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Segelyachtstrandung infolge fehlerhafter Fahrrinnenmarkierung – Haftung

In einem Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein wurde eine Kommune teilweise haftbar gemacht für die Strandung einer Segelyacht, verursacht durch eine fehlerhafte Fahrrinnenmarkierung. Die Markierung wurde durch ein Fischereiunternehmen fehlerhaft ausgeführt, indem eine wichtige Tonne zeitweise entfernt und nur unzureichend ersetzt wurde, was zur Havarie führte. Das Gericht entschied, dass die Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, wies aber auch dem Kläger eine Mitschuld zu, da dieser vor der Einfahrt in die Fahrrinne nicht ausreichend Navigationsvorbereitungen getroffen hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 177/22 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Segelyacht strandete, weil eine Fahrrinnenmarkierung fehlerhaft war; eine Tonne wurde temporär entfernt und unzureichend ersetzt.
  • Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein machte die Kommune für die fehlerhafte Markierung und die daraus resultierende Havarie teilweise haftbar.
  • Die Kommune verletzte ihre Verkehrssicherungspflicht, indem die beauftragte Firma die Tonne entfernte, ohne ein adäquates Ersatzzeichen zu setzen.
  • Dem Kläger wurde ein Mitverschulden von einem Drittel angerechnet, weil er die Fahrrinne vor der Einfahrt nicht ausreichend geprüft hatte.
  • Das Urteil betont die Bedeutung der Verkehrssicherungspflicht und der Eigenverantwortung der Schifffahrenden.

Havarie von Segelyachten durch fehlerhafte Fahrrinnen: Zwischen Kommunen, Schiffsführern und Verkehrssicherheit

Obwohl die Fahrrinnenmarkierung eine wichtige Rolle für sicheres Segeln spielt, kommt es häufig zu Unklarheiten in der Haftungsfrage, wenn eine Segelyacht aufgrund einer fehlerhaften Fahrrinnenmarkierung strandet. Die Haftungslage kann von vielen Faktoren abhängen, wie der Pflicht des Schiffsführers, die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Schiffsführers zu beachten, der Verantwortung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes für die Unterhaltung der Fahrrinnenmarkierung und dem Verschulden des Eigentümers der Segelyacht im Falle von mangelhafter Auswahl oder Instruktion des Schiffsführers.

In einigen Fällen kann jedoch auch das Mitverschulden des Schiffsführers die Haftung von anderen involvierten Parteien mindern. Angesichts dieser Komplexität kann es ratsam sein, in jedem Einzelfall einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, um präzise Haftungsfragen zu klären.

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Segelyacht strandete: Fahrlässige Markierung?
Unfall auf See: Segelyacht läuft aufgrund fehlerhafter Markierung auf Grund. Wer trägt die Verantwortung? (Symbolfoto: Daxiao Productions /Shutterstock.com)

Im Zentrum eines bemerkenswerten Rechtsstreits am Oberlandesgericht Schleswig-Holstein stand die Strandung einer Segelyacht aufgrund einer fehlerhaft markierten Fahrrinne. Die Beklagte, eine Kommune, die einen Kommunalhafen im B.-Binnensee betreibt, war durch das Entfernen einer wichtigen Tonne durch ein beauftragtes Fischereiunternehmen F. in die Kritik geraten. Diese Tonne diente als wesentlicher Orientierungspunkt zur sicheren Navigation durch das seichte Gewässer voller Untiefen. Die Ersatzmarkierung, lediglich ein Stab mit einem schwarzen und einem grünen Wimpel, erwies sich als unzureichend, was zur Havarie nicht nur der klagenden Partei, sondern auch einer weiteren Segelyacht führte.

Sicherheit auf See: Ein fundamentales Anliegen

Die Verkehrssicherungspflicht, ein fundamentaler Grundsatz, um die Sicherheit auf Gewässern zu gewährleisten, stand im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung. Die Beklagte hatte diese Pflicht nach Auffassung des Gerichts verletzt, da das beauftragte Unternehmen F. die Tonne 11 entfernte, ohne eine adäquate Ersatzmarkierung zu installieren. Diese Nachlässigkeit führte direkt zu den gefährlichen Situationen, in denen sich die Segelyachten befanden.

