Skip to content

Kollision mit Gabel eines abgestellten Gabelstaplers in öffentlichem Verkehrsraum

Gabelstapler im öffentlichen Raum: Haftungsfragen und Verkehrssicherungspflichten

Der Fall, der vom Oberlandesgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 4 U 8/20 verhandelt wurde, dreht sich um die Kollision eines Fahrradfahrers mit der Gabel eines abgestellten Gabelstaplers im öffentlichen Verkehrsraum. Im Mittelpunkt des rechtlichen Disputs steht die Frage der Verkehrssicherungspflicht und der Haftung des Gabelstaplerfahrers sowie seines Arbeitgebers. Der Gabelstapler war so abgestellt, dass seine Gabeln etwa 10-15 cm in den Gehweg hineinragten. Der Fahrradfahrer, der den Gehweg befuhr, kollidierte mit den Gabeln und erlitt Verletzungen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 U 8/20 >>>

Überwachungspflichten und Verkehrssicherheit

Kollision mit Gabel eines abgestellten Gabelstaplers in öffentlichem Verkehrsraum
Gabelstaplerunfall zeigt die Bedeutung der Verkehrssicherungspflichten auf: Haftung, Überwachung und Schadensersatz im Fokus. Einhaltung der Verkehrssicherheit ist entscheidend. (Symbolfoto: Ovidiu Negrea /Shutterstock.com)

Das Gericht stellte fest, dass strenge Anforderungen an die sorgfältige Überwachung eines angestellten Gabelstaplerfahrers zu stellen sind, insbesondere wenn dieser im öffentlichen Straßenverkehr agieren kann. Die Überwachung muss fortdauernd, planmäßig, unauffällig und unerwartet erfolgen. Das Gericht betonte, dass der Gabelstaplerfahrer und sein Arbeitgeber ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt haben, da die Gabeln des Staplers in den Gehweg hineinragten und somit eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellten.

Haftung und Entlastungsbeweis

Der Fall wirft auch Fragen zur Haftung und zum Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB auf. Der Arbeitgeber des Gabelstaplerfahrers konnte nicht nachweisen, dass er die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen getroffen hatte. Daher wurde er nicht von der Haftung entlastet. Das Gericht stellte klar, dass die Verkehrssicherungspflicht dazu dient, andere Personen vor Schäden zu bewahren und dass die Verletzung dieser Pflicht zu einer Haftung führt.

Mitverschulden des Fahrradfahrers

Interessant ist auch der Aspekt des Mitverschuldens des Fahrradfahrers. Obwohl der Fahrradfahrer den Gehweg verbotswidrig befuhr, führte dies nicht zu einem vollständigen Anspruchsausschluss. Das Gericht berücksichtigte, dass die Gabeln des Gabelstaplers eine unvorhersehbare Gefahrenlage darstellten und der Fahrradfahrer daraufhin möglicherweise überreagiert hat.

Schadensersatz und Schmerzensgeld

In Bezug auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wurde festgestellt, dass der Fahrradfahrer Anspruch auf eine Entschädigung hat. Die genaue Höhe wurde im Urteil nicht festgelegt, jedoch wurde darauf hingewiesen, dass der Fahrradfahrer mindestens 20.000 € an Schmerzensgeld und weiteren Ansprüchen geltend gemacht hat.

Dieses Urteil verdeutlicht die komplexen Haftungsfragen und Verkehrssicherungspflichten, die entstehen können, wenn Gabelstapler im öffentlichen Raum abgestellt werden. Es zeigt auch, dass die Einhaltung der Verkehrssicherungspflichten sowohl für den Gabelstaplerfahrer als auch für seinen Arbeitgeber von entscheidender Bedeutung ist.

Unfall durch Gabelstapler im öffentlichen Raum: Wer haftet?

Sie hatten einen Unfall durch die Gabel eines im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Gabelstaplers? Die Rechtslage kann in solchen Fällen kompliziert sein, insbesondere wenn es um die Frage der Verkehrssicherungspflicht und mögliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld geht. Ich biete Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihres Falles an, gefolgt von einer umfassenden rechtlichen Beratung. Gemeinsam klären wir, welche Ansprüche Ihnen zustehen und wie Sie diese durchsetzen können. Zögern Sie nicht, Kontakt aufzunehmen, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten auszuloten.

➨ jetzt anfragen!


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 4 U 8/20 – Urteil vom 11.02.2021

Leitsatz

1. An die für den Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche sorgfältige Überwachung eines angestellten Gabelstaplerfahrers sind im Interesse der Verkehrssicherheit jedenfalls dann strenge Anforderungen zu stellen, wenn dieser in seinem Aufgabenbereich auf den öffentlichen Straßenverkehr einwirken kann. Sie erfordert in der Regel fortdauernde, planmäßige, unauffällige und unerwartete Kontrollen, während der Erwerb eines sog. Staplerscheins sowie regelmäßige Schulungen allein nicht ausreichend sind. (Rn.67)

2. Zu den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei einem Feststellungsanspruch (Festhaltung OLG Saarbrücken, Urteil vom 19. Juli 2018 – 4 U 26/17, juris; Anschluss OLG Köln, Urteil vom 2. August 2001 – 8 U 19/01, juris und OLG Hamm, Urteil vom 23. März 1998 – 6 U 210/97, juris; vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 2. Juli 2001 – 1 U 113/00, juris). (Rn.70)

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.1.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 17 O 7/19) wie folgt abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50% des ihm bei dem Unfall vom 4.5.2018 in H. in der B. Straße entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu erstatten, soweit nicht Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 729,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.2.2019 zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 8.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner im Wege der Feststellungsklage auf anteiligen Schadensersatz aufgrund eines Unfallereignisses, welches sich am 4.5.2018 gegen 10.40 Uhr in H. in der B. Straße ereignet hat, in Anspruch.

