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Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche infolge eines Impfschadens

Impfstoff C.: Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz abgewiesen

Das Urteil des Landgerichts Mainz (Az.: 9 O 37/23) vom 23. November 2023 weist die Klage einer Person ab, die nach ihrer Corona-Schutzimpfung mit dem Impfstoff C. Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche wegen behaupteter gesundheitlicher Schäden geltend machte. Die Klägerin konnte weder einen Anspruch aufgrund einer fehlerhaften Produktbeschaffenheit noch aufgrund mangelhafter Aufklärung durch die Beklagte, den Hersteller des Impfstoffs, erfolgreich begründen. Das Gericht folgte der Bewertung der Europäischen Arzneimittelagentur zur positiven Nutzen-Risiko-Bilanz des Impfstoffs und sah keine Verletzung der Produktbeobachtungspflicht durch die Beklagte.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Die Klage wird abgewiesen, und die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  • Kein Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz unter den gegebenen rechtlichen Gesichtspunkten.
  • Die Bewertung der Europäischen Arzneimittelagentur zur Nutzen-Risiko-Bilanz des Impfstoffs ist maßgeblich.
  • Keine Haftung des Impfstoffherstellers für behauptete Schäden, da keine negativen Abweichungen von der medizinischen Standardbewertung erkennbar waren.
  • Mangelnde Substantiierung der Klage bezüglich der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und deren Kausalität zur Impfung.
  • Die Erteilung der Zulassung des Impfstoffs durch die Europäische Kommission impliziert eine positive Nutzen-Risiko-Bewertung.
  • Keine Verletzung der Produktbeobachtungspflicht durch den Impfstoffhersteller festgestellt.
  • Fehlen eines Kausalzusammenhangs zwischen der Impfung und den geltend gemachten Gesundheitsschäden.

Impfschaden: Rechtliche Aspekte und Herausforderungen

Impfschaden Schadensersatz
(Symbolfoto: BaLL LunLa /Shutterstock.com)

Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche infolge eines Impfschadens sind komplexe rechtliche Themen, die sowohl Betroffene als auch die Gesellschaft betreffen. Die Durchsetzung solcher Ansprüche kann schwierig sein, da die Beweislast beim Geschädigten liegt und die Kausalität zwischen Impfung und Gesundheitsschaden oft schwer nachzuweisen ist.

In Deutschland gibt es keine gesetzliche Regelung, die Schmerzensgeld- oder Schadensersatzansprüche infolge eines Impfschadens explizit regelt. Daher müssen Betroffene ihre Ansprüche auf zivilrechtliche Vorschriften wie etwa das Produkthaftungsgesetz oder das Bürgerliche Gesetzbuch stützen.

Wenn Sie sich in einer Situation befinden, die Fragen zu Impfschäden aufwirft, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum des Rechtsstreits am Landgericht Mainz unter dem Aktenzeichen 9 O 37/23 standen die Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche einer Klägerin, die nach der Verabreichung von zwei Dosen eines Corona-Schutzimpfstoffs mit dem Impfstoff C. gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitt. Diese Impfstoffdosen wurden ihr im August und September 2021 verabreicht, nachdem der Impfstoff im Dezember 2020 die zentrale Zulassung der Europäischen Kommission erhalten hatte.

Der Weg zur Klage: Gesundheitliche Folgen nach der Impfung

Die Klägerin, die in ihrer Kindheit Entwicklungsverzögerungen erfuhr, machte geltend, dass sie sich dem gesellschaftlichen Druck gebeugt und sich impfen ließ, um ihre schwangere Schwester besuchen zu können und am sozialen Leben teilhaben zu dürfen. Kurz nach der ersten Impfdosis traten bei ihr starke Kopfschmerzen und Schwindelgefühle auf, die sich nach der zweiten Dosis noch verschlimmerten. Sie berichtete von einer erheblichen Beeinträchtigung ihrer Mobilität und einer allgemeinen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands, die es ihr unmöglich machten, einer normalen Tätigkeit nachzugehen oder ihrem schulischen Pensum zu entsprechen.

Rechtliche Herausforderungen und Argumente

Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass ein Anscheinsbeweis für den Ursachenzusammenhang zwischen den Impfungen und ihren gesundheitlichen Problemen bestehe, gestützt auf die Rechtsprechung des EuGH sowie des BGH zu ähnlichen Fällen. Sie argumentierte weiter, dass der Impfstoff ein negatives Nutzen-Risiko-Profil aufweise, was durch die erheblichen Risiken und die aus ihrer Sicht geringe Wirksamkeit des Impfstoffs untermauert werde. Die Klägerin bezog sich auf eine angeblich mangelhafte Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen und eine Verletzung der Produktbeobachtungspflicht durch die Beklagte.

Die Entscheidung des Landgerichts Mainz

Das Landgericht Mainz wies die Klage ab und folgte dabei der Argumentation der Beklagten, die darlegte, dass kein Nachweis für die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin vorliege. Zudem wurde aufgezeigt, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der Impfung und den gesundheitlichen Problemen weder bewiesen noch aus den vorgelegten Informationen ableitbar sei. Das Gericht stellte fest, dass die positive Nutzen-Risiko-Bilanz des Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelagentur bestätigt wurde und somit eine Haftung der Beklagten ausschied.

Wissenschaft und Recht im Einklang

In seiner Urteilsbegründung betonte das Gericht, dass die allgemein anerkannten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft maßgeblich seien und Einzelmeinungen oder nicht verifizierte Nebenwirkungsmeldungen keine ausreichende Grundlage für eine Haftung darstellen. Es wurde hervorgehoben, dass die Erteilung der Zulassung durch die Europäische Kommission und die fortlaufende Überwachung des Impfstoffs durch die zuständigen Aufsichtsbehörden Indizien für ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis sind.

