AG Rostock – Az.: 47 C 176/16 – Urteil vom 19.10.2016
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin mindert den Reisepreis und fordert Schadenersatz im Zusammenhang mit dem nicht erfolgten Erwerb eines Tauchscheins sowie der fehlenden Möglichkeit einer Schiffsführung entgegen der vorherigen Zusage.
Die Klägerin hatte für sich und ihren Ehemann für den Zeitraum vom 21.02.2016 bis 06.03.2016 zu einem Preis in Höhe von 5.373,00 € bei der Beklagten eine Kreuzfahrtreise gebucht. Hierüber erhielt sie am 10.11.2015 eine Reservierungsbestätigung. Nach vollständiger Bezahlung des Reisepreises erhielt die Klägerin eine weitere Reservierungsbestätigung Ende Januar 2016 mit gleichem Inhalt.
Der Ehemann der Klägerin wollte auf der Kreuzfahrtreise den Tauchschein erwerben. Mit Mail vom 26.11.2015 fragte die Klägerin bei der Beklagten an, ob sie
„…irgendwie meinen Mann bei der XYZ (21.02.2016 – 06.03.2016) schon für einen Tauchschein anmelden (kann)???? Wenn es dieses Jahr nicht klappt, dann glaube ich nicht, dass er nochmal mit der XYZ fahren möchte…“
Die für die Beklagte als Reiseberaterin tätige Mitarbeiterin leitete die Anfrage an die Fachabteilung weiter. Auf entsprechende Bitte der Beklagten um Zusendung der Tauglichkeitsbescheinigung für den Tauchschein teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch mit, dass die Tauglichkeitsbescheinigung seit dem 08.01.2015 vorliege. Gleichzeitig wurde das Alter des Ehemanns der Klägerin, der während der Kreuzfahrtreise seinen 50. Geburtstag beging, mitgeteilt. Die Reiseberaterin der Beklagten teilte der Klägerin dann per E-Mail mit, dass der Tauchschein erst an Bord buchbar sei. Weiterhin heißt es in der Mail:
„Die Tauchbasis ist definitiv auf, sodass ihrem Tauchschein nichts mehr im Wege steht.
Falls Sie noch einmal offene Fragen rund um die einzelnen Voraussetzungen haben, finden Sie auch viele Antworten auf folgender Seite: www.xyz.de/tauchen.“
Auf der Homepage der Beklagten sind die Voraussetzungen für den Tauchschein aufgelistet, u.a. dass eine tauchärztliche Untersuchung bei einem Alter über 40 Jahre nur ein Jahr gültig ist. Ein entsprechender Hinweis findet sich auch im Katalog der Beklagten bei den Bordinformationen unter dem Hauptpunkt Ausflüge, Unterpunkt Tauchen.
An Bord wurde festgestellt, dass die tauchärztliche Untersuchung des Ehemanns der Klägerin aufgrund dessen Alters nicht mehr gültig war. Da eine Tauglichkeitsuntersuchung an Bord nicht möglich war bot die Beklagte dem Ehemann der Klägerin an, diese in Tortola (britische Jungferninseln) in Begleitung einer Hafenagentin durchführen zu lassen. Hierzu hätte der Ehemann der Klägerin zunächst in Vorkasse gehen müssen; die Kosten wären ihm in Form eines Bordguthabens erstattet worden. Der Ehemann der Klägerin lehnte diesen Vorschlag ab.
Weiter hatte die Klägerin kurz vor Beginn der Reise bei der Beklagten angefragt, ob die Möglichkeit für eine Schiffsführung bestehe. Die Klägerin wollte ihrem Ehemann diese Schiffsführung zum 50. Geburtstag schenken. Sie erhielt die tatsächlich falsche Mitteilung, dass eine entsprechende Führung an Bord gebucht werden könne. Als Entschädigung für die fehlende Buchungsmöglichkeit bot die Beklagte der Klägerin und ihrem Ehemann einen Gutschein für ein 6-Gänge-Menü im Restaurant R. inklusive großer Weinbegleitung an. Den entsprechenden Gutschein gab die Klägerin zurück.
