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Mietverhältnis: fristlose Kündigung – Untervermietung zur Prostitution

Amtsgericht Köln

Az.: 211 C 256/01

Urteil vom 29.04.2002


In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Köln, Abt. 211 im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 16.04.2002 für Recht erkannt.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer öffentlichen Sparkasse oder deutschen Großbank geleistet werden.

Tatbestand:

Der Kläger ist Vermieter, der Beklagte ist Mieter einer Wohnung im Anwesen … im … zu …. Der Kläger hatte dem Beklagten unter dem 14.05.2001 fristlos gekündigt, weil der Beklagte die Wohnung angeblich zum Zwecke der Ausübung der Prostitution an Dritte untervermietet hatte. Auf eine Anzeige des Klägers bei der Polizei war es am Maifeiertag desselben Jahres zu einer Razzia in der Wohnung des Beklagten gekommen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die von ihm bewohnte Wohnung im Erdgeschoß hinten, Anbau des Hauses …, bestehend aus 2 Zimmern nebst Keller zu räumen und geräumt an ihn herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er bestreitet den Vorwurf.

Das Gericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 17.01.2002 Beweis erhoben durch Vernehmung der an der Polizeiaktion vom Maifeiertag 2001 beteiligten Polizeibeamten sowie durch Beiziehung der Strafakte gegen die bei dieser Aktion in der Wohnung aufgebrachte vermeintliche Prostituierte …. Soweit der Kläger zunächst drei weitere Zeugen benannt gehabt hat, hat er diese Beweismittel zurückgezogen, weil er – unter anderen Gründen – teilweise den Eindruck gewonnen haben wollte, dass zwei dieser Zeugen mit dem Beklagten „unter einer Decke stecken“ und ein weiterer Zeuge „Alkoholiker“ sei.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.03.2002 sowie die o. g. Beiakte verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen. Insbesondere hat das Gericht den Kläger wiederholt auf die mangelnde Substanz weiter Teile seiner Vorwürfe gegen den Beklagten hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Die Kündigung vom 14.05.2001 hat das Mietverhältnis des Klägers über die Wohnung … zu dem Beklagten nicht beendet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht dem Kläger ein Kündigungsgrund nicht zur Seite.

Hiervon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn der Beklagte tatsächlich die Wohnung, sei es als Zuhälter, sei es als Bordellwirt, Dritten zum Zwecke der Ausübung der Prostitution vorgehalten hätte. Denn nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur handelt es sich bei dem Betrieb eines bordellartigen Etablissements in vermieteten Wohnräumen um einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache im Sinne des § 553 BGB a.F / § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB n.F.

Hierzu hat die Beweisaufnahme indes nichts Hinreichendes ergeben.

Mit der Strafakte einerseits und den Zeugenaussagen andererseits ist allenfalls Etliches dafür erfindlich, der Beklagte sei erheblich sexsüchtig und pflege zum Zwecke eigener sexueller Befriedigung in seiner Wohnung Umgang mit wechselnden Prostituierten und – mag sein – auch mit deren Zuhältern. Hierauf deuten die am 01.05.2001 nach Angaben der Zeugen in der streitgegenständlichen Wohnung in Unmenge sichergestellten Lichtbilder und Videokassetten pornographischen Inhalts hin, die teilweise – und ebenfalls in Menge – eben gerade den Beklagten selbst bei Ausübung des Geschlechtsverkehrs mit verschiedensten Partnerinnen zeigen sollen. Im übrigen mag es nach dem Eindruck der Beamten in der Wohnung und aufgrund der vorgefundenen Personen ausgesehen haben, wie bei der im … vorgeblich nicht unüblichen Hinterhofprostitution. Für einen nachhaltig betriebenen Bordellbetrieb haben die Zeugen nichts hinreichendes bekundet. Ohne weiteres ist mit den Aussagen der Polizisten nichts dafür erfindlich, der Beklagte hätte mit dem … und der … einem Kunden und einer Straßenprostituierten Obdach zum Zwecke der Ausübung des gewerblichen Geschlechtsverkehrs erboten. Nach den Umständen ist es ebenso gut möglich, dass es sich bei dem Angebot um einen Bekannten des Beklagten handelt, der diesem womöglich sonst Prostituierte zum Zwecke eigener geschlechtlicher Befriedigung zuführt. Ebenso gut ist es mit der Aussage des Polizeibeamten … möglich, dass es sich bei der … um eine Prostituierte, mag sein bei dem … um deren Zuhälter handelt. Da offenbar diese beiden, nicht aber ein Dritter, das Bett miteinander geteilt hatten, ist für die Ausübung der Prostitution am 01.05.2001 nichts ersichtlich.

Unbeschadet der polizeilichen Aussage der … (Bl. 10 der Beiakte) ist es zwar nach dem Zeugnis des Polizisten … auch nicht ohne weiteres auszuschließen, dass diese und der …, bei dem Bargeld in Höhe von 1.000,00 DM vorgefunden worden sein soll, in der Wohnung des Beklagten unterkamen, damit die … im Eigelsteinviertel der Prostitution nachging. Indes erschließt hieraus nicht zwingend, ein solches sollte in der Wohnung des Beklagten geschehen. Mag eine solche Annahme auch nicht ohne weiteres lebensfremd erscheinen, weil dann ein häufiger Ortswechsel nicht erforderlich wäre, so bleibt ein solcher Schluss jedoch reine Vermutung.

