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Rückforderungen von Zuwendungen an Schwiegerkind nach Scheidung der Ehe

OLG Düsseldorf – Az.: II-3 UF 2/14 – Beschluss vom 25.04.2014

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Moers vom 06.12.2013 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragsteller als Gesamtgläubiger 28.400,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller jeweils zu 6,5 % und der Antragsgegner zu 87 %.

Der Beschwerdewert wird auf 32.784,77 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragsteller sind die ehemaligen Schwiegereltern des Antragsgegners. Der Antragsgegner war mit der Tochter der Antragsteller, Frau R., seit dem 20.05.2005 verheiratet. Aus der Ehe sind zwei Kinder, geboren am 23.09.2008 und am 17.11.2010, hervorgegangen. Als Frau R… von dem Antragsgegner das erste Kind erwartete, kauften die Eheleute mit notariellem Vertrag vom 15.04.2008 ein Einfamilienhaus zum Preis von 240.000,00 EUR als Familienheim. Zur Unterstützung der Finanzierung überwiesen die Antragsteller am 23.04.2008 auf das gemeinsame Konto ihrer Tochter und des Antragsgegners einen Betrag von 65.765,55 EUR mit dem Verwendungszweck „Schenkung“.

Im März 2011 trennten sich die Tochter der Antragsteller und der Antragsgegner, nachdem die Tochter sich ihrem Jugendfreund wieder zugewandt hatte. Mit notariellem Vertrag vom 19.05.2011 veräußerten die Eheleute das Einfamilienhaus zu einem Kaufpreis von 280.000,00 EUR. Nach Abzug aller Verbindlichkeiten verblieb ein Erlös von 61.221,54 EUR, der an den Antragsgegner und seine Ehefrau jeweils zur Hälfte, mithin in Höhe von 30.610,77 EUR, ausgezahlt wurde.

Am 30.11.2012 wurde die Ehescheidung ausgesprochen.

Mit Schreiben vom 06.12.2012 forderten die Antragsteller den Antragsgegner auf, den Betrag von 32.882,77 EUR bis zum 31.12.2012 an die Antragsteller zu erstatten.

Rückforderungen von Zuwendungen an Schwiegerkind nach Scheidung der Ehe
Symbolfoto: Von SeventyFour /Shutterstock.com

Die Antragsteller sind der Auffassung, der Fortbestand der Ehe sei – für den Antragsgegner erkennbar – Grundlage der Schenkung gewesen. Dies ergebe sich für den Antragsgegner erkennbar aus der Höhe des Schenkungsbetrages und aus der Tatsache, dass mit der Zuwendung der Erwerb eines Familienheimes auch für das eigene Kind unterstützt werden sollte.

Eine Vermögensmehrung auf Seiten des Antragsgegners sei bei Scheitern der Ehe auch noch vorhanden gewesen. Dies ergebe sich bereits aus dem Übererlös nach Verkauf des Hauses. Ob sich sämtliche Investitionen und Arbeitsleistungen des Antragsgegners werterhöhend ausgewirkt hätten, spiele hierfür keine Rolle.

Seit dem 03.03.2011 (nach dem Vortrag in der Beschwerdebegründung seit dem 30.03.2011) habe die Tochter der Antragsteller das gemeinsame Haus nicht mehr genutzt, sondern mit den Kindern bei den Antragstellern gewohnt.

Die Antragsteller behaupten, bei dem zugewendeten Geldbetrag habe es sich um ihr gesamtes erspartes Vermögen gehandelt.

Die Antragsteller haben zunächst im Wege des Teilantrags beantragt, den Antragsgegner zur Zahlung von 3.000,00 EUR zu verpflichten.

Der Antragsgegner hat zunächst widerantragend beantragt, festzustellen, dass den Antragstellern im Zusammenhang mit ihrer Überweisung vom 24.04.2008 keinerlei Rückforderungsansprüche zustehen.

Daraufhin haben die Antragsteller ihren Antrag erweitert. Sie fordern nunmehr die Hälfte des Schenkungsbetrages, also 32.882,77 EUR, abzgl. eines an die Tochter abgetretenen Teils der Forderung in Höhe von 98,00 EUR,  mithin 32.784,77 EUR.

