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Nichteheliche Lebensgemeinschaft – Herausgabe eines Hundes nach Trennung

Herausgabeanspruch eines Hundes abgewiesen

Ein Gericht hat entschieden, dass eine Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe eines Hundes hat. In dem Fall ging es um die Frage, ob die Klägerin Eigentümerin des Hundes ist und ob der Beklagte den Hund herausgeben muss.

Kein vertraglicher Herausgabeanspruch

Das Gericht stellte fest, dass keine vertraglichen Herausgabeansprüche im Zusammenhang mit einer Vereinbarung aus September 2021 bestehen. Unabhängig davon, ob die Vereinbarung als Schenkungs-, Verwahrungs- oder Leihvertrag eingestuft wird, ergibt sich daraus kein noch bestehender Herausgabeanspruch.

Kein Eigentum der Klägerin

Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie Eigentümerin des Hundes ist. Sie legte nicht dar, dass sie bei der Anschaffung des Hundes (Mit-)Eigentümerin geworden wäre, und konnte auch keinen späteren Erwerbsvorgang von dem Beklagten schlüssig darlegen.

Kein Anspruch aus Besitzentziehung

Das Gericht entschied zudem, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Herausgabe des Hundes aus Besitzentziehung gemäß § 861 Abs. 1 BGB hat. Sie konnte nicht nachweisen, dass der Beklagte den Hund aktuell besitzt. Der Beklagte trug vor, dass er den Hund Ende November 2021 an einen Zeugen verkauft habe.

Weitere Ansprüche ebenfalls nicht gegeben

Auch ein Anspruch aus § 1007 Abs. 1, Abs. 2, § 823 Abs. 1 oder § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 GKG und § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Urteil im Volltext

AG Siegburg – Az.: 115 C 182/21 – Urteil vom 20.04.2022

Das Versäumnisurteil vom 21.12.2021 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin, mit Ausnahme der durch die Säumnis des Beklagten entstandenen Kosten. Diese werden nicht erhoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Auf den zulässigen Einspruch des Beklagten war das Versäumnisurteil gemäß § 343 Satz 2 ZPO aufzuheben, denn die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Nichteheliche Lebensgemeinschaft - Herausgabe eines Hundes nach Trennung
(Symbolfoto: Prostock-studio/Shutterstock.com)

Der Klägerin steht der geltend gemachte Herausgabeanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

1. Vertragliche Herausgabeansprüche im Zusammenhang mit der Vereinbarung aus September 2021 bestehen nicht. Unabhängig davon, ob die Vereinbarung rechtlich als Schenkungs-, Verwahrungs- oder Leihvertrag zu qualifizieren ist, ergibt sich hieraus kein noch bestehender Herausgabeanspruch.

Wäre die Vereinbarung – wie die Klägerin meint – als Schenkungsvertrag zu qualifizieren, so wäre die daraus geschuldete Herausgabe an die Klägerin bereits durch die ursprüngliche Überlassung des Hundes erfolgt; ein fortgesetzter Herausgabeanspruch folgt aus einem solchen Vertrag nicht.

Wäre die Vereinbarung als Verwahrung oder Leihe zu qualifizieren, so wäre diese durch Kündigung beendet. Der Beklagte hätte in diesem Fall mit Schreiben vom 12.10.2021 konkludent von seinem gemäß § 604 Abs. 3 BGB bzw. § 695 Satz 1 BGB bestehenden Rückforderungsrecht Gebrauch gemacht. Anhaltspunkte dafür, dass dieses nach dem Willen der Parteien ausgeschlossen wäre, sind nicht ersichtlich.

2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin des Hundes.

a) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sie im Zuge der Anschaffung des Hundes (Mit-)Eigentümerin geworden wäre.

