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Notwegerecht – Voraussetzungen § 917 Abs. 1 S. 1 BGB

Notwegerecht abgelehnt: Baugenehmigung für Mehrfamilienhaus rechtskräftig

Das Notwegerecht, verankert in § 917 Abs. 1 S. 1 BGB, stellt eine bedeutende Regelung im deutschen Zivilrecht dar. Es betrifft Situationen, in denen ein Grundstück keine angemessene Verbindung zu einem öffentlichen Weg hat und somit in seiner Nutzung erheblich eingeschränkt ist. Dieses Recht gewährt dem betroffenen Grundstückseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen einen Durchgangs- oder Leitungsanspruch über benachbarte Grundstücke. Die Anwendung des Notwegerechts wird besonders relevant, wenn durch Baumaßnahmen oder andere Veränderungen in der Grundstücksstruktur die Zugänglichkeit eines Grundstücks beeinträchtigt wird.

Hierbei entstehen oft komplexe rechtliche Fragen, die das Spannungsfeld zwischen dem Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers und dem Interesse des betroffenen Nachbarn betreffen. Gerichtsentscheidungen, wie die des VGH München, behandeln solche Konstellationen und bieten wichtige Einblicke in die Auslegung und Anwendung dieser rechtlichen Materie, insbesondere im Kontext von Baugenehmigungen und der Erschließung von Grundstücken.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 15 ZB 22.268   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Urteil des VGH München bekräftigt, dass ein Notwegerecht nicht besteht, wenn alternative Erschließungsmöglichkeiten für ein Baugrundstück gegeben sind.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Ablehnung der Berufungszulassung: Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung wurde vom VGH München abgelehnt.
  2. Kostenübernahme: Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen.
  3. Festsetzung des Streitwerts: Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wurde auf 10.000 Euro festgesetzt.
  4. Hintergrund des Falls: Die Klägerin wandte sich gegen eine vom Landratsamt erteilte Baugenehmigung für ein Mehrfamilienhaus, das an ihr Grundstück grenzt.
  5. Rechtliche Bewertung des Verwaltungsgerichts: Das Verwaltungsgericht sah keine Notwendigkeit eines Notwegerechts, da bereits ausreichende Erschließungsmöglichkeiten bestanden.
  6. Prüfung von Alternativen: Die bestehenden Alternativen zur Erschließung des Baugrundstücks wurden als ausreichend betrachtet, um ein Notwegerecht auszuschließen.
  7. Bewertung der Erschließung: Es wurde festgestellt, dass das Gebot ausreichender Erschließung des Baugrundstücks weder bauplanungsrechtlich noch bauordnungsrechtlich nachbarschützende Funktion hat.
  8. Rechtskraft des Urteils: Mit der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Auslöser des Rechtsstreits: Baugenehmigung und Befürchtungen der Klägerin

Im Kern des vorliegenden Falles steht eine Auseinandersetzung um das Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB, das durch die Erteilung einer Baugenehmigung durch das Landratsamt Deggendorf für ein Mehrfamilienhaus ausgelöst wurde. Die Klägerin, Eigentümerin angrenzender Grundstücke, erhob gegen diese Baugenehmigung Klage, da sie eine Beeinträchtigung ihrer Rechte befürchtete. Insbesondere ging es um das Notwegerecht, das entstehen könnte, wenn das neu zu errichtende Gebäude nicht ordnungsgemäß erschlossen wäre.

Kernproblem: Interpretation und Anwendung des Notwegerechts

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall liegt in der Interpretation und Anwendung des Notwegerechts. Das Notwegerecht entsteht, wenn einem Grundstück die notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt. Die Klägerin argumentierte, dass durch die Baugenehmigung und das daraus resultierende Bauvorhaben ihre Grundstücke in ihrer Erschließung beeinträchtigt würden, was möglicherweise zu einem Notwegerecht führen könnte.

Gerichtliche Bewertung: Ausreichende Erschließung vorhanden

In diesem Zusammenhang sind mehrere Aspekte relevant: Zum einen, ob das Baugrundstück selbst ausreichend erschlossen ist und zum anderen, ob die Erschließung des Baugrundstücks zu einer Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke führt. Die Klägerin befürchtete, dass das neue Bauvorhaben auf ihre Grundstücke angewiesen sein könnte, um eine ordnungsgemäße Erschließung zu gewährleisten.

Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage der Klägerin ab und begründete dies damit, dass auf den Grundstücken der Klägerin bereits ausreichende Geh- und Fahrtrechte bestünden. Darüber hinaus sei ein Notleitungsrecht für die Abwasserleitung nicht zu befürchten, da die bestehende Leitung bereits eine ordnungsgemäße Verbindung zum öffentlichen Kanal gewährleiste. Auch hinsichtlich der Wasserversorgung sah das Gericht keine Notlage, da alternative Trassenführungen möglich wären, die eine ordnungsgemäße Benutzung des Baugrundstücks ermöglichen.

Abschluss des Verfahrens: Urteil des VGH München und dessen Konsequenzen

Der VGH München lehnte den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ab. Er stellte fest, dass weder ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestehen, noch dass die Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung habe. Auch eine Divergenz, also eine Abweichung von der Rechtsprechung anderer Gerichte, wurde verneint.

Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht, dass das Notwegerecht nur dann in Betracht kommt, wenn tatsächlich eine Notlage hinsichtlich der Erschließung eines Grundstücks besteht. Dies war hier nicht der Fall, da das Baugrundstück über ausreichende Erschließungsalternativen verfügte und somit keine Notwendigkeit bestand, die Grundstücke der Klägerin in Anspruch zu nehmen.

Die Kostenentscheidung folgte aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Beigeladene erhielt ihre außergerichtlichen Kosten erstattet, da sie einen rechtlich relevanten Beitrag im Zulassungsverfahren geleistet hatte. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruhte auf entsprechenden gesetzlichen Grundlagen und wurde vom Verwaltungsgericht übernommen. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg rechtskräftig.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was genau versteht man unter dem Notwegerecht nach § 917 Abs. 1 S. 1 BGB?

Das Notwegerecht, geregelt in § 917 Abs. 1 S. 1 BGB, ist ein spezielles Wegerecht, das einem Grundstückseigentümer zusteht, wenn sein Grundstück keine direkte Verbindung zu einem öffentlichen Weg hat oder ein fehlender Geh- und Fahrweg die ordnungsgemäße Nutzung des Grundstücks verhindert. Dieses Recht tritt in Kraft, wenn keine anderen Zugangsmöglichkeiten bestehen und der Eigentümer daher in einer Notlage ist, die die ordnungsgemäße Nutzung seines Grundstücks behindert.

Die ordnungsgemäße Nutzung beinhaltet vor allem den Zugang zu einem Grundstück. Wenn der Zugang zu einem Grundstück weder direkt über eine öffentliche Straße noch indirekt über Dienstbarkeiten auf benachbarten Grundstücken gesichert ist, greift das Notwegerecht ein.

Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind zur Duldung verpflichtet und müssen durch eine Geldrente entschädigt werden. Die Höhe der Entschädigung ist an die Entstehung des Notwegerechts und dessen Einschränkungen geknüpft und wird in der Regel in Form einer jährlichen Rente im Voraus gezahlt.

Das Notwegerecht endet, wenn die Verbindung zu einem öffentlichen Weg hergestellt wird, beispielsweise durch einen Neubau. Wenn der Grundstückseigentümer die Notlage selbst herbeigeführt hat, beispielsweise durch eine Bebauung des bisherigen eigenen Weges oder eine Teilung in mehrere Grundstücke ohne ausreichende und gesicherte Zuwegung, muss der Nachbar den Notweg nicht dulden.

Eine schriftliche Fixierung einer einvernehmlichen Vereinbarung wird empfohlen, kann sich aber auch aus jahrelanger Toleranz ergeben. Eine notarielle Vereinbarung oder eine Grundbucheintragung sind nicht erforderlich, obwohl die Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch empfohlen wird.

Es ist zu erwähnen, dass das Notwegerecht nicht in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen wird und es keinen Herrschvermerk gibt. Im Streitfall werden Umfang und Richtung des Notwegs durch ein Gerichtsurteil festgelegt.

Die Unterhaltung des Weges wird von dem Berechtigten des Rechts getragen. Das Notwegerecht bleibt so lange bestehen, bis das notleidende Grundstück einen Zugang zu einer öffentlichen Straße erhält.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 15 ZB 22.268 – Beschluss vom 25.03.2022

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen eine der Beigeladenen vom Landratsamt D. erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses.

