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Nichteheliche Lebensgemeinschaft – verzögerte Fahrzeugherausgabe – Küchenherausgabe

LG Potsdam – Az.: 6 O 252/17 – Urteil vom 16.02.2018

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.400,00 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. März 2017, sowie weitere 650,34 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. August 2017.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 6.400,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin, dem Beklagten einst in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verbunden, begehrt Schadensersatz wegen der verzögerten Herausgabe eines Autos und einer Küche nach Beendigung dieser Gemeinschaft.

Die Klägerin zog in das Einfamilienhaus des Beklagten in Golzow. Im September 2013 erwarb sie einen Neuwagen Pkw Chevrolet Orlando 2.0 TD LTZ zu brutto 23.000 €, der auf sie zugelassen wurde. Der Beklagte ließ das Fahrzeug auf sich umschreiben. Im August 2015 löste der Beklagte die nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Klägerin verließ das Haus unter Zurücklassung der Original-Fahrzeugpapiere und eines Reserveschlüssels sowie der Küchenmöbel nebst Elektrogeräten. Mit Anwaltsschreiben vom 10. August 2015 forderte die Klägerin den Beklagten zur Herausgabe der Fahrzeugpapiere und des PKW-Schlüssels sowie von Möbeln auf, darunter ein Kühlschrank. Das Herausverlangen der Küchenmöbel behielt sie sich vor. Mit insoweit nicht angegriffenem Versäumnisurteil des Landgerichts Potsdam vom 2. August 2016 zum Az. 11 O 80/16 wurde der Beklagte zur Herausgabe der Küchenmöbel an die Klägerin verurteilt. Die Klägerin forderte den Beklagten mit am 24. August 2016 zugegangenen Schreiben zur Herausgabe auf. Der Beklagte bot am 23. September 2016 die Herausgabe der Küche bis spätestens 7. Oktober 2016 an. Mit Schreiben vom 27. September 2016 erklärte er, die Sachen könnten am 9. oder 10. Oktober 2016 abgeholt werden. Er baute die Küchenmöbel ab und lagerte sie außerhalb des Hauses. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 erklärte die Klägerin, der Beklagte habe die Küchenmöbel unfachmännisch demontiert. Dadurch sowie durch die Lagerung im Freien seien sie beschädigt. Die technischen Geräte habe er ebenso wenig bereitgestellt wie die Arbeitsplatte und die Unterschränke. Sie behalte sich Schadensersatzansprüche vor. Mit Urteil des Landgerichts Potsdam vom 7. Februar 2017 zum genannten Aktenzeichen wurde der Beklagte sodann zur Herausgabe unter anderem auch der Fahrzeugpapiere und des PKW-Schlüssels verurteilt, da das Fahrzeug im Alleineigentum der Klägerin stehe. Der Beklagte gab das die Papiere und den Schlüssel am 13. Februar 2017 heraus.

Mit Anwaltsschreiben vom 14. März 2017 forderte die Klägerin den Beklagten zur Leistung von Schadensersatz von 400 € für die Küche und von 6.000 € für die verzögerten Herausgabe des PKW auf, zu zahlen bis zum 23. März 2017.

Die Klägerin hat am 12. April 2017 Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides über die Klagesumme nebst vorgerichtlicher Anwaltskosten und Zinsen gestellt. Der an diesem Tag erlassene Bescheid ist dem Beklagten am 19. April 2017 zugestellt worden, der am 14. April 2017 Einspruch eingelegt hat. Nach Abgabe des Verfahrens am 25. Juli 2017 hat die Klägerin den Anspruch mit am 2. August 2017 eingegangenen Schriftsatz vom 1. August 2017 begründet, dem Beklagten zugestellt am 16. August 2017.

Die Klägerin behauptet, sie habe das Haus des Beklagten bei ihrem Einzug umfänglich mit Mobiliar ausgestattet, da dieser nach seiner vorangegangenen Scheidung über keinen nennenswerten Hausrat verfügt habe. Sie habe insbesondere ihre zuvor bei der Firma Roller erworbenen Küchenmöbel einschließlich eines Elektroherdes der Firma Siemens, die in ihrer Wohnung in Brandenburg aufgebaut gewesen seien, eingebracht. Der Beklagte habe sie selbst dort abgebaut und in das Einfamilienhaus verbracht. Im Jahre 2015 habe sie zudem eine E-Herdmulde des Herstellers Samsung zu 250 € gekauft und dort eingebaut.