Fazit: Keine Haftung ohne nachgewiesenen Schaden

Das Urteil des Landgerichts Mainz verdeutlicht, dass die juristische Beurteilung von Schadensersatzansprüchen infolge vermeintlicher Impfschäden eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls erfordert. Entscheidend sind dabei die wissenschaftlich fundierte Bewertung des Nutzen-Risiko-Profils des Impfstoffs und der Nachweis eines direkten Kausalzusammenhangs zwischen der Impfung und den gesundheitlichen Beschwerden.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird die Zulassung von Arzneimitteln in der EU gehandhabt?

Die Zulassung von Arzneimitteln in der Europäischen Union (EU) wird durch ein komplexes System geregelt, das darauf abzielt, die Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität von Arzneimitteln zu gewährleisten. Innerhalb dieses Systems gibt es verschiedene Verfahren, die je nach Art des Arzneimittels und dem Zielmarkt angewendet werden können.

Zentralisiertes Verfahren

Das zentralisierte Verfahren, koordiniert von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), ist das Hauptverfahren für die Zulassung von Arzneimitteln innerhalb der EU. Es ermöglicht die Erteilung einer einzigen Zulassung, die in allen EU-Mitgliedstaaten sowie im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gültig ist. Dieses Verfahren ist verpflichtend für bestimmte Arten von Arzneimitteln, einschließlich solcher, die mit biotechnologischen Verfahren hergestellt werden, sowie für Arzneimittel zur Behandlung von HIV/AIDS, Krebs, Diabetes und neurodegenerativen Erkrankungen.

Die EMA spielt eine zentrale Rolle in diesem Prozess, indem sie die wissenschaftliche Bewertung der Arzneimittel durchführt und Empfehlungen zur Zulassung ausspricht. Die endgültige Entscheidung über die Zulassung wird von der Europäischen Kommission getroffen. Nach der Zulassung ist das Arzneimittel für den Verkauf und die Verwendung in der gesamten EU und im EWR zugelassen.

Nationale Zulassungsverfahren

Neben dem zentralisierten Verfahren gibt es nationale Zulassungsverfahren, die innerhalb eines einzelnen EU-Mitgliedstaates durchgeführt werden. Diese Verfahren sind für Arzneimittel vorgesehen, die nicht unter das zentralisierte Verfahren fallen. Die Zulassung durch ein nationales Verfahren ermöglicht den Verkauf des Arzneimittels nur innerhalb des jeweiligen Landes.

Dezentralisiertes Verfahren und Verfahren der gegenseitigen Anerkennung

Das dezentralisierte Verfahren (DCP) und das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) ermöglichen die Zulassung von Arzneimitteln in mehreren EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig. Beim DCP beantragt der Hersteller die Zulassung in einem Mitgliedstaat und kann gleichzeitig die Zulassung in anderen Mitgliedstaaten beantragen. Beim MRP wird eine bereits in einem EU-Land erteilte Zulassung von anderen Mitgliedstaaten anerkannt.

Überwachung und Sicherheitsüberprüfung

Nach der Zulassung eines Arzneimittels überwacht die EMA kontinuierlich die Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels während seines gesamten Lebenszyklus. Dies umfasst die Bewertung von Berichten über Nebenwirkungen und die Durchführung von Sicherheitsüberprüfungen.

Die Zulassung von Arzneimitteln in der EU ist ein rigoroser Prozess, der darauf abzielt, hohe Standards für die öffentliche Gesundheit zu gewährleisten. Durch die verschiedenen Zulassungsverfahren wird sichergestellt, dass Arzneimittel, die in der EU in Verkehr gebracht werden, sicher, wirksam und von hoher Qualität sind.

Wie definiert sich eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz bei Arzneimitteln?

Die Nutzen-Risiko-Bilanz bei Arzneimitteln ist ein Vergleich des Nutzens einer therapeutischen Handlung (z.B. der Gabe eines Medikaments) mit deren Risiken (potentielle Schädlichkeit). Eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz bedeutet, dass die Risiken der Anwendung eines Arzneimittels den Nutzen überwiegen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Arzneimittel laufend gesundheitliche Probleme verursacht.

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Die Bewertung der Nutzen-Risiko-Bilanz basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, einschließlich der Schwere der Erkrankung, die das Arzneimittel behandeln soll, der Wirksamkeit des Arzneimittels bei der Behandlung dieser Erkrankung und der Art und Schwere der möglichen Nebenwirkungen. Die Nutzen-Risiko-Bilanz kann sich im Laufe der Zeit ändern, wenn neue Informationen über ein Arzneimittel verfügbar werden, z.B. durch klinische Studien oder Berichte über Nebenwirkungen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Nutzen-Risiko-Bilanz eines Arzneimittels nicht für jeden Patienten gleich ist. Sie kann je nach individuellen Umständen, wie dem Gesundheitszustand des Patienten, anderen Medikamenten, die der Patient einnimmt, und spezifischen Risikofaktoren, variieren. Daher ist es wichtig, dass Ärzte und Patienten zusammenarbeiten, um die beste Entscheidung über die Verwendung eines Arzneimittels zu treffen.


Das vorliegende Urteil

LG Mainz – Az.: 9 O 37/23 – Urteil vom 23.11.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 130.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schmerzensgeld- und Schadenersatzansprüche infolge eines (von Klägerseite behaupteten) Impfschadens.

