Streit nach Verkehrsunfall: Kläger fordert weitere Entschädigung von Beklagten
Im Fall eines Verkehrsunfalls streiten sich die Parteien zweitinstanzlich um den Umfang der Ersatzpflicht der Beklagten. Der Kläger hatte in erster Instanz eine Auslagenpauschale sowie die Kosten für das Sachverständigengutachten und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gefordert. Die Beklagte hatte den Schaden jedoch nur teilweise beglichen. Der Kläger erweiterte daraufhin seine Klage und forderte den noch offenen Betrag der Reparaturkosten sowie Vorhaltekosten und weitergehende Anwaltskosten. Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Kläger nur teilweise Anspruch auf Entschädigung hat. Vorhaltekosten könne er nicht verlangen, da er ein weiteres Fahrzeug besitze, dessen Einsatz möglich und zumutbar sei. Das Landgericht hat die Hauptforderung in Höhe von 17.833,21 Euro zugesprochen und die Berufung des Klägers abgewiesen. Der Kläger fordert jedoch weiterhin eine höhere Entschädigung und geht nun in Berufung. Es bleibt abzuwarten, wie das Gericht in diesem Fall entscheiden wird. […]
OLG Frankfurt – Az.: 11 U 7/21 – Urteil vom 21.07.2022
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das am 18.12.2020 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (AZ. 2-15 O 27/20) teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger EUR 18.003,15 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.7.2020 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. restlichen EUR 286,20 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.7.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 10% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 90% zu tragen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 90% und die Beklagten gesamtschuldnerisch 10% zu tragen.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten zweitinstanzlich über den Umfang der Ersatzpflicht der Beklagten nach einem Verkehrsunfall.
Das Fahrzeug des Klägers, ein Porsche Typ1, wurde durch einen Unfall durch ein Fahrzeug, das dem Beklagten zu 1) gehört und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, beschädigt. Unstreitig haften die Beklagten für den entstandenen Schaden in vollem Umfang.
Erstinstanzlich hatte der Kläger zunächst mit seiner Klage einen von ihm auf die Reparaturkosten gezahlten Abschlag (EUR 22.712,45) sowie eine Auslagenpauschale von EUR 25 (d.h. insgesamt EUR 22.737,45) nebst Zinsen seit dem 23.4.2020 (Klagantrag 1.) verlangt. Daneben hatte er Zahlung der Kosten für das eingeholte Sachverständigengutachten i.H.v EUR 2.509,12 gefordert (Klageantrag 2.), die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden begehrt (Klageantrag 3.) und den Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gefordert, die er i.H.v EUR 1.590,91 geltend gemacht hatte.
Am 16.6.2020 leistete die Beklagte zu 2) EUR 27.007,42 (Bl. 122 d.A.) an den Kläger und zwar in voller Höhe auf den geleisteten Abschlag auf die Reparaturkosten (EUR 22.712,45), in voller Höhe die Auslagenpauschale (EUR 25,-), in voller Höhe auf die Sachverständigenkosten (EUR 2.509,12), in voller Höhe auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (EUR 1.590,91) und in Höhe von EUR 169,94 auf die Zinsen.
Nachdem die Reparatur des Pkw abgeschlossen worden war und hierfür ein Gesamtbetrag von EUR 40.715,60 dem Kläger in Rechnung gestellt worden war (vgl. Bl. 134 d.A.), forderte der Kläger die Beklagte zu 2) mit anwaltlichem Schreiben vom 17.6.2020 erfolglos zum Ersatz des nach seiner Auffassung noch offenen Schadens auf.
Mit Schriftsatz vom 6.8.2020 hat der Kläger die Klage für erledigt erklärt, soweit die Beklagte zu 2) die genannten Zahlungen geleistet hatte. Er hat die Klage um die bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 17.6.2020 erfolglos geltend gemachten Beträge erweitert:
- den noch offenen Betrag der Reparaturkosten (EUR 40.715,60 – EUR 22.712,45 = EUR 18.003,15)
- für den Zeitraum der Reparaturdauer von 112 Tagen Ersatz von Vorhaltekosten nach der Schwacke-Liste i.H.v. EUR 41,18 pro Tag, insgesamt EUR 4.612,16;
- vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 47.861,88, mithin EUR 2.099,76.
