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Schadensersatz wegen gescheiterten Grundstückskaufvertrag

Gescheiterter Grundstückskauf und Schadensersatz: Ein Blick auf das Kölner Landgerichtsurteil

Das Landgericht Köln hatte sich mit einem komplexen Fall zu befassen, der sich um einen gescheiterten Grundstückskaufvertrag und die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche drehte. Die Klägerin, Eigentümerin einer Reha-Klinik, hatte die Beklagte, vermutlich eine Kommune, auf Schadensersatz verklagt. Der Streit entzündete sich an einem Grundstück, das Teil des Klinikkomplexes war und auf dem ein leerstehendes Personalhaus stand. Die Klägerin hatte für dieses Grundstück eine Abbruchgenehmigung erhalten, und die Beklagte hatte Interesse an einem Kauf des Grundstücks für die Unterbringung von Flüchtlingen gezeigt. Das rechtliche Hauptproblem lag in der Frage, ob die Beklagte der Klägerin Schadensersatz für die entstandenen Kosten schuldet, da der Kaufvertrag letztlich nicht zustande kam.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 O 202/18  >>>

Vertragsverhandlungen und Stillstandskosten

Die Parteien hatten über den Kauf des Grundstücks verhandelt, konnten sich jedoch nicht auf einen Vertrag einigen. Die Klägerin hatte in der Zwischenzeit den Abriss des Gebäudes in Auftrag gegeben, diesen aber teilweise wieder gestoppt, als die Verhandlungen mit der Beklagten begannen. Die Klägerin behauptete, die Beklagte habe zugesagt, die Kosten für den Stillstand der Abbrucharbeiten zu übernehmen. Diese Zusage wurde jedoch von der Beklagten bestritten.

Der Knackpunkt: Keine verbindliche Zusage

Das Gericht stellte fest, dass die Klägerin keinen vertraglichen Anspruch auf die geltend gemachten Positionen hat. Die Klägerin konnte nicht schlüssig darlegen, dass eine verbindliche Zusage seitens der Beklagten erfolgt war. Selbst wenn der Bürgermeister der Beklagten eine zeitnahe Entscheidung über die Übernahme der Kosten in Aussicht gestellt hatte, war dies nicht als verbindliche Zusage zu werten. Ein Ratsbeschluss wäre nötig gewesen, um die Beklagte rechtlich zu binden.

Kein Schadensersatz für die Klägerin

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klage unbegründet ist. Die Klägerin hatte keinen vertraglichen Anspruch auf Ausgleich der geltend gemachten Positionen, einschließlich der Stillstandskosten für die Abbrucharbeiten und der Mehrkosten durch die Verzögerung des Abbruchs. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass eine verbindliche Vereinbarung mit der Beklagten getroffen wurde.

Implikationen und Relevanz des Falles

Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung klarer und verbindlicher Vereinbarungen in Vertragsverhandlungen. Er zeigt auch, dass mündliche Zusagen oder unklare Absprachen in komplexen Vertragsverhältnissen riskant sein können. Die Entscheidung des Landgerichts Köln macht deutlich, dass für die Verbindlichkeit von Zusagen in der Regel ein formaler Ratsbeschluss oder eine ähnliche offizielle Entscheidung erforderlich ist.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Köln – Az.: 2 O 202/18 – Urteil vom 11.04.2019

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz im Zusammenhang mit einem gescheiterten Grundstückskaufvertrag in Anspruch.

Die Klägerin ist Eigentümerin einer Reha-Klinik in M-S. Zu dem Komplex gehört auch das Grundstück S 17 und 19, auf dem sich ein seit Ende 2012 leerstehendes ehemaliges Schwestern- und Personalhaus befand. Die Beklagte erteilte im Februar 2014 eine Abbruchgenehmigung hierfür sowie für weitere Objekte auf dem Klinikgelände.

Im September 2014 besichtigte ein Mitarbeiter der Beklagten das Schwestern- und Personalhaus, um zu prüfen, ob es für die Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sei. Diese Idee wurde aber zunächst nicht weiterverfolgt.

