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Zuerkennung einer Kapitalabfindung statt Geldrente bei unverständlichem Regulierungsverhalten

OLG Köln – Az.: I-5 U 74/11 – Beschluss vom  11.08.2011

1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 10.03.2011 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 9 O 342/09 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

2. Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

I.

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg.

Mit Recht hat das Landgericht der Klage im zuerkannten Umfange stattgegeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO) oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Beklagten in nicht zu beanstandender Weise zur Erstattung der von der Klägerin geltend gemachten Beerdigungskosten und des Unterhaltschadens in Höhe von 12.000 € als Schadensersatz verurteilt wegen grob behandlungsfehlerhafter Verursachung des Todes des damals 69jährigen Ehemannes der Klägerin. Gegen die Verurteilung dem Grunde nach und gegen die Erstattung der Beerdigungskosten wenden sich die Beklagten mit der Berufung auch nicht mehr. Aber auch soweit die Beklagten sich gegen den zuerkannten Unterhaltsschadensersatzanspruch wenden, sind konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der landgerichtlichen Feststellungen und Wertungen begründen könnten, nicht ersichtlich und werden von den Beklagten mit ihrem Berufungsvorbringen auch nicht aufgezeigt.

Das Landgericht hat der nunmehr 73jährigen Klägerin in nicht zu beanstandender Weise gemäß §§ 844 Abs. 2, 843 Abs. 3 BGB, 287 ZPO als Unterhaltsschaden eine Abfindung in Höhe von 12.000 € nebst Zinsen zugesprochen.

Die Ermittlung dieses Betrages im Rahmen der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO ausgehend von einem monatlichen Unterhaltsschaden von 100,00 € als Differenz zwischen den in der Ehe zur Verfügung stehenden Einkünften und dem nunmehr der Klägerin als Witwe zustehenden geringeren Einkünften und diesen Betrag hochgerechnet auf 10 Jahre begegnet keinen Bedenken. Darauf, ob das Wohngeld in der von der Klägerin im erstinstanzlichen Prozesskostenhilfeantrag vom 14.09.2009 ursprünglich angegebenen und von den Beklagten nicht bestrittenen Höhe von 161,00 € bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen war, kommt es nicht mehr an, nachdem die Klägerin auf den Einwand der Beklagten – bislang unwidersprochen – vorgetragen hat, dass ein Wohngeld nicht mehr gezahlt werde. Im Übrigen ist dieser Einwand neu und gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO unzulässig.

Ausnahmsweise war hier entsprechend §§ 844 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz, 843 Abs. 3 BGB auch die Zuerkennung einer Abfindung statt einer Geldrente geboten. Sie rechtfertigt sich aus dem Regulierungsverhalten der Beklagten bzw. der hinter ihnen stehenden Berufshaftpflichtversicherung. Dieses Verhalten stellt einen wichtigen Grund im Sinne des § 843 Abs. 3 BGB dar für die Zahlung einer Abfindung statt einer Geldrente. Auch noch nachdem die Haftung der Beklagten wegen grob behandlungsfehlerhafter Verursachung des Todes des Ehemannes der Klägerin dem Grunde nach erwiesen war, haben die Beklagten nach fast zwei Jahre andauerndem Prozess und vier Jahre nach dem Tod des Ehemannes gegenüber den durchaus maßvollen Forderungen der Klägerin, die ohnehin in beengten finanziellen Verhältnissen lebt, ihre Einwände sowohl zur Höhe der Beerdigungskosten als auch zur Berechnung des – verhältnismäßig geringen – Unterhaltsschadens aufrechterhalten. Sie haben nicht nur die Angemessenheit der Beerdigungskosten von ca. 8.500,00 € bestritten, sondern auch kleinere bis kleinste Positionen, wie etwa die Kosten für ein Grabbild in Höhe von 65,00 €. Vernünftigen und für die Beklagten günstigen Vergleichsangeboten der Klägerin haben sich die Beklagten bis zuletzt ebenfalls verschlossen. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagten zulässigerweise die ihnen zustehenden prozessualen Rechte ausgeübt haben und dieses Verhalten rechtlich nicht beanstandet werden kann. Zugleich lässt ein solches Verhalten indes befürchten, dass auch in Zukunft die weitere Regulierung des Schadensfalles nicht reibungslos ablaufen wird, etwa indem sich die Beklagten bzw. der hinter ihnen stehende Haftpflichtversicherer gegen Rentenansprüche der Klägerin in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen mit Abänderungsklagen zur Wehr setzt oder sonst ihre Zahlungsverpflichtung in Frage stellen. Das ist der 73jährigen Klägerin zum einen in Anbetracht des schweren Verlustes, den sie durch das grob behandlungsfehlerhafte Verhalten der Beklagten zu erleiden hatte, und des weiteren in Anbetracht der geringen Geldrente, die ihr als Schadensersatz zusteht, nicht zuzumuten.

Nach alledem ist gegen die zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ebenfalls nichts einzuwenden.

II.

Bei dieser Sachlage gibt die Berufung zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt keine Veranlassung. Umstände, die dem Senat Anlass geben könnten, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen und daher eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung erfordern, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

 

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