Der Kläger hat geltend gemacht, er könne Ersatz der Vorhaltekosten verlangen. Er habe sein Fahrzeug für 112 Tage nicht nutzen können, so dass ihm jedenfalls die geltend gemachten Vorhaltekosten zuständen. Es habe sowohl Nutzungswille als auch die subjektive Nutzungsmöglichkeit bestanden. Er habe am Unfalltag das Sachverständigengutachten beauftragt und dem Tag, an dem das Gutachten vorgelegen habe, die Reparatur beauftragt, die bis 9.6.2020 angedauert habe. Die Nutzung eines anderen Fahrzeugs sei für ihn nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Zwar gehörten ihm – neben einem Kraftrad – noch vier weitere Fahrzeuge. Zwei von diesen würden von Familienangehörigen (…) genutzt. Ein weiteres (BMW Typ4 Rennfahrzeug) käme nicht in Betracht, da es in besonderer Weise für Rennen ausgestattet und die Nutzung im normalen Verkehr nicht zumutbar sei. Das vierte Fahrzeug (Ford Typ2 Kombi, Baujahr 2014) werde von der ganzen Familie lediglich als Lasten- und Urlaubsfahrzeug genutzt. Für die täglichen Fahrten zur Arbeitsstelle und zurück sowie von Privatfahrten habe ihm allein der Porsche zur Verfügung gestanden. Dieser verfüge über gänzlich andere Eigenschaften als der für den innerstädtischen Betrieb viel zu sperrige Ford Typ2. Beim hier beschädigten Porsche beliefen sich allein Versicherungsprämie auf jährlich EUR 781 und die Steuern auf EUR 243,-.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Beklagten zur Zahlung von EUR 17.833,21 nebst Zinsen seit dem 11.7.2020 verurteilt, wobei auf den Zinsbetrag EUR 169,94 in Abzug zu bringen seien. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat dies – soweit vorliegend relevant – wie folgt begründet:
Der Kläger könne von den Beklagten Erstattung der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten (EUR 40.715,60), Sachverständigenkosten (EUR 2.509,12) und Kostenpauschale (EUR 25), mithin zusammen EUR 43.249,72 verlangen. Hierauf sei die erfolgte Zahlung i.H.v. EUR 25.416,51 in Anrechnung zu bringen, so dass ein Hauptanspruch von EUR 17.833,21 verbleibe.
Vorhaltekosten könne der Kläger nicht verlangen. Ein Anspruch ergebe sich nicht unter dem Aspekt der Nutzungsausfallentschädigung, da ein Anspruch nicht bestehe, wenn der Geschädigte über ein weiteres Fahrzeug verfüge, dessen Einsatz möglich und zumutbar sei. Dies sei hier mit dem Ford Typ2 Kombi der Fall. Dessen Nutzung sei zumutbar; die vermeintliche Sperrigkeit führe nicht zur Untauglichkeit für den innerstädtischen Betrieb, da es sich um eine Kombilimousine der Mittelklasse handele. Unter anderem Aspekt bestehe ebenfalls kein Anspruch auf Ersatz der Vorhaltekosten. Es ergebe sich nicht, dass der Kläger ein anderes Fahrzeug, etwa den Ford Typ2, gerade mit Rücksicht auf fremdverschuldete Ausfälle angeschafft und unterhalten habe. Dieser diene, wie der Kläger selbst vortrage, vielmehr anderen Zwecken, der Nutzung als Lasten- und Urlaubsfahrzeug. Zudem habe der Kläger nicht die Kosten der Haltung des Typ2, sondern lediglich Steuern und Versicherung des verunfallten Fahrzeugs vorgetragen, mithin Vorhaltekosten nicht dargelegt.
