderungen im Januar 2016 vorgestellt. Das hat die Beklagte zum einen mit Schriftsatz vom … (…) vorgetragen, ohne dass die Klagepartei dem entgegengetreten wäre (§ 138 Abs. 3 ZPO); zum anderen ist der sog. Workshop aus Januar 2016 dem Senat aus einer Vielzahl ähnlich gelagerter Verfahren auch bekannt. Mithin war das KBA über die temperaturgesteuerte Abgasrückführung informiert und hat keine Einwände dagegen erhoben.

e. Soweit Messungen – etwa der Deutschen Umwelthilfe (DUH) – im Straßenbetrieb herangezogen werden, die grenzwertüberschreitende Emissionen ergeben haben sollen, lässt dies einen Rückschluss auf eine prüfstandsbezogene Abschaltvorrichtung nicht zu. Die etwaige Abweichung von Messwerten im Realbetrieb von den Messwerten nach dem NEFZ ist als Indiz für eine Abschalteinrichtung, zumal für eine Manipulationssoftware, die die Voraussetzungen des § 826 BGB erfüllen könnte, angesichts der gravierenden Unterschiede der Bedingungen, unter denen die Messung erfolgt, nicht geeignet (BGH, Urteil vom 13.07.2021 – VI ZR 128/20, MDR 2021, 1190; BGH, Beschluss vom 15.09.2021 – VII ZR 2/21).

f. Der Umstand, dass das KBA für den ebenfalls mit Motoren vom Typ EA 288 ausgestatteten Fahrzeugtyp VW T 6 einen verbindlichen Rückruf angeordnet hat – unstreitig aber nicht für das hier in Rede stehende Fahrzeug vom Typ Seat Alhambra -, ist insoweit gleichfalls ohne Aussagekraft, da dieser Rückruf (Rückrufaktion 23Z7) nicht mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung, sondern mit einer Konformitätsabweichung begründet worden ist. Das ist mittlerweile in der Rechtsprechung anerkannt (OLG Hamm, Urteil vom 01.06.2021 – 34 U 81/20; OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2021 – 13 U 434/20; OLG Schleswig, Urteil vom 11.01.2022 – 7 U 84/21, SchlHA 2022, 57; OLG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2021 – 16a U 196/19). Auch die Rückrufbank des KBA im Internet enthält unter der Rückrufnummer 23Z7 als Mangelbeschreibung die Information: „Konformitätsabweichung führt zur Überschreitung des Euro-6-Grenzwertes für Stickoxide.“, und nicht die Information: „Fahrzeuge enthalten unzulässige Abschalteinrichtung im Emissionskontrollsystem.“, wie sie senatsbekannt in Rückrufen des KBA, denen eine unzulässige Abschalteinrichtung zugrunde liegt, angegeben wird.

Dass für verschiedene Fahrzeugtypen der Beklagten mit dem Motorentyp EA 288 unabhängig von verbindlichen behördlichen Rückrufen ein freiwilliges Software-Update im Rahmen diverser Aktionsnummern verfügbar war, stellt kein Indiz für das Vorliegen von Grenzwertkausalität dar und ist auch sonst im vorliegenden Kontext ohne Belang (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.06.2023 – 28 U 59/22).

g. Abschließend weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der wiederholte Rekurs der Klagepartei auf eine ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg (Urteil vom 09.04.2021 – 8 U 68/20, DAR 2021, 454) zur Haftung der hiesigen wie dortigen Beklagten nach Maßgabe des § 826 BGB überholt ist, nachdem zum einen das Oberlandesgericht Naumburg selbst seine ursprüngliche Linie bereits u.a. mit Urteil vom 10.12.2021 (Az.: 8 U 63/21) aufgegeben hat und zum anderen diesem Ansatz nunmehr auch im Revisionsverfahren durch den Bundesgerichtshof ausdrücklich eine Absage erteilt worden ist (Urteil vom 12.10.2023 – VII ZR 412/21). Danach ist nunmehr zugleich höchstrichterlich geklärt, dass die von der Klagepartei (…) herangezogenen Umstände, aus denen aus Sicht der Klagepartei auf das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung bzw. auf eine unzureichende Beauskunftung respektive Täuschung des KBA durch die Beklagte zu schließen sein soll, nicht ausreichen, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall tatsächlich wesentlich von der klägerseitig wiederholt zitierten Daimler-Entscheidung betreffend die Motoren vom Typ OM 651 (BGH, Beschluss vom 28.01.2020 – VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740).

2. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bestehen auch keine Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB. Aus den zur Frage der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 826 BGB ausgeführten Gründen kommt letztlich auch der für einen Betrug notwendige Täuschungsvorsatz nicht in Betracht. Wenn man davon ausgeht, dass es sich vorliegend trotz der nur extrem geringen Laufleistung im Erwerbszeitpunkt von nur 11 Kilometern (noch) um ein Gebrauchtfahrzeug handelt, scheitert ein Betrug unabhängig davon auch an fehlender Stoffgleichheit der (unterstelltermaßen) beabsichtigten Bereicherung auf Seiten der Beklagten mit dem (unterstellten) Schaden der Klagepartei (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 30.07.2020, a.a.O.).

3. Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 Satz 1, 31 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 EG-FGV bzw. Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 715/2007 bestehen ebenfalls nicht. Das folgt schon aus dem Umstand, dass die Beklagte nicht Fahrzeugherstellerin ist, unabhängig davon aber auch daraus, dass der Beklagten kein Verschulden (§ 37 Abs. 1 EG-FGV; vgl. § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB) vorzuwerfen ist.

a. Eine Haftung auf der Grundlage der vorbezeichneten Vorschriften scheitert zwar nicht schon dem Grunde nach an fehlender Schutzgesetzeigenschaft i.S.d. § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB (EuGH, Urteil vom 21.03.2023 – C-100/21, NJW 2023, 1111; BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259; BGH, Urteil vom 10.07.2023 – VIa ZR 1119/22, NJW 2023, 3580; BGH, Urteil vom 24.10.2023 – VI ZR 493/20; BeckOGK BGB/Spindler, Stand: 01.12.2023, § 823 Rn. 310).

Allerdings wäre sie auf den sog. Differenzschaden beschränkt, der im Kern dem sog. „Kleinen Schadensersatz“ im Rahmen des § 826 BGB entspricht (BGH, Urteil vom 26.06.2023, a.a.O.). Die vorliegende Klageforderung wäre daher ohnehin allenfalls in Teilen abgedeckt.

b. Die Haftung muss aber in jedem Fall – schon objektiv – an dem Umstand scheitern, dass die Beklagte zwar den Motor des hier streitbegriffenen Fahrzeugs, nicht jedoch das Fahrzeug selbst hergestellt hat. Eine Haftung wegen einer Schutzgesetzverletzung kann nämlich von vornherein nur gegen den Adressaten der gesetzlichen Schutznorm und damit gegen den Fahrzeughersteller in seiner Eigenschaft als Inhaber der EG-Typgenehmigung bestehen, der die Übereinstimmungserklärung abgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023, a.a.O.; BGH, Urteil vom 10.07.2023, a.a.O.; Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG).

c. Unabhängig davon fehlt aber jedenfalls auch das haftungsnotwendige Verschulden auf Seiten der Beklagten. Aus den zu § 826 BGB und der Betrugshaftung ausgeführten Gründen hat die Beklagte nicht vorsätzlich gehandelt. Mit Blick darauf, dass die Beklagte jedenfalls einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen gewesen wäre, liegt letztlich auch keine Fahrlässigkeit und damit insgesamt kein Verschulden vor. Somit kann abermals offenbleiben, ob die im streitgegenständlichen Fahrzeug nach Behauptung der Klagepartei implementierten Technologien unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen.

Hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an die Darlegung und den Nachweis eines unvermeidbaren Verbotsirrtums wird auf die mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwiesen (BGH, Urteil vom 26.06.2023, a.a.O.). Diese zu Grunde gelegt hat die Beklagte den entsprechenden Nachweis geführt.

