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Kollision Fahrradfahrer mit haltenden Kfz bei plötzlichem Türöffnen eines abgestellten Kfz

Unverhofftes Türöffnen: Verkehrsrechtlicher Schadenersatz bei Fahrradunfall

Ein aktuelles Urteil des Verkehrsrechts befasst sich mit der Kollision eines Fahrradfahrers mit einem plötzlich geöffneten Tür eines parkenden Fahrzeugs. Dieses Szenario ist ein häufiger Fall von Verkehrsunfällen, und in diesem speziellen Fall wurde ein Mountainbiker betroffen. Die entscheidende Frage war, ob der Fahrradfahrer für die Folgen seines Sturzes verantwortlich gemacht werden konnte und ob die Partei, die die Fahrzeugtür öffnete, vollständig haftbar war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2/24 O 143/19 >>>

Untersuchung der Schuldfrage

Der Vorfall ereignete sich, als der Fahrradfahrer (der Beklagte) an einem haltenden Fahrzeug vorbeifuhr, dessen Fahrer plötzlich die Tür öffnete. Dies veranlasste den Radfahrer zu einer plötzlichen starken Bremsung, wodurch er über seinen Lenker stürzte. Die Klägerin argumentierte, dass der Fahrradfahrer zu schnell fuhr, was durch den Sturz über den Lenker belegt wurde. Das Gericht lehnte dieses Argument jedoch ab und stellte fest, dass solche Sturzereignisse auch bei geringen Geschwindigkeiten auftreten können, insbesondere bei Mountainbikes mit schnell wirkenden Scheibenbremsen.

Abschätzung der Geschwindigkeit

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Fahrradfahrer keinen Anlass hatte, mit überhöhter Geschwindigkeit an den wartenden Fahrzeugen vorbeizufahren. Das Gericht argumentierte, dass der Beklagte an einer roten Ampel hätte warten müssen und es daher keine Notwendigkeit für ihn gab, schnell zu fahren. Darüber hinaus gab es keine Beweise dafür, dass der Zwischenraum zwischen dem Fahrrad und den Fahrzeugen gering war.

Beurteilung der Schuld

Schließlich kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Fahrradfahrer sich verkehrsgerecht verhielt und nicht schuldhaft handelte, da das Unfallereignis für ihn nicht vorhersehbar und auch nicht vermeidbar war. Aus diesem Grund wurde festgestellt, dass der Fahrradfahrer nicht für die Folgen seines Sturzes verantwortlich gemacht werden konnte.

Kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten

Zusätzlich zu den Unfallumständen wurde auch die Frage der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten behandelt. Das Gericht entschied, dass der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zusteht. Dafür fehlten klare Beweise, dass sie einen Rechtsanwalt mit einer vorgerichtlichen Tätigkeit beauftragt hatte. Darüber hinaus wurde in Betracht gezogen, dass die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, möglicherweise selbst die vorgerichtliche Korrespondenz geführt hat.

Durch dieses Urteil wurde deutlich gemacht, dass in solchen Fällen das plötzliche Öffnen einer Fahrzeugtür, das zu einem Unfall führt, als Haupthaftungsgrund angesehen wird, und dass die Geschwindigkeit des Radfahrers und die Art seiner Bremsen kein ausreichender Grund sind, um die Schuld für den Unfall ihm zuzuschreiben. Es ist ein bedeutsames Urteil für Fahrradfahrer und Autofahrer und dient als wichtiger Präzedenzfall in ähnlichen zukünftigen Fällen.


Das vorliegende Urteil

LG Frankfurt – Az.: 2/24 O 143/19 – Urteil vom 06.08.2020

Die Beklagten zu 1. und zu 2. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 6.703,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.2.2020 zahlen.

Im Übrigen wird die Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten haben die Klägerin zu 1/3 und die Beklagten zu 2. und 3. als Gesamtschuldner zu 2/3 zu tragen.