Es ist mangels anderweitiger Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der damalige Veräußerer den Hund in Erfüllung des geschlossenen Verpflichtungsgeschäfts an die jeweilige Vertragspartei übereignen wollte. Dies war allein der Beklagte, der – insoweit unstreitig – allein den Kaufvertrag unterzeichnet hat. Dieser hat im Rahmen seiner persönlich Anhörung schlüssig und substantiiert vorgetragen, er sei der alleinige Käufer gewesen. Er habe allein sein Privatvermögen für den Kauf eingesetzt, nämlich den Erlös aus dem Verkauf eines Gewehrs. Demgegenüber konnte die Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung nur unzureichende Angaben über den Erwerb des Hundes machen. Sie konnte nicht angeben, wer der Veräußerer war und wer den Kaufpreis gezahlt hat. Sie wisse auch nicht, ob sie sich überhaupt an dem Erwerb finanziell beteiligt habe.

b) Die Klägerin hat auch einen späteren Erwerbsvorgang von dem Beklagten nicht schlüssig dargelegt, und zwar weder ein Schenkungsversprechen noch Zeit, Ort und Umstände eines etwaigen Übereignungstatbestandes in Erfüllung dieses Versprechens.

Die Vereinbarung aus September 2021 beinhaltet ihrem Wortlaut und Sinn und Zweck nach ein solches Schenkungsversprechen nicht. Mit ihr wird lediglich die Gebrauchsüberlassung – in der Art einer „Umgangs- und Sorgeregelung“ für den Hund -, nicht aber ein Eigentumsübergang geregelt.

Der Vortrag, der Beklagte habe ihr den Hund im Rahmen der Trennung geschenkt, ist nach Zeit, Ort und Umständen in jeder Hinsicht unzureichend. Es ist schon nicht ersichtlich geworden, ob sie damit noch andere Umstände als die Vereinbarung aus September 2021 meint, und ob eine solche Schenkung aus einem vorherigen Alleineigentum des Beklagten oder lediglich aus einem Miteigentum herrührt. Auch hat sie keine Tatsachen vorgetragen, die einen Erwerbsvorgang nach §§ 929 ff. BGB schlüssig begründen würden.

Die vorgelegten „schriftlichen Zeugenaussagen“ (Anlagen A3-A4, Bl. 69 ff. d.A.) stellen kein prozessordnungsgemäßes Beweismittel dar. Dem angebotenen Zeugenbeweis war nicht nachzugehen. Angesichts des unzureichenden Sachvortrages der Klägerin würde eine Vernehmung der Zeugen einen unzulässigen Ausforschungsbeweis darstellen, zumal bereits aus den vorgelegten „Aussagen“ ersichtlich ist, dass die angebotenen Zeugen zu einem etwaigen Schenkungs- und/oder Erwerbsvorgang aus eigener Anschauung keine Angaben machen können.

c) Für die Klägerin streitet auch nicht die Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1-3 BGB.

Hierdurch wird vermutet, dass die in Abs. 1 bis 3 genannten Besitzer bei Erwerb dieses Besitzes Eigenbesitz begründeten, dabei unbedingtes Eigentum erwarben und es während der Besitzzeit behielten (Herrler in: Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 1006 Rn. 4 m.w.N.).

Die Klägerin hat weder einen gegenwärtigen noch einen früheren Eigenbesitz im Sinne des § 1006 Abs. 1-2 BGB dargelegt. Nach den Ausführungen unter 2. a) und b) zum fehlenden Eigentumserwerb hat sie bei dem Besitzerwerb nach der eigenen, ursprünglichen Willensrichtung lediglich Fremdbesitz für den Beklagten begründet. Sie ist auch nicht höchststufige mittelbare Eigenbesitzerin im Sinne des § 1006 Abs. 3 BGB (gewesen); vielmehr war der Beklagte spätestens kraft der Vereinbarung aus September 2021 der höchststufige mittelbare Besitzer im Sinne des § 868 BGB, denn die Klägerin besaß den Hund lediglich – ohne dass es auf die genaue rechtliche Einordnung der Vereinbarung ankäme – als Entleiher, Verwahrer oder in einem damit vergleichbaren Verhältnis.

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB.

Es kann dahin stehen, ob der Beklagte der Klägerin ihren Besitz durch verbotene Eigenmacht gemäß § 858 Abs. 1 BGB entzogen hat bzw. eine solche Besitzentziehung durch seine Schwester gemäß § 858 Abs. 2 Satz 2 BGB gegen sich gelten lassen muss.

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Jedenfalls hat die Klägerin einen gegenwärtigen Besitz des Beklagten nicht dargelegt und bewiesen. Die Klägerin trifft dabei die Darlegungs- und Beweislast, deren Anforderungen im Wesentlichen denen bei dem Anspruch aus § 985 BGB folgen (vgl. nur Herrler in: Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 861 Rn. 12 m.w.N.).