Zinsen schulde die Beklagte ab dem 26.8.2020, dem Tag der Zustellung des Schriftsatzes, mit dem der Kläger die Klage erweitert habe. Dass die Beklagten sich bereits früher in Verzug befunden hätten, habe der Kläger nicht dargelegt. Auf die Zinsen seien die von der Beklagten zu 2) in Höhe von EUR 169,94 geleistete Zahlung in Abzug zu bringen.
Einen weitergehenden Ersatz von Anwaltskosten als die bereits beglichenen EUR 1.590,91 stehe dem Kläger nicht zu. Er könne lediglich Ersatz von Gebühren aus einem Gegenstandswert bis zu EUR 40.000 verlangen. Mehr sei nicht geschuldet, da eine vorgerichtliche Beauftragung nach dem vorgelegten Rechtsanwaltsschreiben vom 21.2.2020 für eine damals bestehende berechtigte Forderung in Höhe von EUR 38.635,41 bestanden habe (Reparaturkosten nach SV-Gutachten: EUR 36.101,29, Sachverständigenkosten i.H.v. EUR 2.509,12).
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung.
Mit dieser verfolgt er den Anspruch auf Erstattung der Vorhaltekosten weiter: Die Nutzung des Ford Typ2 sei für ihn nicht zumutbar. Dieser sei zu einem anderen Zweck erworben worden und gerade nicht für die Nutzung zur Fahrt zur täglichen Arbeit. Zudem handele es sich bei dem beschädigten Pkw, einem Porsche Typ1 Coupé mit einem Wiederbeschaffungswert von EUR 127.000, um ein besonders werthaltiges und komfortables Sportfahrzeug, das aufgrund der Fahrzeugeigenschaften nicht mit dem Ford Typ2 verglichen werden könne. Der Ford Typ2 habe keinen vergleichbaren Nutzungswert. Daher stehe ihm ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu; er habe aber nur den geringeren Betrag der Vorhaltekosten im Hinblick auf den Nutzungswertverlust geltend gemacht.
Das Landgericht habe zudem auf die ihm zustehende Hauptforderung (restliche Reparaturkosten, Sachverständigenkosten, Kostenpauschale) zu Unrecht eine Zahlung in Höhe von EUR 25.416,51 in Abzug gebracht; tatsächlich seien nur EUR 25.236,57 in Abzug zu bringen gewesen, da in dem erstgenannten Betrag eine Leistung in Höhe von EUR 169,94 auf Zinsen erfolgt sei. Daher stehe ihm eine restliche Hauptforderung in Höhe von weiteren EUR 169,94 zu.
Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht auf die von ihm im Rahmen der Klageerweiterung geltend gemachte Zinsforderung einen Betrag von EUR 169,94 in Anrechnung gebracht. Diese Anrechnung habe nicht erfolgen dürfen, da sich die Zahlung der Beklagten in dieser Höhe nur auf die für erledigt erklärte (frühere) Zinsforderung bezogen habe. Daher seien ihm die geforderten Zinsen ohne Anrechnung der EUR 169,94 zuzusprechen.
Zu Unrecht habe das Landgericht ihm schließlich die weiteren Rechtsanwaltskosten nicht zugesprochen. Maßgeblich sei nicht der Gegenstandswert zur Zeit des ursprünglichen Mandatsauftrags, sondern das endgültige außergerichtliche Mandanteninteresse an der Durchsetzung der Gesamtforderung.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 12.7.2022 hat der Kläger weiter geltend gemacht, die Berücksichtigung einer 1,5 Geschäftsgebühr sei von seinem anwaltlichen Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG gedeckt. Es sei eine Geschäftsgebühr von 1,5 entstanden aufgrund des erforderlichen hochgradigen Aufwands an Telefonaten, Besprechungen und Rücksprachen, wie er im Einzelnen im genannten Schriftsatz näher ausführt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.7.2020 – AZ. 2-15 O 27/20 – abzuändern und wie folgt neu zu fassen:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger EUR 22.615,31 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. restlichen EUR 508,85 zu zahlen, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 11.7.2020.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigen das angegriffene Urteil.
II.
Die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte Berufung hat in der Sache zum Teil Erfolg.
1. Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Ersatz von Vorhaltekosten in Höhe von EUR 4.512,16 verneint.