Die Rolle der Eigenverantwortung

Ein interessanter Aspekt des Falles ist die Frage der Eigenverantwortung der Schiffsführer. Das Gericht entschied, dass der Kläger ein Mitverschulden von einem Drittel zu tragen habe. Vor der Einfahrt in die Fahrrinne hätte er die Seekarten konsultieren und seinen Kurs präzise festlegen müssen. Bei guten Sichtverhältnissen hätte er das Fehlen der Tonne 11 erkennen und entsprechend reagieren müssen. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Eigenverantwortung bei der Navigation auf See, auch wenn die offizielle Fahrrinnenmarkierung fehlerhaft ist.

Juristische Bewertung des Falles

Die rechtliche Bewertung dieses Falles basierte auf verschiedenen Gesetzesgrundlagen, insbesondere dem § 839 BGB (Amtshaftung), kombiniert mit den Vorschriften des BGB zur Schadensregulierung. Das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil des Landgerichts, das eine Haftungsquote von zwei Dritteln zu Lasten der Beklagten festlegte. Die Kommune, repräsentiert durch die Abteilung „Bauen und Häfen“, hatte nicht nur die Amtspflicht zur Sicherung der Schifffahrt im B.-Binnensee missachtet, sondern konnte sich auch nicht auf den Grundsatz der nur subsidiären Haftung berufen. Die Entscheidung betont, dass bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten eine direkte Haftung der Kommune besteht.

Schadensersatz und die Frage der Vorteilsausgleichung

Ein weiterer diskutierter Punkt war die Berechnung des Schadensersatzes, insbesondere die Frage, ob ein Abzug „neu für alt“ bei der Erneuerung der Bodenbretter unterhalb des Salontisches der beschädigten Yacht gerechtfertigt sei. Das Gericht sah keine Grundlage für einen solchen Abzug, da der Beklagten der Beweis nicht gelang, dass der Kläger durch die Reparatur übliche Instandhaltungs- oder Renovierungskosten gespart habe. Dieses Urteil verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Substantiierung von Schadensersatzansprüchen und die strengen Voraussetzungen für eine Vorteilsausgleichung.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein bestätigte die Teilhaftung der Kommune für die Havarie zweier Segelyachten infolge einer fehlerhaften Fahrrinnenmarkierung. Dabei hob es sowohl die Verantwortung der Kommune für die Verkehrssicherung als auch die Eigenverantwortung der Schiffsführer hervor.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Rolle spielt das Mitverschulden bei Schadensfällen im Wasserstraßenverkehr?

Das Mitverschulden spielt im Wasserstraßenverkehr eine ähnliche Rolle wie im Straßenverkehr. Es bezieht sich auf die Situation, in der der Geschädigte durch eigenes schuldhaftes Verhalten an der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Nach § 254 BGB hängt die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

Im Wasserstraßenverkehr gibt es jedoch einige Besonderheiten im Vergleich zum Straßenverkehr. So besteht beispielsweise keine Gefährdungshaftung, und die Anspruchsteller müssen die tatsächlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch beweisen. Dies bedeutet, dass im Falle eines Unfalls auf dem Wasser die Haftung nicht automatisch nach einer Betriebsgefahr aufgeteilt wird, wie es bei Unfällen im Straßenverkehr der Fall sein kann, sondern dass die individuellen Verursachungsbeiträge und das Verschulden der Beteiligten genau geprüft und bewertet werden müssen.

Die gesetzlichen Grundlagen für den Wasserstraßenverkehr in Deutschland sind unter anderem das Bundeswasserstraßengesetz (WaStrG), das Binnenschifffahrtsaufgabengesetz, das Seeaufgabengesetz und das Bundeswasserstraßenvermögensgesetz. Diese Gesetze regeln die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und die Regelung des Schiffsverkehrs.

Im Falle eines Unfalls auf dem Wasser müssen also die gleichen Grundsätze wie im Straßenverkehr angewendet werden, wobei die spezifischen Regelungen des Wasserstraßenverkehrs zu beachten sind. Das Mitverschulden kann zu einer Minderung oder sogar zum Ausschluss des Schadensersatzanspruchs führen, wenn der Geschädigte beispielsweise gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen hat oder wenn sein Verhalten adäquat kausal für den Schaden war.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Haftungsverteilung im Wasserstraßenverkehr individuell und auf Basis der konkreten Umstände des Einzelfalls erfolgt. Daher kann es keine pauschale Regelung geben, sondern es muss stets eine sorgfältige Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge aller Beteiligten vorgenommen werden.