Die Beklagten zu 1. und zu 2. haben die außergerichtlichen Kosten der Klägerin als Gesamtschuldner zu 2/3 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. hat die Klägerin zu tragen.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 3. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Zusammenstoß Fahrrad und Auto beim überraschenden Türöffnen
Fahrradunfall ohne Schuld: Urteil bestätigt Haftung beim unverhofften Öffnen von Autotüren (Symbolfoto: Kzenon /Shutterstock.com)

Am 10.10.2016 fuhr das im Eigentum der Klägerin, einer Leasinggesellschaft, stehende Fahrzeug Audi A 7, Kennzeichen … …, die Schweizer Straße in Frankfurt am Main in Richtung Norden. An der Kreuzung der Schweizer Straße/Hans Thoma-Straße musste der Fahrer des klägerischen Fahrzeuges an roter Ampel auf der rechten Spur anhalten. Er stand in dritter Position.

Der Beklagte zu 2. als Fahrer des bei der Beklagten zu 1. versicherten Fahrzeuges VW-Caddy, Kennzeichen … stand zu diesem Zeitpunkt am rechten Fahrbahnrand. Der Beklagte zu 2. befand sich in dem Fahrzeug und wollte aussteigen. Zu diesem Zweck öffnete er die Fahrertür.

Der Beklagte zu 3. fuhr zu diesem Zeitpunkt zwischen dem an der Ampel stehenden Fahrzeug der Klägerin und dem abgestellten Fahrzeug des Beklagten zu 1. mit seinem Mountainbike hindurch. Weil die Tür des Fahrzeuges des Beklagten zu 2. geöffnet wurde, bremste der Beklagte zu 3. sein Fahrrad stark ab. Wegen der schnell wirkenden Bremsen fiel der Beklagte vornüber seinen Lenker und kam noch vor der Tür des Fahrzeuges des Beklagten zu 2. zu Fall. Sein Fahrrad kippte auf das Fahrzeug der Klägerin und beschädigte dieses.

Die Klägerin ließ die Schäden an ihrem Fahrzeug schätzen. Das hiermit beauftragte Schadenbüro … schätzte die Reparaturkosten auf 4.209,95 € netto und die Wertminderung auf 2.000 €. Wegen des Inhalts des Gutachtens wird auf Bl. 50 – 67 d.A. verwiesen. Die Klägerin ließ sodann die Schäden an ihrem Fahrzeug reparieren und zahlte hierfür gemäß Reparaturrechnung vom 17.10.2016 (Bl. 68 – 72 d.A.) 4.673,92 € netto.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin den Ersatz der Reparaturkosten und der Wertminderung, eine Unkostenpauschale von 30 € und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten würden als Gesamtschuldner für den entstandenen Schaden haften, weil der Beklagten zu 2. seine Tür nicht hätte öffnen dürfen und der Beklagte zu 3. sich nicht an den stehenden Fahrzeugen hätte vorbeischlängeln dürfen. Zudem hätte der Beklagte zu 3. seinen Sturz durch gefühlvolleres Bremsen vermeiden müssen.

Die Klägerin ist ferner der Ansicht, auch trotz des Sachverständigengutachtens könne sie die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten geltend machen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 6.703,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,50 € zu zahlen.

Die Beklagten zu 1., zu 2. und zu 3. beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 1. und 2. behaupten, der Beklagte zu 2. habe die Tür nur wenige Zentimeter geöffnet und die Tür nicht in den Radweg gebracht. Eine Notwendigkeit für eine Bremsung oder gar eine Gefahrbremsung habe nicht bestanden. Der Beklagte zu 3. sei verkehrswidrig mit unangepasster Geschwindigkeit zwischen den stehenden Fahrzeugen vorbeigefahren.

Die Beklagten zu 1. und 2. sind der Ansicht, eine Kostenpauschale belaufe sich allenfalls auf 20 – 25 €.

Der Beklagte zu 3. behauptet, der Beklagte zu 2. habe das Fahrzeug auf dem Bürgersteig abgestellt und seine Tür weit geöffnet, weshalb er scharf habe bremsen müssen, um nicht gegen die Tür zu fahren. Er sei auch nicht zu schnell gefahren, weil auch er an der Ampel hätte anhalten müssen.

