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Plakatanbringung an Mietsache durch Vermieter – Besitzstörung

AG Brandenburg

Az: 31 C 153/13

Urteil vom 13.06.2013


1. Der Verfügungsbeklagten wird hiermit geboten, die am Schaufenster des Ladenlokals der Verfügungsklägerin, Salon „.…“ …., angebrachte Folienbeschriftung des Inhalts:

„….zu vermieten Telefon …“

gemäß dem in der Anlage beigefügten Lichtbild zu entfernen.

2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Beschluss

Der Streitwert des Verfahrens wird auf insgesamt 1.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin schloss mit der Verfügungsbeklagten als Vermieterin am 01.02.2011 einen Mietvertrag mit Wirkung zum 01.04.2011 über die nunmehr streitbefangenen Gewerberäume, gelegen ….

Unter § 2 Nr. 4 des Mietsvertrages vom 01. Februar 2011 – Anlage 1 (Blatt 9 bis 18 der Akte) – vereinbarten die Prozessparteien:

„Während der Kündigungszeit hat der Mieter die Anbringung von Vermietungsplakaten an den Fenstern und an anderen geeigneten Stellen zu gestatten.“

Zwischen den Prozessparteien ist streitig, ob dieses Gewerberaummietverhältnis dann noch bis zum 31.07.2013 verlängert oder aber schon zum 31.03.2013 beendet wurde.

Unstreitig ist die Verfügungsklägerin jedoch immer noch im Besitz dieser Gewerberäume und betreibt sie bis heute dort auch noch ihren Salon für …-mode.

Die Verfügungsbeklagte hat am 02.05.2013 an dem Schaufenster ca. 2,50 m breiten und ca. 3 m hohen Ladenlokals eine großflächige (ca. 2,40 m breite und ca. 1 m hohe) Folienbeschriftung des Inhalts: „… zu vermieten Telefon …“ gemäß dem in der Anlage beigefügten Lichtbild über das gesamte Schaufensterfront angebracht.

Die Verfügungsklägerin trägt vor, dass – entgegen dem nunmehrigen Vortrag der Verfügungsbeklagten – sich die Prozessparteien anlässlich eines Gesprächs im Geschäftslokal am 02.04.2013 mündlich auf eine Verlängerung bzw. Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum 31.07.2013 geeinigt hätten.

Mit Schreiben ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 14.05.2013 habe sie von der Vertreterin unter Verweis darauf, dass eine derartige großflächige Beschriftung des Schaufensters für sie unzumutbar sei, die Entfernung selbiger bis zum 15.05.2013 gefordert. Auch unter Beachtung von § 2 Nr. 4 des Mietvertrages sei eine derartige Folienbeschriftung des Schaufensters für sie nämlich unzumutbar, weil zum Einen ein großer Teil des Schaufensters verdeckt würde und diese Beschriftung zudem auch geeignet sei, bei Passanten und Kunden den falschen Eindruck zu erwecken, dass sie ihr Geschäft bereits geschlossen habe und das Objekt schon leer stehe würde. Zugleich habe sie jedoch ausdrücklich ihre Bereitschaft gegenüber der Verfügungsbeklagten erklärt, einen Hinweis auf eine mögliche Neuvermietung des Objekts ab August 2013 in einer angemessenen Größe und Positionierung zu dulden.

Insbesondere würde sie durch die verfahrensgegenständliche Beschriftung ihres Schaufensters auch in der Ausübung ihres Gewerbes und damit in der vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache in unzumutbarer und auch nicht durch den Mietvertrag gedeckter Art und Weise beeinträchtigt bzw. gestört werden. Zwar würde sie die Berechtigung der Verfügungsbeklagten, ein Vermietungsplakat am Objekt anzubringen, nicht in Frage stellen. In der konkreten Ausgestaltung – namentlich in Bezug auf deren Größe, Positionierung und den fehlenden Hinweis auf den frühest möglichen Zeitpunkt einer Neuvermietung – sei die nunmehrige Beschriftung der Schaufensterscheibe aber unangemessen und geeignet, sie hinsichtlich der Nutzung des von ihr angemieteten Objektes nachteilig zu beeinträchtigen. Zur Duldung eines derartig großen Hinweises auf ihrer Schaufensterscheibe sei sie nämlich nicht verpflichtet.