Anfang des Jahres 2015 wandte sich die Beklagte erneut an die Klägerin und teilte mit, sie benötige aufgrund des anhaltenden Flüchtlingszustroms dringend nutzbaren einfachen Wohnraum. Es werde daher der Erwerb der zum Abriss vorgesehenen Gebäude S 17 und 19 erwogen.

Am 25. Juni 2015 erteilte die Klägerin einem Bauunternehmen, der R Umwelttechnik GmbH (R), den Auftrag zum Abriss der Personalwohnhäuser.

Am 13. Juli 2015 fand ein Ortstermin in den Gebäuden statt, an dem auch der Bürgermeister der Beklagten teilnahm.

In der Folge verhandelten die Parteien über den Abschluss eines Kaufvertrags, der aber letztlich aus im Einzelnen streitigen Gründen nicht zustande kam. Im Zuge der Kaufvertragsverhandlungen fanden am 7.8.2015 ein Ortstermin und am 20.8.2015 eine Besprechung im Rathaus M statt, deren Einzelheiten streitig sind.

Mit Schreiben vom 8.9.2015 (K 9, Bl 48) wandte sich die Klägerin an die Beklagte und erklärte, es sei noch nicht endgültig entschieden, die Gebäude nicht abreißen zu lassen; die Fa. R habe jedoch ihre (möglichen) Ansprüche mit 323.000 € brutto beziffert. Daher sei es für die Klägerin zwingend erforderlich, dass die Beklagte „zumindest dem Grunde nach kurzfristig zusagt, sämtliche Ansprüche auszugleichen“.

In einer Ratssitzung der Beklagten vom 17.9.2015 wurde die Verwaltung der Beklagten mit diversen Projekten zur Unterbringung von Flüchtlingen beauftragt. Der Rat gab Haushaltsmittel in Höhe von rund 4 Millionen € für das Projekt S frei.

In einer Mail vom 9.10.2015 (K 7, Bl 26) schrieb der Bürgermeister der Beklagten an die Klägerin: „S muss jetzt geregelt werden. Wie bereits mitgeteilt, hat der Rat entsprechende Mittel freigegeben.“

Am 20. Oktober 2015 kündigte die Klägerin den Bauvertrag (Abbruch) teilweise, nämlich in Bezug auf die Häuser 17 und 19. Den Abriss der übrigen Gebäude ließ sie wie mit der R vereinbart durchführen.

In der Folgezeit verhandelten die Parteien weiter über die Veräußerung des Grundstücks S 17 und 19. Im November 2015 erstellte der Notar Dr. E in C einen ersten Entwurf des Kaufvertrags (K 8, Bl 28). Mit Schreiben vom 17.12.2015 (K 30, Bl 256) wandte sich die Klägerin an die Beklagte und teilte mit, sie habe die Firma R in Nachverhandlungen zu einer Reduzierung ihrer Schadensersatzforderung wegen der Teilkündigung des Bauvertrags bewegen können. Sie benötige nun sehr kurzfristig die Kostenübernahmeerklärung der Beklagten. Im Januar und Februar 2016 tauschten die Parteien neue Entwurfsfassungen des Vertragstexts aus. Am 11.2.2016 beschloss der Bauausschuss des Rats der Beklagten, die Verhandlungen über den Kaufvertrag fortzusetzen, eine Kaufentscheidung aber erst nach Vorlage der finalen Verträge zu treffen. Der Bauausschuss lehnte zudem die Übernahme von Stillstands- und Kündigungskosten ab. Es folgte weiterer Schriftverkehr der Parteien in den Monaten April, Mai, September und November 2016.

Im Jahr 2017 gab die Klägerin den Abriss der bis dahin stehen gebliebenen Häuser S 17 und 19 erneut in Auftrag.