Vorhaltekosten im Sinne des allgemeinen juristischen Sprachgebrauchs sind diejenigen Kosten, die entstehen, wenn bestimmte Betriebe über ihren normalen Planbedarf hinaus zusätzliche Fahrzeuge in der Form einer Betriebsreserve anschaffen und einsatzbereit vorbehalten, um im Fall der Beschädigung eines Fahrzeugs die sonst nicht mögliche Aufrechterhaltung ihres Fahrbetriebs zu gewährleisten. Vorhaltekosten umfassen daher den betrieblichen Aufwand für die Fahrzeuganschaffung, die Kosten des Kapitaldienstes, des Unterhalts und des Wertverlusts. Sofern der Geschädigte Vorhaltekosten geltend macht, wird eine weitere Entschädigung für Nutzungsausfall grundsätzlich nicht geschuldet (OLG Frankfurt am Main, Urteil vomm31.10.2013 – 15 U 127/13 Rn. 26 mwN).
Solche Vorhaltekosten wollte der Kläger nicht geltend machen. Er hat nicht vorgetragen, dass er das weitere Fahrzeug Ford Typ2 angeschafft hätte, um damit den Ausfall eines anderen Fahrzeugs auszugleichen; dieser diente vielmehr – wie er vorgetragen hat – der Nutzung der Familie für Last- und Urlaubsfahrten. Auch hat er Kosten für die Anschaffung und Unterhaltung des Ford Typ2 nicht geltend gemacht und vorgetragen, sondern lediglich auf Versicherung und Steuern für das beschädigte Fahrzeug verwiesen. Daher sind die Ausführungen des Klägers dahin zu verstehen, dass er für den Zeitraum der Reparatur Nutzungsausfallentschädigung geltend macht, deren Höhe er (lediglich) mit den täglichen Vorhaltekosten beziffert.
Zu Recht hat das Landgericht Ansprüche des Klägers auf Ersatz einer Nutzungsausfallentschädigung verneint.
Zu dem zu ersetzenden Schaden bei der Beschädigung eines Pkws, gehört grundsätzlich auch der durch den Wegfall der Nutzungsmöglichkeit entstandene Schaden. Ein Geschädigter, der auf Anmietung eines Ersatzfahrzeugs verzichtet, soll nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der einen Mietwagen in Anspruch nimmt (BGH, Urteil vom 15.12.1982 – VIII ZR 315/80).
Der Anspruch entfällt, wenn der Einsatz eines Zweitwagens möglich und zumutbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 14.10.1975 – VI ZR 255/74). Danach steht dem Kläger vorliegend ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nicht zu, da ihm mit dem Ford Typ2 Kombi ein anderes Fahrzeug zur Verfügung stand, das er für die täglichen Fahrten zur Arbeit und zu Privatfahrten nutzen konnte. Zu Recht führt das Landgericht aus, dass der Kläger ohne Erfolg auf die „Sperrigkeit“ des Ford Typ2 im Hinblick auf Fahrten in die Stadt verweist, da es sich um ein Mittelklassefahrzeug handelt, das für den genannten Zweck einsetzbar ist.
Dass es sich bei dem beschädigten Fahrzeug, einem Porsche Typ1, mithin einem Sportwagen, auf Grund seiner Motorisierung, Fahrleistung und Ausstattung um ein Fahrzeug aus dem deutlich gehobenen Marktsegment handelt, während es sich bei dem Ford Typ2 lediglich um ein Mittelklassefahrzeug handelt, führt nicht zur Unzumutbarkeit der Nutzung des Ford Typ2. Der Verweis des Klägers auf den Ford Typ2 anstelle des Porsche Typ1 führt lediglich zu einer Beschränkung des Fahrvergnügens. Diese Beschränkung des Fahrvergnügens stellt aber eine lediglich in einer subjektiven Wertschätzung gründende immateriellen Beeinträchtigung dar und ist von dem Schädiger nicht zu erstatten. Der Nutzungsersatz kommt nur für einen der vermögensmehrenden, erwerbswirtschaftlichen Verwendung des Wirtschaftsgutes vergleichbaren eigenwirtschaftlichen, vermögensmäßig erfassbaren Einsatz der betreffenden Sache in Betracht, denn der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materielle Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten (BGH, Urteil vom 10.6.2008 – VI ZR 248/07 Rn. 7, zit. nach juris, Wimber in: Burmann/Heß/ Hühnermann/ Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Auflage, § 249 Rn. 174).