Ungeachtet des Schreibens ihrer nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 14.05.2013 habe die Verfügungsbeklagte die Folienbeschriftung auf der Schaufensterscheibe aber nicht entfernt, so dass der vorliegende Antrag nunmehr geboten sei.

In jedem Falle sei diese Beschriftung aber auch eine Beeinträchtigung und Störung ihres Besitzes bzw. der Nutzungsmöglichkeit an dieser Mietsache und damit eine verbotene Eigenmacht der Verfügungsbeklagten, gegen die sie auch im Wege der einstweiligen Verfügung gerichtlich vorgehen dürfe. Die Widerrechtlichkeit der verbotenen Eigenmacht würde hier auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Verfügungsbeklagte als Störerin gegebenenfalls ihr gegenüber einen Anspruch auf Herausgabe der streitbefangenen Räumlichkeiten hat. Weder ein Herausgabeanspruch nach § 546 BGB noch derjenige nach § 985 BGB würde nämlich für die Verfügungsbeklagte eine Legitimation zur Besitzentziehung oder Besitzstörung darstellen.

Die von der Verfügungsbeklagten ausgeübte verbotene Eigenmacht würde im Übrigen auch als Verfügungsgrund genügen. Eine besondere Dringlichkeit sei nicht erforderlich. Unabhängig hiervon würde sich ein Verfügungsgrund aber auch unmittelbar aus der Art und Weise (Größe, Positionierung, fehlender Hinweis auf den frühest möglichen Zeitpunkt der Neuvermietung) des verfahrensgegenständlichen Vermietungshinweises ergeben, welche jedenfalls bei einem noch in Benutzung befindlichen und somit nicht leer stehenden Objekts unüblich und angemessen und somit für sie unzumutbar sei.

Nach alledem müsse die beantragte einstweilige Verfügung ihrer Auffassung nach hier durch das Gericht erlassen werden.

Die Verfügungsklägerin beantragt, der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung zu gebieten, die an dem Schaufenster ihres Ladenlokals Salon „…“ …, angebrachte Folienbeschriftung des Inhalts: „… zu vermieten Telefon …“ gemäß dem in der Anlage beigefügten Lichtbild zu entfernen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte behauptet, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unbegründet sei, da hier sowohl Rechtfertigungsgründe als auch eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit für den Antrag fehlen würden.

Das Gewerberaummietverhältnis sei nämlich bereits zum 31.03.2013 beendet worden. Entgegen dem Vortrag der Verfügungsklägerin sei dieses auch nicht anlässlich eines Gesprächs im Geschäftslokal am 02.04.2013 bis einschließlich 31.07.2013 verlängert worden, zumal entsprechend der Maßgabe von § 20 Nr. 5 des Mietvertrages nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen des Mietverhältnisses der Schriftform bedurft hätten.

Die Anbringung des Vermietungshinweises am Schaufenster am 02.05.2013 sei im Übrigen weder rechtswidrig noch würde dies die Verfügungsklägerin in der Ausübung ihres Geschäftes beeinträchtigen. Insofern könne sie nämlich sogar schon gemäß § 2 Nr. 4 des ursprünglich bestehenden Mietvertrages entsprechende Vermietungsplakate anbringen.

Darüber hinaus sei die Verfügungsklägerin jetzt noch viel weniger in ihren vermeintlichen Rechten geschützt, da das Mietverhältnis bereits zum 31.03.2013 beendet worden sei und die Verfügungsklägerin diese Räumlichkeiten jetzt nur noch in Besitz habe. Insofern sei die Verfügungsklägerin jetzt auch mit Schreiben vom 15.05.2013 – Anlage B 1 (Blatt 47 der Akte) – aufgefordert worden, diese Räumlichkeiten bis spätestens 21.05.2013 geräumt herauszugeben. Erkennbar habe die Verfügungsklägerin diese Räumungsaufforderung jedoch ignoriert. Aufgrund dessen würde sie – die Verfügungsbeklagte – nunmehr auch ggf. erwägen, eine Klage auf Räumung und Herausgabe der nach wie vor durch die Verfügungsklägerin in Besitz gehaltenen Räumlichkeiten bei Gericht einzureichen.