Die Beteiligten haben den negativen Feststellungsantrag des Antragsgegners übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Antragsteller haben zuletzt erstinstanzlich beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, an sie als Gesamtgläubiger 32.784,77 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2013 zu zahlen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag der Antragsteller zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, der Fortbestand der Ehe sei nicht Geschäftsgrundlage der Zuwendung gewesen. Dies sei angesichts einer Scheidungsquote von 51 % im Jahre 2008 illusionär. Selbst wenn die Antragsteller eine entsprechende Erwartung gehabt hätten, sei dies vom Antragsgegner nicht erkannt und akzeptiert worden. Wenn allein die Schwiegerkindbeziehung dazu führen würde, dass stets das Fortbestehen der Ehe Geschäftsgrundlage einer Zuwendung wäre, würde nach Auffassung des Antragsgegners der Kern des Schenkungsvertrages, nämlich die Nichtrückforderbarkeit, ausgehöhlt.

Die Antragsteller hätten zu dem Antragsgegner eine eigene sehr gute und freundschaftliche Beziehung aufgebaut und ihm deshalb etwas zuwenden wollen. Andernfalls hätten sie die Möglichkeit gehabt, den Betrag nur der eigenen Tochter zuzuwenden.

Der Antragsgegner meint, auch für den Fall, dass ein Rückforderungsanspruch dem Grunde nach bestehe, sei ein Abzug vorzunehmen. Zwischen Schenkung bzw.  Erwerb und Verkauf des Hauses sei beim Antragsgegner eine Vermögensminderung eingetreten. Denn dem Kaufpreis von 240.000,00 EUR seien Erwerbsnebenkosten und weitere Anschaffungskosten – für Küche, Fliesen etc. – gemäß der zur Akte gereichten Aufstellung (Anlage B1, Bl. 69 GA) hinzuzurechnen, so dass insgesamt Kosten von 310.630,17 EUR entstanden seien. Mit Verkauf des Hauses zum Preis von 280.000,00 EUR sei demnach ein Verlust von 30.630,17 EUR entstanden, der zur Hälfte, in Höhe von 15.315,09 EUR, auf den Antragsgegner entfalle. Dieser Betrag sei anspruchsmindernd in Abzug zu bringen.

Zudem habe der Antragsgegner 1.500 Arbeitsstunden in das Haus investiert, wodurch Handwerkerkosten im Umfang von ca. 50.000,00 EUR erspart worden seien. Wegen des weiteren Vortrags hierzu wird auf den Schriftsatz vom 11.06.2013 (Bl. 61ff. GA) und die zur Akte gereichte Auflistung (Anlage Ag 3, Bl. 81f. GA) Bezug genommen.

Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass die Tochter der Antragsteller 2 ½ Jahre lang von der Schenkung profitiert habe durch tatsächliche Nutzung des Hauses. Sie sei erst am 30.06.2011 aus dem Haus ausgezogen.

Schließlich müssten sich die Antragsteller auch zurechnen lassen, dass die Tochter der Antragsteller sich einem anderen Partner zugewandt habe und deshalb die Ehe gescheitert sei.

Das Amtsgericht Moers hat mit Beschluss vom 06.12.2013 den Antrag der Antragsteller als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Rückforderung einer Schenkung an das Schwiegerkind zur Finanzierung eines Familienheims nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage komme nur im Ausnahmefall in Betracht. Angesichts der hohen Scheidungsquote sei von den Antragstellern die Möglichkeit eines Scheiterns der Ehe in Betracht zu ziehen gewesen. Jedenfalls sei eine entsprechende Vorstellung der Antragsteller für den Antragsgegner nach den Gesamtumständen nicht erkennbar gewesen. Die Antragsteller hätten die Möglichkeit gehabt, durch eine eindeutige Zweckbestimmung mit der Zuwendung nur ihre Tochter zu begünstigen. Dass sie dies nicht getan haben, spreche gegen eine Rückforderungsmöglichkeit.

Mit ihrer Beschwerde wenden sich die Antragsteller gegen die Zurückweisung ihres Antrags, den sie vollumfänglich weiterverfolgen.

Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Er verweist zur Begründung auf obergerichtliche Entscheidungen, die die Annahme, dass ein Fortbestand der Ehe stets Geschäftsgrundlage einer Schwiegerkindzuwendung sei, ablehnten. Als Argumente gegen eine entsprechende Geschäftsgrundlage führt er neben der Scheidungsquote von über 50 % und der Möglichkeit der Schenkung ausschließlich an das eigene Kind auf, dass es sich bei der Schenkung an den Antragsgegner und seine Ehefrau um ein einheitliches Rechtsgeschäft gehandelt habe. Die Geschäftsgrundlage – Fortbestand der Ehe – könne daher nicht für die eigene Tochter einerseits und den Schwiegersohn andererseits unterschiedlich beurteilt werden. Weiterhin argumentiert er, dass auch beim Fortbestand der Ehe nicht gesichert sei, dass die Schenkung an ein Schwiegerkind dem eigenen Kind dauerhaft zu Gute komme. Dies sei zum Beispiel nicht der Fall, wenn die mit der Zuwendung erworbene Immobilie aus anderen Gründen – berufliche Veränderung etc. – wieder veräußert werde.

II. Die gemäß § 58 I FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragsteller ist überwiegend begründet.

1. Die Antragsteller können eine Rückforderung des an den Antragsgegner im Wege der Schenkung zugewendeten Betrages von 32.887,77 EUR in Höhe eines Teilbetrages von 28.400,00 EUR verlangen. Die Rückzahlungspflicht ergibt sich aus den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB.

a) Bei der Zuwendung der Antragsteller an die eigene Tochter und den Antragsgegner handelt es sich um eine Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 BGB. Zuwendungsempfänger sind die Eheleute zu gleichen Teilen, wie sich aus der Überweisung auf das gemeinsame Konto und die beabsichtigte Verwendung für den gemeinsamen Erwerb des Hauses ergibt. Die Qualifizierung als Schenkung gilt insbesondere auch für die Hälfte der Zuwendung, die auf den Antragsgegner entfällt. Nach der geänderten Rechtsprechung des BGH sind auch Zuwendungen von Schwiegereltern, die um der Ehe Willen an das Schwiegerkind erfolgen, nicht als unbenannte Zuwendung, sondern als Schenkung zu qualifizieren, da sie unentgeltlich erfolgen und zu einer dauerhaften Vermögensminderung beim Zuwendenden führen (BGH 03.02.2010, FamRZ 2010, 958; BGH 21.07.2010, FamRZ 2010, 1626; BGH 20.07.2011, FamRZ 2012, 273).

b) Die Antragsteller können eine Rückforderung der Schenkung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB verlangen, da mit dem Scheitern der Ehe die für den Antragsgegner erkennbare Geschäftsgrundlage der Schenkung weggefallen ist.

aa) Auch nach der geänderten Rechtsprechung des BGH zur Qualifizierung von Zuwendungen an das Schwiegerkind als Schenkung kommt, ebenso wie nach der früheren Rechtsprechung zu unbenannten Zuwendungen, eine Rückforderung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht (BGH FamRZ 2010, 958).

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Geschäftsgrundlage die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien sowie die der einen Vertragspartei erkennbaren und von ihr nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (BGH aaO unter Verweis auf BGH VII ZR 152/08 NZBau 2009, 771, 774 m.w.N.). Es ist eine Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalles vorzunehmen, da es sich bei der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage um eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben handelt (BGH FamRZ 1999, 1077). So stellt der BGH in der vom Antragsgegner angeführten älteren Entscheidung vom 19.01.1999 (NJW 1999, 1623) ebenfalls klar, dass im Falle einer Schwiegerkindzuwendung eine Geschäftsgrundlage „Fortbestand der Ehe“ nicht schlechthin angenommen werden kann, sondern die Umstände des Einzelfalles nach § 242 BGB (a.F.) zu berücksichtigen seien. In die Abwägung könnten allerdings auch Erfahrungssätze mit einfließen. Im Einzelfall könnten der Annahme, Geschäftsgrundlage einer Schenkung sei der dauerhafte Fortbestand der Ehe des Beschenkten gewesen, schließlich besondere Umstände entgegenstehen.

bb) Nach Abwägung der Umstände des konkreten Einzelfalles ist das Gericht davon überzeugt, dass es sich bei der Hälfte des zugewendeten Betrages, die auf den Antragsgegner entfiel, um eine Zuwendung um der Ehe des eigenen Kindes Willen gehandelt hat und dass die Vorstellung der Antragsteller, die Ehe des Antragsgegners mit ihrer Tochter werde Bestand haben und ihre Schenkung demgemäß dem eigenen Kind dauerhaft zugute kommen, für den Antragsgegner erkennbar Geschäftsgrundlage der Schenkung gewesen ist.

