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Rückabwicklung Grundstückskaufvertrag wegen arglistig verschwiegener Mängel

LG Münster – Az.: 4 O 9/12 – Urteil vom 03.08.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar bezüglich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 1) als Verkäuferin, den Beklagten zu 2) als Bevollmächtigten der Beklagten zu 1) sowie die Beklagte zu 3) als Maklerin aus einem Grundstückskaufvertrag wegen arglistig verschwiegener Mängel auf Rückabwicklung in Anspruch.

Der Immobilienservice der Beklagten zu 3) bewarb im Jahre 2008 das Hausgrundstück C.str. … S. mit verschiedenen Exposés. Beim ersten Exposé hieß es unter anderem, dass die angebotene Doppelhaushälfte aus dem Baujahr 1967 stammte. Weiter heißt es dort wie folgt:

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In einem weiteren Exposé hieß es nunmehr, dass das Baujahr 1937 sei und ein Neuaufbau 1967 erfolgt sei. Im Übrigen war das Exposé unverändert, wobei allerdings der Kaufpreis von 110.000,00 € auf 75.000,00 € heruntergesetzt war.

Die Klägerin besichtigte das Objekt sodann, wobei zwischen den Parteien streitig ist, welche Erklärungen der Leiter des Immobilienservices der Beklagten zu 3), Herr L., ihr gegenüber abgab. Unter dem 20.11.2008 erwarb die Klägerin sodann das Hausgrundstück von dem Beklagten zu 2), wobei dieser als Vertreter für seine Mutter, die Beklagte zu 1), auftrat. In dem notariellen Kaufvertrag heißt es unter anderem wie folgt:

§ 6 – Mängel, Baulasten

Mängelhaftung

1. Der Verkäufer schuldet den lastenfreien Besitz- und Eigentumsübertragung des Grundstücks, soweit nicht in diesem Vertrag etwas anderes bestimmt ist. Ausgeschlossen werden alle Rechte und Ansprüche des Käufers wegen etwaiger, altrechtlicher Dienstbarkeiten und Baulasten. Der Verkäufer versichert, dass ihm von solchen Belastungen nichts bekannt ist.

Der Käufer hat das Grundstück besichtigt. Der Verkäufer schuldet weder ein bestimmtes Flächenmaß noch die Verwendbarkeit des Grundstücks für Bebauungszwecke. Alle Ansprüche und Rechte wegen Sachmängeln an dem Grundstück einschließlich nicht erkennbarer Mängel werden hiermit, außer für den Fall des Vorsatzes, ausgeschlossen. Garantien werden nicht abgegeben. Der Verkäufer erklärt, dass ihm nicht erkennbare Mängel, insbesondere auch Ablagerungen, Kontaminierungen oder Altlasten im Sinne des § 2 BBodschG nicht bekannt sind. Der Verkäufer tritt hiermit etwaige Rückgriffsansprüche gegen Voreigentümer an den dies annehmenden Verkäufer aufschiebend bedingt mit vollständiger Kaufpreiszahlung ab. Ausgleichsansprüche untereinander, insbesondere nach § 24 Abs. 2 BBodschG, werden hiermit ausgeschlossen.

2. Baulasten, im Grundbuch nicht eingetragene Dienstbarkeiten und nachbarrechtliche Beschränkungen werden von dem Käufer übernommen; solche sind dem Verkäufer über die in dieser Urkunde angegebenen hinaus nicht bekannt. Der Verkäufer garantiert, dass er Eintragungen in das Baulastenverzeichnis nicht veranlasst hat. Die Beteiligten wurden auf die Möglichkeit hingewiesen, das Baulastenverzeichnis selbst einzusehen.

Nach Hinweis der Notarin erklärt der Käufer, dass ihm weder durch den Verkäufer noch durch Dritte, Angaben oder Garantien zur Beschaffenheit gemacht wurden, die nicht auch in diesem Vertrag aufgenommen worden sind.