Der zum Unfallzeitpunkt 75-jährige Kläger befuhr mit seinem Fahrrad die B. Straße von H. kommend in Richtung B.. Im dortigen Anwesen Nr. … ist die Firma der Beklagten zu 2 ansässig, bei der der Beklagte zu 1 zum Unfallzeitpunkt beschäftigt war. Vor dem Firmengebäude befindet sich eine Fläche, die zum Parken benutzt wird, daneben die Einfahrt zu dem dahinter gelegenen Betriebshof der Beklagten zu 2. Hieran schließt sich ein ca. 160 cm breiter asphaltierter Gehweg an, der zur Straße hin durch eine weitere ca. 276 cm breite, mit Verbundsteinen belegte, von Bäumen unterbrochene Fläche begrenzt wird. Der Beklagte zu 1 hatte einen im Eigentum der Beklagten zu 2 stehenden Gabelstapler auf der Parkfläche vor dem Firmengebäude abgestellt, da er gemeinsam mit den Zeugen L. und S. einen auf der Straße stehenden Lkw entladen wollte. Er entfernte sich nach dem Abstellen des Gabelstaplers und vor Beginn des Abladevorgangs zunächst wieder auf den dahinter gelegenen Betriebshof der Beklagten zu 2.

In Höhe des Firmengeländes kam der Kläger, der zuvor mit seinem Fahrrad von der Fahrbahn auf den Gehweg gewechselt war, zu Fall. Bei dem Sturz überschlug er sich, wobei er aufgrund der von ihm benutzten Klickpedale seine Füße während des Sturzes nicht aus den Pedalen lösen konnte. Hierbei erlitt er eine Fraktur des fünften Halswirbels, eine Nasenbeinfraktur, ein Schädelhirntrauma ersten Grades sowie diverse Platzwunden. Er wurde am 8.5.2018 operiert und befand sich bis zum 16.5.2018 in stationärer Behandlung.

Der streitgegenständliche Gabelstapler kann baubedingt eine Geschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreiten.

Der im Strafverfahren anwaltlich vertretene Beklagte zu 1 wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts St. Ingbert (Az. Cs 64 Js 1272/18) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.

Der Kläger hat behauptet, vor dem Firmengelände der Beklagten zu 2 sei die komplette Fahrbahn der Straße durch einen stehenden und einen weiteren dort rangierenden Lkw blockiert gewesen, weshalb er auf den dortigen sehr breiten Gehweg gewechselt sei. Dort sei er mit der Gabel des im öffentlichen Verkehrsraum abgestellten Gabelstaplers, die ohne jegliche Kenntlichmachung in den Gehweg hineingeragt und knapp bis zum Boden herabgelassen gewesen sei, kollidiert und deshalb zu Fall gekommen. Die Gabel sei auch wegen des gleichfarbigen Untergrundes kaum zu sehen gewesen. Der Gabelstapler habe zwar noch auf der Parkfläche gestanden, aber die Gabel habe weit in den Gehweg hineingeragt.

Die Beklagten hätten vorgerichtlich auf entsprechende Aufforderungen ihre Schadensersatzpflicht in Abrede gestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1 habe als Fahrer des Gabelstaplers grob fahrlässig gegen § 30c StVO verstoßen, der zwingend die Kenntlichmachung solcher über das eigentliche Fahrzeug hinausragenden Teile vorschreibe. Zudem hätten bei der Durchführung von Arbeiten im öffentlichen Verkehrsraum sogar Absperrungen erfolgen müssen. Die Parkfläche vor dem Gebäude stehe im Eigentum der Kreisstadt H., so dass es sich um öffentlichen Verkehrsraum handele. Da der Gabelstapler unstreitig nicht kenntlich gemacht worden sei, komme es nicht einmal streitentscheidend darauf an, ob der Kläger tatsächlich mit den Gabeln in Berührung gekommen sei, was jedoch der Fall gewesen sei. Allein die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründe die Haftung für einen im Zusammenhang damit stehenden Unfall.

Die Beklagte zu 2 sei als Halterin ebenfalls für eine ordnungsgemäße Absicherung verantwortlich. Darüber hinaus hafte sie nach § 831 BGB, da sie vorrangig Arbeiter aus dem osteuropäischen Raum – wie den Beklagten zu 1 – beschäftige, denen die erforderliche Berufs- und Sachkunde fehle und die sie auch nicht wie erforderlich schule und beaufsichtige. Für die erlittenen Verletzungen sei ein Schmerzensgeld von zumindest 20.000 € angemessen; hinzu kämen weitere Ansprüche wie Haushaltsführungsschaden und Verdienstausfall.

Benötigen Sie Hilfe vom Anwalt? Schildern Sie uns Ihr Anliegen und fordern online unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % des ihm bei dem Unfall vom 4.5.2018 in H. in der B. Straße entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu erstatten, soweit nicht Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 729,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, der Gabelstapler sei auf der asphaltierten Parkfläche abgestellt gewesen, ohne dass die Gabeln in den Gehweg hineingeragt hätten; die Zinken hätten direkt auf der Parkfläche aufgelegen und den Gehweg nicht berührt. Die genaue Position des Gabelstaplers zum Unfallzeitpunkt sei aus dem Lichtbild Anlage B 1 (Bl. 24 d.A.) ersichtlich; bei der Fertigung des Fotos sei lediglich der am Unfalltag beladene Lkw entfernt worden. Unmittelbar neben dem Gabelstapler hätten sich zwei Mitarbeiter der Beklagten zu 1, die gelbe Warnwesten getragen hätten, befunden. Der neben dem Gabelstapler geparkte Pkw habe weiter in den Weg geragt als die Gabeln des Radladers.

Der Kläger sei mit relativ hoher Geschwindigkeit auf dem Gehweg angefahren gekommen. Einer der beiden Mitarbeiter habe ihm noch zugerufen, er solle vorsichtig fahren. Plötzlich sei der Kläger mit dem Fahrrad gestrauchelt und gestürzt, ohne mit den Zinken des Gabelstaplers in Berührung gekommen zu sein. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger mit der Vorderradbremse zu stark gebremst und sich deshalb überschlagen habe. Hierfür spreche auch, dass das Fahrrad unbeschädigt geblieben sei; wenn der Kläger über die Zinken des Gabelstaplers gefahren wäre, hätte zumindest das Vorderrad beschädigt sein müssen.

Eine Haftung der Beklagten sei zu verneinen, da der Kläger verbotswidrig (§ 2 Abs. 5 StVO) mit dem Fahrrad einen Gehweg befahren habe, was auch durch etwaige Fahrzeuge auf der Fahrbahn nicht gerechtfertigt gewesen sei. Der ortskundige Kläger habe gewusst, dass in der Umgebung der Unfallstelle eine Vielzahl von Firmen ansässig seien und mehrmals täglich Lkws ein- und ausführen.