(1) Es ist zunächst davon auszugehen, dass die Beklagte in Bezug auf die streitgegenständlichen Emissionsstrategien der Auffassung war, dass diese im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen stehen. Dies beruht auf nachfolgenden Erwägungen:

Es ist unstreitig, dass sich die Beklagte wegen des Skandals um den Motor EA 189 ab spätestens Anfang Oktober 2015 Gedanken über die Rechtmäßigkeit der Abgasstrategien bei dem hier streitbegriffenen Motor EA 288 gemacht hat. Dies ergibt sich u.a. aus den bereits erwähnten „Applikationsrichtlinien & Freigabevorgaben EA 288“ der Beklagten vom 18.11.2015 (a.a.O.). Den dortigen Ausführungen ist zu entnehmen, dass trotz etwaiger divergierender Strategien die Abgasnormen und Grenzwerte eingehalten und die Motorsteuerung in Abstimmung mit dem KBA entwickelt werden sollte.

Ferner hat die Beklagte unbestritten vorgetragen, im Rahmen eines „Technik-Workshops“ im Januar 2016 dem KBA die Entwicklung und die neueste technische Ausgestaltung der Abgasrückführung in ihren Diesel-Modellen (u.a. EA 288) vorgestellt zu haben, was zudem gerichtsbekannt ist, wie oben bereits ausgeführt. Im Fokus stand dabei die Darstellung der Entwicklung der Abgasrückführungs-Technologie (AGR-Technologie), die die Beklagte in ihren Dieselaggregaten einsetzt, sowie die damit einhergehenden hard- und softwareseitigen Anforderungen und Grenzen. Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Beklagte der Annahme war, die Applikationen seien rechtmäßig. Das KBA wurde dabei auch über die konkrete Ausgestaltung der Abgasrückführung einschließlich der Applikationsrichtlinien zum Bauteileschutz, insbesondere auch über das Thermofenster, in Kenntnis gesetzt.

Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Beklagte der Annahme war, die Applikationen seien rechtmäßig. Spätestens nachdem das KBA in der weiteren Folge keine Einwände gegen die ihr vorgestellten Motorapplikationen erhoben hatte, ging die Beklagte ersichtlich von der Rechtmäßigkeit der Vorrichtungen aus.

(2) Soweit darin – was hier zu Gunsten der Klagepartei unterstellt werden kann und somit letztlich nicht entschieden werden muss – eine Fehleinschätzung der Rechtslage gelegen haben sollte, wäre diese für die Beklagte unvermeidbar gewesen. Dabei kann dahinstehen, ob die zuständige Behörde (KBA) die streitgegenständlichen Vorrichtungen tatsächlich im Typgenehmigungsverfahren genehmigt hat. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass es die Vorrichtungen genehmigt hätte (hypothetische Genehmigung).

Dieser Schluss ist gerechtfertigt, wenn anzunehmen ist, dass eine ausreichende Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Schädigers dessen Fehlvorstellung bestätigt hätte und zwar auch dann, wenn der Schädiger eine entsprechende Erkundigung tatsächlich nicht eingeholt hat (BGH, Urteil vom 27.06.2017 – VI ZR 424/16, NJW-RR 2017, 1004 Rn. 16). Eine Entlastung auf dieser Grundlage setzt zwar voraus, dass der Fahrzeughersteller nicht nur allgemein darlegt, dass die Behörde Abschalteinrichtungen der verwendeten Art genehmigt hätte, sondern dass ihm dies auch unter Berücksichtigung der konkret verwendeten Abschalteinrichtung in allen für die Beurteilung nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 maßgebenden Einzelheiten gelingt. Haben mehrere Abschalteinrichtungen Verwendung gefunden, muss der Tatrichter die Einzelheiten der konkret verwendeten Kombination für die Frage einer hypothetischen Genehmigung in den Blick nehmen (BGH, Urteil vom 26.06.2023, a. a. O.).

Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch vor. Die Beklagte trat bereits im Oktober 2015 an das KBA heran, um sich Gewissheit über die Rechtmäßigkeit der implementierten Softwaresteuerungen zu verschaffen. Dem KBA lagen demnach bereits ab November 2015 detaillierte Beschreibungen der Vorrichtungen vor. Im Rahmen des „Technik-Workshops“ im Januar 2016 wurden dem KBA die Entwicklung und die neueste technische Ausgestaltung der Abgasrückführung in ihren Diesel-Modellen (u.a. EA 288) vorgestellt. Es erfolgten insoweit keine Beanstandungen von Seiten des KBA wegen des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung.