Der Beklagte hat schlüssig und unter Beweisantritt vorgetragen, er habe Ende November 2021 – mithin noch vor Rechtshängigkeit der Klage – den Hund an den von ihm benannten Zeugen L veräußert. Dieser Vortrag ist – auch unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast des Beklagten gemäß § 138 Abs. 2-3 ZPO – ausreichend. Der Beklagte darf lediglich den gegenwärtigen Besitz nicht pauschal bestreiten, sondern muss in erheblicher Weise behaupten, den Besitz bei einer zwischenzeitlichen Weiterveräußerung der herausverlangten Gegenstände verloren zu haben, wenn er nach Lage der Dinge nähere Kenntnisse von den Umständen des (behaupteten) Besitzverlustes hat (Thole in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2019, § 985 Rn. 125 f. m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Beklagten gerecht. Der Beklagte hat substantiiert zu den näheren Umständen vorgetragen, die der Veräußerung vorausgingen, sowie zum Abschluss eines Kaufvertrages, zur Zahlung des Kaufpreises und zur Übereignung des Hundes durch Übergabe an den Käufer. Weitere Angaben, auch die Vorlage des Kaufvertrages, musste der Beklagte nicht tätigen (vgl. etwa die – geringeren – Anforderungen in BGH, Urteil vom 12.05.1982 – VIII ZR 132/81 – juris Rn. 19).

Die Klägerin hat diese Behauptungen nicht widerlegt. Der Klägerin obliegt weiterhin der Vollbeweis eines fortdauernden Besitzes des Beklagten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.02.1993 – 11 U 43/92 – juris Rn. 4 f.); einen Beweis hat die Klägerin indes nicht angetreten, sondern lediglich – unzureichend – den von dem Beklagten behaupteten Erwerbsvorgang mit Nichtwissen bestritten.

4. Aus denselben Gründen besteht auch ein Anspruch aus § 1007 Abs. 1, Abs. 2, § 823 Abs. 1 oder § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht.

II.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der Kosten der Säumnis auf § 21 GKG und im Übrigen auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Kosten der Säumnis konnten nicht gemäß § 344 ZPO dem Beklagten auferlegt werden, denn das Versäumnisurteil ist nicht in gesetzlicher Weise ergangen; es fehlte der gemäß § 331 Abs. 3 ZPO erforderliche Antrag.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.000 EUR


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind in diesem Urteil relevant:

  • Vertragsrecht: Das Urteil bezieht sich auf verschiedene Vertragstypen wie Schenkungs-, Verwahrungs- und Leihvertrag, die für die Beurteilung der Klage entscheidend sind. Die Klägerin argumentiert, dass sie aufgrund einer Vereinbarung aus September 2021 einen Herausgabeanspruch für den Hund hat, der jedoch vom Gericht verneint wird. Hier spielen die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine zentrale Rolle, insbesondere die Vorschriften zu Verträgen, wie § 604 Abs. 3 BGB (Leihe) und § 695 Satz 1 BGB (Verwahrung).
  • Sachenrecht: Der zweite wichtige Rechtsbereich in diesem Urteil ist das Sachenrecht, das sich mit Eigentumsfragen und Besitzverhältnissen befasst. Das Gericht prüft, ob die Klägerin Eigentümerin des Hundes ist und ob sie einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hat. Auch die Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB wird erörtert. Schließlich wird die Frage behandelt, ob die Klägerin einen Herausgabeanspruch aus § 861 Abs. 1 BGB wegen verbotener Eigenmacht hat.
  • Zivilprozessrecht: Das Zivilprozessrecht ist in diesem Urteil ebenfalls relevant, da es die prozessualen Voraussetzungen und Anforderungen für die Klage und deren Beurteilung durch das Gericht regelt. Die Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) kommen zur Anwendung, beispielsweise die Vorschriften zur Säumnis (§ 21 GKG, § 331 Abs. 3 ZPO) oder zur Aufhebung des Versäumnisurteils (§ 343 Satz 2 ZPO). Die Entscheidungen über Kosten (§ 91 Abs. 1 ZPO) und vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 708 Nr. 11, 711 ZPO) runden die zivilprozessualen Aspekte des Urteils ab.

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