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Der Beklagte zu 3. ist der Ansicht, die Klägerin könne nur die von dem Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten verlangen. Zudem sei die Wertminderung zu hoch.

Das Gericht hat den Beklagten zu 3. informatorisch zum Unfallhergang angehört. Wegen seiner Angaben wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 16.6.2020 (Bl. 166 – 167 d.A.) verwiesen.

Der Beklagte zu 2. ist trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht erschienen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. überwiegend begründet. Gegenüber dem Beklagten zu 3. ist die Klage nicht begründet.

Der Beklagte zu 2. haftet als Fahrer des bei der Beklagten zu 1. haftpflichtversicherten Fahrzeuges gemäß § 18 Abs. 1 StVG, die Beklagte zu 1. als Haftpflichtversicherer für die Haftung des Halters des bei ihr versicherten Fahrzeuges gemäß § 115 Abs. 1 VVG für die durch das Unfallereignis am 10.10.2016 entstandenen Schäden am Fahrzeug der Klägerin.

Das Fahrzeug des Beklagten zu 2. befand sich noch im Betrieb i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG als das Unfallereignis passierte, weil der Beklagte zu 2. das Fahrzeug abgestellt hatte und im Begriff war, dieses zu verlassen. Für das Merkmal des Betriebes ist es nicht erforderlich, dass das Fahrzeug sich bewegt. Auch der Abstellvorgang ist dem Betrieb zuzurechnen.

Durch diesen Betrieb ist das Fahrzeug der Klägerin beschädigt worden. Hierfür ist es nicht erforderlich, dass die Fahrzeuge sich berühren müssen. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Haftung nach dem StVG eine weite Auslegung des Begriffs des Betriebs. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist (vgl. Urteile des BGH BGHZ 105, 65, 66; 107, 359, 366; 115, 84, 86 und vom 18. Januar 2005 – VI ZR 115/04 – VersR 2005, 566, 567 und vom 26. April 2005 – VI ZR 168/04 –, Rn. 9, juris).

Eine solche mittelbare Verursachung liegt auch nach dem Vortrag der Beklagten vor, denn nach ihrem Vortrag hat der Beklagte zu 2. die Tür jedenfalls wenige Zentimeter geöffnet, was den Beklagten zu 3. veranlasst hat, eine starke Bremsung vorzunehmen. Ohne das Öffnen der Tür wäre es zur Beschädigung des Fahrzeuges nicht gekommen, weil der Beklagte zu 3. dann keinen Anlass zu einer Bremsung gehabt hätte.

Das Verhalten des Beklagten zu 2. ist auch nicht wegen schuldlosen Verhaltens i.S.d. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG ausgeschlossen. Insoweit stellt sich das Unfallereignis auch nicht als unabwendbares Ereignis für den Halter des beklagten Kraftfahrzeuges i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG dar. Denn gemäß § 14 Abs. 1 StVO muss der Aussteigende, hier der Beklagte zu 2., sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist. Dieser besondere Sorgfaltsmaßstab bewirkt, dass der Aussteigende die Tür nicht öffnen darf – auch nicht wenige Zentimeter –, wenn er sich nicht zuvor davon überzeugt hat, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer hierdurch betroffen sein kann. Im innerstädtischen Verkehr muss des Aussteigende eines am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeuges stets damit rechnen, dass Fahrradfahrer auf der Straße an dem abgestellten Fahrzeug links vorbeifahren. Um solche Fahrradfahrer zu beachten, muss der Aussteigende sich durch Blick in den Rückspiegel und durch Schulterblick davon überzeugen, dass kein Fahrradfahrer in der Nähe des Fahrzeuges vorhanden ist, bevor er die Tür öffnet. Der Aussteigende muss auch damit rechnen, dass ein Fahrradfahrer das Öffnen der Tür zu einem Ausweichmanöver oder einer Bremsung zwingt und er dadurch die Kontrolle über sein Fahrrad verliert.