Durch die objektive Nutzbarkeit des Ford Typ2 für die Fahrten, zu denen der Kläger ansonsten den beschädigten Porsche eingesetzt hätte, wird der durch den Unfall eingetretene Verlust der Verfügbarkeit des Porsche als Mittel für den Transport zur Arbeit und für Privatfahrten objektiv ausgeglichen, mithin der hierin liegende materielle Vermögensschaden ausgeglichen. Die Beeinträchtigung des Fahrvergnügens ist demgegenüber eine in einer subjektiven Wertschätzung gründende immaterielle Beeinträchtigung, deren Bemessung nach objektiven Maßstäben nicht möglich und die daher vom Schädiger nicht zu ersetzen ist (vgl. für den Entfall der Nutzungsausfallentschädigung für die Nichtnutzbarkeit eines BMW Z4 M-Roadster bei Verweis auf einen Zweitwagen Opel Corsa: LG Kreuznach, Urteil vom 27.7.2017 – 1 S 3/17 sowie für den Entfall der Nutzungsausfallentschädigung für die Nichtnutzbarkeit eines Oldtimer-Sportwagens bei Verweis auf einen Mercedes Benz E: OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.11.2011 – I U 50/11).
Ohne Erfolg verweist der Kläger auf die Entscheidung des OLG Köln vom 25.6.1988 – 1 U 20/89. Dort war dem Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung zugesprochen und angenommen worden, der Geschädigte könne nicht auf ein anderes Fahrzeug, das ihm zur Verfügung stand, verwiesen werden. Dies begründete das entscheidende Gericht aber damit, dass nicht klar sei, ob das andere Fahrzeug geeignet sei, um den besonderen Beförderungsbedarf zu erfüllen, dem das beschädigte Fahrzeug gedient habe. Denn der Geschädigte habe das beschädigte Fahrzeug, einen siebensitzigen Van, für die Beförderung seiner fünfköpfigen Familie und seiner drei Hunde beschafft. Es sei nicht vorgetragen, dass dem Kläger ein für diesen Beförderungsbedarf ebenso geeignetes Fahrzeug zur Verfügung gehabt habe. Von diesem Sachverhalt unterscheidet sich der hiesige Sachverhalt erheblich: Das beschädigte Fahrzeug wird von dem Kläger nach seinem Vorbringen für Fahrten zur Arbeit und für Privatfahrten genutzt. Für diesen Beförderungsbedarf ist der Zweitwagen Ford Typ2 geeignet.
Besteht damit kein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung, kann der Kläger auch nicht „wenigstens“ Vorhaltekosten geltend machen.
2. Die Berufung hat jedoch Erfolg, soweit der Kläger rügt, das Landgericht habe zu Unrecht auf die Hauptforderung (Reparaturkosten, Sachverständigenkosten und Auslagenpauschale; zusammen EUR 43.249,72) eine Zahlung seitens der Beklagten in Höhe von EUR 25.416,51 in Abzug gebracht (LGU 6); tatsächlich seien hierauf nur EUR 25.246,57 gezahlt worden. Dieses Vorbringen ist zutreffend. Wie das Landgericht noch zuvor ausführt (LGU 3), erfolgte die Zahlung in Höhe von EUR 169,94 auf Zinsen, so dass auf die Hauptforderung lediglich ein Betrag von EUR 25.246,57 geleistet wurde. Daher stehen dem Kläger weitere EUR 169,04 Hauptforderung zu.
3. Ebenfalls zu Recht macht die Berufung geltend, das Landgericht habe zu Unrecht auf die ausgeurteilten Zinsen einen von den Beklagten geleisteten Zinsbetrag in Höhe von EUR 169,94 in Abzug gebracht.