Da im Übrigen ihr nicht bekannt sei, ob die Verfügungsklägerin tatsächlich zum 01.08.2013 umzieht und bis dahin gegen Zahlung einer Nutzungsentschädigung die Räumlichkeiten noch weiter nutzt oder gegebenenfalls doch schon früher auszieht, habe sie – die Verfügungsbeklagte – auch ein berechtigtes Interesse an der Anbringung von Vermietungshinweisen am Schaufenster des Ladenlokals.

Darüber hinaus sei die hier angebrachte Folienbeschriftung ihrer Meinung ortsüblich und müsse auch entsprechend groß und erkennbar ausfallen, um von Interessenten wahrgenommen zu werden. Soweit die Verfügungsklägerin behaupten würde, diese Folienbeschriftung sei für sie unzumutbar und würde ihr Geschäft beeinträchtigen, sei diese Behauptung viel zu pauschal, absolut unsubstantiiert und ohne jede Relevanz.

Auch würde hier eine Störung des Besitzes oder der Geschäftstätigkeit der Verfügungsklägerin durch diese Beschriftung nicht vorliegen, welche eine Entfernung oder Verkleinerung der Folienbeschriftung rechtfertigen würde. Das die Verfügungsklägerin nämlich auf eine Schließung ihres Geschäftes durch dritte Personen angesprochen wird, sei nämlich völlig normal, da die Verfügungsklägerin wohl schon all´ ihren Kunden und Bekannten im Eigeninteresse mitgeteilt haben dürfte, dass sie den hiesigen Standort aufgeben will und umziehen wird. Dass das Geschäft der Verfügungsklägerin derzeit beeinträchtigt sein könnte, liege im Übrigen wohl allein an den derzeitigen umfangreichen Straßenbauarbeiten und gerade nicht an dem Vermietungshinweis am Schaufenster des Objekts.

Aus diesem Grunde würde es für sie hier weder Rechtfertigungsgründe für eine einstweilige Verfügung geben noch sei eine Eilbedürftigkeit oder Dringlichkeit zu erkennen. Vielmehr habe die Verfügungsklägerin diese Räumlichkeiten nunmehr umgehend zu räumen und herauszugeben, da das Mietverhältnis beendet sei und sie sich somit in Verzug befinden würde.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf die unter Angabe der Blattzahl der Akte angeführten Schriftstücke ergänzend Bezug genommen. Zudem wird auf die zwischen den Prozessparteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird darüber hinaus auch auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Verfügungsklägerin/Mieterin steht gegenüber der Verfügungsbeklagten/Vermieterin ein Anspruch auf Beseitigung der auf der Schaufensterscheibe des Salons angebrachten Folienbeschriftung zu (§§ 535, 858, 862, 863 BGB).

Ob sich die Verfügungsbeklagte das Recht eine „Vermietungsplakat“ an der Schaufensterscheibe der streitbefangenen Gewerberäume anzubringen im Mietsvertrag unter § 2 Nr. 4 während der Kündigungszeit bereits ausbedungen hatte, ist vorliegend bedeutungslos. Entscheidend ist allein, dass sich die Verfügungsklägerin unstreitig noch immer im Besitz der Räume befindet. Der Betrieb von Ladengeschäften genießt nämlich Besitzschutz, sofern eine Störung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Räumlichkeiten vorliegt (OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; LG Düsseldorf, GrundE 1934, Seite 791; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485); und zwar auch hinsichtlich der Anbringung von Schildern, Folien oder Plakaten, die den Blick in das Schaufenster beeinträchtigten (Gutzeit in: Staudinger, BGB-Kommentar, Neubearbeitung 2012, § 858 BGB, Rn. 42; Königliches Kammergericht Berlin, 2. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.1907, Az.: 2 U 4141/07, u. a. in: Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts 1908, Nr. 12, Seite 107).