Bei der Beweiswürdigung hat das Gericht im übrigen alle Umstände des Falles sowie des Verfahrensganges zu würdigen. Dies gilt also auch für das Fernbleiben des Klägers vom Beweisaufnahmetermin, zu dem sein persönliches Erscheinen ausdrücklich per Beschluss angeordnet worden war. Der vorgebliche Grund des Klägers, er fühle sich von dem Beklagten bedroht, weil dieser angegeben habe, er, der Kläger, werde ihn, den Beklagten, schon kennen lernen, erscheint vorgeschoben. Statur, Erscheinen und Auftreten des Beklagten lassen kaum nur den Schluss zu, irgendjemand müsse den Beklagten je ernstlich fürchten. Bei dem Beklagten handelt es sich – er mag die Darstellung des Gerichts nachsehen – um einen recht schmächtigen, schwächlich wirkenden Mann von nur minderer Körpergröße. Während des Termins hielt sich dieser still bedeckt und machte keineswegs den Eindruck einer Person, vor der man sich in der einen oder anderen Weise ernstlich fürchten müsste. Folglich kann das Fernbleiben des Klägers kaum anders gedeutet werden, als dass er einer Befragung durch den Beklagten bzw. dessen Anwaltschaft oder seitens des Gerichts entgehen wollte.

Für alles weitere, insbesondere für die regelmäßige Vorhaltung der Wohnung für die Ausübung der Prostitution, ist mit den erhobenen Beweisen nichts Hinreichendes erfindlich. Die Zeugen haben für die Vergangenheit nichts bekundet. Sie haben vielmehr nur Mutmaßungen und Rückschlüsse aus dem Zustand vom 01.05.2001 wiedergegeben. Diese sind ohne weiteres jedoch nicht zwingend, da sie ebenso gut mit der Befriedigung der sexuellen Vorlieben des Beklagten in Zusammenhang stehen können.

Die übrigen, wegen angeblicher zahlreicher weiterer Vorfälle erbotenen Beweismittel, nämlich drei im selben Anwesen wohnende Zeugen, sind von dem Kläger selbst sämtlich zurückgezogen worden. Der Kläger mag seine Gründe hierfür gehabt haben. Dann aber bleibt es bei dem gewonnen Ergebnis der Beweisaufnahme.

Die Sexsucht des Beklagten, die dieser in der mündlichen Verhandlung in der Tat nicht bestritten hat, stellt als solche dagegen einen Kündigungsgrund nicht dar. Soweit der Beklagtenvertreter allen Ernstes christliche Glaubensauffassungen anführen zu müssen meint, ist es zwar alles andere als Sache des Klägers noch gar des Gerichts, hier ein remissa sunt tibi peccata auszusprechen. Dem Kläger ist es eher zuzugeben, dass der Beklagte sich weit mehr und deutlich ein et non pecca amplius entgegenhalten lassen müsste. Dies kann naturgemäß dahin stehen. Das Amtsgericht ist nicht die Rota bzw. das Offizialat. Auch ist das BGB nicht die Hl. Schrift oder der codex iuris canonici. Die Ausübung außerehelicher sexueller Vorlieben in den eigenen vier Wänden stellt regelmäßig keinen Grund dar, die fristlose Kündigung auszusprechen. Denn ein etwa zulässiges bloßes moralisches Unwerturteil langt für ein Räumungsurteil regelmäßig nicht hin (vgl. nur die wahrhaft historisch zu nennende Entscheidung des LG Bonn vom 22. März 1976, Az: 6 S 16/76, veröffentlicht etwa WuM 1977, 71 f.). Ein Anderes möchte allenfalls bei hinreichender „Außenwirkung“ der Vornahme geschlechtlicher Handlungen gelten. Aber selbst dann, wenn man sich gleichsam die Nase an den Fensterscheiben der Wohnung des Beklagten platt drücken könnte, um der womöglich adäquat illuminierten sexuellen Lustgewinnung zuzuschauen (vgl. Schriftsatz des Klägers vom 05.10.2001, Seite 2 untere Hälfte, Blatt 28 Gerichtsakte), ändert dies nichts. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass solchem Treiben ganz ohne weiteres, gleichsam völlig ungehindert und unbeschränkt, also in aufgedrängter und aufdringlicher Weise zugeschaut werden könnte. Sodann darf doch nicht außer Acht bleiben, dass es sich vorliegend um eine Wohnung im Eigelsteinviertel handelt. Insoweit trifft es durchaus zu, dass es sich dabei um ein „alteingesessenes und traditionelles Kölner Stadtquartier“ handelt. Andererseits gilt nach wie vor bei unbefangener Betrachtung mit dem kölschen Evergreen: am Eigelstein es Musik …. Weitere Ausführungen kann sich das Gericht wahrlich ersparen.

Nach alledem ist die Klage jedenfalls abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 108 Abs. 1, 708 Nr. 7, 711 ZPO.

Streitwert: (6.000,00 DM) 3.067,75 €

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