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Reisepreisminderung bei verzögerter Anreise zum Ausgangsort bei Kreuzfahrt

Reisepreisminderung bei verzögerter Anreise: Das Urteil des Amtsgerichts Rostock

Das Amtsgericht Rostock hat in seinem Urteil vom 28.01.2015 entschieden, dass Reisende Anspruch auf eine Minderung des Reisepreises haben, wenn ihre Anreise zu einer Kreuzfahrt verzögert ist. Die Minderung wurde auf der Basis des Gesamtreisepreises und der verlorenen Urlaubszeit berechnet. Ein Anspruch auf Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude wurde jedoch abgelehnt, da die Verzögerung auf Faktoren zurückzuführen war, die der Reiseveranstalter nicht zu vertreten hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 47 C 181/14   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Reisepreisminderung für die verzögerte Anreise zur Kreuzfahrt wurde anerkannt.
  2. Festlegung der Minderungshöhe auf 2 1/2 Tagesreisepreise, basierend auf dem Gesamtreisepreis.
  3. Berechnungsgrundlage für den Tagesreisepreis orientiert sich an der Dauer der eigentlichen Schiffsreise.
  4. Kein Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude, da die Beklagte die Verzögerungen nicht zu vertreten hatte.
  5. Ursachen der Verzögerung: Streik am Flughafen und technischer Defekt am Flugzeug.
  6. Auswirkungen der Verzögerung: Verkürzung des Urlaubs um zwei Tage und zwei Stunden.
  7. Bordguthaben und bereits geleistete Rückzahlungen wurden bei der Minderung berücksichtigt.
  8. Keine Berücksichtigung der subjektiven Wahrnehmung einer lebensgefährlichen Situation durch die Kläger für die Beurteilung des Reisemangels.

Verzögerte Anreise zur Kreuzfahrt: Ein Fall von Reisepreisminderung

Verzögerte Anreise zum Kreuzfahrtschiff
(Symbolfoto: Wangkun Jia /Shutterstock.com)

Das Amtsgericht Rostock verhandelte einen Fall, in dem die Kläger, ein Ehepaar, gegen die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, aufgrund einer verzögerten Anreise zu einer Kreuzfahrt klagten. Ursprünglich war die Kreuzfahrt so geplant, dass sie in Santos, Brasilien, beginnen sollte. Die Kläger sollten am 21. Februar 2014 von Frankfurt nach Santos fliegen. Aufgrund eines Streiks am Frankfurter Flughafen kam es jedoch zu einer Verzögerung. Die Kläger wurden in einem Hotel untergebracht und reisten erst am nächsten Tag ab. Ein technischer Defekt zwang das Flugzeug zu einer Notlandung auf Gran Canaria, was zu weiteren Verzögerungen führte. Letztlich erreichten die Kläger das Kreuzfahrtschiff in Rio de Janeiro mit einer Verspätung von fast zwei Tagen.

Forderungen der Kläger und Rechtsgrundlagen

Die Kläger forderten eine Reisepreisminderung für drei verlorene Urlaubstage sowie Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude. Sie machten geltend, sich in einer lebensgefährlichen Situation befunden zu haben, und vertraten die Auffassung, dass die Verzögerungen von der Beklagten zu vertreten seien. Die Rechtsgrundlage für ihren Anspruch fanden sie in den §§ 651d Abs. 1 und 651c Abs. 1 BGB, die besagen, dass ein Reiseveranstalter verpflichtet ist, eine Reise ohne Mängel zu erbringen, und dass bei Mängeln eine Minderung des Reisepreises vorgesehen ist.

Gerichtliche Bewertung und Urteilsfindung

Das Gericht stellte fest, dass die Kläger einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises hatten, der sich auf 2 1/2 Tagesreisepreise belief, insgesamt also 996,08 €. Nach Abzug der bereits erhaltenen 797,00 € blieb ein Betrag von 199,08 €. Die Berechnung basierte auf dem Gesamtpreis der Kreuzfahrt und berücksichtigte die Gesamterfahrung der Reise. Wichtig war hierbei die Feststellung, dass die Minderung des Reisepreises nicht an einzelnen Defiziten, sondern an der Gesamtqualität der Reise gemessen wird.