Selbst wenn das Mietvertragsverhältnis hier nicht bis zum 31.07.2013 verlängert worden sein sollte und daher zwischenzeitlich beendet wäre, regelt das bürgerliche Gesetzbuch – BGB – klar und unmissverständlich die Rechte der Vermieterin. Sie kann die Rückgabe der Mietsache und deren Räumung nach § 546 BGB verlangen. Für die Zeit, in welcher die Verfügungsklägerin die Mieträume entgegen ihrer Rückgabepflicht der Verfügungsbeklagten vorenthalten sollte, steht der Verfügungsklägerin zudem ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB zu. Hierin aber erschöpfen sich auch schon die Rechte des Verfügungsbeklagten als Vermieterin.

Auch aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis ergeben sich weitergehende Befugnisse nicht. Hindert die Verfügungsbeklagte hingegen die Verfügungsklägerin eigenmächtig an der Ausübung ihres Besitzes, ist dies schlicht ein Akt der verbotenen Eigenmacht (§ 858 BGB). Dies bleibt auch dann rechtswidrig, wenn die Verfügungsbeklagte einen Herausgabeanspruch aus § 546 BGB oder § 985 BGB für sich in Anspruch nehmen könnte. Diesen muss die Verfügungsbeklagte vielmehr im Wege der Herausgabe- bzw. Räumungsklage gerichtlich titulieren und dann im Wege der Räumungsvollstreckung nach § 885 ZPO durchsetzen lassen (OLG Rostock, MDR 2011, Seiten 476 f. = IMR 2011, 22; OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; OLG Düsseldorf, MDR 2008, Seite 1065 = Grundeigentum 2008, Seiten 1254 f. = OLG-Report 2008, Seiten 680 f.; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485; AG Brühl, WuM 2012, Seiten 152 f.; AG Hamburg-Barmbek, WuM 2007, Seite 466; AG Berlin-Mitte, Grundeigentum 1999, Seiten 984 f.).

Für den Besitzschutz der Verfügungsklägerin ist es nämlich unbeachtlich, ob sie auf der Grundlage eines Mietverhältnisses schuldrechtlich noch ein Recht zum Besitz hat. Maßgeblich ist nach § 858 Abs. 1 und § 862 Abs. 1 BGB allein, dass ihr die umstrittenen Gewerberäume zur Nutzung überlassen worden sind, so dass sie an ihnen berechtigten Besitz ausgeübt hatte und zum derzeitigen Zeitpunkt unstreitig noch nicht aufgegeben hat. In dieser Position ist die Verfügungsklägerin als (auch ggf. ehemalige) Mieterin berechtigt, jede durch verbotene Eigenmacht eintretende Besitzstörung auch dann erfolgreich abzuwenden, wenn sie nach dem einschlägigen Mietrecht ein Recht zum Besitz nicht (mehr) haben sollte. Eine gesetzliche Legitimation der Besitzentziehung oder Besitzstörung zugunsten der Verfügungsbeklagten als Vermieterin besteht deswegen somit hier noch nicht (OLG Rostock, MDR 2011, Seiten 476 f. = IMR 2011, 22; OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; OLG Düsseldorf, MDR 2008, Seite 1065 = Grundeigentum 2008, Seiten 1254 f. = OLG-Report 2008, Seiten 680 f.; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485; AG Brühl, WuM 2012, Seiten 152 f.; AG Hamburg-Barmbek, WuM 2007, Seite 466; AG Berlin-Mitte, Grundeigentum 1999, Seiten 984 f.).

Zwar hat die Verfügungsbeklagte nach § 2 Nr. 4 des Mietvertrages einen Anspruch darauf, dass „während der Kündigungszeit der Mieter die Anbringung von Vermietungsplakaten an den Fenstern und an anderen geeigneten Stellen zu gestatten hat“ und ist das Aufstellen eines Verkaufs-/Vermietungs-Schildes bzw. die Anbringung einer entsprechenden Folienbeschriftung – in angemessenen Ausmaßen – grundsätzlich wohl auch durch einen Mieter zu dulden, da ein Vermieter in der Regel gegenüber den Mietern einen Anspruch auf Duldung derartiger Maßnahmen hat (AG Hamburg, WuM 1993, Seiten 603 f.).