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Zum einen spricht für den Fortbestand der Ehe als Geschäftsgrundlage, dass die Schenkung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als er Antragsgegner mit der Tochter der Antragsteller erst 3 Jahre verheiratet war und die Tochter ein Kind von ihm erwartete. Durch die Schenkung sollte daher zweifelsohne der Erwerb eines Familienheimes, das der Tochter und auch dem Enkelkind dauerhaft zu Gute kommen sollte, unterstützt werden. Weiterhin handelte es sich bei der Zuwendung um einen verhältnismäßig hohen Betrag, der das gesamte oder zumindest einen Großteil des Sparvermögens der Antragsteller ausmachte. Zudem erfolgte die Zuwendung auf das gemeinsame Konto der Eheleute. Bei dieser Sachlage ist von einer für den Antragsgegner erkennbaren Erwartung auszugehen, dass die Zuwendung mit dem Fortbestand der Ehe verknüpft war. Besondere Anlässe oder Umstände, die für eine Schenkung des hälftigen Betrages an den Antragsgegner unabhängig von dem Fortbestand der Ehe sprechen, sind nicht dargelegt. Hierfür reicht es nicht aus, dass die Antragsteller den Antragsgegner mochten und ihm freundschaftlich verbunden waren. Dies gilt umso mehr, als der Antragsgegner keine Umstände vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass die Antragsteller ihn anders als in seiner Rolle als Ehemann ihrer Tochter gesehen haben und eine hiervon unabhängige Beziehung zu ihm gepflegt haben. Angesichts der – auskömmlichen aber nicht wohlhabenden – Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Antragsteller, die der Antragsgegner nicht substantiiert bestritten hat, ist es fernliegend, dass die Antragsteller dem Antragsgegner auch unabhängig von dem Bestand der Ehe und dem Erwerb des Familienheims einen Betrag in Höhe von rund 30.000,00 EUR zugewendet hätten. Ebenso ist es fernliegend, dass die Beteiligten angesichts der konkreten Lebenssituation ihrer Tochter und des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Schenkung die vom Antragsgegner angeführte Scheidungsquote von etwa 50 % bedacht haben und ein mögliches Scheitern der Ehe in Kauf genommen haben. Denn die damalige Situation der Eheleute (Heirat erst vor 3 Jahren, Erwartung eines Kindes, Erwerb einer gemeinsamen Immobilie) sprach für eine Verfestigung der Ehe und eine langfristige gemeinsame Zukunftsplanung.

Außerdem hat der Antragsgegner noch in der Senatssitzung die Entgegnung der Antragsteller auf den Hinweis seines Verfahrensbevollmächtigten zur hohen Scheidungsquote, sie seien damals selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Ehe halten werde, seinerseits quittiert mit der Bemerkung „ich auch“.

Dieses Abwägungsergebnis steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH oder anderer Oberlandesgerichte. So hat es der BGH in der Entscheidung vom 20.07.2011 (FamRZ 2012, 273) für rechtsfehlerfrei gehalten, dass das Berufungsgericht aufgrund der Tatsache, dass die Schwiegereltern den Bau eines gemeinsamen Einfamilienhaus als Familienheim der Eheleute unterstützen wollten, bei Scheitern der Ehe einen Wegfall der Geschäftsgrundlage angenommen haben.

Auch der 7. Familiensenat des OLG Düsseldorf hat im Falle der Mitfinanzierung eines für die Nutzung durch die Eheleute bestimmten Ferienhauses eine solche Geschäftsgrundlage bejaht, da kein anderer Anlass für eine Schenkung an das Schwiegerkind vorhanden gewesen sei. Die Erwartung der Schwiegereltern des Fortbestandes der Ehe sei in diesem Fall „selbstverständlich“ (OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 161).

Das OLG Stuttgart (FamRZ 2012,1595) vertritt zwar die Auffassung, allein aus der Tatsache der Beschenkung durch die Schwiegereltern könne nicht der Schluss gezogen werden, dass die Schenkung nach der erkennbaren Vorstellung der Schwiegereltern an den Bestand der Ehe geknüpft gewesen sei. Die hohe Scheidungsquote von um die 50 % spreche dagegen. Das Gericht hält die Annahme einer solchen Geschäftsgrundlage jedoch für möglich, wenn weitere Umstände hinzutreten. Dies ist vorliegend, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, der Fall (Neuerwerb eines Familienheims, Schwangerschaft der Ehefrau, hoher Zuwendungsbetrag). Im Übrigen hat das OLG Stuttgart die Frage in der zitierten Entscheidung auch offen gelassen, weil es die Rückforderung ohnehin im Einzelfall für unzumutbar hielt.