Während der Reise hatte litt der Ehemann der Klägerin an Verstopfung und Schlafstörungen, deren Ursache strittig sind. Wegen dieser Gesundheitsbeeinträchtigungen musste er sich mehrfach in ärztliche Behandlung begeben. Außerdem waren die Klägerin und ihr Ehemann im Verlauf der Reise „heillos zerstritten“.
Mit der Klage fordert die Klägerin Minderung und Schadensersatz in Höhe von 1.500,00 €.
Die Klägerin behauptet, der Tauchkurs und der Erwerb des Tauchscheins durch ihren Ehemann sei der wesentliche Beweggrund für die Reise gewesen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe den Erwerb des Tauchscheins explizit zugesichert. Zudem erklärt sie, die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung in Tortola sei für ihren Mann nicht zumutbar gewesen. Zudem wäre die Notwendigkeit, zunächst in Vorkasse zu gehen, eine nicht akzeptable Bedingung gewesen.
Die Fachabteilung der Beklagten hätte erkennen müssen, dass die Tauchtauglichkeitsbescheinigung unwirksam war.
Letztlich trägt die Klägerin vor, Ursache für die oben genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihres Ehemannes sei die fehlende Möglichkeit für den Erwerb des Tauchscheines.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.500,00 € sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Tauchausflug und die Schiffsbesichtigung seien nicht Gegenstand des Reisevertrages gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückerstattung eines Teils des Reisepreises (Minderung) oder auf eine Schadensersatzzahlung.
Eine vertragliche Zusicherung, dass der Kläger den Tauchschein erwerben kann, ist nicht festzustellen.
Die Beklagte war nicht in der Lage, den Erwerb des Tauchscheins vertraglich zuzusichern. Vielmehr hätte die Beklagte lediglich zusichern können, dass die Möglichkeit für den Erwerb des Tauchscheins bestehe. Auch eine solche Zusicherung im Sinne einer vertraglichen Reiseleistung lag nicht vor.
Die Möglichkeit des Erwerbs des Tauchscheins war keine von der Beklagten unmittelbar aus dem zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann sowie der Beklagten bestehenden Reisevertrag geschuldete Leistung. Bestandteil der Buchung der Klägerin war die Teilnahme an einem entsprechenden Tauchkurs nicht. Die Anfrage der Klägerin über die Möglichkeit des Erwerbs eines Tauchscheins bzw. die Möglichkeit der Buchung eines entsprechenden Lehrgangs erfolgte erst nach Reisebuchung. Der Reisevertrag war zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Übersendung der Reisebestätigung vom 10.11.2015 zustande gekommen. Eine nachträgliche Abänderung des Reisevertrages in Form der von der Klägerin behaupteten Zusicherung erfolgte nicht. Vielmehr war der Klägerin mit E-Mail vom 30.11.2015 lediglich mitgeteilt worden, dass die Tauchbasis auf sei und dem Tauchschein nichts mehr im Wege stehe. Mit anderen Worten bestätigte die Beklagte, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Tauchschein während der Reise erworben werden könnte.
Auch wenn aufgrund des grundsätzlichen Angebots der Beklagten, Tauchkurse für die Möglichkeit des Erwerbs des Tauchscheins anzubieten von einer insofern geschuldeten Leistung auszugehen wäre bliebe das Ergebnis dasselbe. Es wurde nur die Möglichkeit dargelegt. Dies wird schon daran deutlich, dass eine Buchung und damit vertragliche Verbindlichkeit erst an Bord erfolgen bzw. geschaffen werden konnte. Dass die grundsätzliche Möglichkeit für den Tauchschein bestand, ist unstrittig.