Ob der Beklagte zu 3. sich in der konkreten Situation verkehrswidrig verhalten hat, muss im Rahmen der Haftung der Beklagten zu 1. und zu 2. nicht entschieden werden, da ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten zu 3. sich auf die Haftung gegenüber der Klägerin nicht auswirkt. Gegenüber der Klägerin als Geschädigte haften alle für das Unfallereignis Verantwortliche für den Schaden als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB). Eine Haftungsquote zwischen den Schädigern muss nicht gebildet werden. Die Frage, ob der Unfall vorwiegend von dem einen oder anderen Beteiligten verursacht wurde, ist im Innenausgleich unter den Gesamtschuldner gemäß § 426 BGB zu klären.

Die Klägerin muss sich auch nicht die Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges entgegenhalten lassen. Denn für sie war das Unfallereignis unabwendbar i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG. Denn sie stand an der Kreuzung nach dem Vortrag aller Parteien vor roter Ampel, bevor der Beklagte zu 2. die Tür öffnete und den Beklagten zu 3. zu einer Bremsung veranlasste und konnte dieses Verhalten nicht beeinflussen.

Die Beklagten zu 1. und 2. haften der Klägerin für den ihr entstandenen Schaden. Der Schaden beläuft sich auf die entstandenen Netto-Reparaturkosten, die die Klägerin mit 4.673,92 € beziffert. Dass die vorgelegte Reparaturrechnung höhere Netto-Kosten ausweist, ist unschädlich, da sich jedenfalls Reparaturkosten in geltend gemachter Höhe aus der Rechnung ergeben. Dass die Schätzung des Sachverständigen (geringfügig) geringere Reparaturkosten ergeben haben, bleibt ohne Bedeutung, da der Schadensersatz stets die tatsächlich entstandenen Reparaturkosten umfasst. Einwendungen gegen den Umfang der tatsächlichen Reparaturkosten erheben die Beklagten zu 1. und zu 2. im Übrigen nicht.

Zu dem ersatzfähigen Schaden gehört auch der merkantile Minderwert des Fahrzeuges, der durch die Beschädigung und Reparatur des Fahrzeuges entsteht. Diesen schätzt der der Sachverständige auf 2.000 €. Hiergegen erheben die Beklagten zu 1. und zu 2. keine Einwände. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1. und zu 2. hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass er sich die Einwendungen des Beklagten zu 3. nicht zu eigen macht.

Der Schadensersatz umfasst auch einen pauschalen Unkostenbetrag. Dieser ist im Haftpflichtprozess nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich anerkannt. Die Höhe der Schadenspauschale kann mit 30 € geschätzt werden (§ 287 Abs. 1 ZPO). Eine Schadenspauschale von 30 € ist angesichts gestiegener Preise nicht unangemessen.

Insgesamt beläuft sich der Schadensersatzanspruch gegenüber den Beklagten zu 1. und zu 2. auf 6.703,92 €. Der Anspruch auf Zinsen ab Rechtshängigkeit beruht auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Die Klage gegenüber dem Beklagten zu 3. ist jedoch unbegründet. Der Beklagte zu 3. haftet für das Unfallereignis nicht.

Ein Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG kommt nicht in Betracht, weil ein Fahrrad kein Kraftfahrzeug ist. Aber auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB besteht nicht.

Zwar wurde das Fahrzeug der Klägerin durch das Fahrrad des Beklagten zu 3. beschädigt. Allerdings besteht kein Verschulden des Beklagten zu 3. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass der Beklagte zu 3. sich schuldhaft verhalten hat. Vorsätzliches Verhalten scheidet auch nach dem Vortrag der Klägerin aus. Der Beklagte zu 3. hat auch nicht fahrlässig i.S.d. § 276 Abs. 2 BGB gehandelt. Er hat nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Bei deliktischer Haftung obliegt dem Geschädigten der Nachweis eines schuldhaften Verhaltens des Schädigers.