Kein Anspruch auf Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude

Interessant war, dass das Gericht den Anspruch auf Schadenersatz für entgangene Urlaubsfreude verneinte. Es stellte fest, dass die Beklagte weder den Streik am Flughafen noch den technischen Defekt am Flugzeug zu vertreten hatte. Die Kläger konnten auch nicht nachweisen, dass sie sich in einer lebensbedrohlichen Situation befunden hatten. Das Gericht betonte, dass technische Defekte und damit verbundene Zwischenlandungen zum allgemeinen Lebensrisiko gehören und nicht automatisch einen Mangel der Reise darstellen.

Insgesamt zeigt das Urteil auf, dass bei Reisepreisminderungen eine differenzierte Betrachtung der Umstände erforderlich ist. Die Entscheidung des Amtsgerichts Rostock illustriert, wie Gerichte mit Verzögerungen und Mängeln bei Pauschalreisen umgehen und welche Faktoren bei der Bewertung einer Minderung des Reisepreises oder der Gewährung von Schadenersatz eine Rolle spielen.

Das vollständige Urteil (Az.: 47 C 181/14) ist ein weiteres Beispiel dafür, wie im Reiserecht individuelle Umstände und die spezifischen Rechte der Reisenden gegenüber Reiseveranstaltern abgewogen werden.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Welche Rolle spielt ein technischer Defekt bei der Beurteilung von Reisemängeln?

Ein technischer Defekt kann bei der Beurteilung von Reisemängeln eine wichtige Rolle spielen. Wenn ein technischer Defekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise führt, kann dies als Reisemangel angesehen werden. Beispiele hierfür sind defekte Klimaanlagen in Hotels oder technische Probleme mit Flugzeugen, die zu erheblichen Verspätungen führen.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht jeder technische Defekt automatisch als Reisemangel gilt. Die Beurteilung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Schwere des Defekts und den Auswirkungen auf die Reise. So kann beispielsweise eine defekte Klimaanlage in einem Hotel nur dann als Reisemangel angesehen werden, wenn sie in der Hotelbeschreibung zugesichert wurde und hohe Temperaturen vorherrschen.

Im Falle eines technischen Defekts an einem Flugzeug gelten diese in der Regel nicht als außergewöhnliche Umstände, die eine Entschädigung ausschließen würden. Daher können Passagiere in solchen Fällen Ansprüche auf Betreuungsleistungen, Ausgleichszahlungen oder eine Flugpreiserstattung geltend machen.

Wenn ein Reisemangel auftritt, sollten Reisende diesen unverzüglich der Reiseleitung vor Ort melden und Abhilfe verlangen. Wenn der Mangel nicht behoben wird, kann der Reisende eine Minderung des Reisepreises verlangen oder unter Umständen sogar den Reisevertrag kündigen. Es ist ratsam, Mängel schriftlich festzuhalten und gut zu dokumentieren, um später Ansprüche geltend machen zu können.

Wie wird die Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt berechnet?

Die Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt wird in der Regel anteilig am Tagesreisepreis berechnet, wenn nur einzelne Tage betroffen sind. Die genaue Höhe der Minderung hängt von der individuellen Beeinträchtigung der Kreuzfahrt ab. Beispielsweise kann eine verspätete An- oder Abreise zu einer Minderung von bis zu 100% des Tagesreisepreises führen, während eine Änderung der Kreuzfahrtroute zu einer Minderung von 15 bis 50% des Tagesreisepreises führen kann.

Die „Frankfurter Tabelle“ und die „Würzburger Tabelle“ sind zwei wichtige Referenzen, die zur Berechnung der Minderung des Reisepreises herangezogen werden können. Diese Tabellen enthalten Prozentsätze zur Minderung des Reisepreises basierend auf verschiedenen Arten von Reisemängeln.

Es ist wichtig, dass Reisemängel unverzüglich dem Reiseveranstalter gemeldet werden, um eine Minderung des Reisepreises geltend machen zu können. Die Höhe der Minderung hängt vom Grad der Beeinträchtigung ab.