Der Beklagte zu 1 sei im Unfallzeitpunkt nicht zugegen gewesen und habe den Sturz des Klägers nicht verursacht. Er besitze den Staplerschein, sei ausgebildet, und werde auch, soweit erforderlich, geschult und beaufsichtigt.

Da der Zeuge L. mit Warnweste direkt vor der Gabel gestanden habe, sei diese auch ausreichend gesichert gewesen.

Die Beklagte zu 1 habe vorgerichtlich keine Korrespondenz seitens des Klägers erhalten. Der Kläger habe keine Nachweise zur Schadenshöhe bzw. zu den Verletzungen vorgelegt. Die vorgetragenen Verletzungen rechtfertigten kein Schmerzensgeld in der Höhe von mindestens 20.000 €. Zu der pauschal in den Raum gestellten Schadenshöhe könnten sich die Beklagten nur mit Nichtwissen erklären.

Das Landgericht hat den Kläger und den Beklagten zu 1 informatorisch zum Unfallhergang angehört (Bl. 63 ff. d.A.) und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R. L. (Bl. 67 ff. d.A.) und P. S. (Bl. 70 ff. d.A.).

Mit dem am 15.1.2020 verkündeten Urteil (Bl. 81 ff. d. A.) hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil Bezug.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Er rügt, das Landgericht habe trotz der Feststellung, dass der Gabelstapler in den Gehweg hineingeragt habe, eine Verkehrssicherungspflicht des Beklagten alleine mit dem Blick auf das Mitverschulden des Geschädigten verneint. Es habe die Reichweite der von den Beklagten nach § 32 StVO bzw. 30c StVZO einzuhaltenden Sorgfaltspflichten verkannt und nicht berücksichtigt, dass es sich hierbei um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB handele. Das Landgericht habe zudem fälschlicherweise in die Breite des Gehweges auch noch die geteerte Fläche eingerechnet.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Gabelstapler auch nicht durch die bloße Anwesenheit der Zeugen L. und S. ausreichend gesichert gewesen. Nach eigenem Bekunden seien diese, hinter einem Baum stehend, mit dem Öffnen der Planen des in einiger Entfernung stehenden Lkws beschäftigt gewesen. An der grundsätzlichen Haftung des Beklagten zu 1 ändere sich nichts dadurch, dass der Kläger als Radfahrer den Gehweg benutzt habe. Der Kläger habe sein Mitverschulden mit einem Anteil von 50 % bereits ausreichend berücksichtigt.

Bei der Prüfung der Betriebsgefahr habe das Landgericht die maßgebliche verkehrstechnische Auffassung verkannt. Es habe rechtsfehlerhaft angenommen, der Gabelstapler sei zum Unfallzeitpunkt nicht in Betrieb gewesen, weshalb eine Gefährdungshaftung nicht eingreife. Nach der herrschenden verkehrstechnischen Auffassung sei ein Fahrzeug so lange in Betrieb, wie es sich im öffentlichen Verkehrsraum befinde und andere Verkehrsteilnehmer gefährden könne. Hierbei sei ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem weit zu fassenden Betriebsvorgang auch bei bloßen Fahrtunterbrechungen wie z.B. einem kurzfristigen Halten oder einem vorübergehenden Abstellen zu bejahen.

Das Landgericht habe ferner zu Unrecht eine Haftung der Beklagten zu 2 verneint. Diese hafte bereits als Halter für die vom Beklagten zu 1 verletzte Pflicht zur Sicherung des Fahrzeuges. Vor allem aber hafte sie gemäß § 831 BGB für den Beklagten zu 1 als ihren Verrichtungsgehilfen aus vermutetem Verschulden. Abgesehen davon, dass die Beklagte zu 2 erst gar nicht den von ihr zu führenden Entlastungsbeweis angetreten habe, stehe spätestens nach den Angaben des Beklagten zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ihr Auswahl- und Überwachungsverschulden fest. Der der deutschen Sprache kaum mächtige Beklagte zu 1 habe eingeräumt, dass ihm nicht einmal die im Zusammenhang mit dem Führen eines Gabelstaplers einzuhaltenden Sicherheitsvorschriften bekannt seien. Die von der Beklagten zu 2 behaupteten, von deutschem Lehrpersonal durchgeführten Schulungen seien wegen der unzureichenden Deutschkenntnisse des Beklagten zu 1 offenkundig nicht ausreichend.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 15.1.2020, Az. 7 O 17/19, abzuändern und

1. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger 50 % des ihm bei dem Unfall vom 4.5.2018 in H. in der B. Straße entstandenen materiellen und immateriellen Schadens zu erstatten, soweit nicht Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 729,23 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein Verstoß des Beklagten zu 1 gegen seine Verkehrssicherungspflicht vorliege, weil zwar die Gabel etwa 10 bis 15 cm in den Gehweg hineingeragt habe, aber der Zeuge L. den Kläger zweimal vor dem Gabelstapler gewarnt habe. Die Gabel sei unter den gegebenen Umständen gut erkennbar gewesen und habe für den linksorientiert fahrenden Kläger keine Gefahr dargestellt, der bei einer verbleibenden Gehwegbreite von 1,40 m und weiteren 1,11 m bis zu den Bäumen die Unfallstelle gefahrlos hätte passieren können.

Letztlich stehe auch fest, dass der Kläger nicht mit den Zinken kollidiert sei. Der Kläger selbst habe hieran keine Erinnerung mehr gehabt und das Vorderrad seines Fahrrads weise keine Beschädigungen auf.

Der Kläger habe sich grob verkehrswidrig verhalten; nach der Bekundung des Zeugen L. habe er sich schon mehr als 100 m vor dem Unfallort auf dem Gehweg befunden. Die Mitarbeiter der Beklagten zu 2 hätten mit Radfahrern auf dem Gehweg nicht rechnen müssen.

Das Landgericht habe sich zutreffend zu einer Gefährdungshaftung gar nicht geäußert, weil der Gabelstapler bauartbedingt eine Geschwindigkeit von 20 km/h nicht überschreiten könne. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung zur Betriebsgefahr lägen daher neben der Sache.

Gleiches gelte für die Ausführungen zu § 831 BGB. Die Vorschrift setze voraus, dass der Verrichtungsgehilfe den objektiven Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllt habe. Dies treffe nicht zu, wenn – wie vorliegend – der Verrichtungsgehilfe sich verkehrsrichtig verhalten habe. In diesem Fall müsse sich der Geschäftsherr nicht noch zusätzlich entlasten. Ungeachtet dessen stehe auch ein Auswahl- und Überwachungsverschulden entgegen der Berufungsbegründung nicht fest. Der Beklagte zu 1 sei der deutschen Sprache ausreichend mächtig.