Daraus folgt aber noch nicht, dass die Verfügungsbeklagte hier auch berechtigt wäre, eigenmächtig derartige Vermietungsplakate bzw. -folien anzubringen, wenn die Verfügungsklägerin konkret ihren entgegenstehenden Willen geäußert hat. Vielmehr ist die Verfügungsbeklagte in einem solchen Fall gehalten – wie jeder andere Anspruchsberechtigte sonst auch – ihr Recht gerichtlich durchzusetzen, was unter den gesetzlichen Voraussetzungen erforderlichenfalls auch im Wege einer einstweiligen Verfügung geschehen kann (OLG Rostock, MDR 2011, Seiten 476 f. = IMR 2011, 22; OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; OLG Düsseldorf, MDR 2008, Seite 1065 = Grundeigentum 2008, Seiten 1254 f. = OLG-Report 2008, Seiten 680 f.; LG Berlin, ZMR 1980, Seite 278; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485; AG Brühl, WuM 2012, Seiten 152 f.; AG Hamburg-Barmbek, WuM 2007, Seite 466; AG Berlin-Mitte, Grundeigentum 1999, Seiten 984 f.; AG Schöneberg, WuM 1993, Seiten 119 f.).

Die Fälle, in denen ein Anspruchsträger sein Recht unmittelbar selbst durchzusetzen berechtigt ist, sind nämlich im Gesetz ausdrücklich angeführte Ausnahmefälle (z.B. Besitzkehr gemäß § 859 BGB, bei der sich der Besitzer verbotene Eigenmacht mit Gewalt erwehren kann). Derartige Voraussetzungen liegen hier aber unstreitig nicht vor (OLG Rostock, MDR 2011, Seiten 476 f. = IMR 2011, 22; OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; OLG Düsseldorf, MDR 2008, Seite 1065 = Grundeigentum 2008, Seiten 1254 f. = OLG-Report 2008, Seiten 680 f.; LG Berlin, ZMR 1980, Seite 278; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485; AG Brühl, WuM 2012, Seiten 152 f.; AG Hamburg-Barmbek, WuM 2007, Seite 466; AG Berlin-Mitte, Grundeigentum 1999, Seiten 984 f.).

Die Anbringung der hiesigen Folie auf die Schaufensterscheibe des von der Verfügungsklägerin in Besitz befindlichen Ladengeschäfts erweißt sich hiernach als eine Störung der Verfügungsklägerin im Besitz dieser Gewerberäume, welchen auch dieses Schaufenster dient. Denn es bedarf keiner Ausführung, dass eine Behinderung des Blickes in das Schaufenster eine in den Besitzstand eingreifende und diesen daher störende Handlung ist (Königliches Kammergericht Berlin, 2. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.1907, Az.: 2 U 4141/07, u. a. in: Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts 1908, Nr. 12, Seite 107; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485).

Zu dieser Störung war die Verfügungsbeklagte wider den Willen der Verfügungsklägerin auch nicht befugt. Lag nämlich ein Einverständnis der Verfügungsklägerin zur Anbringung dieser großflächigen Folienbeschriftung auf der Schaufensterscheibe unstreitig hier nicht vor, so übte die Verfügungsbeklagte mit der Anbringung dieser großflächigen Folienbeschriftung auf der Schaufensterscheibe schuldhaft verbotene Eigenmacht aus, da sie dem Besitzschutz vorsätzlich zuwiderhandelte, weil auch ein Anspruch auf Besitzeinräumung es dem Berechtigten noch nicht erlaubt, den Besitz an der Sache gegen den Willen des Besitzers eigenmächtig zu stören (BGH, VersR 1971, Seiten 765 f. = WM 1971, Seiten 943 ff.; Reichsgericht, RGZ Band 146, Seiten 182 ff.; OLG Brandenburg, NJ 2009, Seiten 427 f.; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485; AG Schöneberg, WuM 1993, Seiten 119 f.).

