LG Münster – Az.: 8 O 212/22 – Urteil vom 15.12.2022
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger je zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Weiter ergeht folgender Beschluss: Der Streitwert beträgt 6.426,00 EUR.
Tatbestand
Die Kläger erwarben im Zuge eines notariellen Grundstückskaufvertrags vom 24.09.2021 von einem Herrn F ein mit einer Doppelhaushälfte bebautes Grundstück in der I-Straße ##, ##### L.
Herr F hatte zuvor die Beklagte, die gewerblich Maklerleistungen erbringt, mit der Suche nach Kaufinteressenten für das Grundstück beauftragt. Am 16.09.2021 kam es zu einem Abschluss einer Courtagevereinbarung zwischen der Käuferseite und der Beklagten, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob nur der Kläger oder auch die Klägerin Auftraggeber der Beklagten wurden. Unter dem 14.10.2021 stellte die Beklagte beiden Klägern, den Bedingungen der Courtagevereinbarung entsprechend, eine Bruttocourtage in Höhe von 3,57 % des Kaufpreises von 180.000,00 EUR, mithin 6.426,00 EUR, in Rechnung.
Die Kläger zahlten der Beklagten diesen Betrag durch Überweisung vom 25.11.2021. Mit E-Mail vom 24.02.2022 forderten die Kläger die Beklagte auf, ihnen gegenüber nachzuweisen, dass der Verkäufer Herr F der Beklagten ebenfalls eine Courtage von 3,57 % des Kaufpreises gezahlt habe. Mit Schreiben vom selben Tage antwortete die Beklagte, dass sie versichere, mit dem Kaufvertragspartner eine Courtage in gleicher Höhe vereinbart zu haben, sich aber aus Datenschutz- und Verschwiegenheitspflichten gehindert sehe, den mit dem Verkäufer geschlossenen Maklervertrag bzw. einen Zahlungsnachweis vorzulegen. Mit weiterem Schreiben vom 11.03.2022 versicherte sie gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Kläger zusätzlich, auch keine Erlassabreden mit dem Verkäufer getroffen zu haben.
Mit Schreiben vom 19.04.2022 forderten die Kläger, anwaltlich vertreten, die Beklagte zur Rückzahlung der von ihnen geleisteten Courtage bis zum 03.05.2022 auf.
Die Kläger behaupten, beide Kläger seien Partei der Courtagevereinbarung mit der Beklagten geworden.
Sie sind der Ansicht, die Beklagte sei um die von ihnen gezahlte Courtage zu Unrecht bereichert. Die Beklagte sei für einen wirksamen Maklerlohnanspruch nach § 656c BGB darlegungs- und beweisbelastet und habe diesen Beweis nicht erbracht. Sie, die Kläger, „gingen davon aus“, dass die Beklagte dem Verkäufer entweder keine Courtage in Rechnung gestellt oder ihm die Zahlung später erlassen habe.
Sie beantragen,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger 6.426,00 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.11.2021 zu zahlen,
2. die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 872,98 EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2022 an die Kläger zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, alles Erforderliche getan zu haben, um die Kläger in den Stand zu versetzen, zu beurteilen, ob sie die von ihnen entrichtete Provision mit Rechtsgrund bezahlt haben oder nicht. Sie sei nicht aus zivilrechtlichen Gründen verpflichtet, die Courtagevereinbarung mit dem Verkäufer F vorzulegen, einen Geldeingang zu beweisen oder an Eides statt zu versichern, dass ein Erlassvertrag mit dem Verkäufer nicht getroffen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie gerichtlichen Hinweise und Beschlüsse Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Den Klägern steht der – allein geltend gemachte und auch allein in Frage kommende – Anspruch auf Rückzahlung der Provision wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 bzw. Satz 2 Alt. 1 BGB) nicht zu. Denn sie haben weder dargelegt noch Beweis dazu angetreten, dass die Beklagte die Provision ohne Rechtsgrund vereinnahmt hätte.
Im Einzelnen:
1.
Wer jemandem Geld zahlt, um damit eine Leistungspflicht zu erfüllen, und nachträglich das Geld zurückfordert, weil die Leistungspflicht in Wahrheit gar nicht bestanden habe, muss darlegen und beweisen, woher sich dies ergibt (mit anderen Worten: Den fehlenden Rechtsgrund für die Leistung belegen). Dies ist ein allgemeiner, seit jeher geltender Grundsatz des deutschen Zivilrechts (vgl. statt vieler BGH, Urteil vom 11. März 2014 – X ZR 150/11 -, juris Rn. 11), der auch im hier vorliegenden Fall unbeschränkt eingreift.
Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus etwaigen Besonderheiten der gesetzlichen Neuregelungen zum „Halbteilungsgrundsatz“ bei Doppeltätigkeit eines Maklers in § 656c BGB. Denn entgegen der Ansicht der Kläger trifft den Makler im Rahmen von § 656c BGB selbst bei der Geltendmachung seines eigenen Lohnanspruchs keine Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er mit der anderen Partei des Kaufvertrags eine gleiche Provisionshöhe vereinbart hat und auch kein Erlassvertrag geschlossen ist:
Dies ergibt sich schon aus der in § 656c Abs. 2 Satz 1 BGB angeordneten Rechtsfolge; denn danach ist ein Maklervertrag, der von § 656c Abs. 1 Sätze 1 oder 2 BGB abweicht, unwirksam. Solange die Abweichung von § 656c Abs. 1 BGB danach nicht erwiesen ist, ist der Vertrag nicht nach dieser Vorschrift unwirksam; damit liegt schon nach dieser Gesetzestechnik die Beweislast beim Käufer bzw. Verkäufer, nicht beim Makler.
Erst recht ergibt sich diese Auslegung aus der systematischen Gegenüberstellung zu den „Überwälzungsfällen“ in § 656d BGB, denn dort ist im Gegensatz zu § 656c BGB bestimmt, dass eine Überwälzung von Maklerkosten nur wirksam ist, wenn der Auftraggeber des Maklers zur Zahlung von Maklerlohn in derselben Höhe verpflichtet bleibt; es ist gar Fälligkeitsvoraussetzung, dass der „Überwälzende“ die eigene Maklerlohnzahlung nachweist bzw. der Makler dies für ihn tut (§ 656d Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Gesetzestechnik des § 656d Abs. 1 Satz 2 BGB diente dabei nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich dem Ziel, den Käufer nicht mit der Durchsetzung bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsansprüche zu belasten (BT-Drs. 19/15827, S. 20); sie soll „die Partei, die nicht Auftraggeber des Maklers ist, in die Lage versetz[en], schon außergerichtlich zu prüfen, ob der Auftraggeber des Maklers seiner Zahlungspflicht tatsächlich nachgekommen ist“ (BT-Drs. 19/15827, S. 33).
Bei § 656c BGB hat der Gesetzgeber dies nicht vorgesehen, was auch teleologisch stimmig ist. Denn im Falle einer „Doppeltätigkeit“ hat der Käufer den Makler selbst (mit) beauftragt, und den Makler treffen eigene Vertragspflichten gegenüber dem Käufer, vor allen Dingen eine strenge Neutralitätspflicht (BT-Drs. 19/15827, S. 19). Dass der Käufer in dieser Konstellation von sich aus die Unwirksamkeit des von ihm selbst geschlossenen Maklervertrages beweisen muss, wenn er seiner Zahlungspflicht entgehen will, fügt sich schlüssig zusammen. Entsprechend ist es – soweit für den Dezernenten ersichtlich – allgemeine Auffassung, dass die Beweislast eines Verstoßes gegen § 656c BGB beim Maklerkunden liegt (vgl. Meier in BeckOGK, Stand 01.11.2022, BGB § 656c Rn. 23; wohl auch Herrler in Staudinger/Arnold (2021), BGB, § 656c Rn. 6 a.E.). Zwar wird, wie noch auszuführen ist, verschiedentlich ein Auskunftsanspruch des Maklerkunden gefordert (siehe etwa Fischer, NJW 2021, 1202 m.w.N.); dies setzt aber die vorstehende Beweislastverteilung ebenso gedanklich voraus.
Ist demnach der Makler selbst bei einer eigenen Leistungsklage nicht verpflichtet, näheren Beweis zu der Einhaltung der Vorgaben des § 656c Abs. 1 BGB zu führen, so muss dies im Rahmen einer Bereicherungsklage des Maklerkunden – wie hier – erst recht gelten.
2.
Es gilt damit die (allgemeine) Beweislastverteilung im Rahmen des Bereicherungsrechts, nach der die Kläger als Anspruchsgläubiger Beweis für den fehlenden Rechtsgrund zu führen haben.
Weil ihnen damit zugemutet wird, eine „negative Tatsache“ zu beweisen – nämlich zu beweisen, dass der Schuldner des Bereicherungsanspruchs keinen Rechtsgrund habe, die Leistung behalten zu dürfen -, wird die Beweislast in der Rechtsprechungspraxis dadurch erleichtert, dass dem Schuldner eine sekundäre Darlegungslast aufgebürdet wird. Der Schuldner muss schlüssig erklären, worin er einen Rechtsgrund sieht, der eine ungerechtfertigte Bereicherung ausschließt; nur diesen Tatsachenvortrag muss der Gläubiger sodann durch geeigneten Gegenvortrag und ggf. durch Beweismittel ausräumen, um den Bereicherungsanspruch geltend machen zu können (statt vieler BGH, Urteil vom 18. Mai 1999 – X ZR 158/97 -, juris Rn. 15f.).