In einigen Fällen, wie beispielsweise bei erheblichen Routenänderungen, kann die Reise ohne weitere Zahlungsverpflichtung vom Reisenden gekündigt werden. In solchen Fällen ist der Veranstalter verpflichtet, den Reisenden auf seine Kosten nach Hause zu bringen.

Es ist zu beachten, dass die Berechnung der Minderungshöhe bei einer Kreuzfahrt nicht schematisch aufgrund eines für jeden Reisetag anzusetzenden gleichen Betrages erfolgen kann. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich, bei der einzelnen Teilen des Reiseprogramms unterschiedliches Gewicht beizumessen sein kann.

Inwieweit sind Reiseveranstalter für Verzögerungen wie Streiks oder technische Defekte verantwortlich?

Reiseveranstalter tragen eine gewisse Verantwortung für Verzögerungen wie Streiks oder technische Defekte. Bei Pauschalreisen sind sie in der Pflicht, sich um eine alternative Beförderung zu kümmern, wenn es zu erheblichen Verzögerungen kommt. Sie sind auch für Kosten verantwortlich, die durch eine Verspätung entstehen.

Im Falle eines Streiks müssen Reiseveranstalter nach einer Möglichkeit suchen, damit die Reisenden an ihr Ziel gelangen. Bei technischen Defekten, die nicht als außergewöhnliche Umstände gelten, können Reisende Ansprüche sowohl gegen die Fluggesellschaft (Ausgleichszahlungen und/oder Betreuungsleistungen) als auch gegen den Reiseveranstalter (Ansprüche auf Schadenersatz) geltend machen.

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Wenn ein Flug im Rahmen einer Pauschalreise deutlich verspätet ist, können Urlauber den Reisepreis mindern. Die Höhe der Preisminderung richtet sich dann nach der Reisedauer. Bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden können Reisende den Reisepreis zurückverlangen.

Es ist jedoch zu beachten, dass Streiks oft als höhere Gewalt betrachtet werden, was die Verantwortung der Reiseveranstalter einschränken kann. Bei technischen Problemen muss die Fluggesellschaft nachweisen, dass sie keine Verantwortung für den Defekt trägt.

Der richtige Ansprechpartner hängt also davon ab, was Sie im Einzelfall erreichen wollen. Bei selbst gebuchten Flügen ist die Fluggesellschaft der richtige Ansprechpartner, während bei Pauschalreisen der Reiseveranstalter zuständig ist.

Unter welchen Umständen besteht ein Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude?

Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude besteht in der Regel, wenn bei einer Pauschalreise erhebliche Reisemängel auftreten, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder sogar zur Verhinderung der Reise führen.

Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch sind:

  • Pauschalreise: Der Anspruch auf Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude ergibt sich aus dem Pauschalreiserecht und besteht daher ausschließlich für Pauschalreisen, die ein Paket aus Anreise und Übernachtung zu einem Gesamtpreis umfassen.
  • Reisemangel: Eine Entschädigung ist nur möglich, wenn ein Reisemangel vorliegt, der die Reise erheblich beeinträchtigt.
  • Erhebliche Beeinträchtigung bzw. Verhinderung: Der Reisemangel muss so gravierend sein, dass er eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise darstellt. Nicht jeder Mangel reicht aus, um einen Anspruch auf Schadensersatz zu begründen.

Die Höhe des Schadensersatzes wegen entgangener Urlaubsfreude wird individuell bewertet und es gibt keine festen Beträge oder Prozentsätze im Gesetz. Die Rechtsprechung orientiert sich an den Umständen des Einzelfalls. Es wird empfohlen, Reisemängel vor Ort zu dokumentieren und Zeugen zu notieren, um die Ansprüche später geltend machen zu können.

Zu beachten ist, dass der Anspruch auf Schadensersatz nicht besteht, wenn der Reisende den Mangel selbst verursacht hat oder wenn der Mangel durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verursacht wurde wie die Covid-19-Pandemie.