Der in Abzug gebrachte Betrag von EUR 169,94 wurde von der Beklagten zu 2) am 16.6.2020 auf die bis dahin geltend gemachte Forderung, mithin auch auf die bis dahin angefallenen Zinsen geleistet. Im Hinblick auf diese Zahlung der Beklagten zu 2) wurde die Klage vom Kläger teilweise für erledigt erklärt und der Kläger machte anschließend (im Wege der Klageerweiterung) Zinsen ab dem 11.7.2020, mithin nach dem Zeitpunkt der von der Beklagten zu 2) erbrachten Zahlung, geltend. Dies verdeutlicht, dass – wie die Berufung damit zu Recht und von den Beklagten unwidersprochen geltend macht – der Teil der Zahlung vom 16.6.2020, der sich auf die Zinsen bezog, auf die Zinsen erfolgte, hinsichtlich derer sodann im Anschluss der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, und nicht auf die Zinsen, die der Kläger sodann im Wege der Klageerweiterung ab dem 11.7.2020 forderte. Damit durfte eine Anrechnung des Betrags von EUR 169,90 – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht auf die ausgeurteilten Zinsen ab dem 11.7.2020 erfolgen.
Zutreffend rügt die Berufung in diesem Zusammenhang, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe (LGU 6), der Kläger habe die Beklagten nicht vor dem 6.8.2020 mit der Forderung, die Gegenstand der Klageerweiterung war, in Verzug gesetzt. Der Kläger hatte die Beklagten durch Schreiben vom 17.6.2020 (Bl. 106ff.) und Erinnerungsemail vom 29.6.2020 unter Fristsetzung bis zum 10.7.2020 (Bl. 140 d.A.) ab dem 11.7.2020 mit diesen Ansprüchen in Verzug versetzt und die Verzugszinsen unter Verweis auf diese Schreiben auch schriftsätzlich begründet (Bl. 129 d.A.). Allerdings kommt es auf die genannten Ausführungen des Landgerichts nicht entscheidend an, da das Landgericht im Tenor trotz seiner Ausführungen in den Urteilsgründen zum Zinsbeginn erst seit dem 6.8.2020 dem Kläger Zinsen ab dem 11.7.2020 zugebilligt hatte (wenn auch unter unzutreffender Anrechnung von EUR 169,90, s.o.).
4. Die Berufung hat zum Teil Erfolg, soweit der Kläger geltend gemacht, ihm ständen die mit der Klageerweiterung geltend gemachten (restlichen) Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 508,85 (EUR 2.099,76 – EUR 1.590,91) zu.
Das Landgericht hat zu Unrecht der Berechnung vorgerichtlicher Kosten lediglich einen Gegenstandswert bis zu EUR 40.000 mit der Begründung zugrunde gelegt, der Beauftragung am 21.2.2020 (Bl. 106f. d.A.) habe eine berechtigte Forderung lediglich in Höhe von EUR 38.635,41 zugrunde gelegen.
Der Wert der Geschäftsgebühr, die im Fall einer Regulierung vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung gemäß §§ 249ff. BGB zu ersetzen ist, berechnet sich vorliegend nach dem Gesamtwert der berechtigten Forderung des Klägers gegen die Beklagten aus dem Verkehrsunfall. Zwar machte der Klägervertreter zunächst mit vorgerichtlichem Schreiben vom 21.2.2020 lediglich eine berechtigte Forderung in Höhe von EUR 38.635,41 geltend (EUR 36.101,29 Reparaturkosten gemäß Gutachten, EUR 2.509,12 Sachverständigenkosten und EUR 25,- Auslagenpauschale; die weiter geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung stand dem Kläger nicht zu, s.o.). Doch forderte der Klägervertreter sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 17.6.2020 (Bl. 136f. d.A.) erfolglos auch die Differenz zwischen den entstandenen Reparaturkosten und der erfolgten Zahlung. Daher kann der Kläger Ersatz der Rechtsanwaltskosten aus dem berechtigten Gesamtwert verlangen, mithin von EUR 43.249,72 (Reparaturkosten: EUR 40.715,60, Sachverständigenkosten EUR 2.509,12; Auslagenpauschale EUR 25).