Dahingestellt bleiben kann, ob durch die Beklagte eine Pflichtverletzung dahingehend begangen wurde, dass vor Antritt der Reise nicht auf die Ungültigkeit der Tauchtauglichkeitsbescheinigung hingewiesen wurde oder ob deren Gültigkeit eine Obliegenheit des Reisenden wäre. (Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang bestreitet, nicht auf die Homepage der Beklagten, auf der die Voraussetzungen nachgelesen werden können, hingewiesen worden zu sein ist dies nicht nachzuvollziehen. In der von der Klägerin vorgelegten Mail findet sich der entsprechend oben genannte ausdrückliche Hinweis). Mit dem Angebot der Beklagten, eine Tauchtauglichkeitsuntersuchung in Tortola zu organisieren hätte die Beklagte bei Annahme einer Pflichtverletzung und eventueller Bewertung dieser als Mangel im Sinne von § 651c Abs. 1 BGB ausreichend gemäß § 561c Abs. 2 BGB Abhilfe angeboten. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe für eine Unzumutbarkeit (fremdes Land, ausländisches Krankenhaus, unbekannter Mediziner, fehlende Kenntnis der medizinischen und hygienischen Beschaffenheiten) rechtfertigen aufgrund ihrer Pauschalheit nicht die Feststellung, dass eine Untersuchung in Tortola für ihren Ehemann unzumutbar gewesen wäre. Auch die Notwendigkeit, dass ihr Ehemann für die Untersuchung zunächst hätte in Vorkasse gehen müssen, rechtfertigt die Ablehnung des Abhilfeangebots der Beklagten nicht.
Unerheblich ist, dass für die Klägerin und ihren Ehemann subjektiv der Tauchkurs bzw. der Erwerb des Tauchscheins wesentlicher Beweggrund für die Reise gewesen seien. Denn diese subjektiven Erwartungen wurden nicht Vertragsbestandteil. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang weiterhin behauptet, sie und ihr Ehemann hätten die Reise niemals angetreten wenn der Tauchschein nicht hätte erwirkt werden könne gilt insofern dasselbe. Zudem bestehen hieran erhebliche Zweifel, denn die Klägerin fragte erst nach der Buchung der Reise bzw. nach Vertragsschluss an, ob sie ihren Mann für einen Tauchschein anmelden könne und brachte zudem zum Ausdruck, dass bei einer fehlenden entsprechenden Möglichkeit des Erwerbs ihr Mann nicht nochmal mit der Aida fahren wolle (E-Mail vom 26.11.2015 Blatt 111 d.A.).
Im Ergebnis liegen trotz des von der Klägerin und ihr Ehemann empfundenen Misserfolges der Reise (verbunden mit dem Zerwürfnis der Ehepartner und den von der Klägerin behaupteten gesundheitlichen Einschränkungen des Ehemanns, die auf dem Nichterwerb des Tauchscheins zurückzuführen seien) mangels einer vertraglichen Schlechtleistung bzw. kausalen Pflichtverletzung der Beklagten die Voraussetzungen eines Minderung- oder Schadensersatzanspruchs nicht vor.
Auch die Falschauskunft der Beklagten im Zusammenhang mit der beabsichtigten Schiffsbesichtigung rechtfertigt keinen Minderungs- oder Schadensersatzanspruch.
Die Falschauskunft hat keine Auswirkungen auf die insgesamt von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Vielmehr war der Klägerin eine Zusatzleistung zugesagt worden, die sie, ohne bereits hierfür eine ansonsten geschuldete Gegenleistung getätigt zu haben, nicht in Anspruch nehmen konnte. Zwar ist die Folge der Falschauskunft, dass die Klägerin nunmehr kein Geburtstagsgeschenk für ihren Ehemann hatte, durchaus nachvollziehbar subjektiv beachtenswert und ärgerlich. Im Ergebnis der insgesamt von der Beklagten zu erbringenden Reiseleistungen stellt dies jedoch objektiv lediglich eine Unannehmlichkeit dar, die zudem durch den angebotenen Gutschein für das 6-Gänge-Menü inklusive Weinbegleitung ausreichend abgegolten worden wäre.
Mangels berechtigter Aufforderung besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Nebenforderungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf dem §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.