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Kollision zweier Fahrzeuge in Waschstraße – Haftung

LG Koblenz – Az.: 5 O 373/16 – Urteil vom 10.12.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Schadensersatz aus einem Unfallereignis in einer Waschstraße.

Am 27.10.2016 gegen 14:20 Uhr befuhr der Kläger mit seinem Pkw Mercedes C-Klasse, amtliches Kennzeichen MY-…., die Waschstraße der GBW Waschpark Mittelrhein GbR in Andernach. Vor dem klägerischen Fahrzeug befand sich der Beklagte zu 1) in seinem BMW, amtliches Kennzeichen MYP- …, welcher bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war.

In der streitgegenständlichen Waschstraße werden die Fahrzeuge bei ausgeschaltetem Motor mit Hilfe von Rollen durch die Waschstraße gezogen.

Dabei zog eine der Rollen der Waschstraße kurz vor dem Ende der Waschstraße unter dem Hinterrad des Beklagtenfahrzeug durch, woraufhin das Beklagtenfahrzeug nicht mehr vorwärts gezogen wurde. In der Folge bremste der Kläger sein Fahrzeug bis zum Stillstand ab. Sekunden später startete der Beklagte zu 1) den Motor seines Fahrzeugs und verließ mit dem Beklagtenfahrzeug die Waschstraße.

Am 03.11.2016 beauftragte der Kläger das Sachverständigenbüro Brockmann KFZ-Sachverständige, welche an dem klägerischen Fahrzeug einen Nettoreparaturschaden von 4.496,61 € und eine Wertminderung von 600 € als Schaden bezifferten. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftliche Gutachten vom 03.11.2016 (Blatt 15 ff. d. A.) Bezug genommen. Für die Erstellung seines Gutachtens berechnete der Sachverständige einen Betrag in Höhe von 896,19 €. Weiter macht der Kläger eine Auslagenpauschale in Höhe von 25 € geltend.

Mit Schreiben vom 10.11.2016 forderte der Kläger die Beklagte zu 2) unter Fristsetzung bis zum 25.11.2016 zur Zahlung von insgesamt 6.022,86 € auf.

Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 1) habe aus unerklärlichen Gründen auf die Bremse getreten. Um nicht aufgeschoben zu werden und eine Kollision zu vermeiden habe er bis zum Stillstand abbremsen müssen. In Folge des Abbremsvorgangs habe die Gebläsetrocknung der Waschstraße auf das sich noch unter der Gebläsetrocknung befindliche Fahrzeugheck des Klägerfahrzeugs gedrückt und dieses dadurch beschädigt. Alle Schäden aus dem Gutachten des Privatsachverständigen Brockmann seien diesem Ereignis zuzurechnen.

Mit Schriftsatz vom 25.08.2017 nahm der Kläger seine Klage in Höhe von 279,92 € zurück und forderte bezüglich der Reparaturkosten nur noch unstreitige 4.216,69 €.

Der Kläger beantragt nach der teilweisen Klagerücknahme:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.742,94 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche entstandene Kosten in Höhe von 650,34 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, wenn das klägerische Fahrzeug in der Waschstraße beschädigt worden sei, sei dies auf ein Fehlverhalten des Klägers oder einen technischen Defekt in der Waschstraße zurückzuführen. Die Beklagte zu 1) habe keinen Fehler begangen. Außerdem könnten die streitgegenständlichen Beschädigungen nicht aus einer Kollision mit der Gebläsetrocknung stammen. Zudem seien die Sachverständigenkosten überhöht, sodass bei einer angenommenen Haftung lediglich ein Betrag in Höhe von 789,09 € geschuldet sei. Die Beklagten sind zudem der Ansicht, dass der Kläger ein Auffahren auf das Beklagtenfahrzeug angesichts des zu erwartenden geringeren Schadens hätte in Kauf nehmen müssen.

Mit Schriftsatz vom 16.02.2017 verkündete der Kläger der … GbR den Streit. Die Streitverkündung wurde der Streitverkündeten am 22.02.2017 zugestellt. Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß den Beweisbeschlüssen vom 20.03.2017 (Blatt 118 ff. d. A.) und vom 01.09.2017 (Blatt 185 f. d. A.) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten sowie der mündlichen Erläuterung des Gutachtens. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen XXX (Blatt 130 ff. d. A.) nebst Ergänzungsgutachten (Blatt 213 ff. d. A.) sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 19.11.2018 (Blatt 294 ff. d. A.).

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie sonstige Aktenteile Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner. Insbesondere hat der Kläger keinen Anspruch gegenüber den Beklagten gemäß §§ 7, 17, 18 StVG, 249 BGB, 115 VVG.

Kollision zweier Fahrzeuge in Waschstraße - Haftung
(Symbolfoto: monticello/Shutterstock.com)

Ein Kraftfahrzeug in einer Waschstraße befindet sich nicht in Betrieb im Sinne von § 7 StVG, wenn es sich um einen automatisierten Waschvorgang handelt, bei dem das Fahrzeug mit ausgeschaltetem Motor auf einem Förderband durch die Waschstraße bewegt wird und der Fahrer keinen Einfluss auf den Ablauf des Waschvorgangs hat. Die Gefährdungshaftung des § 7 StVG greift deshalb nicht, wenn zwei Fahrzeuge in der Waschstraße kollidieren. Ein Schadensersatzanspruch kann in diesem Fall allenfalls aus § 823 Abs. 1 BGB resultieren (vgl.: AG Köln, Urteil vom 26. Juni 2012 – 272 C 33/12 -, juris; AG Koblenz, Urteil vom 06. Dezember 1989 – 15 C 2648/89 -, juris; LG Paderborn, Urteil vom 26. November 2014 – 5 S 65/14 -, juris; KG VersR 77, 626; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage 2011, § 7 StVG Rn. 8).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch die Rechtsprechung des Landgerichts Kleve auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das Landgericht führt in seinem Urteil vom 23.12.2016, Aktenzeichen 5 S 146/15, aus, dass bei Beendigung des Waschvorgangs und Verlassen des Förderbandes eine Betriebsgefahr wieder gegeben ist, da das Fahrzeug sich wieder im Verkehrsraum befindet und dort gehalten ist, die Waschstraße durch eigene Motorkraft zu verlassen. Der Sachverstände Dipl.-Ing … führt für die Kammer technisch nachvollziehbar und widerspruchsfrei aus, dass der Transportvorgang des Beklagtenfahrzeugs gerade noch nicht beendet war. Die weitere Mitnehmerrolle, welche das Fahrzeug vollständig aus der Waschstraße herausschieben sollte, sei gerade unter dem Beklagtenfahrzeug durchgezogen worden, weswegen sich dieses nicht mehr bewegte.

Der Umstand, dass das Beklagtenfahrzeug kurz darauf losfahre, lasse sich dergestalt erklären, dass die Ampelanlage am Ende der Waschstraße über eine Lichtschranke gesteuert werde, welche die Lichtzeichenanlage zeitbasiert umspringen lasse. Durch diese Lichtschranke sei der Beklagte zu 1) bereits gefahren, weswegen die Ampel umgesprungen sei. Aus seiner Einschätzung sei es so, dass der Beklagte zu 2) in dem Moment seinen Motor anschalte, als die Lichtzeichenanlage auf „Grün“ springe. Dies passe zeitlich.

Die Kammer macht sich die technisch nachvollziehbaren, widerspruchsfreien und von den richtigen Anknüpfungstatsachen ausgehenden Ausführungen des Sachverständigen kraft eigener Würdigung zu eigen. Damit steht für die Kammer fest, dass der Waschvorgang noch nicht beendet war, demgemäß eine Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht gegeben war und daher § 7 StVG vorliegend nicht anwendbar ist.

Auch ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben. Der Anspruchsteller, also vorliegend der Kläger, trägt hierfür die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB, also für den objektiven und subjektiven Tatbestand, den Schaden sowie die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität (J. Lange in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 823 Abs. 1 BGB, Rn. 168).

Der Kläger kann ein vorwerfbares vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten der Beklagten zu 1), welches zum Blockieren der Vorderräder am Beklagtenfahrzeug und damit zu der erzwungenen Bremsung des Klägers geführt hat, nicht beweisen.

Der Sachverständige Dipl.-Ing XXX führte bezüglich der Behauptungen des Klägers, die Beklagte zu 1) habe ihr Fahrzeug gebremst, zwar aus, das Beklagtenfahrzeug sei zweifelsfrei kurzzeitig durch ein Blockieren der Vorderräder gestoppt worden, was zu einer Unterbrechung des regulären Transports geführt habe. Aus welchen Gründen dies geschehen sei, könne er jedoch nicht beantworten.

Es sei jedoch auszuschließen, dass die Beklagte zu 1) die Fußbremse oder die Parkbremse betätigt habe, da auf der Videoaufzeichnung der Waschstraße weder die Bremsleuchten aufgeleuchtet hätten noch ein Blockieren der Hinterräder, wie es bei der Parkbremse geschehe, ersichtlich sei.

Die Kammer macht sich auch die weiteren nachvollziehbaren und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen kraft eigener Würdigung zu eigen, sodass der Kläger ein der Beklagten zu 1) vorwerfbares Verhalten nicht bewiesen hat.

Soweit der Kläger Beweis durch Vernehmung der Beklagten zu 1) als Partei für die Tatsache anbietet, dass am Beklagtenfahrzeug kein technischer Mangel vorgelegen habe und dieses in der Folge auch nicht in einer Werkstatt repariert worden sei, ist dieses Beweisangebot unbeachtlich. Der Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, wäre ein bewiesenes schuldhaftes Verhalten der Beklagten zu 1) nach wie vor nicht gegeben. Der Kläger legt nicht dar, welches schuldhafte Verhalten die Beklagte zu 1) vorzuwerfen wäre. Selbst der Ausschluss eines technischen Mangels wäre für ein notwendiges Verschulden der Beklagten zu 1) im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB nicht ausreichend.

Zudem stünde selbst wenn die Beklagte zu 1) die Behauptungen des Klägers bekunden würde, nicht fest, ob ein technischer Mangel am Beklagtenfahrzeug vorgelegen habe. Die Beklagte zu 1) ist zunächst keine Sachverständige, sodass sie über eine Mangelhaftigkeit ihres Fahrzeugs nicht bekunden kann. Auch ist sie nicht verpflichtet ihr Fahrzeug, selbst bei Vorliegen eines Mangels, instand setzen zu lassen, sodass für den Fall, dass die klägerische Behauptung als erheblich anzusehen wäre, die Kammer tut dies ausdrücklich nicht, die Vernehmung der Beklagten zu 1) als Partei kein taugliches Beweismittel ist.

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Die Klage ist daher abzuweisen, da ein Anspruch des Klägers nicht gegeben ist.

II.

Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung und sind ebenfalls unbegründet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird bis zum 25.08.2017 auf 6.022,86 € und ab dem 26.08.2017 auf 5.742,94 € festgesetzt.

 

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