Mit der Klage begehrt die Klägerin Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des Abbruchs von Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund sowie aus einem angeblich geschlossenen Vertrag, der speziell die Stillstandskosten und die Mehrkosten durch die Verzögerung des Abbruchs zum Gegenstand gehabt habe. Sie verlangt den Ersatz folgender Positionen:

Stillstandszeiten der R für den Mitte August 2015 angeordneten Stopp der Abbrucharbeiten;

Vergütungsanspruch der R wegen der Teilkündigung des Abbruchvertrags im Oktober 2015;

Erhöhte Kosten durch erneute Ausschreibung der Arbeiten im Jahr 2017;

Erhöhung der Ingenieurkosten durch zusätzlichen  Aufwand (zwei Positionen);

Zusatzkosten der Klägerin durch den Einsatz interner Mitarbeiter aus der Abteilung Gebäudemanagement (zwei Positionen).

Für die Einzelheiten wird auf die Seiten 9 bis 12 der Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, beim Ortstermin vom 7.8.2015 habe der Bürgermeister der Beklagten dem Geschäftsführer der Klägerin eine Kostenübernahme zugesichert. Für den Geschäftsführer der Klägerin sei klar gewesen, dass, wenn die Beklagte innerhalb von drei Tagen nicht „Nein“ sage, die Sache „gesetzt“ sei. Die Vertreter der Beklagten hätten im Ortstermin erklärt, sie wollten am Montag, den 10.8.2015, eine Entscheidung treffen, ob die Stillstandskosten übernommen werden, um innerhalb von drei Wochen ein Verkehrswertgutachten einholen zu können. Konkret sei bereits die Übernahme der Stillstandskosten für den Zeitraum der Entscheidungsfindung von zwei bis drei Wochen vereinbart worden.

Auch in der Besprechung vom 20.8.2015 habe man Einvernehmen darüber erzielt, dass die Beklagte im Falle des Nichtabrisses die Stillstandskosten und die Mehrkosten im Falle des Stopps der Arbeiten zu tragen habe. Der Bürgermeister der Beklagten habe zugesagt, die Entscheidung über die Übernahme der Stillstandskosten zeitnah herbeizuführen.

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Die Beklagte habe „in der Folge“ das Interesse an dem Grundstückskaufvertrag verloren, weil der Flüchtlingsstrom deutlich abgenommen habe.

Die Klägerin beantragt,

1.       die Beklagte zu verurteilen, an sie 231.612,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2.       die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten  in Höhe von 3.509,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet,  ihre Vertreter in der Besprechung vom 20.8.2015 hätten darauf hingewiesen, dass bis dahin keine abschließende Ratsentscheidung zu der Übernahme von Stillstandskosten erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1.

Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch auf Ausgleich der mit der Klage geltend gemachten Positionen gegen die Beklagte.

Der klägerische Vortrag zum Inhalt einer angeblich am 7.8.2015 im Ortstermin erzielten Einigung changiert und hat keinen greifbaren Kern. Auch der Geschäftsführer der Klägerin hat in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 24.1.2019 (Prot 3f = Bl 321) letztlich nicht eine Einigung wiedergegeben, sondern nur seine einseitige Erwartung, dass die Sache geregelt sei, wenn die Beklagte nicht innerhalb von drei Tagen etwas anderes erkläre.

Soweit die Klägerin behauptet, man habe in der Besprechung vom 20.8.2015 Einvernehmen erzielt, dass die Beklagte im Falle des Nichtabrisses die Stillstandskosten und die Mehrkosten im Falle des Stopps der Arbeiten zu tragen habe, ist auch damit ein Vertragsschluss nicht schlüssig dargelegt. Denn nach dem Vortrag der Klägerin hat der Bürgermeister der Beklagten zugleich erklärt, er werde die Entscheidung über die Übernahme der Kosten zeitnah herbeiführen. Diese Erklärung kann nur als Hinweis darauf verstanden werden, dass – selbstverständlich – ein Ratsbeschluss nötig war, um die Beklagte rechtlich bindend zu verpflichten. Dieser Hinweis war nicht einmal nötig, denn die Vertreter der Klägerin als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wissen, dass auch bei Gebietskörperschaften wie der Beklagten Zustimmungserfordernisse bestehen.