Was ist unter einer angemessenen Ersatzmarkierung zu verstehen?

Eine angemessene Ersatzmarkierung bezieht sich auf die Notwendigkeit, eine fehlerhafte oder fehlende Originalmarkierung durch eine alternative Kennzeichnung zu ersetzen, die den gleichen Informationswert oder die gleiche Funktion erfüllt. Im Kontext der Segelyachtstrandung infolge fehlerhafter Fahrrinnenmarkierung und der damit verbundenen Haftungsfrage ist eine angemessene Ersatzmarkierung besonders relevant. Sie dient dazu, die Sicherheit und Orientierung im Wasserstraßenverkehr zu gewährleisten, indem sie beispielsweise die korrekte Fahrrinne oder Hindernisse deutlich kennzeichnet.

Die Notwendigkeit einer Ersatzmarkierung kann entstehen, wenn die ursprüngliche Markierung beschädigt, unleserlich geworden oder ganz verschwunden ist. In solchen Fällen muss eine Ersatzmarkierung angebracht werden, die den Nutzern der Wasserstraße klare und eindeutige Informationen bietet, um eine sichere Navigation zu ermöglichen. Die Ersatzmarkierung muss dabei den geltenden Vorschriften und Standards entsprechen, um ihre Funktion effektiv zu erfüllen.

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Im spezifischen Fall der Segelyacht, die aufgrund einer fehlerhaften Fahrrinnenmarkierung gestrandet ist, könnte die Haftungsfrage davon abhängen, ob die zuständige Behörde oder Organisation ihrer Pflicht zur korrekten Markierung der Fahrrinne nachgekommen ist. Wenn festgestellt wird, dass die ursprüngliche Markierung fehlerhaft war und keine angemessene Ersatzmarkierung vorgenommen wurde, könnte dies die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch bilden.

Die Verantwortung für die Anbringung und Instandhaltung von Markierungen im Wasserstraßenverkehr liegt in der Regel bei den zuständigen Wasserstraßen- oder Hafenbehörden. Diese müssen sicherstellen, dass alle Markierungen, einschließlich der Ersatzmarkierungen, den Anforderungen für eine sichere Navigation entsprechen und regelmäßig gewartet werden.

Obwohl die Suchergebnisse keine direkten Informationen zu Ersatzmarkierungen im Kontext von Wasserstraßenverkehr und Haftung bei Segelyachtstrandungen bieten, ist das Prinzip einer angemessenen Ersatzmarkierung ein wichtiger Aspekt der Verkehrssicherheit und der Haftungsvermeidung. Es unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung von Sicherheitsstandards und der proaktiven Risikominimierung durch die zuständigen Behörden und Organisationen.

Inwiefern sind ordnungsgemäße Fahrrinnenmarkierungen für die Sicherheit im Schiffsverkehr entscheidend?

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 522 Abs. 2 ZPO: Regelung zur Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung bei offensichtlich fehlender Aussicht auf Erfolg. Im Urteil dient dies der Beklagten als Hinweis, dass ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil voraussichtlich erfolglos bleibt.
  • § 839 BGB: Betrifft die Haftung bei Amtspflichtverletzung. Im Kontext des Urteils ist relevant, dass die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat, indem sie die Fahrrinnenmarkierung fehlerhaft gestaltete, was zur Segelyachtstrandung führte.
  • Art. 34 GG: Stellt klar, dass bei Amtspflichtverletzungen der Staat oder die Körperschaft haftet. Das Urteil bezieht sich darauf, um die Grundlage für die Haftung der Beklagten für die Handlungen ihrer Beauftragten zu legen.
  • § 249 Abs. 1 und Abs. 2 BGB: Regelt den Umfang der Schadensersatzpflicht, einschließlich der Wiederherstellung des Zustands vor dem schädigenden Ereignis. Dies ist im Urteil relevant für die Bestimmung des Schadensersatzes für die beschädigte Segelyacht.
  • § 254 BGB: Behandelt das Mitverschulden und die daraus resultierende Schadensminderungspflicht. Im Urteil wird darauf hingewiesen, dass der Kläger ein Mitverschulden von einem Drittel trägt, da er die Navigationshinweise nicht ausreichend beachtet hat.
  • § 4 HafVO: Definiert die Zuständigkeiten und Pflichten der Hafenbehörde, insbesondere bezüglich der Verkehrssicherung im Hafenbereich. Im Urteil wird dies herangezogen, um die Verantwortlichkeit der Beklagten für die ordnungsgemäße Kennzeichnung der Fahrrinne zu unterstreichen.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 177/22 – Beschluss vom 03.04.2023

