AG Rastatt, Az.: 3 M 7249/16, Beschluss vom 01.02.2017
I. Auf die Erinnerung des Gläubigers vom 05.02.2017 wird die Gerichtsvollzieherin … in der Vollstreckungssache 1 DR II – 1428/16 angewiesen, die Vollstreckungsaufträge des Gläubigers vom 24.08.2016 (UR-Nr. …, … und …) auch ohne Vorlage der Formulare gemäß § 1 Abs. 1 GVFV durchzuführen.
II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Gläubiger ist Notar. Mit Schreiben vom 24.08.2016 erteilte er beim Amtsgericht Rastatt einen Vollstreckungsauftrag bezüglich seiner Kostenrechnungen UR-Nr. …, … und …. Für den Vollstreckungsauftrag verwendete der Gläubiger kein Formular gemäß § 1 Abs. 1 GVFV. Die Gerichtsvollzieherin … lehnte mit Schreiben vom 14.09.2016 die Durchführung des Auftrages ab, da der Gläubiger das seit dem 01.04.2016 verbindlich zu nutzende Formular für den Vollstreckungsauftrag nicht benutzt hat. Mit Scheiben vom 11.11.2016 stellte die Gerichtsvollzieherin die Vollstreckung ein. Zur Begründung führte sie im Schreiben vom 17.11.2016 aus, dass es sich bei der Forderung des Gläubigers um keine öffentlich-rechtliche Forderung handele, da diese grundsätzlich nur der Öffentlichen Hand, also Gebietskörperschaften, Anstalten des öffentlichen Rechts (döR), Körperschaften döR oder Stiftungen döR zustehe und der Gläubiger diese Voraussetzungen nicht erfülle.
Mit Schreiben vom 05.12.2016 legte der Gläubiger gegen die Entscheidung der Gerichtsvollzieherin … seine Vollstreckungsaufträge zu seinen UR-Nrn. …, … und … nicht ohne Vorlage der Formulare gemäß der GVFV durchzuführen (Schreiben vom 14.09.2016, 11.11.2016 und 17.11.2016, Az.: 1 DR II – 1428/16) ein. Die Gerichtsvollzieherin half der Erinnerung nicht ab.
Der Gläubiger meint, als Notar falle er unter den Ausnahmetatbestand nach § 1 Abs. 2 S. 2 GVFV, da er eine öffentlich-rechtliche Forderung beitreibe, so dass er nicht dem Formularzwang unterliege. Dies ergäbe sich auch aus der Amtseigenschaft des Notars gemäß § 1 BNotG und der Regelungen in § 89 GNotKG sowie §§ 127 ff. GNotKG. Zudem werde die Kostenforderung des Notars in Rechtsprechung und Schrifttum als öffentlich-rechtliche Forderung angesehen. Es spreche nicht gegen den öffentlich-rechtlichen Charakter der Forderung, dass der Notar einen Kammerberuf ausübe und es sich beim Notar um keine „Behörde“ handele.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insbesondere auf die Schreiben des Gläubigers vom 22.09.2016 und 05.12.2016 sowie dem Schreiben der Gerichtsvollzieherin vom 17.11.2016 Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig und begründet.
Der Gläubiger ist als Notar von dem Formularzwang gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 GVFV befreit. Nach § 1 Abs. 2 S. 2 GVFV sind Vollstreckungsaufträge zur Beitreibung von öffentlich-rechtlichen Forderungen ausgenommen.
Die Voraussetzungen dieser Ausnahmevorschrift sind vorliegend erfüllt. Bei dem Kostenanspruch des Notars handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Forderung (BGH, Urteil vom 13.07.1989 – III ZR 64/88; KG Berlin, Beschluss vom 30. 11. 2012 – 9 W 47/12; OLG München, Beschluss vom 15.04.1991 – 8 W 647/91; Diehn, BNotO, § 17 Rn. 22; Bracker, BNotO, § 17 Rn. 21). Für die öffentlich-rechtliche Natur der Notarkostenforderung spricht zum einen der Umstand, dass der Gläubiger nach § 1 BNotO als hauptberuflicher Notar i. S. d. § 3 Abs. 1 BNotO Träger eines öffentlichen Amtes ist und eine öffentlich-rechtliche Amtstätigkeit ausübt (Korintenberg, GNotKG, § 4 Rn. 1; BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 – III ZR 64/88). Des Weiteren wird der öffentlich-rechtliche Charakter der dem Notar zustehenden Gebühren durch die gesetzlich festgelegten Gebührensätze und das Verbot der Gebührenvereinbarung sowie durch die Möglichkeit einer vereinfachten Titulierung gemäß §§ 89, 19 GNotKG hervorgehoben (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1989 – III ZR 64/88). Schließlich spricht auch der nach §§ 127 ff. GNotKG gesetzlich geregelte Rechtsbehelf gegen die Kostenberechnung des Notars für den öffentlich-rechtlichen Charakter der notariellen Kostenforderung, da ein entsprechender Rechtsbehelf für privatrechtliche Forderungen nicht gegeben ist. Für die Einordnung der Kostenforderung als öffentlich-rechtlich ist es auch unschädlich, dass der Notar einen Kammerberuf ausübt und es sich um keine „Behörde“ handelt.
Folglich ist der Gläubiger als Notar vom Formularzwang des § 1 Abs. 1 GVFV gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 GVFV ausgenommen, da er eine öffentlich-rechtliche Forderung beitreibt.