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Sachverständigenablehnung wegen Befangenheit – Überschreitung des Gutachtenauftrags

Oberlandesgericht Bremen – Az.: 5 W 26/14

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 17.07.2014 gegen den Beschluss des Landgerichtes Bremen vom 24.06.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert wird auf 800.000,- € festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 17.07.2014 (Bl. 214) gegen den ihm am 08.07.2014 zugestellten Beschluss des Landgerichtes vom 24.06.2014 (Bl. 209) ist zulässig (§ 46 Abs. 2 ZPO), insbesondere rechtzeitig erhoben worden. Sie ist indessen nicht begründet.

Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Ablehnung eines Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit dann erfolgen kann, wenn vom Standpunkt einer Partei objektiv und vernünftig betrachtet Gründe vorliegen, die Misstrauen an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu begründen vermögen. Ein solcher Fall kann, wie der Kläger zutreffend geltend macht, dann vorliegen, wenn der Sachverständige seinen Gutachtenauftrag selbstständig überschreitet und – insbesondere zu Lasten einer Partei – zu Aussagen gelangt, nach denen das Gericht nicht gefragt hat (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 30. Aufl., § 406, Rdn. 8 m.w.N.). Ob ein solches Verhalten einen Ablehnungsantrag zu rechtfertigen vermag, lässt sich allerdings nicht pauschal beantworten, sondern hängt ab von allen Umständen des Einzelfalles (BGH, Beschluss vom 11.04.2013, Az. VII ZB 32/ 12, zitiert nach juris). Für den vorliegenden Fall hat das Landgericht dies zutreffend verneint.

Es erscheint schon zweifelhaft, ob der Sachverständige unter Berücksichtigung der Beweisfrage zu 4. im Beweisbeschluss des Landgerichtes vom 21.01.2013 (Bl. 116 d.A.), auf deren Überschreitung der Kläger sein Ablehnungsgesuch stützt, seinen gerichtlichen Gutachtenauftrag überhaupt verlassen hat oder ob nicht vielmehr der Kläger diesen zu eng interpretiert.

Die Fragestellung in Satz 2 dieser Ziffer des Beweisbeschlusses zielt darauf ab, ob „im Hause der Beklagten in den Krankenakten….unter medizinischen Gesichtspunkten eine umfassende Aufklärung…hinreichend dokumentiert“ wurde.

Diese Fragestellung bezieht sich nach ihrem Wortlaut in der Tat zunächst darauf, ob die über die Aufklärung des Patienten erstellten Dokumente nach ihrem Wortlaut und Inhalt alles das vollständig wiedergeben, worüber der Patient informiert werden musste, d.h., ob sie dies vollen Inhalts „dokumentieren“ im eigentlichen Sinne des Wortes, d.h. den Vorgang vollumfänglich beurkunden oder protokollieren. So hat der Sachverständige die Frage auch zunächst zutreffend verstanden und sie angesichts des Umstandes, dass die entsprechenden Unterlagen den genauen Inhalt der durchgeführten Aufklärung nur allgemein wiedergeben („ …im Detail erklärt“), zutreffend verneint. Eine umfassende Aufklarung in diesem Sinne ist nicht „dokumentiert“, d.h. in einem Dokument vollständig und abschließend niedergelegt worden.

Durchaus noch mit der Fragestellung des Gerichtes vereinbar hat sich der Sachverständige sodann darüber hinaus mit der Frage befasst, ob sich nicht aus der Gesamtheit der Umstände des Einzelfalles, d.h. den vorliegenden Dokumenten insgesamt in Verbindung mit dem kinderepileptologischen Standard zur Information des Patienten bzw. seiner Angehörigen eine umfassende Aufklärung „dokumentieren“ im Sinne von „belegen“ oder „nachweisen“ lässt. Dies hat der Sachverständige angenommen und als glaubhaft bezeichnet.

Mag er sich damit auch im Grenzbereich zwischen medizinischer Fragestellung und rechtlicher und tatsächlicher Würdigung des Sachverhalts bewegen, mag man seine Einschätzung insoweit teilen oder nicht – er hält sich damit jedenfalls im Bereich dessen, was man als Fragestellung des Gerichtes im Sinne der Formulierung des Beweisbeschlusses – auch – verstehen kann. Dass er diesen in dem vorgenannten Sinne interpretiert und die Fragestellung im vorgenannten Sinne verstanden hat, ergibt sich eindeutig aus seiner Stellungnahme vom 08.04.2014 und führte ihn dazu, dass er die erste – so verstandene – Frage verneint, die zweite hingegen bejaht hat (Bl. 200 d.A.). Dies alles ist nicht zu beanstanden.

Ein Grund für die Annahme, der Sachverständige sei nicht hinreichend objektiv, ergibt sich nach alledem aus seiner ausgesprochen differenzierten Herangehensweise jedenfalls nicht.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO.

Der Streitwert entspricht dem der Hauptsache (Thomas-Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 46, Rdn. 2).

 

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