I. Die Beklagte wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass die Berufung gegen das angefochtene Urteil offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bietet, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Der Senat beabsichtigt deshalb, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen ohne mündliche Verhandlung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

II. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen, sofern die Berufung nicht aus Kostengründen innerhalb der genannten Frist zurückgenommen werden sollte.

III. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug auf 12.462,93 € festzusetzen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einer Havarie am …. 2018 gegen … Uhr im Fahrwasser zum Hafen in B./X..

Auf ihrem Gebiet betreibt die Beklagte in B. einen Kommunalhafen. Die Zufahrt zum Hafen führt durch das seichte Gewässer des B.- Binnensees mit diversen Untiefen, sie ist aber durch eine Fahrrinne gesichert, die mit grünen und roten Tonnen gekennzeichnet ist. Die Beklagte lässt die Tonnen regelmäßig warten und austauschen, so auch am Tag der Havarie durch das ortsansässige Fischereiunternehmen F.. In einem kurvenförmigen Verlauf der Fahrrinne war aus diesem Grund im Anschluss an die – aus Sicht des den Hafen mit seiner Segelyacht ansteuernden Beklagten – an Steuerbord befindliche Tonne 9 die Tonne 11 vorübergehend von der Firma F. entfernt worden. Der Austausch sollte – nach Angaben der Fa. F. – etwa 20 Minuten dauern. Eine Tonne wiegt mit Kette und Stein etwa 700 kg. Die Firma F. muss beim Tonnenwechsel, der bereits seit ca. 1984 für die Beklagten durchgeführt wird, mit dem kleinen Kutter zunächst die alte Tonne zurück in den Hafen schleppen, dort beim Hafenmeister gegen eine Reservetonne austauschen und diese anschließend wieder auf Position bringen. Die Beklagte macht geltend, die Firma F. habe anstelle der Tonne nur ein provisorisches Seezeichen in Form eines Stabes mit einem schwarzen und einem grünen Wimpel gesetzt. Der Kläger kam mit seiner Segelyacht „B.“ vom Kurs ab, geriet in eine Untiefe, verletzte sich und erlitt eine Beschädigung seines Bootes. Kurze Zeit später setzte auch der Zeuge S. seine Segelyacht „J.“ auf Grund. Über Funk wurde Hilfe angefordert. Die Fischer F. (Vater U. und Sohn A.) waren mit der neuen Tonne im Schlepp inzwischen zurück und brachten die Tonne 11 wieder in Position. Die beiden Havaristen kamen aus eigener Kraft wieder frei und konnten den Hafen B. anlaufen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Beklagte aus Amtshaftung auf der Grundlage einer Quote von ⅔ verurteilt. Die Beklagte habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem die Firma F. die Tonne 11 aus ihrer vorgesehenen Position entfernte, ohne ein geeignetes Ersatzzeichen gesetzt zu haben. Der Kläger müsse sich aber ein Mitverschulden von ⅓ anrechnen lassen. Er sei gehalten gewesen, vor der Einfahrt in die Fahrrinne in die Seekarten zu sehen und seinen Kurs festzulegen. Er hätte – bei trockenem Wetter und guter Sicht – das Fehlen der Tonne 11 zudem erkennen müssen.

Gegen das Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie räumt ein, dass das Verhalten der Firma F. als fahrlässig angehen werden könne und sie sich dies zurechnen lassen müsse. Dies stelle aber – im Gegensatz zum Verschulden des Klägers – kein schweres Versäumnis dar.