Die Beigeladene beantragte mit Unterlagen vom 4. September 2019 die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit sechs Wohneinheiten und Garagen auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung I.Das Baugrundstück grenzt im Norden an eine Privatstraße an, die sich u.a. auf den im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücken FlNr. …3 und … Gemarkung I.befindet und im Westen in den M.weg mündet. Nach Westen grenzt das Baugrundstück an das Grundstück FlNr. …1 Gemarkung I., das ebenfalls im Westen an das seinerseits an den M.weg angrenzende Grundstück FlNr. …2 Gemarkung I.angrenzt.

Auf den Grundstücken der Klägerin FlNr. … und …3 Gemarkung I.lastet u.a. ein Wasser- und Abwasserleitungsrecht zugunsten der Gemeinde I.Darüber hinaus lastet auf dem Grundstück FlNr. …2 Gemarkung I.u.a. ein Geh- und Fahrtrecht zugunsten der Grundstücke FlNrn. … und …1 sowie ein Versorgungsleitungsrecht zugunsten des Grundstücks FlNr. …1 jeweils Gemarkung I.Das Grundstück FlNr. …1 Gemarkung I.ist u.a. mit einem Geh- und Fahrtrecht sowie einem Versorgungsleitungsrecht zugunsten des Grundstücks FlNr. … Gemarkung I.belastet.

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Mit Bescheid vom 6. August 2020 erteilte das Landratsamt Deggendorf der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung. Hiergegen erhob die Klägerin Klage, die vom Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 26. Oktober 2021 abgewiesen wurde. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass die Entstehung eines Notwegerechts zu Lasten der Klägerin auszuschließen sei. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Es liegen weder die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch hat die Rechtssache die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Auch die geltend gemachte Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor.

1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Klägerin macht hier ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend, weil das Verwaltungsgericht eine Rechtsverschlechterung wegen Duldenmüssens eines Notleitungsrechts infolge fehlender Erschließung des Bauvorhabens mit Trinkwasser abgelehnt habe. Daraus ergeben sich solche Zweifel aber nicht.

Das Verwaltungsgericht hat zunächst ausgeführt, dass die Entstehung eines Notwegerechts zu Lasten der Klägerin bereits deshalb auszuschließen sei, da auf den Grundstücken FlNr. … und …1 Gemarkung I.ein ausreichendes Geh- und Fahrtrecht eingetragen sei und ein Notleitungsrecht hinsichtlich der Abwasserleitung nicht zu befürchten sei, da die bereits bestehende Abwasserleitung nach den von der Gemeinde vorgelegten Bestandsplänen vom Baugrundstück ohne Inanspruchnahme von Grundstücken privater Dritter zum gemeindlichen Kanal verlegt sei. Dem tritt das Zulassungsvorbringen nicht entgegen. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, dass auch hinsichtlich der Wasserversorgung kein Notleitungsrecht zu befürchten sei, da im Hinblick auf die dargestellte Trassenführung der Abwasserleitung auch hinsichtlich der Wasserversorgung eine andere Grundstücksverbindung besteht, durch die eine ordnungsgemäße Benutzung gewährleistet ist und auch eine Verlegung über andere Grundstücke, insbesondere die öffentliche Grünfläche auf FlNr. …5 Gemarkung I., ohne weiteres möglich wäre. Demgegenüber ist die Klägerin der Ansicht, für die Rechtsverschlechterung wegen fehlender Erschließung müsse die Möglichkeit der Inanspruchnahme ihres Grundstücks ausreichen und dürfe keine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung angestellt werden; die bloße Möglichkeit der Leitungsführung über das gemeindliche Grundstück FlNr. …5 Gemarkung I.genüge nicht, die Inanspruchnahme ihres Grundstücks über § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB auszuschließen.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Gebot ausreichender Erschließung des Baugrundstücks weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht nachbarschützende Funktion hat (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2021 – 9 ZB 18.2316 – juris Rn. 7; B.v. 6.12.2021 – 15 ZB 21.2360 – juris Rn. 15). Allenfalls in Fällen, in denen das genehmigte Bauvorhaben eine unmittelbar gegenständliche Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks zur Folge hat, kann ausnahmsweise über Art. 14 GG ein Genehmigungsabwehranspruch begründet sein, d.h. wenn die Umsetzung der Baugenehmigung die Begründung oder Ausweitung eines Notwegerechts nach § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB bewirkt (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.1998 – 4 B 45.98 – juris Rn. 10; BGH, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 – juris Rn. 27; BayVGH, U.v. 7.12.2010 – 14 B 09.2292 – juris Rn. 17; B.v. 3.1.2018 – 15 ZB 16.2309 – juris Rn. 14 m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