Das vorliegende Urteil

AG Rostock – Az.: 47 C 181/14 – Urteil vom 28.01.2015

1. Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Rostock vom 01.10.2014 wird die Beklagte verurteilt, an die Kläger 199,08 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.04.2014 sowie 83,54 € zu zahlen.

Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil aufrechterhalten.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zusammen 82 %, die Beklagte trägt 18 %. Hiervon ausgenommen sind die Kosten der Säumnis der Kläger. Diese tragen die Kläger allein.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger fordern die teilweise Rückzahlung des Reisepreises für eine Schiffsreise sowie Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude.

Der Kläger buchte für sich und die Klägerin bei der Beklagten als Reiseveranstalterin eine Südamerika-Kreuzfahrt. Die eigentliche Schiffsreise sollte am 22.02.2014 um 23.58 Uhr in Santos/Brasilien beginnen und dauerte bis zum 08.03.2014. Die planmäßige Abflugszeit von Frankfurt/Main nach Santos war der 21.02.2014, 21.00 Uhr. Aufgrund eines Streiks am Flughafen Frankfurt/Main konnte der geplante Flug nicht durchgeführt werden; die Kläger wurden in einem Hotel untergebracht. Am 22.02.2014 flogen die Kläger von Frankfurt/Main in Richtung Sao Paulo ab. Wegen eines technischen Defektes (ein Ventilator in der Toilette hatte sich entzündet) musste das Flugzeug auf Gran Canaria notlanden. Vor der Notlandung ließen die Piloten Treibstoff ab. Auf Gran Canaria wurden die Kläger nachts zu einem Hotel gebracht. Am Abend des 23.02.2014 erfolgte der Weiterflug nach Sao Paulo. Hier kamen die Kläger gegen 2.10 Uhr Morgens an und erreichten gegen 5.00 Uhr ein von der Beklagten organisiertes Hotel. Am Nachmittag erfolgte der Weiterflug nach Rio de Janeiro, wo die Kläger gegen 18.00 Uhr das Schiff erreichten.Die Kläger fordern eine Reisepreisminderung für drei Urlaubstage im Umfang von 199,21 € pro Tag und Person, d.h. in Höhe von insgesamt 1.195,26 €. Weiterhin fordern sie Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude in Höhe von 350,00 € je Person, mithin in Höhe von insgesamt 700,00 €. Die Beklagte hatte den Klägern zusammen ein Bordguthaben in Höhe von 300,00 € gewährt und nach der Reise den Reispreis in Höhe von insgesamt 497,00 € zurückgezahlt. Die vorgenannten Beträge berücksichtigen die Kläger mit der Klageforderung.

Die Kläger tragen vor, sie hätten sich aufgrund der Notlandung in einer lebensgefährlichen Situation befunden. Weiterhin sind sie der Auffassung, die Verzögerungen seien von der Beklagten zu vertreten.

Nachdem die Kläger in der mündlichen Verhandlung am 01.10.2014 keinen Antrag stellten erging gegen sie antragsgemäß ein klageabweisendes Versäumnisurteil. Gegen dieses, den Prozessbevollmächtigten der Kläger am 07.10.2014 zugestellte Versäumnisurteil legten die Kläger durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.10.2014, eingegangen per Fax am 17.10.2014, Einspruch ein.

Die Kläger beantragen nunmehr,

1. das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Rostock vom 01.10.2014 aufzuheben;

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 1.098,26 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem Betrag von 1.900,00 € ab dem 08.04.2014 zu zahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger Schadenersatz zu leisten für entstandene vorgerichtliche Kosten anwaltlicher Tätigkeit in Höhe von 255,85 €.

Die Kläger hatten zunächst Zahlung in Höhe von 1.108,50 € gefordert und die Klage dann im Umfang des den Betrag von 1.098,26 € übersteigenden Betrages mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Die Kläger haben gegen die Beklagte gemäß §§ 651d Abs. 1, 651 c Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Minderung des Reisepreises im Umfang von 2 1/2 Tagesreisepreise, mithin in Höhe von 996,08 €.

Abzüglich der bereits erhaltenen 797,00 € verbleibt eine berechtigte Forderung in Höhe von 199,08 €.