Der Senat hat die Akte der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, Az. …/…, beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 11.12.2019 (Bl. 67 ff. d.A.) und des Senats vom 21.1.2021 (Bl. 150 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist mithin zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere, dem Kläger günstigere Entscheidung (§ 513 ZPO). Dem Kläger steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Ersatz des ihm durch das Unfallereignis vom 4.5.2018 entstandenen Schadens unter Berücksichtigung eines eigenen Mithaftungsanteils von 50 % zu. Hierbei haftet der Beklagte zu 1 als Fahrer des Gabelstaplers gem. § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB. Die Beklagte zu 2 haftet nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB aus dem Gesichtspunkt der mangelnden Leitung und Überwachung des Beklagten zu 1 als Verrichtungsgehilfen, da sie den ihr obliegenden Entlastungsbeweis gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht geführt hat.

1. Eine Haftung des Beklagten zu 1 gem. § 18 Abs. 1 StVG hat das Landgericht entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung zutreffend nicht in Betracht gezogen, denn der streitgegenständliche Gabelstapler unterliegt als Kraftfahrzeug zwar den gesetzlichen Regelungen des Straßenverkehrsrechts, wenn er – wie vorliegend – im öffentlichen Verkehrsraum eingesetzt wird. Allerdings ist die Haltergefährdungshaftung des § 7 StVG gemäß § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen, weil der Gabelstapler – wie unstreitig – baubedingt keine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht. Damit scheidet auch eine Haftung des Beklagten zu 1 aus § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG aus.

2. Der Beklagte zu 1 hat jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts seine allgemeine Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 Abs. 1 BGB dadurch verletzt, dass er den Gabelstapler im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt hat, ohne diesen ausreichend kenntlich zu machen.

a) Das Landgericht hat in tatsächlicher Hinsicht auf der Grundlage der erstinstanzlichen Zeugenaussagen festgestellt, dass der Gabelstapler auf der geteerten Fläche so wie auf dem Lichtbild Blatt 24 d.A. ersichtlich abgestellt war, allerdings ein Stück weiter nach vorne versetzt, so dass die Zinken der Gabel ca. 10-15 cm in den geteerten Gehweg hineinragten; zudem standen sie etwas höher als abgebildet, nämlich etwa 15 cm hoch. Diese Feststellungen sind nicht zu beanstanden und im Berufungsverfahren im Übrigen nicht angezweifelt worden. Auf dem Lichtbild ist zudem ebenso wie auf den weiteren in der Ermittlungsakte befindlichen Lichtbildern (insbesondere Bild 5, Bl. 10 BA) deutlich erkennbar, dass die metallenen Zinken der Gabel sich farblich kaum von dem geteerten bzw. mit Verbundsteinen belegten Bodenbelag unterschieden und deshalb auch bei generell guten Sichtverhältnissen, wie sie zum Unfallzeitpunkt herrschten, nur schlecht erkennbar waren.

b) Hierbei folgt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung nicht bereits aus einem Verstoß gegen die Betriebsvorschrift des § 30c Abs. 1 StVZO, wonach am Umriss eines Fahrzeugs keine Teile so hervorragen dürfen, dass sie den Verkehr mehr als unvermeidbar gefährden. Der Beklagte zu 1 war zwar als – wenn auch im Unfallzeitpunkt abwesender – Führer des Gabelstaplers gem. § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO verpflichtet dafür zu sorgen, dass sich das Fahrzeug in einem vorschriftsmäßigen und verkehrssicheren Zustand befand. Dies schließt die Bau- und Betriebsvorschriften der StVZO, insbesondere die §§ 30, 32ff. StVZO, ein (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 23 StVO Rn. 15). Die bauartbedingte Position der Gabel und ihre Ausrichtung in den Verkehrsraum hinein stellt jedoch – auch wenn sich die Gabel dadurch als Gefahrenquelle für sonstige Verkehrsteilnehmer erweist -, keine Verletzung der genannten Betriebsvorschrift dar, da ansonsten ein Gabelstapler per se ordnungswidrig gestaltet wäre, wovon offensichtlich nicht ausgegangen werden kann.

c) Es kann ferner dahinstehen, ob der Beklagte zu 1 gegen seine ihm nach § 32 Abs. 1 Satz 1 StVO obliegende Sorgfaltspflicht verstoßen hat, wonach es verboten ist, Gegenstände auf Straßen zu bringen oder dort liegen zu lassen, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werden kann, was das Landgericht mit dem vom Senat für zweifelhaft erachteten Argument verneint hat, eine solche Gefährdung habe wegen des immerhin noch in einer Breite von 2,51 m passierbaren Fußwegs nicht bestanden. Der für den verkehrswidrigen Zustand Verantwortliche hat diesen unverzüglich zu beseitigen und diesen bis dahin ausreichend kenntlich zu machen (§ 32 Abs. 1 Satz 2 StVO). Zur Straße im Sinn der Vorschrift gehören außer der Fahrbahn auch Seitenstreifen sowie Rad- und Gehwege (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 32 StVO Rn. 8 m.w.N.). Keine Hindernisse im Sinne von § 32 StVO sind allerdings betriebsfähige, nicht zu verkehrsfremden Zwecken auf der Straße stehende oder in diese hineinragende Fahrzeuge oder Fahrzeugteile (OLG Hamm, Beschluss vom 1.2.1980 – 2 Ss OWi 2957/79, juris Rn. 10 ff.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 32 StVO Rn. 13 m.w.N.). Ob der Gabelstapler im Streitfall zu verkehrsfremden Zwecken abgestellt war, weil er anschließend zum Entladen des Lkws genutzt werden sollte, ob er also im Unfallzeitpunkt nicht als – sei es auch nur am ruhenden Verkehr teilnehmendes – Verkehrsmittel verwendet wurde, so dass durch seine Aufstellung die benutzte Verkehrsfläche ihrer Zweckbestimmung zumindest zeitweise entzogen wurde, bedarf jedoch letztlich keiner abschließenden Entscheidung, weil der Beklagte, wie aus den weiteren Ausführungen folgt, jedenfalls seine ihm bereits nach § 823 Abs. 1 BGB obliegende allgemeine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

d) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist eine schuldhafte und haftungsbegründende Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gemäß § 823 Abs. 1 BGB zu bejahen.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der eine Gefahrenlage – gleich welcher Art – schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher reicht es anerkanntermaßen aus, diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren, und die den Umständen nach zuzumuten sind (BGH, Urteil vom 2.10.2012 – VI ZR 311/11, juris Rn. 6 ff. m.w.N.; Senat, Urteil vom 30.7.2020 – 4 U 51/19, juris Rn. 28). Sobald der Verstoß objektiv feststeht und sofern sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, der die betreffende Verkehrssicherungspflicht entgegenwirken soll, kommt dem Geschädigten für die Frage des Kausalzusammenhangs zwischen Pflichtwidrigkeit und Rechtsgutsverletzung sowie des Verschuldens der Beweis des ersten Anscheins zugute (Förster in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB 53. Edition Stand: 01.02.2020 § 823 Rn. 394 m. w. N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 18.3.2020 – 7 U 127/18, BeckRS 2020, 4924 Rn. 24).

bb) Diesen Sorgfaltsanforderungen hat der Beklagte zu 1 nicht Genüge getan. Vielmehr hat er durch das Abstellen des Gabelstaplers derart, dass die Zinken der Gabel in einer Höhe von etwa 15 cm ca. 10-15 cm in den geteerten Gehweg hineinragten und diese wegen des ähnlich farbigen Untergrundes nur schwer erkennbar waren, eine Gefahrenlage sowohl für den Kläger als auch für den zu erwartenden Fußgängerverkehr geschaffen. Der Beklagte zu 1 hat zum Schutz der Verkehrsteilnehmer entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keine ausreichenden Sicherungsmaßnahmen dadurch ergriffen, dass er den Zeugen L. beauftragt hat, „aufzupassen“.

(1) Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist bereits nicht festgestellt, dass sich der Zeuge L. in einer Position befand, in der er herannahende Fußgänger rechtzeitig und zuverlässig vor dem Gabelstapler hätte warnen können. Unstreitig stand dieser nicht unmittelbar neben dem Gabelstapler. Der Zeuge L. hat ausgesagt, er habe dem Zeugen S. geholfen, die Plane vom Lkw zu entfernen (Bl. 67 d.A.), was dieser zwar zunächst in Abrede gestellt hat (Bl. 70 d.A.). Laut dem Zeugen S. habe sich der Zeuge L. hinter ihm befunden, „irgendwo vor dem Baum auf dem Bürgersteig“ (Bl. 71 d.A.). Später hat er angegeben, es könne schon sein, dass der Zeuge L. ihm geholfen habe, die Plane aufzuziehen; es könne sein, dass er da gestanden habe, geachtet habe er darauf nicht (Bl. 72 d.A.). Die genaue Position des Zeugen L. und seine Entfernung zu dem Gabelstapler konnte damit nicht näher festgestellt werden.

(2) Darüber hinaus ist nicht festgestellt, dass der Beklagte zu 1 dem Zeugen L. eine inhaltlich hinreichend konkrete Anweisung erteilt hätte. Im Ermittlungsverfahren hat sich der Beklagte zu 1 gar nicht erst damit verteidigt, er habe den Zeugen L. damit beauftragt, für die Sicherung des Gabelstaplers zu sorgen (Bl. 46 BA). Gleiches gilt für seine Angaben vor dem Landgericht im Rahmen seiner informatorischen Befragung: Dort hat er ebenfalls nur geschildert, er habe die Zeit genutzt, während die Plane des Lkws geöffnet wurde, um eine kleine Pause zu machen und zur Toilette zu gehen. Als er zurückgekommen sei, sei das Unglück schon geschehen gewesen (Bl. 65 d.A.). Auch der Zeuge L. hat zunächst nichts von einer Anweisung des Beklagten zu 1 berichtet und erst später auf Frage des Gerichts eher beiläufig angegeben, der Beklagte zu 1 sei ja weggegangen und habe zu ihm gesagt: „Pass mal auf den Stapler auf“ (Bl. 69 d.A.). Selbst wenn man, wie das Landgericht, eine entsprechende Anweisung des Beklagten zu 1 für nachgewiesen erachtete, ließ diese jedenfalls offen, worauf der Zeuge genau achten sollte. Erst auf Nachfrage des Gerichts, ob damit eine Diebstahlsicherung gemeint gewesen sei, hat der Zeuge dies verneint und angegeben, er habe aufpassen sollen, „damit nichts passiert“. Eine gleichwohl so pauschal gehaltene Anweisung erscheint jedoch keinesfalls ausreichend, um andere Verkehrsteilnehmer zuverlässig vor der in den Verkehrsraum hineinragenden Gabel zu warnen.

cc) Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass es dem Beklagten zu 1 ohne weiteres und mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen wäre, den Gabelstapler zurückzusetzen und auf das – ausweislich des Lichtbildes 5 in der Ermittlungsakte (Bl. 10 BA) unmittelbar dahinter befindliche – Betriebsgelände der Beklagten zu 2 zu fahren, oder den Gabelstapler beispielsweise durch das Aufstellen eines Pylons oder eines farbigen Flatterbands kenntlich zu machen. Diese für jedermann offenkundigen und leicht umzusetzenden Möglichkeiten der Gefahrenabwehr hat der Beklagte zu 1 unterlassen, womit er seine ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht in grober Weise verletzt hat.