Das Gesetz (§ 858 BGB) gestattete der Verfügungsbeklagten nämlich nicht, gegen den ausdrücklich geäußerten Willen der Verfügungsklägerin die Schaufensterscheibe der Gewerberäume zu benutzen und die Verfügungsbeklagte dadurch in ihrem Besitz zu stören (KG Berlin, NJW-RR 1988, Seiten 780 f.; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485). Zu diesem Besitz, den die Verfügungsklägerin inne hat, gehört nämlich auch die Schaufensterscheibe ihres Ladengeschäfts. Diese Schaufensterscheibe steht ihr zur alleinigen Nutzung zu, insbesondere natürlich, um dort ihre Ware für vorbeikommende Kunden auszustellen. Diese Nutzung und ihr Gewerbe werden aber erheblich gestört, wenn sich fast auf der gesamten Schaufensterscheibe eine derartig großflächige Folienbeschriftung befindet. Eine Besitzstörung im Sinne von § 858 BGB ist insofern nämlich auch dann zu bejahen, denn Besitzstörung ist die Beeinträchtigung des unmittelbaren Besitzes im Genusse dieses Besitzes in der Weise, dass ein befriedeter Zustand in einen solchen der Rechtsunsicherheit verwandelt wird (AG Karlsruhe, NJW-RR 1992, Seite 463).

Nach der herrschenden Rechtsprechung (vgl. u. a.: BGH, BGHZ Band 158, Seiten 236 ff. = NJW 2004, Seiten 3102 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 25.01.2011, Az.: I-4 U 144/10; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2008, Seiten 350 f.; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, Seite 1031; OLG Karlsruhe, ZMR 2002, Seiten 218 f.) kann im Übrigen im Falle der Verletzung von Immaterialgüterrechten, die als absolute Rechte auch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB Schutz genießen – derjenige, der in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, ebenso als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, so dass hier wohl auch die geschäftsschädigenden Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb der Verfügungsklägerin, die durch die – über die Schaufensterscheibe großflächig angebrachten – Beschriftung „zu vermieten“ ohne Hinweis auf den frühestmöglichen Zeitpunkt der Nevermietung zudem noch verursacht werden, als Störung des gewerblichen Betriebs der Verfügungsklägerin durch die Verfügungsbeklagte anzusehen sind.

Selbst wenn man insofern zugunsten der Verfügungsbeklagten hier annehmen würde, dass die Verfügungsklägerin während der Kündigungsfrist die Anbringung von Vermietungsplakaten an dem Schaufenster der Gewerberäume gemäß § 2 Nr. 4 des Mietvertrages zu gestatten hätte, so dürfte die Verfügungsbeklagte ein derartiges „Vermietungsplakat“ doch auch nur unter Berücksichtigung der Ortsüblichkeit in einer typischen Art und Weise dort am Schaufenster anbringen, da selbst in diesem Fall das Interesse der Verfügungsklägerin an einer Schaufensterwerbung und Warenpräsentation nicht mehr als unumgänglich beeinträchtigt werden dürfte, weil vorliegend der Werbecharakter des Schaufensters weiterhin zu dominieren hat. Diesen Nutzen des Schaufensters für die Verfügungsklägerin wird aber vorliegend durch die großflächig Folienbeschriftung über die gesamte breite der Schaufensterscheibe ebenso vereitelt, so dass die Verfügungsbeklagte auch insofern als „Störer“ anzusehen ist.

Insoweit hätte sich die Verfügungsbeklagte vor der Anbringung dieser Folie mit der Verfügungsklägerin ins Einvernehmen setzen oder aber ihren vermeintlichen Anspruch gerichtlich geltend machen müssen. Indem sie dies unterließ und die Störung eigenmächtig ohne Rücksicht auf die Verfügungsklägerin und deren Gewerbe vornahm, handelte die Verfügungsbeklagte aber widerrechtlich (§ 858 BGB). Die Verfügungsklägerin kann daher die Beseitigung dieser Störung durch Entfernung der auf der Schaufensterscheibe ihres Ladengeschäfts angebrachten Folienbeschriftung von dem „Störer“ – mithin hier der Verfügungsbeklagten – fordern (§ 862 BGB; OLG Düsseldorf, ZMR 1996, Seiten 28 ff. = DWW 1997, Seiten 306 f.; AG Leipzig, NJW-RR 1998, Seite 240), ohne dass es der Untersuchung und Feststellung bedarf, ob der Verfügungsbeklagten ein Recht zur Anbringung der Folienbeschriftung in der Weise – wie hier geschehen – überhaupt zusteht (§ 863 BGB; Königliches Kammergericht Berlin, 2. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.1907, Az.: 2 U 4141/07, u. a. in: Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts 1908, Nr. 12, Seite 107; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485).