Die Klägerin erhielt am 30. oder 31.08.2021 (insofern sind die Angaben im Klagevorbringen widersprüchlich) ihre erste und am 30.09.2021 ihre zweite Corona-Schutzimpfung mit dem Impfstoff C.. Dieser hatte im Dezember 2020 von der Europäischen Kommission die zentrale arzneimittelrechtliche Zulassung erhalten. Die Beklagte ist Herstellerin des Impfstoffs und Inhaberin der Zulassung.

Im Kindesalter war bei der Klägerin ein kombinierter Entwicklungsrückstand mit Tiefpunkt in der motorischen Entwicklung festgestellt worden.

Die Klägerin trägt vor:

Sie habe sich nicht aus freien Stücken, sondern lediglich aus einem gesellschaftlichen Druck heraus impfen lassen, insbesondere um ihre schwangere Schwester besuchen zu können und nicht aus dem alltäglichen Leben ausgeschlossen zu werden.

Drei Tage nach der ersten Impfung seien starke Kopfschmerzen und ein Schwindelgefühl (Drehschwindel) aufgetreten. Fünf Tage nach der ersten Impfung sei es ihr so schlecht gegangen, dass sie von ihrem Praktikumsplatz habe abgeholt werden müssen. Sie sei kreidebleich gewesen und habe an extremen Kopfschmerzen gelitten.

Nach der zweiten Impfung hätten sich die Beschwerden erheblich verschlimmert. Das rezidivierende Schwindelgefühl sei so stark geworden, dass sie sich kaum noch auf den Beinen habe halten können. Ihr Gangbild sei unsicherer geworden, sie sei fallgeneigt gewesen und habe oft gestützt werden müssen.

Das Schwindelgefühl halte bis heute an, so dass sie weder einer Tätigkeit nachgehen noch dem schulischen Lernpensum gerecht werden könne. An manchen Tagen sei es so schlimm, dass sie ins Bett krabbeln müsse, da sie nicht mehr in der Lage sei zu laufen. Sie sei seit der Impfung immer sehr müde und habe auf Grund der weitreichenden Beeinträchtigungen kaum noch Bewegung, was dazu führe, dass inzwischen mit jeder Belastung ein sehr starker Anstieg der Herzfrequenz einhergehe. Im Mai 2022 sei es zu einer Verschlechterung des Stuhlgangs und dem Auftreten verschiedener Hautausschläge gekommen. Außerdem sei eine Gangstörung diagnostiziert worden. Sie leide fast durchgängig an Muskelschmerzen, Gliederschmerzen, einem allgemeinen Krankheitsgefühl, Gesichtsschmerzen, Nackenschmerzen und Erschöpfung.

Sämtliche der vorgetragenen Beschwerden seien durch die Impfung mit dem Impfstoff C. verursacht worden und gingen weit über eine übliche Impfreaktion hinaus. Insbesondere sei im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ausgeschlossen worden, dass sich die Beschwerde auf psychosomatische Faktoren zurückführen ließen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.06.2017 – C 621/15) bestehe vorliegend ein Anscheinsbeweis für einen Ursachenzusammenhang. Jedenfalls sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises bei der Kausalitätsvermutung immer dann geboten, wenn das Schadensereignis nach allgemeiner Lebenserfahrung eine typische Folge der Pflichtverletzung darstelle. Dies sei hier der Fall. Insbesondere sei dabei der nahe zeitliche Zusammenhang zu berücksichtigen. Außerdem greife zu ihren Gunsten auch die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 S. 1 AMG. Diese sei auch europarechtskonform und verstoße nicht gegen Art. 4 der Produkthaftungsrichtlinie (RL 85/374/EWG).

Die Beklagte hafte daher nach § 84 Abs. 1 AMG.

Der Impfstoff C. habe kein positives Nutzen-Risiko-Profil.

Da keine Langzeitstudien durchgeführt worden seien, fehle es bereits an verlässlichen Daten hierzu.

Der Impfstoff weise lediglich einen geringen Grad der Wirksamkeit auf und habe daher keinen bzw. nur einen geringen therapeutischen Nutzen. Er schütze weder vor einer Infektion mit dem Coronavirus noch vor einer Weiterverbreitung. Auch die von Politik und Impfstoffhersteller vertretene Auffassung, dass die Impfung zumindest vor einem schweren Verlauf schütze, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage.

Demgegenüber berge der Impfstoff erhebliche Risiken. Er sei nach den praktischen Erkenntnissen dazu geeignet, Herzmuskelentzündungen, Thrombosen, Autoimmunerkrankungen, koronare Herzkrankheiten, Ischämien, Lähmungen und viele weitere Krankheitsbilder hervorzurufen. Nach Veröffentlichungen der Europäischen Arzneimittelagentur sei es bereits in 980.105 Fällen zu Nebenwirkungen gekommen.

Die Frage, ob der Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis aufweise, müsse nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Jedenfalls bei ihr – der Klägerin – stelle sich das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht als positiv dar, da die erlittenen Schäden die potenzielle Vorbeugung eines schweren Verlaufs einer Covid 19-Infektion in keinem Fall überwögen.

Der Umstand, dass der Bundesgesundheitsminister, der die Impfung noch im Sommer 2021 als nebenwirkungsfrei bezeichnet habe, nunmehr seine Meinung geändert habe und der Auffassung sei, die Impfgeschädigten sollten durch den Staat unterstützt werden, bezeuge ebenfalls eindeutig die Gefährlichkeit des Impfstoffs.

Auch Kennzeichnung, Fachinformation und Gebrauchsinformation des Impfstoffs hätten nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprochen.