Nach der von dem Beklagten zu 3. geschilderten Unfallsituation war er nicht gehindert, zwischen dem Fahrzeug der Klägerin und dem Fahrzeug des Beklagten zu 2. hindurchzufahren. Ein solches Überholen an einer Ampel wartender Fahrzeuge erlaubt § 5 Abs. 8 StVO. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet, denn nach dem Vortrag des Beklagten zu 3. stand das Fahrzeug der Klägerin auf der rechten Fahrspur und befand sich das Fahrzeug des Beklagten zu 2. auf dem Bürgersteig. Gegenteiliges behauptet die Klägerin nicht. Aus ihrem Vortrag folgt insbesondere nicht, dass das Fahrzeug der Klägerin auf der linken Spur gestanden hat. Sie hat auch den Vortrag des Beklagten zu 3. anlässlich seiner Anhörung nicht zum Anlass genommen, ihren Vortrag zu präzisieren.

An auf der rechten Fahrspur wartende Fahrzeuge darf ein Fahrradfahrer rechts vorbeifahren. Dass der Beklagte zu 3. dabei nicht mit mäßiger Geschwindigkeit und ohne besonderer Vorsicht gefahren ist, folgt aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Ein solches Verhalten folgt auch nicht aus dem eigenen Vortrag des Beklagten zu 3. Denn nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 16.6.2020 hat der Beklagte zu 2. unmittelbar vor ihm die Fahrertür weit geöffnet, weshalb er stark habe bremsen müssen. Dass er dabei über seinen Lenker gestürzt ist, ist auf die Bremskraftwirkung an Mountainbikes regelmäßig vorhandener Scheibenbremsen zurückzuführen, die insbesondere bei geringen Geschwindigkeiten zum sofortigen Stillstand des Fahrrades führen kann mit der Folge, dass der Radfahrende über den Lenker stürzen kann.

Dass der Beklagte zu 3. in der konkreten Situation nicht mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren ist, folgt aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Insbesondere besteht kein Anscheinsbeweis, dass der Beklagte zu 3. nicht mit mäßiger Geschwindigkeit gefahren ist, weil er über den Lenker gestürzt ist. Insbesondere bei den schnell wirkenden Scheibenbremsen eines Mountainbikes ist sind Sturzereignisse auch bei geringen Geschwindigkeiten nicht selten.

Demgegenüber hatte der Beklagte zu 3. auch keinen Anlass, mit überhöhter Geschwindigkeit an den wartenden Fahrzeugen vorbeizufahren, weil er ebenfalls an roter Ampel hätte warten müssen.

Aus dem Vortrag der Klägerin folgt auch nicht, dass der Beklagte zu 3. nicht mit besonderer Vorsicht gefahren ist. Damit, dass ein auf dem Bürgersteig abgestelltes Fahrzeug plötzlich und ohne Beachtung möglicher gemäß § 5 Abs. 8 StVO an wartenden Fahrzeugen vorbeifahrenden Fahrradfahrer entgegen der in § 14 Abs. 1 StVO normierten Sorgfaltspflicht die Fahrertür öffnet, muss ein Fahrradfahrer nicht rechnen. Er darf darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten. Dass der Beklagte zu 3. hätte erkennen können, dass der Beklagte zu 2. seine Fahrertür öffnen wird, folgt aus dem Vortrag der Klägerin nicht.

Nach den nicht bestrittenen Angaben des Beklagten zu 3. bestand auch genügend Platz, um an den wartenden Fahrzeugen vorbeizufahren. Den Zwischenraum zwischen den wartenden und den abgestellten Fahrzeugen hat der Beklagte zu 3. mit einem Meter und den Abstand zwischen den jeweiligen Fahrzeugen und dem Lenker mit 20 – 30 cm angegeben. Solche Zwischenräume erlauben ein Überholen i.S.d. § 5 Abs. 8 StVO. Dass der Zwischenraum geringer war, behauptet die Klägerin nicht.