Die Klägerin nimmt die Beklagten nunmehr sämtlich auf Rückabwicklung des Kaufvertrages in Anspruch, nachdem sie mit Anwaltsschreiben vom 11.11.2010 die Anfechtung des Kaufvertrages den Beklagten zu 1) und 2) gegenüber erklärt hat.

Sie macht geltend, dass sich erst nach Erwerb des Objektes Feuchtigkeitsschäden im Obergeschoss wegen Undichtigkeit des Daches sowie Feuchtigkeit und Schimmelpilzbildung im Keller gezeigt hätten, nachdem im Keller die Vertäfelung entfernt worden sei. Hierzu trägt sie vor, dass die Holzvertäfelung im Keller offensichtlich nur zu dem Zweck angebracht worden sei, um die zahlreichen und großflächigen undichten, zum Teil nicht nur feuchten, sondern nassen Stellen zu kaschieren.

Weiter macht die Klägerin geltend, dass sie erst nach Vertragsschluss erfahren habe, dass das Haus entgegen der Anpreisung in dem zweiten Exposé der Beklagten zu 3) keineswegs 1967 neu aufgebaut worden sei, sondern dass lediglich die Küche und ein weiterer darüber befindlicher Raum angebaut worden sei. Insoweit macht die Klägerin geltend, dass sie über den wesentlichen Umstand des Baujahres beziehungsweise des Wiederaufbaujahres getäuscht worden sei.

Die Klägerin berechnet ihren Schaden entsprechend Blatt 8 f. der Klageschrift.

Sie beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 108.145,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Rückgabe des Hausgrundstücks in S., Cstraße … und Rückauflassung an die Beklagte zu 1) zu zahlen, die Beklagte zu 1) darüber hinaus zu verurteilen, der Klägerin weitere Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 73.000,00 € für die Zeit vom 06.01.2009 bis zur Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen sämtlich, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass der Klägerin gegenüber falsche Angaben gemacht worden seien.

Sie berufen sich im Übrigen auf den Gewährleistungsausschluss aus dem notariellen Vertrag.

Schließlich bestreiten sie die einzelnen geltend gemachten Mängel mit Nichtwissen.

Letztendlich bestreiten die Beklagten den geltend gemachten Schaden der Höhe nach.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie der hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat die Parteien zur Sachaufklärung angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 18.05.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Nach ihrem eigenen Vorbringen stehen der Klägerin keine Ansprüche wegen angeblich falscher Zusicherungen beziehungsweise verschwiegener Mängel aus §§ 812, 818 BGB, Verschulden bei Vertragsschluss beziehungsweise unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB zu.

Soweit sich die Klägerin auf Ungereimtheiten aus dem ihr von dem Leiter des Immobilienservices der Beklagten zu 3) übergebenen Exposés beziehungsweise auf Angaben dieses Vertreters der Beklagten zu 3) beruft, lässt sich eine Täuschung oder mangelnde Aufklärung der Klägerin nicht feststellen. Soweit sie geltend machen will, dass der Vertreter der Beklagten zu 3) erklärt habe, das Objekt sei 110 prozentig in Ordnung, ergibt sich aus dem Text beider Exposés, dass Renovierungsarbeiten jedenfalls erforderlich waren. Bei dieser Sachlage konnte die Klägerin nicht ernsthaft davon ausgehen, dass nichts zu machen war. Aus dem Text der Exposés ergibt sich eindeutig, dass gerade doch Renovierungsarbeiten anfielen.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass ihr bezüglich des angeblichen Neuaufbaus des Hauses im Jahre 1967 im Zuge der Vorstellung des Hauses falsche Angaben gemacht worden seien, muss sich die Klägerin entgegenhalten lassen, dass es in § 6 unter Ziffer 1 des notariellen Kaufvertrages heißt, dass Garantien nicht abgegeben werden. Weiter heißt es in § 6 Ziffer 2, 2. Absatz ausdrücklich, dass die Klägerin als Käuferin nach Hinweis der Notarin erklärt hat, dass ihr weder durch den Verkäufer noch durch Dritte Angaben oder Garantien zur Beschaffenheit gemacht worden sind, die nicht auch in den notariellen Vertrag aufgenommen worden sind. Damit ist eine Anpreisung in dem Sinne, dass das Haus im Jahre 1967 wieder aufgebaut worden wäre in zumindest gleichwertiger Weise wie diese Anpreisung gemacht worden ist, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB berichtigt. Es läge dann nach dieser Vorschrift keine Beschaffenheitsvereinbarung vor, weil die Klägerin nicht darauf gedrungen hat, dass eine entsprechende Bewerbung in dem notariellen Kaufvertrag Berücksichtigung fand. Bei dieser Sachlage spielt eine diesbezügliche Bewerbung des Hauses nach dem ausdrücklichen Inhalt des Kaufvertrages keine Rolle mehr.

Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, dass ihr Feuchtigkeitsschäden am Haus verschwiegen worden seien, lässt sich nicht feststellen, dass diese Feuchtigkeitsschäden der Beklagtenseite bekannt gewesen sind. Der hierzu angehörte Beklagte zu 2) hat ausdrücklich ausgeführt, dass ihm derartige Feuchtigkeitsschäden nicht bekannt gewesen seien. Soweit die Klägerin Sachverständigenbeweis dafür angeboten hat, dass die Feuchtigkeitsschäden schon vor Vertragsabschluss vorhanden waren und der Beklagtenseite bekannt waren, ist dieser Beweis ersichtlich auf unzulässige Ausforschung gerichtet. Dies gilt auch insoweit, als die Klägerin geltend macht, dass sich nach Entfernung der Holzvertäfelung dort im Keller Schimmel und Nässe gezeigt habe. Insoweit fehlt es am Vorbringen der Klägerin dazu, woraus gegebenenfalls ein Sachverständiger den Schluss ziehen soll, dass die Mängel schon von jeher bestanden und nicht erst in der jüngsten Vergangenheit entstanden sind. So hätte die Klägerin zunächst Ermittlungen selbst dazu anstellen müssen, wie alt die Feuchtigkeitsschäden tatsächlich waren. Gegebenenfalls hätte sie sich dazu der Hilfe eines Sachverständigen bedienen müssen, um festzustellen, dass die Feuchtigkeitserscheinungen sämtlich aus einer Zeit stammten, in welcher die Beklagten zu 1) oder zu 2) Kenntnis davon hätten erlangen müssen. Insbesondere hätte sie zum Beispiel auch feststellen lassen müssen, wann genau die Holzvertäfelung angebracht worden war, um gegebenenfalls zu dieser Zeit schon vorhandene Feuchtigkeit zu verdecken. Entsprechende Feststellungen zu Anknüpfungstatsachen, aufgrund derer ein Sachverständiger, der vom Gericht bestellt worden wäre, seine Feststellung hätte treffen können, sind aber nicht vorgetragen worden. Das Gericht ist von sich aus nicht befugt, einfach Ermittlungen dazu anzustellen, ob die Beklagten zu 1) und 2) insoweit tatsächlich Feuchtigkeitsschäden verschwiegen haben. Nach § 138 ZPO war es vielmehr Sache der Klägerin, zunächst die Anknüpfungstatschen selbst darzulegen, bevor das Gericht Veranlassung gehabt hätte, entsprechende Angaben durch Sachverständigengutachten zu überprüfen.

Die Klägerin ist auf diesen Gesichtspunkt auch im Termin vom 18.05.2012 hingewiesen worden und es ist ihr Gelegenheit gegeben worden, zu den insoweit geltend gemachten Bedenken vorzutragen. Entsprechender Vortrag von Seiten der Klägerin ist sodann nicht fristgerecht erfolgt.

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Nach alledem gilt der Gewährleistungsausschluss, ohne dass sich aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt, dass die Beklagten sie unredlich über das Nichtvorhandensein von Mängeln beziehungsweise über Eigenschaften des Hausgrundstückes getäuscht haben.

Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden. Der Inhalt des nicht fristgerecht eingereichten Schriftsatzes vom 11.07.2012 hat keine Veranlassung gegeben, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

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