Bereits zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens hätten die Impfstoffhersteller um die Gefährlichkeit der Impfstoffe gewusst, was insbesondere die Haftungsfreizeichnung in den mit der EU ausgehandelten Verträgen sowie die Regelung in § 3 Abs. 4 MedBVSV belege.

Der Beklagten sei von Tag zu Tag immer bekannter geworden, dass Geimpfte vermehrt über Autoimmunerkrankungen, das Post-Vakzin-Syndrom, Nervenerkrankungen, Thrombosen, das Fatigue-Syndrom und viele weitere Krankheitsbilder in zeitlichem Zusammenhang mit der Corona-Schutzimpfung berichtet hätten. Spätestens hier hätte eine öffentliche Stellungnahme und Berichtigung dieser Verharmlosung des Impfstoffs erfolgen müssen.

Wäre über die Möglichkeit der mittlerweile bekannten erheblichen Nebenwirkungen des Impfstoffs aufgeklärt worden, insbesondere auch darüber, dass es sich hierbei um dauerhafte und nicht lediglich vorübergehende Phänomene handelt, hätte sie – die Klägerin – sich bewusst gegen die Corona-Schutzimpfung entschieden.

Außerdem hafte die Beklagte auch nach § 823 Abs. 1 BGB und § 826 BGB.

Denn die Beklagte hätte sie – die Klägerin- im Rahmen der ihr obliegenden Produktbeobachtungspflicht über die bekannten Nebenwirkungen des Impfstoffs aufklären und der offensichtlichen Verharmlosung der Corona-Schutzimpfung in den Medien und der Politik entgegentreten müssen.

Da die Beklagte Kenntnis von den teilweise auch schwerwiegenden Impfnebenwirkungen gehabt habe, habe sie jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass Menschen durch das Verabreichen der Impfung an ihrer Gesundheit geschädigt würden. Dies zeige sich auch darin, dass die Aufklärungsmerkblätter immer weiter ausgebaut und ausgebessert worden seien.

Die unterlassene Aufklärung der Beklagten sei als sittenwidrig anzusehen, da die Aufopferung Einzelner wie auch die Abwägung „Leben gegen Leben“ stets auf sittlich niedrigster Stufe stehe und nicht gebilligt werden könne.

Der in § 3 Abs. 4 MedBVSV vorgesehene Haftungsausschluss sei verfassungswidrig.

Gerade in jungen Jahren könne eine monatelange oder jahrelange Berufsunfähigkeit signifikante Nachteile für das spätere Berufsleben bedeuten. Auch ihre Lebensqualität sei seither stark eingeschränkt und eine Teilnahme am normalen gesellschaftlichen Leben nicht nur unerheblich beeinträchtigt. Die ständige Gefahr einer starken Schwindelattacke stelle auch eine enorme psychische Belastung dar. Wie sich der weitere Krankheitsverlauf entwickle, sei vollkommen ungewiss. Es sei daher ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 100.000 € angemessen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 100.000 € nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche Schäden, die ihr in Zukunft aus den Corona-Schutzimpfungen vom 31.08.2021 und vom 30.09.2021 mit dem Impfstoff C. des Hersteller B./P. entstehen, zu ersetzen soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor: Es sei schon nicht nachgewiesen, dass die Klägerin an den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide. Diese seien in weiten Teilen nur unzureichend durch entsprechende Behandlungsunterlagen belegt. Den Anspruchsteller im Arzneimittelhaftungsverfahren treffe eine erweiterte Darlegungslast, insbesondere zu Grund- und Parallelerkrankungen, Risikofaktoren sowie die Einnahme anderer Arzneimittel. Da die Klägerin hierzu nur unvollständige Unterlagen vorlege, sei ihr Vortrag unsubstantiiert.

Überdies sei auch ein kausaler Zusammenhang zwischen den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Corona-Schutzimpfung weder nachgewiesen noch aus den vorliegenden Informationen und Unterlagen ableitbar.

Entgegen der Auffassung der Klägerin lasse sich aus der zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht herleiten, dass insofern ein Anscheinsbeweis gelte. Die in § 84 Abs. 2 AMG vorgesehene Beweislastumkehr verstoße gegen Art. 4 der europäischen Produkthaftungsrichtlinie (RL 85/374 EWG) und müsse deshalb nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 21.06.2017 – C-621/15 sowie Urteil vom 20.11.2014 – C-310/13) unangewendet bleiben.

Allerdings lägen auch die Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 AMG nicht vor und es gebe vorliegend keine belastbaren Anhaltspunkte oder Indizien für einen Kausalzusammenhang. Insbesondere sei der zeitliche Zusammenhang gerade nicht belegt, da ein Großteil der Symptome erstmals mehrere Monate nach der zweiten Impfung der Klägerin diagnostiziert worden seien. Es sei auch durchaus naheliegend, dass die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin durch andere Umstände hervorgerufen worden seien. Insbesondere könnten die bei der Klägerin am 09.08.2022 – unstreitig – diagnostizierten psychosomatischen Beschwerden in Form einer dissoziativen Störung und eines inneren unbewussten Konflikts mit dem Erwachsenwerden die meisten der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen erklären.

Unabhängig davon scheide eine Haftung nach § 84 AMG bereits deshalb aus, weil der Impfstoff C. weder ein negatives Kosten-Nutzen-Profil aufweise noch die Impfentscheidung der Klägerin auf einer unzutreffenden Fach- und Gebrauchsinformation beruht habe.