dd) Der Senat vermag sich ferner nicht der Argumentation des Landgerichts anzuschließen, dass der Beklagte zu 1 seine Sicherungsmaßnahmen generell nicht auf den Radverkehr hin habe ausrichten müssen, da der Kläger den Gehweg verkehrsordnungswidrig mit dem Fahrrad befahren habe (§ 2 Abs. 1 und 4 StVO). Zwar muss der Verkehrssicherungspflichtige nicht für alle denkbaren und entfernten Möglichkeiten des Schadenseintritts Vorsorge treffen. Es genügen vielmehr nach allgemeiner Auffassung diejenigen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen zur Beseitigung einer absehbaren Gefahr erforderlich und zumutbar sind. Allerdings hätte der Beklagte zu 1 schon deshalb das Befahren des Gehwegs durch Radfahrer in seine Sicherheitsüberlegungen einbeziehen müssen, weil Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr mit Fahrrädern Gehwege benutzen müssen und bis zum vollendeten zehnten Lebensjahr weiter dürfen (§ 2 Abs. 5 StVO). Nach der im Unfallzeitpunkt bereits geltenden Rechtslage ist das Befahren von Gehwegen mit dem Fahrrad darüber hinaus für die ein Kind unter acht Jahren begleitende Aufsichtsperson zulässig. Zwar darf der Verkehrssicherungspflichtige grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Radfahrer, der den Gehweg befährt, sich darüber im Klaren sein muss, dass er sich auf einem Verkehrsweg bewegt, der nicht auf sein Fahrzeug ausgerichtet ist, und sich deshalb einer entsprechend reduzierten Geschwindigkeit und erhöhten Vorsicht befleißigt (vgl. hierzu OLG München, Urteil vom 16.2.2012 – 1 U 3409/11, juris Rn. 37, für eine nur für den Radverkehr, nicht aber für den Fußgängerverkehr gefährliche Schlauchabdeckung an einer Baustelle). Vorliegend handelt es sich aber aufgrund der schlechten Erkennbarkeit der Zinken der Gabel auf dem Gehweg um eine nicht nur für Radfahrer, sondern auch für Fußgänger erst ganz kurzfristig erkennbare akute Gefahrenlage. Der Umstand, dass der Kläger in der Tat verbotswidrig den Gehweg befahren hatte, ist damit erst auf der Ebene des Mitverschuldens heranzuziehen, führt aber nicht dazu, dass schon eine Verkehrssicherungspflichtverletzung zu verneinen wäre.

e) Einer Haftung steht im Streitfall auch nicht entgegen, dass es sich um einen sog. berührungslosen Unfall gehandelt hat.

aa) Dem angefochtenen Urteil ist nicht mit Klarheit zu entnehmen, ob das Landgericht von einer Kollision des Fahrrads mit dem Gabelstapler oder vielmehr von einem berührungslosen Unfall ausgegangen ist. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme konnte der Kläger indes den Nachweis nicht erbringen, dass er tatsächlich mit dem Vorderrad seines Fahrrads die Gabel berührt hat. Der Kläger selbst hatte keine Erinnerung mehr an das eigentliche Kerngeschehen des Unfalls (Bl. 63 d.A.). Der Zeuge L. hat geschildert, der Kläger habe kurz vor einer Kollision stark gebremst und sich dann überschlagen (Bl. 67, 70 d.A.). Der Zeuge S. hat den Unfall selbst nicht beobachtet. Dies vermag den Beklagten zu 1 jedoch nicht zu entlasten:

bb) Die Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle allein begründet einerseits noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Erforderlich ist vielmehr, dass die Fahrweise oder der Betrieb dieses Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Andererseits ist eine Berührung der Fahrzeuge nicht zwingend erforderlich; es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. An diesem Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (BGH, Urteil vom 21.9.2010 – VI ZR 265/09).

cc) Daran gemessen ist der erforderliche Zurechnungszusammenhang zu bejahen: Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme steht zwar nicht fest, dass eine Berührung des Fahrrads mit dem Gabelstapler erfolgt ist. Allerdings ist aufgrund der Angaben des Zeugen L. erwiesen, dass der Kläger kurz vor Erreichen des Gabelstaplers stark abgebremst hat und sich anschließend mit seinem Fahrrad überschlagen hat. Andere Gründe für das plötzliche Abbremsen des Klägers sind weder vorgetragen noch ansonsten ersichtlich, so dass alles dafür spricht, dass dies eine Reaktion auf das von dem Kläger unmittelbar zuvor erst erkannte Hindernis darstellte. Selbst wenn es sich hierbei, wie die Beklagten behaupten, um eine überzogene, objektiv nicht notwendige Reaktion des Klägers gehandelt hätte, lässt dies nach den obigen Grundsätzen den erforderlichen Zurechnungszusammenhang nicht entfallen.

3. Zulasten des Klägers wirkt es sich jedoch anspruchsmindernd aus, dass dieser verbotswidrig mit seinem Fahrrad den Gehweg befahren hat. Entgegen der Ansicht des Landgerichts führt dies jedoch nicht zu einem gänzlichen Anspruchsausschluss.

a) Soweit das Landgericht eine Geschwindigkeit des Klägers von „deutlich über Schrittgeschwindigkeit“ angenommen hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen: Der Kläger hat angegeben, er sei mit 8-10 km/h, vielleicht auch 12 km/h gefahren (Bl. 63 d.A.). Der Zeuge L. hat erklärt, er habe „mit hohem Speed den Kläger ankommen sehen“ (Bl. 67 d.A.), sonst aber keine konkreten Angaben zur Geschwindigkeit gemacht. Der Zeuge S. hat den Unfall nicht beobachtet. Nachdem die Angabe des Zeugen L. offensichtlich auf einer Schätzung beruhte, kann zu Lasten des Klägers mangels weiterer Feststellungen lediglich die von ihm eingeräumte Geschwindigkeit von ca. 8 bis 12 km/h in die Haftungsabwägung eingestellt werden. Für eine höhere Ausgangsgeschwindigkeit des Klägers sind die Beklagten jedoch beweisfällig geblieben. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der „Schrittgeschwindigkeit“ wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich bestimmt; überwiegend wird er mit max. 7 km/h , teilweise aber auch mit max. 10 km/h angegeben (OLG Hamm, Beschluss vom 28.11.2019 – III-1 RBs 220/19, juris Rn. 17 m.w.N.). Damit fehlt es für die Annahme des Landgerichts, der Kläger sei „deutlich über Schrittgeschwindigkeit“ gefahren, an einer tragfähigen Grundlage.

b) Auch ein Verstoß gegen das Sichtfahrgebot (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVO) kann dem Kläger nicht zur Last gelegt werden. Dieses gebietet es nicht, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit auf solche Objekte einrichtet, die sich zwar bereits im Sichtbereich befinden, mit denen der Fahrer – bei Anwendung eines strengen Maßstabs – jedoch unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Dies betrifft etwa Hindernisse, die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet (BGH, Urteil vom 23.4.2020 – III ZR 251/17, juris Rn. 37). So liegt der Fall hier. Die in einer Höhe von ca. 15 cm etwa 10 bis 15 cm in den Gehweg hineinragenden Zinken des Gabelstaplers waren aufgrund der ähnlichen Farbgebung mit dem Untergrund zum einen nur schwer erkennbar; zum anderen musste der Kläger mit einem solchen Hindernis nicht rechnen.