Hat sich der Beklagte zu 3. damit verkehrsgerecht verhalten, handelt er nicht schuldhaft, weil das Unfallereignis für ihn nicht vorhersehbar und auch nicht vermeidbar war.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Aus dem Vortrag der Klägerin ist nicht ersichtlich, dass sie einen Rechtsanwalt mit einer vorgerichtlichen Tätigkeit beauftragt hat. Zu einer vorgerichtlichen Korrespondenz trägt die Klägerin nichts vor. Da die Klägerin eine Leasinggesellschaft ist, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass sie die vorgerichtliche Korrespondenz geführt und ihren Prozessbevollmächtigte erst mit der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche beauftragt hat.

Eines Hinweises auf die Unschlüssigkeit der Klage bedurfte es nicht, weil es sich bei den Rechtsanwaltskosten um eine Nebenforderung handelt (§ 139 Abs. 2 ZPO).

Die Kosten des Rechtsstreits sind in dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Berücksichtigung der Grundsätze der sog. Baumbach’schen Formel zu verteilen (§§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 2, 711 ZPO.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Verkehrsrecht: Das Verkehrsrecht ist im vorliegenden Text das primäre und zentralste Rechtsgebiet. Es befasst sich mit den rechtlichen Regelungen rund um den Straßenverkehr und regelt das Verhalten der Verkehrsteilnehmer untereinander. Das Unfallgeschehen, welches der Fall behandelt – ein Fahrradfahrer kollidiert mit einem Fahrzeug, dessen Fahrertür plötzlich geöffnet wird – ist ein typisches Thema des Verkehrsrechts. In diesem Zusammenhang wird explizit § 14 Abs. 1 StVO genannt, der besagt, dass derjenige, der aus einem Fahrzeug aussteigt, sicherstellen muss, dass er dabei keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet.
  2. Schadensersatzrecht: Das Schadensersatzrecht ist ein Teil des Zivilrechts und regelt die Ansprüche einer Person gegenüber einer anderen Person, die ihr einen Schaden zugefügt hat. Hier geht es um die finanziellen Ansprüche der Klägerin gegenüber den Beklagten aufgrund der durch den Unfall entstandenen Schäden. Die Klägerin fordert unter anderem die tatsächlich angefallenenReparaturkosten und Rechtsanwaltskosten. Dabei kommt § 840 Abs. 1 BGB zur Anwendung, welcher die Gesamtschuldnerschaft und damit die gemeinsame Haftung aller Verantwortlichen für den Schaden regelt.
  3. Versicherungsrecht: Das Versicherungsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Versicherungsnehmern und Versicherungsunternehmen. Es kann in diesem Fall relevant sein, wenn es um die Abwicklung von Ansprüchen zwischen den beteiligten Parteien und ihren jeweiligen Versicherungen geht. Während es nicht explizit im Text genannt wird, ist es doch implizit präsent, da in Unfallsituationen in der Regel Versicherungen involviert sind.
  4. Rechtsanwaltsrecht: Das Rechtsanwaltsrecht regelt die Berufsausübung von Anwälten, einschließlich der Anwaltsgebühren. In diesem Fall wird das Rechtsanwaltsrecht in Bezug auf die Forderung der Klägerin nach außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten erwähnt. Gemäß § 139 Abs. 2 ZPO wird festgestellt, dass die Rechtsanwaltskosten eine Nebenforderung darstellen und kein Hinweis auf die Unschlüssigkeit der Klage erforderlich ist.
  5. Zivilprozessrecht: Das Zivilprozessrecht regelt den Ablauf von Rechtsstreitigkeiten vor den Zivilgerichten. Es wird in diesem Fall genannt, weil es die Prozessführung und die Anforderungen an die Klage bestimmt. Zudem enthält der Text mehrere Verweise auf zivilprozessuale Normen, wie beispielsweise § 426 BGB, der den internen Ausgleich unter den Gesamtschuldnern klärt, sowie § 139 Abs. 2 ZPO, der besagt, dass es für die Unschlüssigkeit einer Nebenforderung, wie z.B. der Rechtsanwaltskosten, keines Hinweises bedarf.

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