Sie habe die Küche am 10. Oktober 2016 abholen wollen und dabei die im Schreiben vom 18. Oktober 2016 genannten Beschädigungen sowie das dort genannte Fehlen von Teilen der Küche feststellen müssen. Das habe auch der den Zeugen P begleitende Zeuge K gesehen. Der Zeuge P habe die vollständige und unbeschädigte Küche für 400 € erwerben wollen, habe davon aber nach Besichtigung der Möbel Abstand genommen.

Der PKW habe im Laufe des Rechtsstreits über die Eigentümerstellung bis zur Herausgabe der Papiere und des Schlüssels einen Wertverlust von 6.000 € erlitten. Zum Zeitpunkt der Halterumschreibung durch den Beklagten wie im Moment der Trennung habe er nach dessen eigenen Angaben noch einen Wert von 18.000 € gehabt. Nunmehr habe sie ihn nur noch zu 12.000 € veräußern können. Sie sei anerkannt gehbehindert und daher auf die Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen. Wegen der Vorenthaltung des PKW habe sie sich im August 2015 ein gebrauchtes Ersatzfahrzeug beschaffen müssen, das mit dem vorenthaltenen PKW nicht zu vergleichen sei. Hilfsweise stützen sie deswegen den Anspruch auch auf Nutzungsausfall.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.400,00 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. März 2017, sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 650,34 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Möbel hätten beim Auszug keinen Wert mehr gehabt. Sie seien bereits mehr als acht Jahre alt gewesen und hätten mehrere Umzüge erlebt. Er habe die Küche am Vortag des Abholtermins unter einem Unterstand abgestellt. Sie habe nicht Herausgabe der restlichen Möbel verlangt, sondern sich unzulässigerweise auf das Fordern von Schadensersatz beschränkt.

Ein Nutzungsausfall komme nicht in Betracht, nachdem ein Nutzungswillen der Klägerin nicht erkennbar sei. Sie habe ein Ersatzfahrzeug genutzt.

Entscheidungsgründe

I.

Die ohne weiteres zulässige Klage ist umfänglich begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Nutzungsersatz für die Vorenthaltung ihres Fahrzeuges bis zum 13. Februar 2017 in Höhe von jedenfalls 6.000 €. Der Anspruch gründet sich auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB.

Nach diesen Vorschriften kann der Gläubiger, wenn der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt, Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger dagegen nur verlangen, wenn er den Schuldner zuvor vergeblich gemahnt hat oder dies entbehrlich war.

Der Beklagte hat der Klägerin das Fahrzeug vorenthalten durch die verzögerte Herausgabe des Fahrzeugschlüssels und der zugehörigen Papiere, obgleich er hierzu jedenfalls aus § 985 BGB als Besitzer gegenüber der Eigentümerin verpflichtet war. Die erforderliche Mahnung kann ohne weiteres in dem Anwaltsschreiben vom 10. August 2015 gesehen werden.

Der der Klägerin entstandene Schaden besteht jedenfalls in dem Nutzungsausfall für die Zeit der Vorenthaltung. Denn wer unberechtigt die Herausgabe eines Fahrzeuges verweigert, das für die eigenverantwortliche Lebenshaltung des Gläubigers von zentraler Bedeutung ist, schuldet diesem als Verzugsschaden eine Nutzungsentschädigung (vgl. nur OLG Koblenz, NJW 2016, 2892; OLG Hamm, NJW-RR 1989, 55; BGH NJW 1983, 2139).

Die Höhe ist hier mit jedenfalls 6.000 € zu bemessen(§ 308 ZPO): Vorenthaltung ab September 2015 bis zum 13. Februar 2017 bedeutet eine Vorenthaltung an 530 Tagen. Der Klageantrag wäre daher schon bei einer Nutzungsentschädigung von nur 11,32 €/d begründet. Tatsächlich aber ist das Auto nach der Schwacke-Liste II/2015 ab 2015 in die Nutzwertgruppe G einzuordnen, mehr als fünf Jahre alte Modelle – was hier nicht vorliegt – immerhin in die Gruppe F (ebd. S. 97). Das entspricht einem Nutzungsausfall von 59 €/d bzw. 50 €/d (ebd. S. 6).