Das Nutzen-Risiko-Profil des Impfstoffs sei eindeutig positiv. Der Nutzen (nämlich der wirksame Schutz vor einer durch das Coronavirus ausgelösten COVID-19-Erkrankung mit potenziell tödlichem Verlauf) überwiege die sehr selten aufgetretenen Risiken bei Weitem. Maßgeblich sei insofern eine abstrakte Betrachtung und nicht die Betrachtung eines konkreten Einzelfalls.

Zwischenzeitlich seien – insoweit unstreitig – weltweit deutlich über 2,6 Milliarden Dosen C. verimpft worden. Bei den von Klägerseite genannten 980.105 von der Europäischen Arzneimittelagentur veröffentlichten Fällen zu Nebenwirkungen handele es sich – insoweit unstreitig – um reine Verdachtsfallmeldungen, bei denen ein kausaler Zusammenhang gerade nicht feststehe und die von jedermann (also auch von medizinischen Laien) auf Grund einer nicht nachprüfbaren subjektiven Behauptung gemeldet werden könnten. Maßgeblich für die Frage der in § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG geforderten Unvertretbarkeit seien jedoch allein gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse und nicht reine Spekulationen.

Ein positives Nutzen-Risiko-Profil sei – insoweit unstreitig – auch Voraussetzung für die Erteilung der Zulassung. Der Impfstoff werde außerdem – wiederum unstreitig – kontinuierlich und engmaschig von den zuständigen Aufsichtsbehörden überwacht; dies sei Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Zulassung.

Die Fach- und Gebrauchsinformationen zu dem Impfstoff C. hätten stets dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft entsprochen.

Abgesehen davon sei jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Angaben in den Fach- und Gebrauchsinformationen ursächlich für die Impfentscheidung der Klägerin gewesen wären, diese sich also bei (ihrer Auffassung nach) ordnungsgemäßer Information mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht hätte impfen lassen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich auch dann hätte impfen lassen, wenn die von ihr behaupteten Symptome als mögliche Nebenwirkungen in der Fach- und Gebrauchsinformation genannt worden wären. Denn dort seien schließlich ähnlich starke Nebenwirkungen bis hin zu einem potenziell lebensbedrohlichen allergischen Schock genannt, was die Klägerin offenbar ebenfalls nicht von ihrer Impfentscheidung abgebracht habe.

Für eine Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB fehle es sowohl an einem Kausalzusammenhang als auch an einem Verschulden, da der Impfstoff fortwährend und sorgfältig überwacht worden sei. Auch eine Instruktionspflicht sei nicht verletzt worden, da die Fach- und Gebrauchsinformationen stets dem jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft entsprochen hätten. Jedenfalls aber wäre eine Verletzung der Instruktionspflicht aus den genannten Gründen nicht kausal für die behauptete Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin.

Der Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB sei entschieden zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist das für die mit dem Klageantrag zu 2) erhobene Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse zu bejahen. Denn es ist derzeit noch nicht absehbar, wie sich der gesundheitliche Zustand der Klägerin weiter entwickeln wird, so dass eine abschließende Bezifferung sämtlicher möglicherweise auf die streitgegenständliche Impfung zurückzuführender Schäden noch nicht möglich ist.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Der geltend gemachten Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch steht der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 84 Abs. 1 AMG.

Hiernach ist ein pharmazeutischer Unternehmer, der ein Arzneimittel in den Verkehr gebracht hat, dem Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet, wenn dieser infolge der Anwendung des Arzneimittels nicht nur unerheblich in seiner Gesundheit verletzt wird. Bei dem streitgegenständlichen Impfstoff handelt es sich um ein Arzneimittel im Sinne dieser Vorschrift, das von der Beklagten als pharmazeutischer Unternehmerin in Verkehr gebracht worden ist. Die Klägerin behauptet auch, durch die Anwendung des Impfstoffs in ihrer Gesundheit verletzt worden zu sein.

Allerdings besteht eine Haftung aus § 84 Abs. 1 AMG nur, wenn entweder das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen, also eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz aufweist, (§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG) oder der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist (§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG).

Beides ist vorliegend nicht der Fall.

Dass der streitgegenständliche Impfstoff eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz aufweise, wird zwar von der Klägerin behauptet, ist jedoch nicht ersichtlich.

Insbesondere kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, ob der Impfstoff im konkreten Fall für sie eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz aufweist, also die in ihrem konkreten Fall möglicherweise aufgetretenen Nebenwirkungen den Nutzen des Impfstoffs übersteigen. Vielmehr ist eine abstrakte Betrachtung bezogen auf die Gesamtheit der Patienten vorzunehmen. In Einzelfällen auftretende – auch schwerwiegende – Nebenwirkungen führen daher nicht per se zu einer negativen Nutzen-Risiko-Bilanz, sondern sind vielmehr dem Nutzen des Impfstoffs für die Gesamtbevölkerung gegenüberzustellen. Hiernach ist nicht ersichtlich, dass die Risiken des Impfstoffs seinen Nutzen in einem unvertretbaren Maße übersteigen würden.

Eine positive Nutzen-Risiko-Bilanz ist Voraussetzung für die Erteilung der Zulassung durch die Europäische Kommission, die der streitgegenständliche Impfstoff – nach fachlicher Beurteilung durch die Europäische Arzneimittelagentur als hierfür zuständiger Behörde auf Grundlage der hierzu durchgeführten wissenschaftlichen Studien – unstreitig erhalten hat. Der Impfstoff wird zudem kontinuierlich und engmaschig von den zuständigen Aufsichtsbehörden überwacht, da dies Voraussetzung für die Aufrechterhaltung der Zulassung ist. In diesem Zusammenhang hat nach dem unbestrittenen Beklagtenvorbringen zuletzt der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur in seinem Bewertungsbericht vom 16.09.2022 (vorgelegt als Anlage B3) die positive Nutzen-Risiko-Bilanz des Impfstoffs nochmals bestätigt und die Umwandlung der diesem erteilten bedingten Zulassung in eine Standardzulassung empfohlen. Außerdem hat die EU-Kommission am 31.08.2023 eine auf eine weitere Subvariante angepasste Variante des streitgegenständlichen Impfstoffs zugelassen und hierdurch nochmals bestätigt, dass sie unverändert von einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz ausgeht.