c) Die Reaktion des Klägers auf das Hindernis, die zum Überschlag des Fahrrads führte, vermag ebenfalls den Vorwurf eines Mitverschuldens nicht zu begründen. Ob der Kläger tatsächlich objektiv falsch reagiert hat, indem er einen zu starken und damit nicht erforderlichen Bremsvorgang eingeleitet hat, ist bereits nicht festgestellt. Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers stellt im Übrigen dann keinen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß dar, wenn dieser in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlichem Erschrecken objektiv falsch reagiert (vgl. BGH, Urteil vom 23.4.2020 – III ZR 251/17, juris Rn. 44). So liegt der Fall hier. Die in den Gehweg hineinragenden Zinken des Gabelstaplers stellten für den Kläger eine akut eintretende und nicht vorhersehbare Gefahrenlage dar, so dass auch die Einleitung eines zu starken Bremsvorgangs eine verständliche Reaktion hierauf darstellte.

d) Ob es darüber hinaus ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 Abs. 1 BGB begründen könnte, dass er – wie er bei seiner informatorischen Anhörung selbst angegeben hat – statt der „normalen“ Fahrradpedale Klickpedale nutzte, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 23.4.2020 – III ZR 251/17, juris Rn. 48 für die Verwendung von Klickpedalen auf einem holprigen Feldweg). Denn dieser Umstand könnte sich nur dann anspruchsmindernd auswirken, wenn er sich nachgewiesenermaßen unfallursächlich ausgewirkt hat, d.h. wenn der Kläger bei der Benutzung normaler Pedale keine oder nicht so gravierende Verletzungen erlitten hätte. Diese Voraussetzungen haben jedoch die hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht nachgewiesen.

e) Zu Lasten des Klägers wirkt sich indes sein verbotswidriges Fahren auf dem Gehweg aus (§ 2 Abs. 4 StVO). Hierbei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass der Kläger nicht grundlos, sondern nach seinem unwiderlegten und nachvollziehbaren Vorbringen deshalb auf den Gehweg ausgewichen war, weil die Fahrbahn durch zwei Lkw versperrt war, von denen der eine auf der Straße rangierte und der andere in Höhe der Unfallstelle abgestellt war und von dem Beklagten zu 1 und den Zeugen ausgeladen werden sollte.

f) Bei einer Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge hält der Senat dafür, dass der grobe Sorgfaltsverstoß des Beklagten zu 1 mindestens genauso schwer wiegt wie das verkehrsordnungswidrige Verhalten des Klägers. Nachdem lediglich der Kläger Rechtsmittel mit dem Ziel einer hälftigen Haftungsquote eingelegt hat, hat seine Berufung in vollem Umfang Erfolg.

4. Nach den obigen Ausführungen haftet der Beklagte zu 1 zugleich gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 229 StGB auf Ersatz des dem Kläger unfallbedingt entstandenen Personenschadens, da er den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil des Klägers rechtswidrig und schuldhaft erfüllt hat. Hiermit hat sich das Landgericht – trotz des darauf gestützten rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts St. Ingbert – nicht befasst. § 229 StGB stellt ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH, Urteil vom 15.7.2008 – VI ZR 212/07, juris Rn. 8; Staudinger/Hager (2019) BGB § 823 Rn. G 42 m.w.N.).

5. Entgegen der Auffassung des Landgerichts haftet neben dem Beklagten zu 1 auch die Beklagte zu 2 dem Kläger auf anteiligen Ersatz seines unfallbedingten Schadens. Zutreffend hat das Landgericht zwar einen Anspruch des Klägers gemäß § 7 StVG verneint, weil – wie unter Ziffer II.1 bereits ausgeführt – die Gefährdungshaftung nach § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen ist. Nach den obigen Ausführungen unter Ziffer II.2.b) sind auch die Voraussetzungen einer eigenen Haftung der Beklagten zu 2 gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 30c Abs. 1 StVZO nicht erfüllt. Für eine Haftung der Beklagten zu 2 wegen unmittelbaren eigenen Verschuldens sieht der Senat daher keine Anhaltspunkte. Allerdings hat die Beklagte zu 2, wie die Berufung mit Recht vorbringt, nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB für das Verschulden des Beklagten zu 1 als ihres Verrichtungsgehilfen einzustehen, wozu die angefochtene Entscheidung keine Ausführungen mehr enthält.

a) Der Beklagte zu 1 ist Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu 2, weil er während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses in den Betrieb der Beklagten zu 2 eingegliedert und von deren Weisungen abhängig war. Der Schaden ist auch in Ausführung einer Verrichtung im Sinne des § 831 Abs. 1 BGB entstanden, weil der Beklagte zu 1 den Unfall im Zusammenhang mit einer Tätigkeit für die Beklagte zu 2 verursacht hat; dies wird im Berufungsverfahren auch nicht angezweifelt.

b) Die Beklagte zu 2 hat den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht geführt: Zwar ist nicht ersichtlich, dass sie bei der Auswahl des Beklagten zu 1 die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hätte. Insbesondere steht außer Streit, dass der Beklagte zu 1 den erforderlichen sog. Staplerschein erworben hatte. Die Beklagte zu 2 hat jedoch nicht dargelegt, dass sie den Beklagten zu 1 mit der erforderlichen Sorgfalt überwacht hat.