In der Entscheidung des OLG Saarbrücken (NZFam 2014, 44) werden ebenfalls zusätzlich zu der Tatsache der Schwiegerkindzuwendung besondere Umstände des Einzelfalls gefordert, die bei der Gesamtwürdigung den Schluss erlauben, die einzelnen Zuwendungen erfolgten nicht lediglich aus einem sittlichen Anstand oder der Motivation heraus, dem eigenen Kind und dem Schwiegerkind einen finanziellen Gefallen zu erweisen. Allerdings handelte es sich in dem entschiedenen Fall um mehrere Zuwendungen der Schwiegereltern „auf Zuruf“ für einzelne Renovierungsmaßnahmen oder Anschaffungen von Hausrat, nicht um die Überlassung eines Geldbetrages zur Anschaffung eines Familienheims.

Auch das OLG Köln (NJW-RR 1995, 584) lehnt es zwar ab, bei Schwiegerelternschenkungen zur Finanzierung von Verbesserungs- und Renovierungsarbeiten am gemeinsamen Eigenheim des Kindes und Schwiegerkindes im Regelfall von einem Rückforderungsrecht bei Scheitern der Ehe auszugehen, es stellt jedoch ebenfalls auf die Umstände des konkreten Einzelfalles ab. Im Unterschied zum hier entschiedenen Fall handelte es sich dort, ebenso wie bei dem vom OLG Saarbrücken (aaO) entschiedenen Fall, um eher kleinere Einzelzuwendungen, mit denen anstehende Renovierungs- und Verbesserungsarbeiten finanziert wurden, nicht um eine beträchtliche Beteiligung an der Erwerbsfinanzierung.

Soweit der Antragsgegner einwendet, die Antragsteller hätten die Möglichkeit gehabt, den gesamten Geldbetrag ihrer Tochter zuzuwenden, ändert dies nichts an der Geschäftsgrundlage. Die Beteiligten konnten nämlich davon ausgehen, dass die Zuwendung in die gemeinsame Immobilie fließen würde, die – wie allgemein üblich – von den Eheleuten zu hälftigen Miteigentumsanteilen erworben wurde. Die Schenkung an die Tochter allein hätte die Tochter aus Sicht der Antragsteller – jedenfalls bei Fortbestand der Ehe – nicht besser gestellt.

Soweit der Antragsgegner weiter anführt, eine Veräußerung des Familienheimes sei auch bei Fortbestand der Ehe möglich gewesen, ohne dass die Antragsteller eine Rückzahlung des Schenkungsbetrags hätten fordern können, so dass auch bei Fortbestand der Ehe keineswegs gesichert gewesen sei, dass die Zuwendung der Tochter dauerhaft zu Gute kommen würde, folgt das Gericht dieser Argumentation nicht. Denn in der Regel wird bei Veräußerung der Immobilie der Erlös wiederum beiden Eheleuten und damit auch dem eigenen Kind, etwa durch Erwerb einer neuen Immobilie, zu Gute kommen. Die Fallkonstellationen, in denen das eigene Kind von der Zuwendung bei Veräußerung der Immobilie während der Ehe nicht mehr mit profitiert, sind derart unwahrscheinlich, dass die Beteiligten hiervon nicht ausgehen mussten.

Schließlich spricht auch entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht die Einheitlichkeit des Rechtsgeschäftes dagegen, die Geschäftsgrundlage für die Schenkung an die Tochter und den auf den Antragsgegner entfallenden Anteil unterschiedlich zu betrachten. Über das auf Treu und Glauben basierende Billigkeitsrecht ist dies möglich. Dies hat auch der BGH in einer der neueren Entscheidungen zu Schwiegerkindschenkungen (FamRZ 2012, 273) nicht in Zweifel gezogen.

d) Als Rechtsfolge aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage hat eine Anpassung des Schenkungsvertrages unter Beachtung der Abwägungskriterien zu erfolgen, die nach der früheren Rechtsprechung des BGH zu unbenannten schwiegerelterlichen Zuwendungen heranzuziehen waren (BGH FamRZ 2010, 958 bei Juris Rn. 58, unter Verweis auf BGH FamRZ 2006, 394; BGH FamRZ 1999, 365; BGH FamRZ 1998, 669). Lediglich die güterrechtlichen Aspekte spielen keine Rolle mehr, weil die Zuwendung durch ihre Qualifizierung als Schenkung im Zugewinnausgleich in der Regel neutral ist. Sie wird durch Hinzurechnung nach § 1374 Abs. 2 BGB im Anfangs- und im Endvermögen des Beschenkten angesetzt (BGH FamRZ 2010, 958, bei Juris Rn. 43ff., 58). Dass hier ausnahmsweise etwas anderes gilt, ist nicht dargelegt.