Vor diesem Hintergrund obliegt es der Klägerin, konkret darzulegen, aus welchen Gründen die von der Europäischen Arzneimittelagentur bzw. der Europäischen Kommission auf der Grundlage der verfügbaren medizinischen Forschungslage und Studienergebnisse getroffene Bewertung nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechen soll.

Dem genügt das Vorbringen der Klägerin nicht.

Es dürfte in der medizinischen Fachwelt weitestgehend unumstritten sein, dass der Impfstoff C. in erheblichem Umfang vor einem schweren Verlauf einer Corona-Infektion schützt, der in vielen Fällen tödlich endet. Er hat hierdurch ganz entscheidend dazu beigetragen, die Gefährlichkeit der Corona-Pandemie einzudämmen und eine Rückkehr zu einem „normalen“ Leben zu ermöglichen. Die Wirksamkeit des Impfstoffs ist durch die im Rahmen des Zulassungsverfahrens und im Anschluss hieran durchgeführten wissenschaftlichen Studien belegt. Sie ist auch ein entscheidendes Kriterium für die Erteilung der Zulassung, die der Impfstoff unstreitig erhalten hat.

Wie die Klägerin vor diesem Hintergrund behaupten kann, die von Politik und Impfstoffhersteller vertretene Auffassung, dass die Impfung zumindest vor einem schweren Verlauf einer Corona-Infektion schütze, entbehre jeder wissenschaftlichen Grundlage, erschließt sich nicht. Insbesondere lässt sich die Wirksamkeit des Impfstoffs nicht allein mit einem Verweis auf mögliche „Dunkelziffern“ in Zweifel ziehen. Ebenso wenig genügen etwaige abweichende Einzelmeinungen, um einen wissenschaftlichen Konsens in Frage zu stellen.

Demgegenüber sind die mit dem Impfstoff verbundenen Risiken bzw. Nebenwirkungen in der Gesamtbilanz nicht als unvertretbar hoch anzusehen.

Zwischenzeitlich sind nach dem unbestritten Beklagtenvorbringen weltweit deutlich über 2,6 Milliarden Dosen des Impfstoffs verabreicht worden. Bei den von Klägerseite genannten 980.105 von der Europäischen Arzneimittelagentur veröffentlichen Fällen zu Nebenwirkungen – die im Vergleich zur Gesamtzahl der verabreichten Impfungen ohnehin bereits als sehr gering anzusehen sind – handelt es sich um reine Verdachtsmeldungen, bei denen ein kausaler Zusammenhang nicht feststeht und die von jedermann (also auch von medizinischen Laien) auf Grund einer nicht nachprüfbaren subjektiven Behauptung gemeldet werden können. Zudem betreffen sie in einer Vielzahl von Fällen vergleichsweise geringfügige Nebenwirkungen. Eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz des Impfstoffs lässt sich hieraus daher nicht ableiten.

Das Klagevorbringen zu der angeblich deutlich überdurchschnittlichen Zahl von Todesfällen infolge einer Impfung mit dem streitgegenständlichen Impfstoff überzeugt ebenfalls nicht. Vielmehr trägt die Klägerin selbst vor, dass das P.-E.-Institut lediglich in 116 Fällen einen ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung überhaupt als „konsistent“ bewertet habe, was im Vergleich zur Gesamtzahl der Impfungen nicht als unvertretbar hoch anzusehen ist.

Auch im Übrigen zeigt die Klägerin keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Bewertung der Nutzen-Risiko-Bilanz des streitgegenständlichen Impfstoffs durch die Europäische Arzneimittelagentur bzw. die Europäische Kommission begründen würden. Maßgeblich sind insofern die allgemein anerkannten Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft und nicht etwaige hiervon abweichende Einzelstimmen.

Die auf Seite 38 ff. des Schriftsatzes vom 30.10.2023 aufgeführten Kritikpunkte an dem Bewertungsbericht des Committee for Medicinal Products for Human Use überzeugen in der Sache nicht und betreffen außerdem ganz überwiegend Detailfragen, die nicht geeignet sind, die Gesamtbewertung des Impfstoffs als solchen mit positiver Nutzen-Risiko-Bilanz zu erschüttern.

Außerdem verweist die Klägerin zum Nachweis der angeblich mit dem Impfstoff verbundenen erheblichen Risiken auf einen im Ärzteblatt veröffentlichten Artikel eines Pathologen aus dem Jahr 2021 zu angeblichen auf die Impfung zurückzuführenden Todesfällen, ein in einem Parallelverfahren eingeholtes Gutachten, wonach die Gefäßentzündungsparameter nach der Impfung bei 40 % der Geimpften über acht bis zwölf Monate erhöht gewesen seien, die angeblichen Erfahrungen eines Hausarztes sowie einen (englischsprachigen) Artikel aus einer medizinischen Fachzeitschrift zu Spike-Proteinen. Hierbei handelt es sich jedoch um Einzelstimmen zu Einzelaspekten, die vor dem Hintergrund der auf umfangreichen Studien basierenden gegenteiligen Einschätzung der Europäischen Arzneimittelagentur bzw. der Europäischen Kommission als zuständiger Behörde bei weitem nicht ausreichen, um die von der Klägerin behauptete Gefährlichkeit des Impfstoffs als anerkannte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft im Sinne des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG einzustufen. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang versucht, die Europäische Arzneimittelagentur als verlängerten Arm einer interessengeleiteten Politik darzustellen, so handelt es sich hierbei um reine Stimmungsmache. Ernsthafte Anhaltspunkte für ihre diesbezüglichen Anschuldigungen trägt sie jedenfalls nicht vor.