Auch ausweislich des beigebrachten Berichts der Untersuchungskommission VW aus April 2016 (a.a.O.) sind die Motoren durch das KBA selbständig überprüft worden, ohne dass die Behörde im Nachgang Veranlassung zu Beanstandungen gesehen hätte. Daher ist davon auszugehen, dass das KBA die Vorrichtungen selbst dann genehmigt hätte, wenn diese – soweit tatsächlich nicht – im Zuge des Typgenehmigungsverfahrens konkret beschrieben worden wären.

Dieser Schluss wird durch die zahlreichen in Parallelverfahren erteilten amtlichen Auskünfte des KBA bestätigt. Das KBA hat hier stets erklärt, dass es – u.a. im Rahmen der „Untersuchungskommission Volkswagen“, des Software-Updates im Zusammenhang mit dem „Nationales Forum Diesel“ sowie spezifischer Feldüberwachungstätigkeiten – sehr umfassende Untersuchungen an Fahrzeugen mit EA 288-Motoren (u. a. Softwareanalysen und Messungen) durchgeführt und dabei auch mit Blick auf das Thermofenster keine Unzulässigkeit festgestellt habe.

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Thermofenster mag diese Bewertung des KBA – was hier nicht entschieden werden muss – inhaltlich falsch (gewesen) sein. Die Auskünfte belegen jedoch, dass das KBA sowohl die Fahrkurvenerkennung und die Katalysatoransteuerung als auch die temperaturabhängige Steuerung der Abgasreinigung (Thermofenster) im Gesamttypgenehmigungsverfahren nicht beanstandet, sondern die Typgenehmigung erteilt hätte.

In diese Richtung und den vorliegenden Schluss verfestigend weist auch das vor dem Europäischen Gerichtshof geführte – senatsbekannte – Verfahren zum Aktenzeichen C-134/20. Nach den dort zugrundeliegenden Feststellungen genehmigte das KBA das Software-Update der Beklagten, das auf Fahrzeuge mit dem Motor EA 189 aufgespielt wurde. Dieses Update enthielt ein Thermofenster, bei dem ein schadstoffarmer Modus nur in Abhängigkeit von bestimmten Außentemperaturen und Höhenlagen erfolgt (EuGH, Urteil vom 14.07.2022 – Rs. C-134/20, Tz. 19, 24 f.]). Daraus kann letztlich nur der Schluss gezogen werden, dass das KBA ein ebenso bedatetes Thermofenster auch beim Motor EA 288 genehmigt hätte.

Dem Senat ist bewusst, dass diese Verwaltungspraxis nicht schon per se maßgeblich ist. Aus ihr kann allerdings gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf eine hypothetische Genehmigung geschlossen werden, die der Annahme von Fahrlässigkeit bei der Verwendung der betreffenden – unterstelltermaßen unzulässigen – Abschalteinrichtung entgegensteht (BGH, Urteil vom 26.06.2023, a. a. O.).

4. Ansprüche aus § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitern unter den skizzierten Umständen ebenfalls, weil die Beklagte insgesamt nicht das notwendige Verschulden an den Tag gelegt hat, mag man insofern auf den in § 31 BGB genannten Personenkreis abstellen oder (auch) auf das übrige Personal.

Für § 823 Abs. 1 BGB ist mangels Verletzung eines der dort genannten absoluten Rechte und Rechtsgüter schon im Ansatz kein Raum.

III.

Der Aussetzungsantrag der Klagepartei aus dem Schriftsatz vom … bedarf keiner Bescheidung mehr, nachdem die dort aufgeworfenen Fragen für die rechtliche Bewertung des Falles keine – tragende – Rolle spielen und insbesondere die für § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB grundlegende Frage nach dem Drittschutz der maßgeblichen europäischen Bestimmungen mittlerweile (bejahend) geklärt ist.

 

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