Gemäß § 651c Abs. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern. Vorliegend war die Reise aufgrund der verspäteten Anreise mangelhaft.

Ist die Reise mangelhaft, mindert sich nach § 651 d Abs. 1 BGB für die Dauer des Mangels der Reisepreis nach Maßgabe des § 638 Abs. 3 BGB. Nach § 638 Abs. 3 S. 1 BGB ist die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen, in welches zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Die Minderung ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln (§ 638 Abs. 3 S. 2 BGB). Sie besteht regelmäßig nicht in einem festen Betrag, sondern wird in einem Prozentsatz des Reisepreises ausgedrückt. Dabei wird der Gesamtpreis und nicht nur der auf die mangelhafte Teilleistung entfallene Teilpreis zugrunde gelegt. Bei einer Kreuzfahrt ist eine Gesamtbetrachtung der Reise erforderlich. Sie weist regelmäßig eine bestimmte Prägung auf, die nicht lediglich durch Fahrtroute und -dauer sowie die Ausstattung des Kreuzfahrtschiffes bestimmt wird, sondern wesentlich auch durch die touristischen Schwerpunkte, die sich aus den verschiedenen angelaufenen Häfen und den dort angebotenen Landgängen und Besichtigungen sowie gegebenenfalls besonders reizvolle Meeres- und Küstenpassagen ergeben, die auf komfortable Weise und unter kundiger Führung zu sehen und zu erfahren, die Kreuzfahrt dem Teilnehmer möglich machen soll. Einzelne Teile des Reiseprogramms können dabei unterschiedliches Gewicht gewinnen (BGH MDR 2013, 1151). Daher ist bei der Berechnung der Minderung grundsätzlich an den Gesamtreisepreis anzuknüpfen. Damit wird der Minderung ein Tagesgesamtpreis zugrunde gelegt, von dem aus dann ein prozentualer Abschlag vorgenommen wird, welcher mit der Zahl der beeinträchtigten Tage multipliziert wird (Führich Reiserecht 6. Aufl., Rn. 299).

Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen war die eigentliche Schiffsreise vom 22.02.14 bis 24.02.14 in einem solchen Umfang gemindert, dass der Reisepreis anteilig für zwei volle Tage zurückzuzahlen ist. Unter Berücksichtigung des unstrittigen Sachvortrages der Beklagten, dass ein Einchecken auf dem Schiff am 22.02.2014 ab 16.00 Uhr möglich gewesen wäre und der Tatsache, dass die Kläger das Schiff am 24.02.2014 gegen 18.00 Uhr erreichten ist festzustellen, dass für die Kläger der Urlaub auf dem Schiff um zwei Tage und zwei Stunden verkürzt war.

Über den bereits festgestellten Minderungsanspruch im Umfang von zwei Tagesreisepreisen hinaus rechtfertigt die verzögerte Anreise eine weitere Minderung im Umfang eines halben Tagesreisepreises. Ursprünglich hätten die Kläger Brasilien (Santos) am Morgen des 22.04.2014 erreicht. Statt dessen landeten die Kläger erst am 24.02.2014 Nachmittags in Brasilien (Rio de Janeiro). Die Zwischenlandung in Sao Paulo ist in diesem Zusammenhang zu vernachlässigen, da damit kein Erholungswert verbunden war. Die mit der verspäteten Anreise verbundenen erheblichen Unannehmlichkeiten sowie der ausgefallene Aufenthalt zwischen Landung und Betreten des Schiffes im Ausgangsort der Schiffsreise stellen ebenfalls eine Schlechtleistung im o.g. Sinne dar, die zu einer Minderung des Reisepreisanspruchs der Beklagten in Höhe eines halben Tagesreisepreises führt. Zusammenfassend verkürzte sich der Aufenthalt in Südamerika vom 22.02.14 morgens bis zum 24.02. am frühen Abend. Dies sowie die mit der Anreise verbundenen erheblichen Unannehmlichkeiten rechtfertigen die Feststellung eines Minderungsanspruchs im Umfang von 2 1/2 Tagesreisepreise.