§ 917 Abs. 1 Satz 1 BGB knüpft das Notwegrecht an die Voraussetzung, dass einem Grundstück die Verbindung mit einem öffentlichen Weg – hier mit dem öffentlichen Wasserleitungsnetz – fehlt, die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendig ist (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1996 – 4 C 15/95 – juris Rn. 20). Abgesehen davon, dass das Zulassungsvorbringen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur möglichen Trinkwassererschließung in Anlehnung an die Trassenführung der Abwasserleitung nichts entgegensetzt, besteht eine solche Notlage des Baugrundstücks auch nicht, wenn andere Verbindungsmöglichkeiten bestehen, die ebenfalls eine ordnungsgemäße Grundstücksnutzung gewährleisten. Erschwernisse, z.B. eine umständlichere, weniger bequemere oder kostspieligere Verbindungsmöglichkeit, müssen hierbei regelmäßig hingenommen werden (BGH, U.v. 15.4.1964 – V ZR 134/62 – juris Rn. 11). Dass und weshalb dies hier anders sein sollte, lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen, so dass durch die erteilte Baugenehmigung gerade kein Automatismus in Richtung auf die Entstehung eines Notwegerechts ausgelöst wird (vgl. BVerwG, U.v. 4.6.1996 – 4 C 15.95 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – juris Rn. 69; U.v. 7.12.2010 – 14 B 09.2292 – juris Rn. 17). Unabhängig davon, dass weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass der Anschluss an die Wasserversorgung über das gemeindliche Grundstück FlNr. …5 Gemarkung I.keine geeignete – unter Inkaufnahme gewisser Erschwernisse – die Inanspruchnahme des klägerischen Grundstücks ausschließende Verbindungsmöglichkeit darstellt, ist – wiederum unabhängig davon – ein Notleitungsrecht auch deswegen ausgeschlossen, weil zugunsten der Gemeinde I.Grunddienstbarkeiten für Wasser- und Abwasserleitungen auf den unmittelbar nördlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücken der Klägerin FlNr. … und …3 Gemarkung I.lasten. Dass hierdurch keine ordnungsgemäße Erschließung des Baugrundstücks möglich ist und das Baugrundstück hierüber nicht über eine unmittelbare Verbindung zum öffentlichen Trinkwasserleitungsnetz der Gemeinde verfügt, ist weder dargelegt noch ersichtlich.

2. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 1.12.2020 – 15 ZB 20.1985 – juris Rn. 16; B.v. 9.11.2021 – 9 ZB 19.1586 – juris Rn. 15). Dem genügt die Frage, „ob ein Hinterliegergrundstück auch leitungsseitig als erschlossen anzusehen ist, wenn am Vorderliegergrundstück zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eine Grunddienstbarkeit in Form nur eines Geh- und Fahrtrechts eingetragen ist“, nicht. Die Frage ist bereits nicht entscheidungserheblich, weil – wie oben angeführt – nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts andere Verbindungsmöglichkeiten bestehen und zudem im Grundbuch Leitungsrechte zugunsten der Gemeinde eingetragen sind.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.

Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen, das den angeführten Entscheidungen (BVerwG, U.v. 26.3.1976 – IV C 7.74 und BayVGH, U.v. 17.11.1999 – 26 B 96.1267) schon keinen sich widersprechenden Rechtssatz des Verwaltungsgerichts gegenüberstellt, nicht gerecht. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass nur ausnahmsweise eine Rechtsverletzung des Nachbarn wegen fehlender Erschließung bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommt und hat dies in den Urteilsgründen verneint. Eine lediglich fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall oder eine Ergebnisdivergenz vermögen eine Divergenzrüge aber nicht zu begründen (vgl. BVerwG, B.v. 9.3.2021 – 2 B 6.21 – juris Rn. 7; B.v. 6.4.2016 – 1 B 22.16 – juris Rn. 7).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Zulassungsverfahren einen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten erstattet erhält (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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