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Leasingfahrzeug – Verkehrsunfall und Umsatzsteuererstattung

LG München I

Az.: 17 O 769/11

Urteil vom 02.11.2012


I. Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 3.284,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.02.2011 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 359,90 € zu bezahlen.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger 45 % und die Beklagte 55 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils durch sie zu vollstreckenden Betrags.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 6.049,17 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom … auf der … .

Die Haftung der Beklagten für den Verkehrsunfall dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit.

Das klägerische Fahrzeug, amtliches Kennzeichen … stand zum Unfallzeitpunkt im Eigentum der … . Von dieser hatte der Kläger das Fahrzeug geleast.

Durch den klägerischen Schadensgutachter wurde nach Unfall ein Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs in Höhe von netto 15.252,10 € und brutto 18.150,00 € sowie ein Restwert in Höhe von netto 5.798,31 € ermittelt. Der Schadensgutachter der Beklagten hat einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von netto 13.865,55 € und brutto 16.500,00 € ermittelt.

Die … hat das klägerische Fahrzeug nach dem Unfall zu einen Betrag in Höhe von 7.563,03 € verkauft. Der Leasingvertrag mit dem Kläger wurde durch die … gekündigt und der Leasingvertrag abgerechnet, woraufhin der Kläger einen Betrag in Höhe von 2.833,97 € an die Leasinggesellschaft bezahlte. Mit Leasingvertrag vom … wurde durch den Kläger sodann ein Ersatzfahrzeug bei der Firma … zum Preis von netto 25.067,23 € und brutto 29.830,00 € geleast.

Der Kläger behauptet, der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs belaufe sich auf netto 15.252,10 € und brutto 18.150,00 €. Zum Unfallzeitpunkt habe sich im klägerischen Fahrzeug eine Freisprechanlage befunden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass bei der Berechnung des Totalschadens nicht der durch die … tatsächlich erzielte Restwert, sondern vielmehr der durch den klägerischen Schadensgutachter festgestellte Restwert in Höhe von netto 5.798,31 € zu berücksichtigen sei. Die Mehrwertsteuer sei ersatzfähig, da sie durch den Abschluss des neuen Leasingvertrages beim Kläger angefallen sei.

Der Kläger beantragt, die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 6.049,17 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.06.2009 nebst außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,93 € zu bezahlen.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger gegenüber … vertreten durch den Geschäftsführer … im Hinblick auf Umsatzsteuer aus dem Leasingvertrag vom … zwischen dem Kläger und der … in Höhe von 2.897,90 € freizustellen.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund des zur Ersatzbeschaffung für das streitgegenständliche Kfz abgeschlossenen Leasingvertrags mit der Firma … konkret anfallende Umsatzsteuer zu ersetzen, begrenzt durch die Höhe des Umsatzsteueranteils des streitgegenständlichen Kfz-Totalschadens zum Kfz-Pkw …

Die Beklagte beantragt, die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte behauptet, der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs würde sich auf netto 13.865,55 € und brutto 16.500,00 € belaufen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass bei der Berechnung des Totalschadens der durch die … tatsächlich erzielte Restwert in Abzug zu bringen sei, da dieser ohne überobligationsmäßige Aufwendungen erzielt worden sei. Die Mehrwertsteuer sei nicht ersatzfähig, da der Kläger nach dem Unfall genau wie vor dem Unfall Leasingraten mit Mehrwertsteuer zahle und dem Kläger somit kein Schaden entstanden sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens über die Höhe des Wiederbeschaffungswertes des klägerischen Fahrzeugs; hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen wird auf das Protokoll der Verhandlung … verwiesen.

Die Parteivertreter haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Mit Beschluss vom … wurde die Entscheidung im schriftlichen Verfahren beschlossen. Die Frist des § 128 Abs. 2 ZPO wurde auf den … bestimmt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im übrigen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Verhandlung vom … nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 3.284,45 € zuzüglich Nebenforderungen gem. §§ 7, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 115, 116 VVG.

1. Der Kläger ist zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche aktivlegitimiert. Der Kläger hat als Leasingnehmer einen eigenen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verletzung seines durch § 823 BGB geschützten Besitzrechts (BGH VersR 1976, 943).

2. Der ersatzfähige Restschaden am klägerischen Fahrzeug beläuft sich auf 3.284,45 €. Er errechnet sich aus der Differenz des Wiederbeschaffungswertes in Höhe von brutto 17.150,00 € und dem tatsächlich erzielten Restwert in Höhe von 7.563,03 € abzüglich der Zahlung der Beklagten in Höhe von 6.302,52 €.

a) Der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs beträgt zur Überzeugung des Gerichts brutto 17.150,00 €. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens von …. Der Sachverständige führte im Rahmen seiner mündlichen Gutachtenserstattung aus, dass er diesen Wiederbeschaffungswert anhand der Schwacke-Bewertung und der bei mobile.de einsehbaren abgelaufenen Angebote für vergleichbare Fahrzeuge ermittelt habe. Dabei habe er den guten Erhaltungszustand des klägerischen Fahrzeugs sowie die im Pkw enthaltene Freisprechanlage berücksichtigt.

Diesen Feststellungen des Sachverständigen schließt sich das Gericht vollumfänglich an. Der Sachverständige … ist dem Gericht aus zahlreichen Verfahren als äußerst sorgfältiger und fachkundiger Gutachten bekannt. Der Sachverständige hat sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen ausgewertet und das Gutachten nachvollziehbar und schlüssig erstattet. Da das klägerische Fahrzeug nach dem Unfall durch die Leasinggesellschaft verkauft wurde und somit durch den Kläger nicht mehr genutzt wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts auch fest, dass sich die durch den Sachverständigen bei der Wertermittlung berücksichtigte Freisprechanlage bereits zum Unfallzeitpunkt im Fahrzeug befand.

b) Der zu berücksichtigende Restwert beträgt 7.563,03 €. Dem Kläger ist grundsätzlich Recht zu geben, dass sich der Geschädigte auf den von seinem Schadensgutachter ermittelten Restwert verlassen und sein Fahrzeug zu diesem Preis verkaufen kann. Er muss sich allerdings den höheren Restwert anrechnen lassen, den er ohne besondere Anstrengungen tatsächlich erzielt hat (BGH NJW 05, 357). Im vorliegenden Fall hat die geschädigte Eigentümerin des klägerischen Fahrzeugs, die Firma … das klägerische Fahrzeug zu einem Preis von 7.563,03 € verkauft. Es wurde insoweit weder durch den Kläger noch durch die Beklagte behauptet, dass dieser Verkaufspreis nur durch überobligatorische Anstrengungen der Leasinggeberin erzielt werden konnte. Soweit der Kläger vorträgt keinen Einfluss auf die Verwertung des klägerischen Fahrzeugs durch die Leasinggeberin gehabt zu haben ist dies irrelevant. Etwaige vertragliche Abreden zwischen dem Kläger und seiner Leasinggeberin entfalten keine Wirkung gegenüber der Beklagten.

c) Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz des Mehrwertsteueranteils für den Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2.738,24 € gem. § 249 Abs. 1, Abs. 2 BGB.

aa) Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat der Kläger als Leasingnehmer einen eigenen Anspruch gegen die Beklagten auf Schadensersatz wegen Verletzung seines Besitzrechtes. Der Wert der Sachnutzung eines geleasten Fahrzeugs ist dabei begrenzt durch seinen Wiederbeschaffungswert (BGH VersR 1992, 194; VersR 1991, 319). Zur Aufwendung für die Wiederbeschaffung gehört gem. § 249 BGB auch die Mehrwertsteuer, soweit diese gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB tatsächlich angefallen ist (OLG Hamm, VersR 2002, 858; NZV 2003, 334; LG München I, NZV 2002, 191/192; AG Brandenburg, NZV 2011, 88/91; Sanden/Völtz, Sachschadensrecht des Kraftverkehrs, 9. Auflage, Rn. 346, 515). Der Leasingnehmer muss – wie jeder andere nicht vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte auch – für die Wiederherstellung der früheren Lage, also zur Wiedererlangung eines Äquivalentes für die Entziehung des Fahrzeuges neben dem Fahrzeugnettopreis auch Umsatzsteuer aufwenden (OLG Hamm VersR 2002, 858).

bb) Die durch die vorzeitige Beendigung des alten Leasingvertrages gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ersparte Mehrwertsteuer ist dabei nicht im Wege des Vorteilsausgleiches von der ersatzfähigen Mehrwertsteuer abzuziehen. Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage hält das Gericht nicht mehr an der im Hinweisbeschluss vom … dargelegten Rechtsansicht fest. Abzustellen ist bei der Ermittlung des Nutzungsschadens des Leasingnehmers gerade nicht auf die Verpflichtung zur Ratenzahlung aus dem alten Leasingvertrag, da die Leasingraten Teil des mit dem Leasinggeber vereinbarten Entgelts sind und nach der Abrede über die Gefahrtragung der Leasingnehmer diese Zahlungen ohne Rücksicht auf den Untergang des Leasingobjekts ohnehin bis zum Ablauf des Vertrages hätte entrichten müssen (BGH VersR 1992, 194 mwN). Genausowenig wie dem Leasingnehmer nach Beschädigung seines Leasingfahrzeugs ein Schaden durch die Verpflichtung zur weiteren Zahlung der Leasingraten entsteht (BGH VersR 1992, 194), entsteht ihm ein unfallbedingter unmittelbarer Vorteil durch Wegfall der Umsatzsteuerpflicht hinsichtlich dieser Raten gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

cc) Die Mehrwertsteuer ist beim Kläger gem. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB auch angefallen. Ausreichend für den Anfall der Mehrwertsteuer im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ist dabei die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung der Mehrwertsteuer unabhängig davon, ob die Mehrwertsteuer tatsächlich bereits (in voller Höhe) gezahlt wurde (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage 2012, § 249 BGB Rn. 27 mwN). Im vorliegenden Fall liegt der Anfall der Mehrwertsteuer im Abschluss des neuen Leasingvertrages vom 26.06.2009, durch welchen sich der Kläger zur Zahlung eines Mehrwertsteueranteils in Höhe von 4.762,77 €, und somit eines den ersatzfähigen Mehrwertsteueranteil in Höhe von 2.738,24 € übersteigenden Betrags verpflichtete.

3. Die erkannten Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 359,50 € wurden auf Basis einer 1,3 Gebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer einem, dem zugesprochenen Betrag entsprechenden Gegenstandswert in Höhe von 3.284,45 € entnommen.

4. Der Zinsanspruch hinsichtlich der Hauptforderung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 286 Abs. 1, Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB seit dem 10.09.2009 besteht nicht, da durch den Kläger nicht vorgetragen wurde, welcher Betrag mit welchem Schriftsatz durch ihn bzw. die Leasinggesellschaft vorgerichtlich bei der Beklagten geltend gemacht wurde. Da nach dem klägerischen Vortrag vorgerichtlich offensichtlich nur die Leasinggesellschaft mit der Beklagten in schriftsätzlichem Kontakt war, wurde jedenfalls die Mehrwertsteuer vorgerichtlich zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, da diese bei der Leasinggesellschaft nicht angefallen ist. Im übrigen ist der klägerische Vortrag insoweit unschlüssig. Eine Hinweispflicht des Gerichts besteht gem. § 139 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 ZPO nicht, da es sich insoweit lediglich um eine Nebenforderung handelt.

II.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, S. 2, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 3 ZPO.

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