Es kommt hinzu, dass die Parteien sich unstreitig in – längeren – Verhandlungen über einen komplexen Grundstückskaufvertrag befanden. Zu den Fragen und Themen, die in diesem Zusammenhang einer einvernehmlichen Lösung zugeführt werden sollten, zählte – jedenfalls aus Sicht und nach dem Interesse der Klägerin – auch die Problematik der Stillstands- und Kündigungskosten. Dies war indes nur ein Aspekt unter vielen. Bei derartigen Verhandlungen gilt der Grundsatz, dass nichts geregelt ist, solange nicht alles geregelt ist. Es bedarf daher besonderer Umstände, um eine rechtlich verbindliche Einigung in einem Unterpunkt trotz ansonsten fortgesetzter Verhandlungen annehmen zu können. Solche Umstände sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Schließlich ist bei der Auslegung der beiderseitigen Erklärungen im vorvertraglichen Stadium und bei der Prüfung, ob Rechtsbindungswille in Einzelpunkten bestand, indiziell auch von Bedeutung, wie die Parteien selbst die Erklärungen der anderen Seite aufgefasst haben. Dabei fällt auf, dass die Klägerin am 8.9.2015 der Beklagten schrieb (K 9, Bl 48), es sei noch nicht entschieden, die Häuser S 17 und 19 nicht abreißen zu lassen; es sei für sie zwingend erforderlich, dass die Beklagte zumindest dem Grunde nach zusage, sämtliche Ansprüche der R gegen die Klägerin auszugleichen. Dieses Schreiben verfasste die Klägerin recht zeitnah nach dem Ortstermin vom 7.8.2015 und der Besprechung im Rathaus der Beklagten am 20.8.2015, aus denen sie nun eine Einigung der Parteien herleiten möchte. Ihr Schreiben vom 8.9.2015 bedeutet indes, dass sie damals nicht von einer Einigung ausgegangen war.

Entsprechendes gilt für das Schreiben der Klägerin vom 17.12.2015 (K 30, Bl 256). Auch hierin forderte sie die Beklagte „sehr kurzfristig“ zur „Kostenübernahmeerklärung“ auf.

Im Übrigen ist die Klägerin offenbar noch bei Einreichung der Klage davon ausgegangen, keine vertraglichen Ansprüche gegen die Beklagte zu haben. Die Rechtsausführungen in der Klageschrift stützen sich ausschließlich auf Ansprüche aus der angeblichen Verletzung vorvertraglicher Pflichten.

2.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte ebenso wenig einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen über einen Grundstückskaufvertrag betreffend das Objekt S.

Ein solcher Anspruch setzte zum einen voraus, dass die Beklagte bei den Verhandlungen über den Grundstückskaufvertrag in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags erweckt hätte. Erforderlich ist insoweit ein qualifizierter Vertrauenstatbestand, der gegeben ist, wenn der Abbrechende den Vertragsschluss als sicher hingestellt oder den anderen Teil zu Vorleistungen veranlasst hat (Palandt-Grüneberg, BGB, 78. Aufl., § 311, Rn 31). Bei Verhandlungen über form- oder genehmigungsbedürftige Verträge besteht zur Vermeidung eines auch nur mittelbaren Zwangs zum Vertragsschluss ein Schadensersatzanspruch nur bei einem schweren Verstoß gegen die Pflicht zum redlichen Verhalten; erforderlich ist in der Regel ein vorsätzlicher Verstoß (Palandt-Grüneberg, aaO; BGH v. 13.10.2017 – V ZR 11/17, Rn 6).

Weiterhin setzt ein Schadensersatzanspruch wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen voraus, dass die Verhandlungen ohne triftigen Grund, also grundlos und aus sachfremden Erwägungen, abgebrochen werden. Da noch keine vertragliche Bindung besteht, sind an das Vorliegen eines triftigen Grundes keine zu hohen Anforderungen  zu stellen. Es genügt schon das günstigere Angebot eines anderen Interessenten (Palandt-Grüneberg, aaO, Rn 32).

Keine der beiden Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.