Die Abwägung der Einzelfallumstände führt zu einer Reduzierung des Rückzahlungsanspruchs der Antragsteller auf 28.400,00 EUR.

aa) Zunächst ist als Abwägungskriterium zu berücksichtigen, inwieweit sich die mit der Schenkung verbundene Erwartung, dass das eigene Kind angemessen von der Schenkung profitiert, verwirklicht hat, das eigene Kind also die mitfinanzierte Immobilie bis zum endgültigen Scheitern der Ehe mitgenutzt hat (BGH FamRZ 2010, 958; BGH FamRZ 2006, 394). Die Art und Weise, wie dem Gesichtspunkt der teilweisen Zweckerreichung Geltung zu verschaffen ist, unterliegt dem tatrichterlichen Ermessen. Es verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise (BGH FamRZ 2010, 958).

Für die Berechnung des entsprechenden Abschlags unter dem Gesichtspunkt der Partizipation des eigenen Kindes werden unterschiedliche Ansätze vertreten (vgl. Übersicht bei Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6. Aufl. 2014, Rz. 498c). Nach einem Vorschlag wird auf den tatsächlichen Nutzungsvorteil bis zur Rückgewähr abgestellt. Nach einem anderen Ansatz wird auf die gemeinsame Nutzungszeit, die in Relation zu der verbundenen Lebenserwartung der die Zuwendung empfangenden Ehegatten gesetzt wird, abgestellt. Weiterhin wird vertreten, der Zweck der Zuwendung könne im Einzelfall als erreicht angesehen werden, wenn die Ehe nach der Zuwendung noch 20 Jahre Bestand gehabt habe, mit der Folge dass es dann regelmäßig keinen Ausgleich mehr geben dürfe (Hausleitner/Schulz,  Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, 5. Aufl. 2011, Kap. 5 Rz. 231; so auch OLG Düsseldorf, aaO).

Letztere Lösung hält der Senat im vorliegenden Fall für vorzugswürdig. Die Dauer von 20 Jahren entspricht im etwa dem Erreichen der Volljährigkeit und Selbständigkeit der Enkelkinder, denen das Familienheim nach der Vorstellung der Schwiegereltern in der Regel auch zu Gute kommen soll. Zudem spricht gegen eine Zugrundelegung der (längeren) Lebenserwartung der Beschenkten, dass die Schwiegereltern eine um eine Generation kürzere eigene Lebenserwartung haben und in der Regel nicht von einer Zurückforderungmöglichkeit eines Teils der Schenkung nach ihrem eigenen Tod durch ihre Erben ausgehen dürften.

 

Der Bezug des Hauses erfolgte im Oktober 2008, der Verkauf im Mai 2011, so dass die Tochter der Antragsteller 32 Monate – oder 2,67 Jahre – lang die Möglichkeit der Mitnutzung des Hauses hatte. Es errechnet sich demnach ein Abschlag wegen teilweiser Partizipation des eigenen Kindes an der Schenkung in Höhe von 2,67/20 Jahre x 32.882,78 EUR = 4.389,85 EUR, so dass sich der Rückforderungsanspruch auf 28.492,93 EUR, nach Abzug des abgetretenen Teils der Forderung in Höhe von 98,00 EUR mithin auf gerundet 28.400,00 EUR verringert.