Unerheblich ist, dass die Klägerin – ihrem Vortrag nach – sich einen Ersatzwagen beschafft hat. Denn die Nutzungsausfallentschädigung steht zu dem Anspruch auf Ausgleich konkreter Vermögensnachteile, die dem Geschädigten durch Aufwendungen für die Erlangung einer ersatzweisen Nutzungsmöglichkeit (insb. Mietwagen– oder Taxikosten) entstehen, in einem Alternativverhältnis. In jedem Fall hat der Geschädigte die Wahl, ob er einen konkreten Nutzungsausfallschaden oder eine pauschalierte Entschädigung für den allgemeinen Verlust seiner Nutzungsmöglichkeit verlangt (BGH NJW 2013, 1149/1151).

2.

Der Beklagte schuldet der Klägerin darüber hinaus Ersatz für die nicht vollständige Herausgabe der Küche am 10. Oktober 2016. Der Anspruch ist ebenso zu stützen auf §§ 280 Abs. 1 und 2 sowie 286 BGB.

Die Pflichtverletzung besteht in der nicht rechtzeitigen und vollständigen Bereitstellung der Küche(nmöbel) am vereinbarten Ort zum vereinbarten Zeitpunkt. Er hat die Küche, zu deren Herausgabe der Beklagte schon aufgrund des Versäumnisurteils verpflichtet war, nicht vollständig herausgegeben. Hierbei kann dahinstehen, ob dies schon deshalb als unstreitig anzunehmen ist, weil der Beklagte der entsprechenden Behauptung der Klägerin nicht hinreichend substantiiert entgegen getreten ist. Jedenfalls aber hat dies die Beweisaufnahme vom heutigen Tage zur Überzeugung des Gerichts erwiesen. Die Zeugen P und K haben übereinstimmend und unter Vorlage von Fotos deutlich gemacht, dass die herausgestellten Küchenmöbel nur einen Teil der Küche darstellten, zu deren Herausgabe der Beklagte verpflichtet war. Wesentliche Teile wie die Arbeitsplatte, die Spüleinsätze und die Elektrogeräte, wie sie auf dem von ihnen als authentisch bestätigten Bild der montierten Küche zu erkennen sind, waren nicht vorhanden. Das zeigen wiederum die Bilder der demontierten Küche. Auf die ebenfalls behaupteten Beschädigungen der Küche kommt es angesichts dessen nicht maßgeblich an.

Eine Mahnung des Beklagten durch die Klägerin bedurfte es angesichts dessen nicht, dass der Zeitpunkt der Leistung nach dem Kalender bestimmt war (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB), und zwar durch den Beklagten selbst.

Den der Klägerin hierdurch entstandenen Schaden schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO in Übereinstimmung mit der Klägerin mit 400 €. Hierzu stützt es sich auch auf die Aussage des Zeugen P , der angab, er hätte 400 € für die vollständige Küche gezahlt, hiervon aber wegen der Unvollständigkeit abgesehen, und stattdessen eine vollständige gebrauchte Küche für 650 € gekauft. Angesichts dessen kann davon ausgegangen werden, dass eine Küche wie sie sich auf dem Bild der montierten Küche zeigt, durchaus für 400 € hätte verkauft werden können. Der Beklagte hat indes die restlichen Möbel und Elektrogeräte bis heute nicht an die Klägerin herausgegeben, wie diese unwidersprochen angegeben hat.

3.

Der Zinsausspruch beruht ebenso auf dem Gesichtspunkt des Verzuges wie die Verpflichtung des Beklagten, auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zur Rechtsverfolgung zu tragen.

Die Zinsverpflichtung beruht auf § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Rechtshängig ist die Sache erst mit der Zustellung der Anspruchsbegründung geworden; auf die Zustellung des Mahnbescheides nach § 696 Abs. 3 ZPO kann hier nicht abgestellt werden, da die Sache erst nach drei Monaten und damit nicht „alsbald“ abgegeben worden ist.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die Streitwertbemessung folgt § 43 Abs. 1 ZPO.

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