Bei der Berechnung des Tagesreisepreises ist von einer Reisedauer von 14 Tagen auszugehen. Diese Reisedauer betrifft die eigentliche Schiffsreise. Nicht entschieden werden muss, ob die übrigen Tage als An- und Abreisetage bei der Minderung nicht zu berücksichtigen sind. Denn bei einer entsprechenden Minderung würde der Tagesreisepreis nicht mit 14 Tagen sondern mit 16 Tagen berechnet werden. In diesem Fall wäre der Minderungsanspruch der Kläger, ausgehend von einer berechtigten Minderung im Umfang von 2 1/2 Tagesreisepreisen geringer als der jetzt festgestellte Minderungsanspruch.

Zusammenfassend errechnet sich ein berechtigter Minderungsanspruch ausgehend von einem Reisepreis in Höhe von 5.578,00 € und einer 14-tägigen Kreuzfahrt, d.h. bei einem Tagesreisepreis in Höhe von 398,43 € und einer berechtigten Minderung im Umfang von 2,5 Tagesreisepreisen in Höhe von insgesamt 996,08 €. Abzüglich der bereits erhaltenen 797,00 € (das Bordguthaben kam den Klägern wirtschaftlich zu Gute und ist mit zu berücksichtigen) verbleibt ein berechtigter Minderungs- und damit Rückzahlungsanspruch in Höhe von 199,08 €.

Soweit die Kläger vortragen, sie hätten sich in einer lebensgefährlichen Situation befunden ist dies strittig. Objektiv tragen die Kläger nicht ausreichend dafür vor, dass eine solche Feststellung getroffen werden kann. Die zweifellos subjektiv für die Kläger sehr belastende Situation einer Notlandung eines Flugzeuges nach Auftreten von Brandgeruch in der Kabine rechtfertigt für sich noch keine Berücksichtigung bei der Bewertung, ob die Reise mangelhaft war, wenn wie hier keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür festzustellen sind, dass tatsächlich eine bedrohliche Notsituation vorgelegen habe. Das Auftreten technischer Defekte beim Flug und eine damit verbundene Zwischenlandung zum Ausschluss einer Gefahrensituation gehört zum allgemeinen Lebensrisiko. Die vom Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 15.07.2008 (NJW 2008, 2775) dargelegten Grundsätze sind vorliegend nicht anwendbar. Denn dort wurde als feststehend zugrundegelegt, dass es auf einem Flug zu einem Beinahabsturz gekommen sei.

Letztlich rechtfertigt auch der Umstand, dass sich die Kläger nach ihrem Vortrag während den ersten Tagen der Schiffsreise nicht ihrer Erholung widmen konnten, weil sie sich um die Mängelanzeige kümmerten, keinen Minderungsanspruch. Hier fehlt es bereits am Vortrag objektiver Tatsachen für eine Feststellung, dass durch eine Schlechtleistung der Beklagten eine Mängelanzeige notwendigerweise ununterbrochen mehrere Tage in Anspruch nahm. Abgesehen davon machen die Kläger für die nach Erreichen des Schiffs folgenden Tage auch keine konkrete Minderung geltend.

Weiterhin besteht kein Anspruch auf Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude. Gemäß § 651f BGB setzt ein solcher Anspruch voraus, dass die erheblichen Beeinträchtigungen des Urlaubs, welche hier zweifellos für die ersten beiden Tage festzustellen wären, durch die Reiseveranstalterin, d.h. durch die Beklagte zu vertreten sind. Dies kann nicht festgestellt werden. Unstrittig war die ursprüngliche Flugverzögerung auf einen Streik am Flughafen Frankfurt/Main zurückzuführen. Die weitere Flugverzögerung resultierte dann aufgrund eines technischen Defektes im Flugzeug. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die Beklagte oder deren Erfüllungsgehilfen den Streik oder den technischen Defekt im Flugzeug zu vertreten hätten.

Die Nebenforderungen sind aufgrund des Zahlungsverzuges der Beklagten im Umfang ihrer Verurteilung gemäß §§ 286 ff. BGB begründet. Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nur in Höhe der Kosten, die sich nach dem Gegenstandswert errechnen, mit dem die Kläger vorliegend obsiegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 344 ZPO.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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