bb) Als weiteres Kriterium ist die Höhe der beim Wegfall der Geschäftsgrundlage noch vorhandenen, messbaren Vermögensmehrung als Obergrenze des Erstattungsanspruchs anzusehen (BGH FamRZ 2012, 273, 275). Diese ist, unabhängig davon, dass ohne die Zuwendung das Vermögen des Antragsgegners noch um weitere Schulden verringert wäre, jedenfalls in dem dem Antragsgegner nach Verkauf des Hauses noch verbliebenen Betrag von 30.610,77 EUR zu sehen. Der Antragsgegner kann sich nicht darauf berufen, dass die Immobilie insgesamt ein Verlustgeschäft gewesen sei, weil der Veräußerungspreis unter dem Kaufpreis nebst Erwerbsnebenkosten, Finanzierungskosten, weiteren Anschaffungskosten und dem Wert der erbrachten Eigenleistungen zurückgeblieben sei. Denn der BGH hat in der vom Antragsgegner angeführten Entscheidung (aaO) lediglich klargestellt, dass eine noch vorhandene Vermögensmehrung grundsätzlich auch dann nicht ausgeschlossen sei, wenn der Wert der Immobilie hinter den Herstellungskosten zurückbleibe. Lediglich ergänzend hat er ausgeführt, dass im entschiedenen Fall ein Wertverlust auch nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden sei. Eine Vorgabe dahingehend, dass ein etwaiger Wertverlust der Immobilie stets von dem Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern in Abzug zu bringen sei – wodurch den Schwiegereltern das Investitionsrisiko übertragen würde -, lässt sich der Entscheidung indes nicht entnehmen und entspricht auch nicht der Billigkeit.

Der Hinweis auf eine Minderung des Rückforderungsanspruchs aufgrund der geleisteten Arbeitsstunden geht schon deswegen fehl, weil anders als im Ausgangsfall (BGH NJW 1999, 353 ff) die zurückzugewährende Schenkung (Bargeldzuwendung) durch die Arbeitsleistung keine Wertsteigerung erfahren hat (im zitierten Fall des BGH war ½ Miteigentumsanteil an einer Immobilie geschenkt worden und zurückzugewähren, der durch die Arbeitsleistungen dem Beschenkten eine Wertsteigerung erfahren hatte ).

cc) Der Antragsgegner kann auch nicht erfolgreich anführen, dass die Tochter der Antragsteller aus der Ehe ausgebrochen sei. Ein solcher Einwand ehelichen Fehlverhaltens wird vom BGH bereits bei Rückforderungsansprüchen von Ehegatten oder Verlobten untereinander abgelehnt (BGH FamRZ 1992, 160), erst recht kann dieser Gesichtspunkt nicht gegenüber den Schwiegereltern eine Rolle spielen.

dd) Weitere Umstände, die die Billigkeitserwägungen zur Höhe des Rückforderungsanspruchs beeinflussen, sind nicht ersichtlich, insbesondere ergibt sich aus den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, soweit dargelegt, keine abweichende Beurteilung, so dass es bei dem Rückforderungsanspruch in Höhe von 28.400,00 EUR verbleibt.

2. Ein – weitergehender – Anspruch der Antragsteller besteht daneben nicht wegen Zweckverfehlung aus § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB. Ein solcher Anspruch kommt zwar nach dem BGH neben Ansprüchen aus Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht, setzt aber in der Regel eine positive Kenntnis des Beschenkten von der Zweckvorstellung des anderen Teils voraus, ein bloßes Kennenmüssen genügt nicht (BGHZ 115, 261). Eine positive Kenntnis des Antragsgegners kann nicht angenommen werden.

3. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 I FamFG, 92 I, 97 I ZPO.

5. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG für die Zulassung der Rechtsbeschwerde, die identisch mit den Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO sind, liegen nicht vor. Eine Divergenz im Sinne des § 70 Abs. 2 Nr. 2 ist nur dann anzunehmen, wenn andere Oberlandesgerichte eine Rechtsfrage anders beantworten, mithin einen Rechtssatz aufstellen, der von die Entscheidung tragenden – abstrakten – Rechtssätzen der eigenen Entscheidung abweicht. Beurteilt das Gericht hingegen lediglich in tatrichterlicher Würdigung den Sachverhalt im Einzelfall abweichend, reicht dies für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht aus (so zu § 543 ZPO: BGH 01.10.2002, NJW 2003, 65; BGH 09.07.2007, NJW-RR 2007, 1676; BGH 22.10.2009, MMR 2010, 184). So liegt der Fall hier.

Dem vorliegenden Rechtsstreit kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zu. Die zu beantwortenden Rechtsfragen bzgl. der grundsätzlichen Rückforderbarkeit von Schwiegerelternzuwendungen sind höchstrichterlich geklärt. Im Übrigen ist der Rechtsstreit geprägt durch die Besonderheiten des Einzelfalls, die ihre Grundlagen im tatsächlichen Geschehen und der hierauf beruhenden Würdigung des Senats finden.

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