Allerdings kann der Kläger nur Ersatz einer 1,3 Geschäftsgebühr verlangen und nicht – wie von ihm in der Berechnung zugrunde gelegt (Bl. 129 d.A.) – eine 1,5 Geschäftsgebühr. Es ist nicht dargelegt, dass es sich um ein besonders zeit- oder arbeitsaufwändiges Mandat handelte, dass die Überschreitung der Mittelgebühr rechtfertigte. Hiergegen spricht insbesondere, dass der Klägervertreter noch in der Klageschrift (Bl. 7 d.A.) für die in diesem Zeitpunkt bereits entstandene Gebühr von einer Geschäftsgebühr von 1,3 ausgeht.
Die Ausführungen im Schriftsatz vom 12.7.2022 führen zu keiner anderen Einschätzung.
Soweit der Kläger dort in rechtlicher Hinsicht geltend macht, die Annahme einer 1,5 Geschäftsgebühr sei von dem anwaltlichen Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG gedeckt, ist dem nicht zu folgen.Die Forderung einer 1,5-fachen Gebühr war nicht nach der Toleranzrechtsprechung von vornherein der Nachprüfung entzogen. Danach ist die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20% zwar nicht unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Diese Toleranzrechtsprechung ist aber nicht in dem Sinne anwendbar, dass für eine weder umfangreiche noch schwierige, mithin nur durchschnittliche Sache eine den 1,3-fachen Gebührensatz übersteigende Vergütung verlangt werden kann, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nach RVG VV Nr. 2300 vorlägen (BGH, Urteil vom 13.11.2013 – X ZR 171/12 – Einkaufskühltasche Rn. 24, zit. nach juris).
Der tatsächliche Vortrag in dem Schriftsatz vom 12.7.2022, mit dem der Kläger geltend macht, es habe sich über ein besonders zeitaufwändiges Mandat gehandelt, war gemäß §§ 525, 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Die Frage, ob die geltend gemachte 1,5 Geschäftsgebühr erstattungsfähig ist, war Gegenstand der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, in dem der Klägervertreter darauf hingewiesen wurde, dass der Bejahung einer 1,5 Geschäftsgebühr vorliegend entgegenstehe, dass der Kläger zunächst im Wege der Klage lediglich eine 1,3 Geschäftsgebühr (aus dem damaligen Wert von EUR 38.635,41; vgl. Klageschrift S. 5, Bl. 7 d.A.) und daher die nunmehr geltend gemachte Erhöhung nicht nachvollzogen werden könne. Hierauf hat der Klägervertreter weder entsprechenden Vortrag gehalten oder Schriftsatznachlass hierzu beantragt. Da der Klägervertreter auch selbst im Termin anwesend war, bestanden aus Sicht des Senats keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass es dem Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht möglich sein könnte, sich zu diesem Punkt abschließend zu erklären (vgl. BGH, Beschluss vom 11.4.2018 – VII ZR 177/17).