Dieser sekundären Darlegungslast ist die Beklagte aber nachgekommen. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung erklärt, dass Herr F am 26.08.2021 mit ihr einen Maklervertrag geschlossen und sich darin verpflichtet habe, unbeschadet eines Entgelts von der Gegenseite eine Bruttocourtage von 3,57 % des Wirtschaftswerts des Vertrages zu zahlen; weiter hat sie erklärt, von Herrn F nach entsprechender Rechnungstellung den Betrag am 30.11.2021 erhalten zu haben. Eine Rückzahlung oder Erlassabrede habe es nicht gegeben.
Dies genügt für einen schlüssigen Vortrag der Beklagtenseite, aus dem sich ergibt, dass die Anforderungen des § 656c Abs. 1 BGB eingehalten wurden und mithin ein Rechtsgrund für die Leistung des Klägers bzw. der Kläger bei deren Zahlung bestand und auch nicht nachträglich entfallen ist.
Weitergehende Anforderungen an den Beklagtenvortrag waren nicht zu stellen. Eine sekundäre Darlegungslast verpflichtet den Schuldner insbesondere nicht dazu, von sich aus Beweismittel für seinen Tatsachenvortrag vorzulegen. Denn er muss den Beweis nicht führen. Solange er sich nicht von sich aus zur Darlegung seines Sachvortrags auf Urkunden beruft, ist deshalb weder Raum für eine Beweislastentscheidung zu seinen Lasten noch zu einer Anordnung der Urkundenvorlegung durch das Gericht nach den §§ 142, 422, 423 ZPO. Etwas anderes gilt nur, wenn er aus anderem Rechtsgrund sowieso dem Gläubiger zur Vorlage der Urkunde(n) verpflichtet wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2022 – VII ZR 252/20 -, juris).
Letzteres ist hier aber nicht der Fall. Die Kläger können eine Pflicht zur Urkundenvorlegung nicht aus zivilrechtlichen Ansprüchen gegenüber der Beklagten herleiten. Ein Einsichtsanspruch nach § 810 BGB besteht nicht, denn die in Frage kommenden Unterlagen – insbesondere eine Maklervertragsurkunde zwischen der Beklagten und Herrn F oder Zahlungsbelege dazu – wurden weder im Interesse der Kläger errichtet noch beurkunden sie ein Rechtsgeschäft, an dem die Kläger beteiligt wären.
Auch eine Pflicht zur Urkundenvorlegung im Rahmen eines Auskunftsanspruchs der Kläger gegenüber der Beklagten besteht nicht. Zwar wird verschiedentlich in der Literatur gefordert, dass es im Rahmen von § 656c BGB einen solchen Auskunftsanspruch des Maklerkunden bzw. eine Auskunftspflicht des Maklers geben müsse (etwa Fischer, NJW 2021, 1202, sowie derselbe in Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 656c Rn. 12; Herrler in Staudinger/Arnold (2021), BGB, § 656c Rn. 6, 8; Würdinger in jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 656c (Stand: 17.12.2020) Rn. 12; a.A. Meier in BeckOGK, Stand 01.11.2022, BGB § 656c Rn. 14-16).
Es kann hier jedoch dahinstehen, ob ein solcher Anspruch aus dem Vertragsverhältnis zwischen Makler und Maklerkunden oder allgemein aus § 242 BGB hergeleitet werden kann. Denn selbst wenn man einen solchen Auskunftsanspruch bejaht, so kann daraus nicht zusätzlich auch noch ein Belegvorlageanspruch wie bei einer Rechenschaftspflicht (§ 259 Abs. 1 BGB) konstruiert werden. Dies wäre mit der gesetzgeberischen Wertung, die einen Nachweis einer Maklerlohnzahlung gegenüber dem Maklerkunden ausdrücklich in den Überwälzungsfällen, nicht aber in den Doppeltätigkeitsfällen vorgesehen hat, nicht zu vereinbaren. Überdies muss ein Belegvorlageanspruch auch nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen der Kläger (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) geschaffen werden. Denn die Kläger haben im vorliegenden Fall auch ohne solche Hilfe zumutbare Mittel an der Hand, um den ihnen obliegenden Beweis eines Verstoßes gegen § 656c Abs. 1 BGB zu führen (wenn man einmal – was zweifelhaft ist – unterstellt, dass sie diesen Verstoß konkret behaupten wollen). Sie können insbesondere den Verkäufer und auch die Mitarbeiter der Beklagten als Zeugen für diese Behauptung benennen, und diese müssten dann wahrheitsgemäß vor Gericht Auskunft darüber geben, ob eine Provision in gleicher Höhe vereinbart, gezahlt und nicht erlassen wurde. Dies haben die Kläger aber trotz gerichtlichen Hinweises auf diese Möglichkeit ausdrücklich nicht gewollt.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.