Weshalb der Umstand, dass der Bundesgesundheitsminister die Auffassung geäußert habe, die Impfgeschädigten sollten durch den Staat unterstützt werden, eine angebliche Gefährlichkeit des Impfstoffs bezeuge, erschließt sich nicht.

Allein der Umstand, dass bislang keine Langzeitstudien vorliegen, lässt erkennbar ebenfalls nicht den Rückschluss auf eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz zu (sondern könnte allenfalls dazu führen, dass eine abschließende Bewertung derzeit noch nicht möglich ist, was aber zu Lasten der Klägerin als beweisbelasteter Partei ginge) und liegt außerdem bei einem neu entwickelten Impfstoff in der Natur der Sache.

Nicht weiterführend ist auch das – ohnehin unsubstantiierte – Vorbringen der Klägerin, wonach sich das Risiko von Nebenwirkungen des streitgegenständlichen Impfstoffs von Charge zu Charge unterscheide. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die der Klägerin verabreichte Impfdosis konkret aus einer besonders risikobehafteten Charge gestammt hätte. Weshalb sich aus der behaupteten Abhängigkeit des Risikos für Nebenwirkungen von der jeweiligen Impfstoff-Charge eine Beweislastumkehr zu Lasten der Beklagten ergeben sollte, erschließt sich nicht.

Insgesamt sind daher keine greifbaren Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der streitgegenständliche Impfstoff entgegen der auf Grundlage der hierzu durchgeführten wissenschaftlichen Studien getroffenen Bewertung der Europäischen Arzneimittelagentur bzw. der Europäischen Kommission eine negative Nutzen-Risiko-Bilanz aufweisen sollte. Die Kammer sieht deshalb auch keine Veranlassung für die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Fragestellung.

Auf der Grundlage des Klagevorbringens ist auch nicht ersichtlich, dass der von der Klägerin behauptete Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten wäre.

Die Klägerin trägt schon nicht substantiiert vor, inwiefern die Beklagte vor der hier streitgegenständlichen Impfung hinreichend gesicherte Erkenntnisse darüber gehabt haben soll, dass die Impfung zu den bei der Klägerin aufgetretenen Nebenwirkungen führen könne.

Zwar listet die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 30.10.2023 eine Reihe von weiteren Nebenwirkungen auf, die der Beklagten angeblich bekannt gewesen seien. Unabhängig davon, ob dies zutreffend ist, und abgesehen davon, dass ganz überwiegend auch bereits keine konkrete zeitliche Einordnung dazu erfolgt, wann die Beklagte jeweils Kenntnisse von diesen Nebenwirkungen erlangt haben soll, handelt es sich bei den genannten Nebenwirkungen jedenfalls schon überhaupt nicht um die bei der Klägerin angeblich aufgetretenen.

Darüber hinaus folgt allein aus einem subjektiven und medizinisch nicht überprüften Bericht eines Geimpften noch keine rechtliche Verpflichtung, das geschilderte Symptom in die Fach- und Gebrauchsinformationen oder das Aufklärungsmerkblatt aufzunehmen. Hinzu kommt, dass die Berichte von Geimpften über bei ihnen angeblich aufgetretene Nebenwirkungen nicht an die Beklagte als Impfstoffhersteller, sondern an das R.-K.-Institut erfolgt sind. Vor diesem Hintergrund erschließt sich die Argumentation der Klägerin nicht, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, Verdachtsfälle von Nebenwirkungen zu dokumentieren und zu melden. Schließlich verfügte die Beklagte überhaupt nicht über weitergehende Informationen als das R.-K.-Institut als zuständige „Meldestelle“.

Außerdem erscheint es auch unglaubhaft, dass die Klägerin – wie von Klägerseite geltend gemacht – von der Impfung Abstand genommen hätte, wenn sie im Rahmen der Aufklärung auf unbestätigte Berichte über Autoimmunerkrankungen, das Post-Vakzin-Syndrom, Nervenerkrankungen, Thrombosen oder das Fatigue-Syndrom hingewiesen worden wäre. Denn in dem Aufklärungsmerkblatt (vorgelegt als Anlage K19) wurde schließlich durchaus auf erhebliche Risiken wie Gesichtslähmung, mögliche allergische Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock (der zum Tod führen kann), auf Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen sowie das Risiko bisher unbekannter Komplikationen hingewiesen, ohne dass dies die Klägerin von der Impfung abgehalten hätte. Vielmehr trägt die Klägerin selbst vor, dass sie unter einem hohen Druck gestanden habe, sich impfen zu lassen, da sie ansonsten ihre damals schwangere Schwester nicht hätte besuchen können und weitgehend vom alltäglichen Leben ausgeschlossen gewesen wäre. Bei den in dem Aufklärungsmerkblatt genannten Punkten handelt es sich auch entgegen dem Klägervorbringen keineswegs lediglich um vorüberhegende Nebenwirkungen.

Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Beklagte rechtlich verpflichtet gewesen sein soll, einer angeblichen „Verharmlosung“ der Impfung durch die Politik und die öffentliche Berichterstattung entgegenzutreten. Sofern seitens staatlicher Stellen unzutreffende Informationen über die Risiken einer Corona-Impfung verbreitet worden sein sollten, könnte dies möglicherweise Amtshaftungsansprüche der Geschädigten gegenüber dem Staat begründen, jedoch keine Haftung der Beklagten.

Ebenfalls ins Leere geht die Argumentation der Klägerin, dass angesichts fehlender gesicherter Daten eine korrekte ärztliche Aufklärung über die Risiken der Impfung überhaupt nicht möglich gewesen sei. Abgesehen davon, dass die Beklagte als Herstellerin nicht für die ärztliche Aufklärung im Einzelfall verantwortlich ist, wurde in dem Aufklärungsmerkblatt gerade ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch andere bisher unbekannte Komplikationen nicht ausgeschlossen werden könnten, und es war allgemein bekannt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Impfstoff um einen neuartigen Impfstoff handelte, zu dem es naturgemäß noch keine Langzeitstudien geben konnte.

Eine Haftung der Beklagten nach § 84 Abs. 1 AMG besteht somit nicht.

Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben. Denn es fehlt jedenfalls an dem hierfür erforderlichen Verschulden der Beklagten.

Diese hat einen von der zuständigen Behörde zugelassenen Impfstoff in Verkehr gebracht. Dass sie im Rahmen des Zulassungsverfahrens falsche Angaben gemacht oder sich in sonstiger Weise nicht ordnungsgemäß verhalten hätte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Hinsichtlich des von der Klägerseite geltend gemachten Verstoßes gegen eine der Beklagten obliegende Produktbeobachtungspflicht kann zunächst auf die obigen Ausführungen zu § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG Bezug genommen werden. Es ist nicht dargetan, dass die Beklagte dieser Pflicht nicht nachgekommen wäre und ihr bekannte Nebenwirkungen des Impfstoffs „verschwiegen“ hätte.

Dass das Aufklärungsmerkblatt fortlaufend aktualisiert worden ist, belegt kein Versäumnis der Beklagten, sondern zeigt im Gegenteil gerade, dass hier eine engmaschige Begleitung und Anpassung an neu gewonnene Erkenntnisse erfolgt ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich auch aus der in den zwischen der Beklagten und der EU-Kommission über die Bereitstellung des Impfstoffs geschlossenen Verträgen enthaltenen Haftungsfreizeichnung oder der Regelung in § 3 Abs. 4 MedBVSV nicht, dass die Beklagte um eine angebliche Gefährlichkeit der Impfstoffe gewusst hätte. Vielmehr ist diese Haftungsfreizeichnung wie auch die Regelung in § 3 Abs. 4 MedBVSV erkennbar Ausfluss des Umstands, dass es sich um einen neuartigen Impfstoff handelte, dessen Langzeitwirkungen noch nicht abschließend bekannt waren, so dass die Beklagte – verständlicherweise – kein unkalkulierbares Haftungsrisiko hinsichtlich möglicher bislang unbekannter Komplikationen eingehen wollte, andererseits aber die Politik und die Gesellschaft ein großes Interesse an der Bereitstellung des Impfstoffs hatten, da dieser jedenfalls in der damaligen Situation den einzigen erfolgversprechenden Weg für einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor dem Corona-Virus und eine zeitnahe Eindämmung der Corona-Pandemie darstellte. Dass es sich um einen neuartigen Impfstoff handelte, dessen Langzeitwirkungen noch nicht abschließend bekannt waren, war jedoch auch für jeden Geimpften offenkundig und wurde von der Beklagten nicht verheimlicht. Vielmehr wurde in dem Aufklärungsmerkblatt ausdrücklich darauf hingewiesen, dass andere auch bisher unbekannte Komplikationen nicht ausgeschlossen werden könnten.

Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs nach § 826 BGB liegen ebenfalls nicht vor. Wie oben ausgeführt, ist der Beklagten schon kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen. Ein vorsätzliches Handeln ist daher erst recht nicht erkennbar.

Das Produkthaftungsgesetz ist gemäß § 15 ProdHaftG auf Arzneimittel nicht anwendbar, so dass eine Haftung nach diesem Gesetz ebenfalls ausscheidet.

Sonstige Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht.

Der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch besteht daher nicht, ohne dass es auf die Frage des – von der Klägerin zu erbringenden – Kausalitätsnachweises oder die Frage der Verfassungswidrigkeit von § 3 Abs. 4 MedBVSV ankäme.

Es ist sicherlich zutreffend, dass eine Impfung gegen das Corona-Virus auch im gesamtgesellschaftlichen Interesse an der Eindämmung der Corona-Pandemie lag und die Impfung aus diesem Grund auch massiv von der Politik beworben worden ist. Daher liegt auch eine zumindest moralische Verpflichtung der Gesellschaft, Impfgeschädigte möglichst rasch und unbürokratisch zu unterstützen bzw. zu entschädigen, durchaus nahe. Dies ist jedoch keine rechtliche, sondern eine politische Frage, die nicht durch die ordentlichen Gerichte zu entscheiden ist und insbesondere nicht zu einer zivilrechtlichen Haftung des Impfstoffherstellers führt.

Die Klage war somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO und der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Der Streitwert entspricht dem mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachten Zahlungsbetrag von 100.000 € zuzüglich eines Betrags von 30.000 € für den Feststellungsantrag.

Der von Beklagtenseite beantragte Schriftsatznachlass hat sich durch das klageabweisende Urteil erledigt.

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