Damit ergibt sich eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert bis zu EUR 45.000, mithin inklusive Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer EUR 1.877,11. Abzüglich der unstreitig hierauf von den Beklagten bereits geleisteten EUR 1.590,91 verbleibt damit insoweit ein Anspruch auf Zahlung von EUR 286,20, der entsprechend den obigen Ausführungen ab dem 11.7.2020 zu verzinsen ist.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens waren nach dem Anteil des Erfolgs- und Misserfolgs zu verteilen. Insofern war – ebenso wie für die Festsetzung des Berufungsstreitwerts – folgendes zu berücksichtigen: Für den Streitwert zweitinstanzlich sind neben der Hauptforderung (geltend gemachte Nutzungsentschädigung i.H.v. EUR 4.612,16 und weitere Hauptforderung i.H.v. EUR 169,94) die geltend gemachten weiteren Zinsen (EUR 169,94) und die weiteren Rechtsanwaltskosten (EUR 508,85) insoweit streitwerterhöhend zu berücksichtigen, als die Hauptforderung, auf die sie sich beziehen, zweitinstanzlich nicht mehr im Streit steht. Daher waren die genannten Zinsen und Rechtsanwaltskosten i.H.v. insgesamt rund EUR 550,- streitwerterhöhend zu berücksichtigen, so dass sich ein Streitwert für das Berufungsverfahren bis zu EUR 6.000 (EUR 5.282,10) ergibt. Auf dieser Grundlage ergeben sich die der Kostenentscheidung zugrundeliegenden Anteile des Obsiegens und Unterliegens in der Berufungsinstanz (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen. Der Rechtsache kommt auch im Hinblick auf die Frage, ob der Schädiger eine Nutzungsausfallentschädigung zahlen muss, wenn zwar ein Zweitwagen zur Verfügung steht, dieser aber im Hinblick auf Ausstattung und Leistungsfähigkeit jedenfalls zu einer erheblichen Beschränkung des Fahrvergnügens führt, keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Diese Frage ist aufgrund der höchstrichterlich aufgestellten allgemeinen Grundsätze zur Nutzungsausfallentschädigung im konkreten Einzelfall anhand der Frage der Zumutbarkeit der Nutzung des Zweitwagens zu entscheiden. Wie ausgeführt, kann insoweit auch nicht festgestellt werden, dass divergierende Entscheidungen von Obergerichten die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen (§ 711 ZPO) konnten entfallen, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen (§§ 713, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die betroffenen Rechtsbereiche in diesem Urteil sind:
- Verkehrsrecht: Das Urteil behandelt den Umfang der Ersatzpflicht der Beklagten nach einem Verkehrsunfall und die Frage, welche Schäden vom Unfallverursacher zu tragen sind.
- Schadensrecht: Es geht um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Kläger und die Berechnung des zu ersetzenden Schadens.
- Zivilprozessrecht: Das Urteil befasst sich mit dem Verfahrensablauf, insbesondere mit der Klageerweiterung, der Erledigungserklärung und der Zinsberechnung.
- Anwaltsrecht: Es geht um die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zusteht und welche Gebühren hierfür angemessen sind.
- Gebührenrecht: Die Höhe der Anwaltsgebühren wird anhand der Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnet.
Der Zusammenhang zwischen diesen Rechtsbereichen ergibt sich daraus, dass sie alle im Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall und den daraus resultierenden Schadensersatzansprüchen stehen. Das Verkehrsrecht bildet den Ausgangspunkt für die Schadensberechnung, die im Rahmen des Schadensrechts erfolgt. Das Zivilprozessrecht regelt das Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche und die Berechnung von Zinsen. Das Anwalts- und Gebührenrecht betrifft die Frage der angemessenen Entschädigung für die Rechtsverfolgungskosten.
Die wichtigsten Aussagen in diesem Urteil sind:
- Beklagte haften für den entstandenen Schaden in vollem Umfang. Die Beklagten sind nach einem Verkehrsunfall für den entstandenen Schaden in vollem Umfang haftbar.
- Vorhaltekosten können nicht verlangt werden. Der Kläger kann keine Vorhaltekosten geltend machen, da er über ein anderes Fahrzeug verfügt, dessen Einsatz möglich und zumutbar ist.
- Hauptforderung beträgt 17.833,21 Euro. Die Beklagten müssen dem Kläger eine Hauptforderung von 17.833,21 Euro zahlen, nachdem eine Zahlung in Höhe von 25.416,51 Euro angerechnet wurde.
- Zinsen schulden die Beklagten ab dem 26.8.2020. Die Beklagten sind ab dem 26.8.2020 zur Zahlung von Zinsen verpflichtet, da der Kläger die Klage erweitert hat. Eine Zahlung in Höhe von 169,94 Euro wurde angerechnet.
- Kein weitergehender Anspruch auf Rechtsanwaltskosten. Der Kläger hat keinen weitergehenden Anspruch auf Rechtsanwaltskosten, da er lediglich Ersatz von Gebühren aus einem Gegenstandswert bis zu 40.000 Euro verlangen kann. Eine vorgerichtliche Beauftragung für eine damals bestehende Forderung in Höhe von 38.635,41 Euro lag vor.