Auch kann sich die Verfügungsbeklagte hier nicht darauf berufen, dass die Verfügungsklägerin im Übrigen selbst ein (kleines) Plakat/Schild auf der Innenseite der Schaufensterscheibe aufgestellt hat, da die Verfügungsklägerin hierzu grundsätzlich berechtigt war (BayObLG, NJW 1984, Seite 496; LG Essen, NJW 1973, Seite 2290; AG Charlottenburg, Grundeigentum 1983, Seiten 665 ff.).

Hiernach war nunmehr auch entsprechend dem Antrage der Verfügungsklägerin durch das erkennende Gericht zu erkennen (vgl. auch: Königliches Kammergericht Berlin, 2. Zivilsenat, Urteil vom 24.09.1907, Az.: 2 U 4141/07, u. a. in: Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts 1908, Nr. 12, Seite 107; AG Brandenburg an der Havel, Grundeigentum 2011, Seiten 1025 ff. = WuM 2011, Seite 485).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Besitzstörungsklagen sind im Übrigen gemäß § 3 ZPO zu bewerten (BGH, NJW-RR 1986, Seite 737; OLG Köln, JurBüro 1990, Seite 246; OLG Zweibrücken, JurBüro 1984, Seite 284). Aus diesem Grunde ist im hiesigen Verfahren also auf das berechtigte Interesse der Verfügungsklägerin an der Beseitigung der konkret behaupteten Störung abzustellen (BGH, NJW 1998, Seite 2368 = MDR 1998, Seite 982; OLG Köln, JurBüro 1990, Seite 246; OLG Stuttgart, Urteil vom 07.06.2011, Az.: 1 U 27/11; OLG Düsseldorf, Urteil vom 04.12.2006, Az.: I-9 U 76/06; OLG Schleswig, Rpfleger 1957, Seite 1; LG Köln, Urteil vom 06.01.2010, Az.: 9 S 154/09; LG Bayreuth, JurBüro 1985, Seite 441; AG Bremen, Urteil vom 04.02.2011, Az.: 7 C 268/2010; AG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2005, Az.: 25 C 15179/03; AG Herne, Urteil vom 23.02.2005, Az.: 20 C 507/04).

Abzustellen ist insofern aber wohl hier auf die Gewinn-Minderung, die die Verfügungsklägerin aufgrund der Besitzstörung in ihrem Gewerbebetrieb erleidet. Lässt sich dieser Wert nur schwer ermitteln, ist es aus Rechtsgründen aber wohl auch nicht zu beanstanden, wenn das Interesse an dem Erfolg der Beseitigungs- bzw. Unterlassungsverfügung vom Gericht analog § 287 ZPO geschätzt wird, so dass das Gericht diesen Wert hier auf insgesamt 1.000,00 Euro schätzt. Die bloße Behauptung der Verfügungsklägerseite in ihrem Antrag vom 17.05.2013, dass hier der Gegenstandswert mit 2.000,00 Euro anzusetzen sei, genügt nämlich nicht (BGH, Grundeigentum 2010, Seite 1418 = WuM 2011, Seiten 296 f.).

Das Interesse der Verfügungsklägerin ist vorliegend nämlich auf keinen Fall mit mehr als 1.000,00 Euro zu bemessen. Maßgebend für den Streitwert gemäß § 3 ZPO ist nur die von der Verfügungsklägerin behauptete „Entwertung“ ihres Gewerbebetriebes, die sie angesichts der Folienbeschriftung durch die Verfügungsbeklagte befürchten musste (OLG Koblenz, JurBüro 1995, Seite 27 = VRS Band 88, Seiten 421 f.). Aufgrund der vor ihrem Geschäft befindlichen Straßenbaustelle und der damit verbundenen geringeren Zahl an Passanten/Kunden, geht das erkennende Gericht vorliegend aber davon aus, dass der „Gewinneinbruch“ der Verfügungsklägerin durch die hier streitige Folienbeschriftung höchstens mit 1.000,00 Euro zu bewerten ist, so dass der Wert des Streitgegenstandes des Verfahrens nunmehr auch nur auf insgesamt 1.000,00 Euro festzusetzen ist.

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