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Sachverständiger – Verstoß gegen Neutralitätsgebot bei Gutachtenerstellung

LG Düsseldorf – Az.: 7 O 95/17 – Beschluss vom 02.03.2021

Der Sachverständige Prof. Dr. Q wird nicht entpflichtet.

Die Vergütung des Sachverständigen wird auf 0,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung der Vergütung eines Sachverständigen erfolgt von Amts wegen, wenn das Gericht die Festsetzung für angemessen hält, § 4 Abs. 1 JVEG. Eine gerichtliche Festsetzung der Vergütung ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 JVEG insbesondere dann angemessen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Abs. 1 oder 2 S. 1 JVEG in Betracht kommt (BeckOK KostR/Bleutge, 32. Ed. 1.1.2021, JVEG § 4 Rn. 4).

Die Vergütung des Sachverständigen ist gemäß § 8a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 JVEG auf 0,00 EUR festzusetzen.  Der Vergütungsanspruch des Sachverständigen entfällt, weil er die Unverwendbarkeit seines Gutachtens pflichtwidrig grob fahrlässig herbeigeführt hat.

1.

Der Sachverständige hat grundsätzlich bereits dann einen Vergütungsanspruch, wenn er ein in Auftrag gegebenes Gutachten erstattet. Grundlage für die Vergütung ist allein die Tätigkeit des Sachverständigen (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG: Leistung des Sachverständigen). Der Vergütungsanspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob das Gutachten objektiv oder nach der Auffassung des Gerichts oder der Parteien „richtig“ ist (OLG Düsseldorf JurBüro 2001, 537 und JurBüro 1992, 56). Inhaltliche Mängel und fehlende Überzeugungskraft des Gutachtens berühren daher in der Regel den Vergütungsanspruch nicht.

Der Vergütungsanspruch des Sachverständigen entfällt ausnahmsweise aber dann, wenn das Gutachten aufgrund inhaltlicher, objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und mithin nicht als Entscheidungsgrundlage dienen kann und wenn der Sachverständige die Unverwertbarkeit verschuldet hat. In diesem Fall ist es nicht gerechtfertigt, die Staatskasse bzw. die Parteien mit den Kosten des Gutachtens zu belasten (vgl. OLG Düsseldorf JurBüro 2001, 537).

Die Vergütung ist aber nur dann zu versagen, wenn der Sachverständige die Unverwertbarkeit seines Gutachtens vorsätzlich oder  pflichtwidrig grob fahrlässig herbeigeführt hat (so z. B. OLG München OLGReport 1995, 144, OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.01.1995, 10 W 135/04, juris).

Eine begründete Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit und die hierdurch bedingte Unverwertbarkeit des Gutachtens führen somit nur dann zur Vernichtung des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs des Sachverständigen, wenn dieser den Ablehnungsgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 16. April 2015 – 10 W 57/14, 10 W 57/14 (Abi) -, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Juli 2014 – 8 W 388/13 -, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 08. September 2011 – 8 U #####/#### -, juris).

Der Sachverständige handelt dabei grob fahrlässig, wenn er in seinem Gutachten Formulierungen verwendet, die ein subjektives Misstrauen der Partei in die Unparteilichkeit rechtfertigen können. Die unbedingt erforderliche Unparteilichkeit des Sachverständigen gebietet es, dass sich der Sachverständige während der Gutachtenerstattung absolut neutral verhalten muss und dass er die Beweisfragen unvoreingenommen und objektiv beantwortet. Bereits der durch seine Formulierungen verursachte Anschein der Parteilichkeit macht das Gutachten unbrauchbar, auch wenn es sachlich tatsächlich ohne Mängel ist (OLG Naumburg, Beschluss vom 16. April 2015 – 10 W 57/14, 10 W 57/14 (Abi) -, juris).

2.

Hiernach hat der Sachverständige seine Ablehnung und die hieraus folgende Unverwertbarkeit des Gutachtens grob fahrlässig verschuldet.

Aufgrund der Formulierung, dass er die Entscheidung der Klägerin, das gesamte System auszutauschen und ein neues System zu installieren, für nachvollziehbar und verständlich hält, lässt er eine Belastungstendenz erkennen. Ein Komplettaustausch eines komplexen Systems findet nur statt bei schwerwiegenden, nicht anders behebbaren Mängeln oder wenn erwartet wird, dass der Unternehmer nicht in der Lage sein wird, bestehende Mängel zu beheben. Diese Formulierung wurde vom Sachverständigen ohne jede Not benutzt. Gründe, die eine solche Formulierung und die damit verbundene Belastungstendenz rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.

Gleiches gilt für die Formulierung, dass er den aus seiner Sicht jeweils glaubwürdigeren Sachvortrag der Parteien seinem Gutachten zugrunde legte, ohne dass er erkennen ließ, welchen Sachvortrag er an welcher Stelle nutzte. Auch hierdurch verletzte er grob fahrlässig seine Pflicht, indem er selber und ohne jede weitere Begründung den Vortrag einer Partei für glaubwürdiger erachtet und somit die Glaubwürdigkeit eines Vortrages bewertet. Es hätte ihm bereits bei Anstellung einfachster Überlegungen aufdrängen müssen, dass diese Vorangehensweise Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit begründen könnte.

Auch der Hinweis an die Parteien, dass eine (vorprozessuale) Einigung aus Sicht des Sachverständigen wirtschaftlicher und vorzugswürdiger gewesen wäre, da in diesem Fall die Beklagte zur Lösung der Problematik der Schließanlage hätte beitragen können, lässt eine Bewertung des vorprozessualen Verhaltens der Klägerin erkennen und verletzt ebenfalls die Neutralitätsverpflichtung des Sachverständigen. Auch dieser Hinweis erfolgte ohne einen erkennbaren Anlass. Das Gutachten baut hierauf nicht auf.

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