Es kann dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin ausreicht, um das Verhalten der Beklagten als Abbruch von Vertragsverhandlungen anzusehen. Jedenfalls bis zu ihrem Schreiben vom 13.9.2016 an die Klägerin hat die Beklagte noch Vertragsverhandlungen geführt. Die Klägerin hat diese Verhandlungen mit ihrem Schreiben vom 2.11.2016 fortgesetzt. Danach ist bis zum anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 21.3.2018 nichts mehr geschehen, so dass mehr für ein Einschlafen der Verhandlungen spricht als für deren Abbruch.

Darauf kommt es indes nicht an, denn jedenfalls hat die Beklagte während der Vertragsverhandlungen keinen qualifizierten Vertrauenstatbestand bei der Klägerin geschaffen. Sie hat zu keinem Zeitpunkt den Abschluss des Grundstückskaufvertrags als sicher hingestellt, und sie hat die Klägerin auch nicht zu Vorleistungen veranlasst. Solche bestehen insbesondere nicht in den angeblichen Mehraufwendungen, welche die Klägerin wegen des zeitweiligen Stopps der Abrissarbeiten geltend macht. Den Bauvertrag betreffend den Abriss hatte die Klägerin schon im Juni 2015 und damit vor Beginn der Vertragsverhandlungen im Juli 2015 geschlossen. Die kostenauslösende Teilkündigung dieses Bauvertrags vom 20.10.2015 nahm die Klägerin vor, ohne von der Beklagten in irgendeiner Weise hierzu veranlasst worden zu sein. Vielmehr hatte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 8.9.2015 (K 9) aufgefordert, zumindest dem Grunde nach kurzfristig einen Ausgleich der entstehenden Mehrkosten zuzusagen; die Beklagte hatte hierauf aber nicht reagiert. Der Ratsbeschluss vom 17.9.2015, in dem Haushaltsmittel für diverse Projekte zur Unterbringung von Flüchtlingen – darunter für das streitgegenständliche Objekt – bewilligt wurde, gab der Verwaltung der Beklagten lediglich die Möglichkeit, die Kaufvertragsverhandlungen fortzuführen, stellte aber entgegen der Ansicht der Klägerin keine Kostenübernahmeerklärung dar.

Hat die Klägerin demnach in eigener Verantwortung den Bauvertrag teilweise gekündigt, so fallen die hierdurch womöglich entstandenen Mehrkosten ihr selbst zur Last und können nicht auf die Beklagte abgewälzt werden. Es liefe dem Zweck des § 311b BGB zuwider, wenn die Klägerin es in der Hand gehabt hätte, durch eigene Dispositionen die Beklagte mittelbar zum Abschluss des Grundstückskaufvertrags zu bewegen (so auch BGH v. 13.10.2017, aaO, Rn 14 zur Konstellation, dass der Verkäufer Abstand vom Vertragsschluss nimmt, obwohl er weiß, dass der Kaufinteressent im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrags bereits einen Finanzierungsvertrag geschlossen hat).

Im Übrigen hat die Beklagte nach dem Vortrag der Klägerin die Vertragsverhandlungen nicht grundlos, also aus sachfremden Erwägungen, abgebrochen. Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe infolge des Rückgangs der Flüchtlingszahlen nach 2015 das Interesse an dem Objekt verloren. Das wäre ein sachlicher und damit triftiger Grund. Interessewegfall vor Vertragsschluss ist von der Vertragsfreiheit gedeckt.

3.

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte folgt schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass der Bürgermeister der Beklagten der Klägerin die ablehnende Entscheidung des Ratsausschusses für Bauen vom 11.2.2016 zur Übernahme der Stillstands- und Kündigungskosten nicht mitteilte.

Es fehlt schon an einer Mitteilungspflicht. Mitteilungsbedürftig wäre nur der Umstand gewesen, dass der Rat (nicht ein Ratsausschuss) den Abschluss eines Kaufvertrags (nicht einer etwaigen Zusage betreffend einen Teilaspekt) endgültig ablehne.

 

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, welcher Schaden der Klägerin durch die unterbliebene Mitteilung entstanden sein soll. Den Bauvertrag hatte sie schon vorher, nämlich am 20.10.2015, teilweise gekündigt.

4.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 13. März 2019 und der Klägerin vom 2. April 2019 bieten keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 231.612,39 €

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