aa) An den Nachweis einer ausreichenden Überwachung eines angestellten Kraftfahrers sind im Interesse der Verkehrssicherheit strenge Anforderungen zu stellen. Eine sorgfältige Überwachung erfordert fortdauernde, planmäßige, unauffällige und unerwartete Kontrollen, deren Intensität vom Gefahrenpotential sowie von der vorherigen Vergewisserung über die Eignung des Verrichtungsgehilfen abhängen, während z.B. Schulungen alleine nicht ausreichend sind (OLG Köln, Urteil vom 2.8.2001 – 8 U 19/01, juris Rn. 9; OLG Hamm NJW-RR 1998, 1403; jurisPK-BGB/Matusche-Beckmann, 9. Aufl. 2020 § 831 Rn. 128; ebenso Spindler in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beckOGK 56. Ed. 2020 § 831 Rn. 40 sowie Rn. 49 ff. zu Fahrzeuglenkern). In der Rechtsprechung wird vertreten, dass demgegenüber dem Geschäftsherrn bei einem ausschließlich im Werksverkehr eingesetzten Gabelstaplerfahrer, der eine genau umrissene Tätigkeit innerhalb eines von den Abläufen und der Örtlichkeit her überschaubaren Betriebs durchführt, gesonderte Beobachtungs- und Überwachungsmaßnahmen nicht abverlangt werden könnten (OLG Düsseldorf, Urteil vom 2.7.2001 – 1 U 113/00, juris Rn. 85). Ob dieser Auffassung für den vorliegenden Fall zu folgen ist, bedarf jedoch keiner Entscheidung, denn die hierfür darlegungsbelastete Beklagte zu 2 hat – auch nach dem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 21.1.2021 – nicht dargelegt, dass dem Beklagten zu 1 ein solch eng umrissener Tätigkeitsbereich oblegen hat.

bb) Die Beklagte zu 2 hat in diesem Zusammenhang lediglich ausgeführt – insoweit bestätigt durch die Angaben des Beklagten zu 1 bei seiner informatorischen Anhörung durch das Landgericht -, dass sie den Beklagten zu 1 einmal im Jahr an von ihr organisierten Schulungen für das Staplerfahren teilnehmen lasse und der Beklagte zu 1 über den Gabelstaplerführerschein verfüge (Bl. 66 f. d.A.). Nichts dazu vorgetragen hat sie indes, ob sie die erforderlichen fortdauernden, planmäßigen und unauffälligen sowie unerwarteten Kontrollen der Tätigkeit des Beklagten zu 1 durchgeführt hat. Sie hat ihr Vorbringen in diesem Zusammenhang im Übrigen auf die nicht näher substantiierte Erklärung beschränkt, dass der Beklagte zu 1 ausreichend deutsch spreche, ausgebildet sei und „soweit erforderlich“ regelmäßig nach den gesetzlichen Vorschriften geschult und beaufsichtigt werde (Seite 4 der Klageerwiderung, Bl. 22 d.A.; Seite 2 des Schriftsatzes vom 9.5.2019, Bl. 34 d.A.; Seite 8 der Berufungserwiderung, Bl. 128 d.A.). Auch auf den Hinweis des Senats im Termin vom 21.1.2021 (Bl. 151 d.A.) ist weiterer Sachvortrag hierzu nicht mehr erfolgt. Hinzu kommt, dass der Beklagte zu 1 in seiner informatorischen Anhörung vor dem Landgericht persönlich erklärt hat, es gebe keine Vorschriften, wonach man den Gabelstapler im öffentlichen Verkehrsraum absichern müsse und er kenne keine Vorschriften, die er bezüglich des Gabelstaplerfahrens einhalten müsse (Bl. 66 d.A.). Damit kommt es nicht mehr entscheidungserheblich auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob die in deutscher Sprache abgehaltenen Schulungen angesichts von der Klägerseite behaupteter schlechter Deutschkenntnisse des Beklagten zu 1 unzureichend waren.

6. Damit kann der Kläger im Wege der ohne weiteres zulässigen Feststellungsklage die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner (§ 840 Abs. 1 BGB) für die ihm entstandenen immateriellen und materiellen Unfallschäden unter Berücksichtigung einer hälftigen Haftungsquote verlangen. Auf die zwischen den Parteien im Einzelnen streitige Schadenshöhe kommt es im Rahmen der erhobenen Feststellungsklage nicht an.

7. Daneben steht dem Kläger gegen die Beklagten als Gesamtschuldner der mit dem Klageantrag zu 2 geltend gemachte Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Anwaltskosten als Nebenforderung zu. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst prinzipiell auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB. Kostenerstattung aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber auch objektiv berechtigt ist (BGH, Urteil vom 5.12.2017 – VI ZR 24/17, juris Rn. 7; Senat, Urteil vom 19.7.2018 – 4 U 26/17, juris Rn. 28).Der Wert des Feststellungsanspruchs ist hierbei vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände nach freiem Ermessen festzusetzen (§ 3 ZPO), wobei den Wertangaben der Parteien, wenn sie nicht offensichtlich unzutreffend sind, erhebliches Gewicht zukommt (Senat, Urteil vom 19.7.2018 – 4 U 26/17, juris Rn. 35). Davon ausgehend hält der Senat angesichts der vom Feststellungsanspruch erfassten Ansprüche hinsichtlich aller Verletzungen und Verletzungsfolgen des Klägers unter Berücksichtigung der Angaben auf Seite 4 der Klageschrift die Bemessung mit 8.000 € für zutreffend. Der Kläger hat vorgebracht, dass sich die ihm zustehenden Ansprüche auf insgesamt mindestens 20.000 € beliefen (Schmerzensgeld von 20.000 € zuzüglich weiterer Ansprüche, z.B. auf Ersatz von Verdienstausfall und Haushaltsführungsschaden), und hat den Gegenstandswert für seine Gebührenberechnung unter Berücksichtigung eines Feststellungsabschlags von 20 % sowie unter Anrechnung des hälftigen Mitverursachungsanteils mit 8.000 € angegeben. Die Beklagten haben zwar in der Klageerwiderung diese Beträge mangels konkreten Sachvortrags zu den einzelnen Schadenspositionen in Abrede gestellt (Bl. 18 d.A.). Eine weitere Aufklärung der tatsächlichen Höhe dieser Positionen nur zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Rechtsverfolgungskosten ist hingegen vorliegend weder erforderlich noch prozessökonomisch (Senat, Urteil vom 19.7.2018 – 4 U 26/17, juris Rn. 35). Daraus ergibt sich ein Anspruch auf Zahlung von 729,23 €. Dieser Betrag setzt sich, ausgehend von einem berechtigten Gegenstandswert von 8.000 €, aus einer 1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 592,80 €, einer Kostenpauschale gemäß Nr. 7001, 7002 VV RVG in Höhe von 20 € und gesetzlicher Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 116,43 € zusammen. Die Zinsforderung beruht auf §§ 288, 291 ZPO (vgl. Bl. 8 Rs. d.A.).

8. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beläuft sich nach Maßgabe der Ausführungen unter Ziffer 7 auf 8.000 €. Der auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Berufungsantrag zu 2 wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (§ 43 Abs. 1 GKG).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO nicht zuzulassen, denn weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos