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Maklerhonorar – Kein Anspruch auf erfolgsunabhängiges Honorar

Reservierungsgebühr für Immobilien: Kein Anspruch auf erfolgsunabhängiges Honorar

Das Landgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass eine Reservierungsgebühr für eine Immobilie, die im Rahmen eines Maklervertrags erhoben wurde, unrechtmäßig ist, wenn sie nicht erfolgsabhängig ist. Die Kläger haben einen Anspruch auf Rückerstattung der Gebühr, da die Vereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) gilt und gegen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) verstößt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2-10 O 359/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Unrechtmäßigkeit der Reservierungsgebühr: Die Gebühr war nicht erfolgsabhängig und somit unrechtmäßig.
  2. Einstufung als AGB: Die Reservierungsvereinbarung gilt als Allgemeine Geschäftsbedingung.
  3. Verstoß gegen BGB: Spezifischer Verstoß gegen § 307 Abs. 1 BGB aufgrund unangemessener Benachteiligung der Kläger.
  4. Anspruch auf Rückerstattung: Kläger haben Anspruch auf Rückerstattung der 10.000 Euro plus Zinsen.
  5. Freistellung von Rechtsanwaltskosten: Der Beklagte muss die Kläger von vorgerichtlichen Kosten freistellen.
  6. Verwirkung des Maklerlohns: Aufgrund der AGB-Klauseln verwirkt der Makler seinen Anspruch auf das Honorar.
  7. Keine relevante Gegenleistung durch Makler: Die zugesagte Reservierung stellt keine adäquate Gegenleistung dar.
  8. Unzulässiger Druck auf Kunden: Durch die Klauseln entstand ein unzulässiger wirtschaftlicher und rechtlicher Druck auf die Kunden.

In Deutschland ist es üblich, dass Immobilienmakler eine erfolgsbasierte Vergütung, auch als Maklercourtage bekannt, für ihre Dienste erhalten. Laut Gesetz ist ein Immobilienmakler berechtigt, eine Vergütung zu beanspruchen, wenn er einen Vertrag erfolgreich vermittelt (§ 652 Abs. 1 BGB). Allerdings gibt es keine Grundlage für einen separaten Erfolgsbonus über die vereinbarte Provision hinaus. Ein Anspruch auf Reservierungsgebühr ohne Vertragsabschluss ist nicht gegeben. Im Folgenden werden wir ein konkretes Urteil zum Thema Maklerhonorar und seine Bedingungen analysieren.

Reservierungsgebühr bei Immobilienvermittlung – Ein Streitfall vor dem LG Frankfurt/Main

In einem bemerkenswerten Rechtsfall, der vor dem Landgericht Frankfurt am Main verhandelt wurde, stand eine strittige Reservierungsgebühr im Zentrum der Auseinandersetzung. Der Fall drehte sich um eine Reservierungsvereinbarung, die zwischen einem Immobilienmakler und Interessenten für eine Immobilie abgeschlossen wurde. Die Parteien stritten über die Rückzahlung einer Reservierungsgebühr, die im Rahmen der Immobilienvermittlung erhoben wurde.

Der Hintergrund: Vertragsabschluss und Vereinbarungen

Der Beklagte, ein Immobilienmakler, hatte mit den Klägern, die als Verbraucher an einer Immobilie interessiert waren, einen Maklervertrag abgeschlossen. Im Zuge dessen wurde eine Reservierungsvereinbarung unterzeichnet, die die Zahlung einer Reservierungsgebühr von 10.000 Euro vorsah. Diese sollte im Falle eines erfolgreichen Abschlusses des Kaufvertrags mit der Maklerprovision verrechnet werden. Zusätzlich wurde eine Honorarvereinbarung für den Maklerlohn unterzeichnet. Interessanterweise wurde die Reservierungsgebühr auch dann fällig, wenn kein Kaufvertrag zustande kam.

Rechtliche Bedenken und Klage der Käufer

Die Kläger waren der Ansicht, dass die Reservierungsvereinbarung unrechtmäßig sei, da sie gegen § 307 Abs. 1 BGB verstößt. Sie argumentierten, dass die Vereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu werten sei und eine unangemessene Benachteiligung darstelle. Daraufhin erhoben sie Klage auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr sowie auf Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/Main

Das Landgericht Frankfurt am Main gab den Klägern Recht. Es befand, dass die Reservierungsgebühr ohne Rechtsgrund an den Beklagten geleistet wurde und somit zurückzuzahlen sei. Die Richter stellten fest, dass die Klauseln der Reservierungsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu werten sind, die einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Verpflichtung zur Zahlung der Reservierungsgebühr die Kläger unangemessen benachteiligt, da ein erheblicher Teil der Gebühr erfolgsunabhängig beim Beklagten verbleiben sollte.

Unwirksamkeit der Reservierungsvereinbarung und deren Folgen

Die Richter urteilten, dass die Reservierungsvereinbarung unwirksam sei, weil sie einer Inhaltskontrolle nicht standhält. Dies führte zur Verwirkung des Maklerlohns gemäß § 654 BGB, da die Vereinbarung die Rechtslage verzerrte und den Eindruck erweckte, der Kaufpreis sei nicht mehr verhandelbar und der Käufer rechtlich zu erheblichen Zahlungen verpflichtet. Das Gericht stellte klar, dass die Erhebung einer erfolgsunabhängigen Reservierungsgebühr nicht zulässig ist, wenn sie den Kunden unzulässigen wirtschaftlichen und scheinbar rechtlichen Druck ausübt.

Zusammenfassung und Weiterführung zum Urteil

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main stellt einen wichtigen Fall in Bezug auf die Handhabung von Reservierungsgebühren im Immobilienbereich dar. Es unterstreicht die Bedeutung der Inhaltskontrolle von AGBs und die Rechte der Verbraucher bei Maklerverträgen. Mit der Entscheidung wird klargestellt, dass erfolgsunabhängige Reservierungsgebühren, die unangemessenen Druck auf Käufer ausüben, nicht rechtskonform sind. Dieses Urteil könnte somit weitreichende Implikationen für zukünftige Maklerverträge und die Praxis der Immobilienvermittlung haben. Es betont die Notwendigkeit einer fairen und transparenten Gestaltung von Vertragsbedingungen, die sowohl die Interessen der Makler als auch die der potenziellen Käufer angemessen berücksichtigen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was ist eine Reservierungsgebühr im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Immobilie?

Eine Reservierungsgebühr im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Immobilie ist ein Entgelt, das ein potenzieller Käufer an einen Makler zahlt, um eine Immobilie für eine bestimmte Zeit zu reservieren. Diese Gebühr soll die Ernsthaftigkeit der Kaufabsicht verdeutlichen und verhindern, dass Interessenten vorschnell reservieren, um andere potenzielle Käufer zu blockieren.

Die Reservierungsgebühr wird in der Regel mit der Maklerprovision verrechnet, wenn es zum Kauf der Immobilie kommt. Die Höhe der Reservierungsgebühr kann variieren, sie beträgt oft 10-15% des Provisionsanspruchs des Maklers oder orientiert sich am Kaufpreis der Immobilie.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Erhebung einer Reservierungsgebühr in Deutschland rechtlich umstritten ist und nur in engen Grenzen zulässig ist. Sie kann als unzulässige Vorkasse gewertet werden, wenn sie nicht transparent und angemessen gestaltet ist. Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: I ZR 113/22) hat festgestellt, dass Reservierungsgebühren, die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wurden, unzulässig sind.

Für den Verkäufer einer Immobilie kann eine Reservierungsvereinbarung sogar einen Nachteil bedeuten, wenn der Makler aufgrund der entrichteten Reservierungsgebühr auf die Zusage des Kaufinteressenten vertraut und die Vermarktung der Immobilie einstellt. In diesem Fall muss die Vermarktung der Immobilie bei einem Rücktritt des Kaufinteressenten von vorne beginnen.

Es ist daher ratsam, vor der Zahlung einer Reservierungsgebühr rechtlichen Rat einzuholen und die Bedingungen sorgfältig zu prüfen.

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich aus der Unwirksamkeit der Reservierungsgebühr?

Die Unwirksamkeit der Reservierungsgebühr hat mehrere rechtliche Konsequenzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass eine Reservierungsgebühr in Makler-Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam ist und Interessenten keine solche Gebühr zahlen müssen. Dies gilt auch, wenn die Reservierungsgebühr nicht direkt im Maklervertrag steht, sondern separat vereinbart wird.

Die Reservierungsgebühr wird als eine den Maklervertrag ergänzende Regel angesehen, unabhängig davon, ob sie in einem separaten Vertragsdokument vereinbart wurde. Daher unterliegt sie der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Eine Klausel, die eine Reservierungsgebühr vorsieht, benachteiligt die Maklerkunden unangemessen und ist daher unwirksam, wenn die Rückzahlung der Gebühr in jedem Fall ausgeschlossen ist. Dies widerspricht dem gesetzlichen Leitbild der Erfolgsabhängigkeit der Provision bei Maklerverträgen.

Als Konsequenz der Unwirksamkeit der Reservierungsgebühr hat der Makler keinen Anspruch auf diese Gebühr. Der Kunde kann die Rückzahlung der Gebühr verlangen. In einem vom BGH entschiedenen Fall wurde die Maklerin zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr verurteilt.

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Es ist zu erwähnen, dass eine Reservierungsgebühr unter bestimmten Umständen wirksam sein kann. Generell ist es dem Makler erlaubt, eine Reservierungsgebühr zu verlangen, wenn er dem Kunden eine Wohnung oder ein Haus vermittelt hat und der Kunde sich dafür entscheidet, das Objekt zu reservieren. Allerdings darf die Reservierungsgebühr nicht in unangemessener Höhe liegen und der Kunde muss über die genauen Umstände und Bedingungen der Reservierungsgebühr aufgeklärt werden. Die Reservierungsgebühr muss auch im Falle einer späteren Vermittlung oder Vermietung des Objekts auf den Kauf- oder Mietpreis respektive die Provision angerechnet werden.


Das vorliegende Urteil

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-10 O 359/22 – Urteil vom 30.10.2023

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Frankfurt am Main – 10- Zivilkammer – auf die mündliche Verhandlung vom 11.10.2023 am 30.10.2023 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt. an die Kläger 10.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2022 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt. die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.842,12 Euro freizustellen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Reservierungsgebühr im Zusammenhang mit der Vermittlung einer Immobilie.

Der Beklagte betreibt ein Maklerbüro für Immobilien. Mit den Klägern, die als Verbraucher Interesse an einer durch das Maklerbüro ausgeschriebenen Immobilie in ### hatte, kam ein Maklervertrag zustande. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (Bl. 9 d.A.) Bezug genommen.

Eine Mitarbeiterin des Beklagten, die Zeugin ### führte am 01.09.2022 mit den Klägern eine Besichtigung des Objekts durch. Die Kläger gaben bei der Besichtigung kund, dass sie bereit wären, 400.000.00 Euro für die Immobilie zu zahlen.

Einige Tage später, am 05.09.2022, teilte die Zeugin ### dem Kläger im Rahmen eines Telefonats mit, dass die Kläger die Immobilie zu diesem Preis kaufen könnten. Bei dem Telefonat, dessen Einzelheiten streitig sind, wurde besprochen, dass die Kläger im Zusammenhang mit dem geplanten Immobilienkauf eine Reservierungsvereinbarung unterzeichnen würden.

Die Zeugin ### bereitete daraufhin die Reservierungsvereinbarung (Anlage K 2 Bl. 10 d.A,} vor und schickte sie den Klägern zu. Diese unterzeichneten die Reservierungsvereinbarung unter dem 06.09.2022. In dem mit „Reservierungsvereinbarung“ überschriebenen Vertragsdokument heißt es u.a.:

„Zwischen den Parteien ### wird die nachstehende individuelle Vereinbarung getroffen:

1. Der Käufer beabsichtigt, die Immobilie ### zu erwerben.

(…)

4. Der Kaufpreis der Liegenschaft ist mit 400.000,00 Euro vereinbart worden.

5. Für die Vermittlungs- und Abwicklungsarbeiten erhält das Maklerbüro eine Provision vorn Käufer in Höhe von 6 % zzgl. Gesetzl. MwSt.

(…)

6. Für diese Reservierungsvereinbarung leistet der Käufer eine Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000,00 Euro. Die Reservierungsgebühr wird bei erfolgreichem Abschluss des Kaufvertrags mit der Provision verrechnet.

7. Die Reservierung ist bis zum 06.10.2022 befristet. Sollte bis zu diesem Termin kein Kaufvertrag zustande gekommen sein, so wird diese Reservierungsvereinbarung hinfällig.

8. Der Käufer verpflichtet sich, sollte ein Kaufvertrag durch sein Verschulden nicht zustande kommen, 50 % der Reservierungsgebühr dem Maklerbüro als pauschalen Aufwandsersatz für dessen entstandenen Aufwendungen erstellen.“ (sic).

Unter dem 07.09.2022 unterzeichneten die Parteien eine Honorarvereinbarung über den Maklerlohn in Höhe von 28.560 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B 5 (Bl. 58 d.A.) Bezug genommen.

Der notarielle Kaufvertrag über die streitgegenständliche Immobilie wurde am 04.10.2022 abgeschlossen.

Mit Schreiben vom 02.11.2022 (Anlage K3) erklärten die Kläger gegenüber dem Beklagten den Widerruf des Maklervertrags.

Die Kläger behaupten, dass es die Zeugin ### gewesen sei, die den Kläger am 05.09.2022 angerufen und mitgeteilt habe, dass er noch eine Reservierungsvereinbarung unterzeichnen müsse, damit er als Interessent der Immobilie „gesichert“ sei. Sie habe ihn am 07.09.2022 auch nochmals kontaktiert und gefragt, wo die Reservierungsvereinbarung bliebe. Ferner handele es sich bei der Reservierungsvereinbarung um AGB, die gegen § 307 Abs. 1 BGB verstießen. Die Kläger sind der Auffassung. dass die Reservierungsvereinbarung ohnehin formunwirksam sei, da sie der notariellen Beurkundung bedurft hätte, Darüber hinaus hätten sie den Vertrag auch wirksam widerrufen.

Die Kläger beantragen:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 10.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten Ober dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2022 zu zahlen.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.842,12 Euro freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, dass die Reservierungsvereinbarung auf den Druck der Zeugin ### hin zustande gekommen sei. Vielmehr habe der Kläger Druck ausgeübt. Er habe von sich aus angerufen und mitgeteilt, dass er garne 10,000 Euro zahlen würde, um sich die Immobilie zu sichern. Die Zeugin ### habe erwidert, dass dies nicht nötig sei, doch der Kläger habe weiterhin darauf bestanden. Die Reservierungsvereinbarung sei eine individuelle Vereinbarung zwischen den Parteien und keine AGB gewesen. Der Widerruf der Kläger sei nicht wirksam; die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Kläger seien unabhängig von der Reservierungsvereinbarung auch schon aufgrund der Honorarvereinbarung zur Zahlung verpflichtet gewesen.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 25.07.27023 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen ### und ###.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr in Höhe von 10.000 Euro gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Kläger haben die Reservierungsgebühr ohne Rechtsgrund an den Beklagten geleistet, da die Ziffern 7 und 9 der Reservierungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sind.

Die Klauseln der Reservierungsvereinbarung unterliegen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB. Bei den Klauseln der Reservierungsvereinbarung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gem. § 305 Abs. 1 BGB, die der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB unterliegen. AGB sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Vertragsschluss stellt.

Die Klauseln der Reservierungsvereinbarung waren vorformuliert. Dies ergibt sich aus der glaubhaften Aussage der Zeugin ###. Diese bekundete, dass Sie schon häufiger vergleichbare Reservierungsvereinbarungen mit Kunden abgeschlossen habe. Die in der streitgegenständlichen Reservierungsvereinbarung enthaltenen Klauseln seien zu einem Teil als Blocksatz auf ihrem PC gespeichert gewesen. Zum anderen Teil habe sie die Klauseln aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Kopf gehabt. „Vorformuliert“ sind Vertragsbedingungen auch dann, wenn sie nicht schriftlich niedergelegt, sondern zum Zweck künftiger Verwendung „im Kopf“ des AGB-Verwenders oder seiner Abschlussgehilfen oder als Textbausteine eines Computer-Programms oder sonstigen Datenträgers gespeichert sind (MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022. BGB S 305 Rn. 13).

Bei den Klauseln Ziffer 7 und 9 handelte es sich – jedenfalls „dem Grunde nach“ – nicht um Individualvereinbarungen.

Ein individuelles Aushandeln ergibt sich nicht schon aus dem einleitenden Passus in der Reservierungsvereinbarung, wonach es sich um eine individuelle Vereinbarung handele. Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Individualvereinbarung und AGB sind die tatsächlichen Umstände, unter denen der Vertrag zustande kam.

Vorliegend stand das „Ob“ der Reservierungsgebühr für die Kläger nicht zur Disposition. Die Immobilie wäre ohne Zahlung einer Reservierungsgebühr nicht für die Kläger reserviert worden, wie sich aus der glaubhaften Aussage der Zeugin ### ergibt. Diese hat zwar zu Beginn ihrer Vernehmung angegeben. dass der Kläger die 10.000,00 Euro „freiwillig“ habe anzahlen wollen. Später hat sie jedoch klargestellt, dass sich dies nur auf die Höhe der Reservierungsgebühr bezogen habe. Natürlich habe sie den Klägern gesagt, dass sie mit der Kaufvertragsabwicklung erst anfangen könne, wenn sie „alles habe“. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, inwieweit die konkrete Höhe der Reservierungsvereinbarung individuell ausgehandelt war, kommt es vorliegend nicht an (s.u.).

Die Inhaltskontrolle ist nicht gem. § 307 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Die vertraglichen Hauptleistungen waren vorliegend die Vermittlung der Immobilie und der Maklerlohn. Die Reservierungsvereinbarung stellt im Verhältnis dazu eine bloße Nebenabrede zum Maklervertrag dar, die der Inhaltskontrolle unterliegt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Reservierungsvereinbarung nicht „räumlich“ in den Maklervertrag aufgenommen, sondern in Form eines eigenständigen Vertragsdokuments abgeschlossen wurde (BGH, Urt. v. 20.04.2023 – I ZR 113/22, GRUR 2023, 908, Rn. 16 f., zu einer vergleichbaren Konstellation).

Die Verpflichtung der Kläger zur Zahlung dar Reservierungsgebühr benachteiligte diese unangemessen gem. § 307 Abs. l Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB ist dann anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 23.09.2010 – III ZR 21/10, NJW 2010, 356). Die vorliegende Reservierungsvereinbarung berücksichtigt das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung nicht ausreichend, da 50 Prozent der Gebühr erfolgsunabhängig beim Beklagten verbleiben sollten. Sie stellt einen Versuch des Beklagten dar, sich für den Fall des Scheiterns der Vermittlungsbemühungen gleichwohl eine Vergütung zu sichern, ohne dass gewährleistet ist, dass sich für die Kunden aus dieser entgeltpflichtigen Reservierungsvereinbarung nennenswerte Vorteile ergeben oder seitens des Beklagten eine geldwerte Gegenleistung erbracht wird.

Zwar ist das Versprechen des Beklagten, die Immobilie nicht mehr anderweitig anzubieten, für die Kunden von einem gewissen Interesse. Allerdings lässt dieses Versprechen das Recht der Verkäufer unberührt, ihre Verkaufsabsichten aufzugeben oder das Objekt ohne Einschaltung des Beklagten an Dritte zu veräußern. Die Kunden haben damit einen nicht unerheblichen Betrag bezahlt, ohne im Gegenzug die Gewähr zu haben, das fragliche Objekt auch erwerben zu können. Der Nutzen der Vereinbarung für die Kunden ist mithin sehr eingeschränkt. Dieser allenfalls geringe Vorteil wird aus Sicht des Kunden weiter dadurch gemindert, dass die Zahlung eines derartigen Entgelts regelmäßig geeignet ist, Einfluss auf seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit im Sinn der Förderung des Kaufentschlusses zu nehmen, um nicht die bereits erfolgte Zahlung verfallen zu lassen, sondern im Weg der Verrechnung mit dem Kaufpreis verwerten zu können. Demgegenüber erbringt der Beklagte durch die zugesagte Reservierung keine relevante Gegenleistung in Form eines Verzichts. Hiervon könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn die Zeitdauer der Reservierung so lang wäre, dass die Gefahr, die Immobilie nicht mehr anderweitig zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußern zu können, nennenswert erhöht wäre. Davon kann angesichts der im Streitfall zunächst nur für einen Monat vereinbarten Reservierung keine Rede sein. Hinzu kommt, dass die Reservierungsgebühr nach der abgeschlossenen Vereinbarung auch dann nicht zurückgefordert werden kann, wenn der Kaufinteressent so kurz nach Unterzeichnung der Vereinbarung seine Kaufabsicht aufgibt, dass es faktisch ausgeschlossen ist, in der Zwischenzeit einen anderen (aufgrund der Reservierungsvereinbarung zurückzuweisenden) Kaufinteressenten zu finden (vgl. BGH. Urt. v. 20.4.2023- I ZR 113/22. NZM 2023, 602, Rn. 23 ff.; Hamm, Maklerrecht, Aufl. 2023, XVI. an, 969}.

Da die Reservierungsgebühr vorliegend schon „dem Grunde nach“, d.h. unabhängig von ihrer Höhe, der Inhaltskontrolle nicht standhält, bedurfte die vorliegend streitige Frage, welche Partei die Höhe bestimmt hat bzw. ob die Höhe individuell ausgehandelt wurde, vorliegend keiner Klärung. Enthält bei Lückentexten bereits der Formulartext die zu beanstandende Regelung, wird durch unselbständige Ergänzungen, die nur den Vertragsgegenstand im Einzelfall konkretisieren, der Charakter einer Klausel als AGB nicht in Frage gestellt (BGH, Urteil vom 03.12.1991 – XI ZR 77/91, NJW 1992, 503, 504).

Ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen der gezahlten 10.000 Euro ergibt sich auch nicht aus dem Maklervertrag selbst. Der Maklerlohn war nämlich analog § 654 BGB aufgrund der Reservierungsvereinbarung verwirkt. Zwar ist vorliegend keine Doppeltätigkeit gegeben. Die Rechtsprechung geht jedoch analog § 654 BGB von einer Verwirkung des Lohns aus, wenn eine vorformulierte Reservierungsankaufsvereinbarung die Rechtslage verzerrt, den Kaufpreis als nicht mehr verhandelbar darstellt und den Eindruck erweckt, der Käufer binde sich rechtlich und sei zu nicht unerheblichen Zahlungen, z. B. zur Zahlung von erfolgsunabhängigem Maklerlohn verpflichtet. Die Grundsätze gelten auch für den Fall, dass sich der Makler erfolgsunabhängig nicht das ganze Maklerhonorar versprechen lässt, sondern nur einen Teil des eigentlichen Maklerhonorars. Für die Verwirkung genügt, dass beim Kunden der irrige Eindruck entsteht, ihm stehe die Entschließungsfreiheit die ihm der Gesetzgeber bis zum formgerechten Abschluss des Kaufvertrages zubilligt, nicht mehr zu (OLG Düsseldorf Urt. v. 5.10.2018 – 7 U 194/17, BeckRS 2018, 41439).

Aufgrund dieser Grundsätze ist vorliegend Verwirkung anzunehmen. Die Formulierung in Ziffer 4 der Reservierungsvereinbarung, wonach der Kaufpreis in Höhe von 400.000,00 Euro „vereinbart worden“ sei, suggeriert eine Rechtsverbindlichkeit, die zu diesem Zeitpunkt mangels notarieller Beurkundung noch nicht bestand. Aufgrund von Ziffer 9 der Reservierungsvereinbarung hätte der geklagte bei Abstandnahme der Käufer vom Kaufvertrag die Hälfte der Reservierungsgebühr, mithin 5.000,00 Euro, einbehalten. Dies entspricht vorliegend etwa 17,5 Prozent des hier vereinbarten Maklerlohns (Anlage B 5: 28.560,00 Euro). Nach der Rechtsprechung wurde Verwirkung bereits bei einer erfolgsunabhängigen Vergütung in Höhe von 9 Prozent des Maklerlohns angenommen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.10 2018 – 7 U 194/17, BeckRS 2018, 41439). Aufgrund dieser Klauseln wurde auf die Kunden unzulässiger wirtschaftlicher und scheinbar rechtlicher Druck in erheblichem Ausmaß ausgeübt. Es entstand der Eindruck, dass die auf die Reservierungsgebühr gezahlten 10.000,00 Euro jedenfalls zur Hälfte ohnehin verloren wären.

Auf die Frage, inwieweit der Maklervertrag einschließlich der Reservierungsvereinbarung wirksam widerrufen wurde, kommt es vorliegend nicht mehr an.

Der Ausspruch zu den Zinsen beruht auf §§ 288, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Mit dem Schreiben vom 09,10.2022 hat der Beklagte durch seinen Bevollmächtigten die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, sodass Verzug eingetreten ist.

Der Anspruch auf Freistellung der Kläger von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beruht auf §§ 280 Abs. l, 2, 286 BGB i.V.m. §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300, 1008 VV RVG. 0er Vertreter der Kläger wurde nach Verzugseintritt tätig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.

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