II.

Gemäß § 513 ZPO kann die Berufung nur auf eine Rechtsverletzung oder darauf gestützt werden, dass die gemäß § 529 ZPO zu berücksichtigenden Feststellungen ein anderes als das landgerichtliche Ergebnis rechtfertigen. Beides liegt nicht vor. Denn das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung der Klage zu Recht teilweise, nämlich auf der Grundlage einer Quote von ⅔ stattgegeben.

1. Der Anspruch des Klägers folgt aus §§ 839 Abs. 1, 249 Abs. 1 und Abs. 2, 254 Abs. 1 BGB i. V. mit Art. 34 Satz 1 des Grundgesetzes.

Dass die Beklagte eine Amtspflicht gemäß § 839 BGB trifft, den Schiffsverkehr im Burger Binnensee sicher zu regeln, wird durch die Beklagte mit der Berufung nicht in Abrede gestellt. Als Eigentümerin der Wasserfläche ist die Beklagte, vertreten durch die Abteilung „Bauen und Häfen“, für das ordnungsgemäße Auslegen der Fahrwassertonnen im B.- Binnensee verantwortlich.

Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 HafVO ist die Hafenbehörde zuständig für die Abwehr von Gefahren, die der Allgemeinheit oder dem einzelnen, Tieren, wichtigen Gemeingütern und anderen Sachen aus dem Zustand, der Benutzung oder dem Betrieb des Hafens oder einzelner Hafenanlagen drohen. Hafenbehörde im Sinne der Vorschrift sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Städte und amtsfreien Gemeinden sowie die Amtsvorsteherinnen oder Amtsvorsteher als örtliche Ordnungsbehörden (§ 4 Abs. 1 HafVO).

Der Beklagten ist es insoweit auch nicht möglich, im Hinblick auf ein Verschulden der Firma F. sich auf den Grundsatz der nur subsidiären Haftung aus § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB zu berufen. Denn das Verweisungsprivileg kommt bei der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung der öffentlich-rechtlich ausgestalteten Amtspflicht zur Sorge für die Verkehrssicherheit und der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nicht zum Zuge (OLG Schleswig, Urteil vom 26.11.2020 – 7 U 61/20, NVwZ-RR 2021, 461, 462 m. w. N.).

Das nach § 254 Abs. 1 BGB zu beurteilende mitwirkende Verschulden des Klägers am Schaden ist mit ⅓ zutreffend bewertet. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass der Kläger gehalten war, vor Einfahrt in die Fahrrinne in die Seekarten zu sehen und seinen Kurs festzulegen. Durch Navigieren nach Karte hätte er das Fehlen der Tonne 11 aufgrund des zu großen Abstands der folgenden Tonne 13 auf Tonne 9 oder durch zusätzliche Beobachtung der roten Backbordtonnen 8, 10 und 12 auf der gegenüberliegenden Seite der Fahrrinne erkennen können und müssen. Diese Wertung wird vom Kläger, der das Urteil nicht angegriffen hat, offenbar akzeptiert.

Der Beklagten kann nicht gefolgt werden, dass im Rahmen der Abwägung das Verschulden des Klägers die der Beklagten zurechenbare Fahrlässigkeit der Zeugen U.F. und A. F. übersteigt bzw. diese gar vollständig verdrängt. Hiergegen spricht zur Überzeugung des Senats bereits der Umstand, dass nicht nur der Kläger, sondern auch noch ein weiteres Boot (des Zeugen S.) im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Havarie auf Grund lief. Diese zweite Havarie zeigt, dass der ersatzweise platzierte Wimpel zur Kennzeichnung der Fahrrinne offenbar vollkommen ungeeignet war und eine erhebliche Gefährdung des Schiffsverkehrs ausgelöst hat. Zwar hat der Sachverständige Z. bestätigt, dass der platzierte Winkel zur erhöhten Aufmerksamkeit der Schiffsführer hätte führen können, allerdings nicht, weil hierin eine ordnungsgemäße Ersatzmarkierung der Fahrrinne lag, sondern weil Schiffsführer hierdurch „irritiert” würden (vgl. Gutachten vom 18. November 2021, dort Seite 10). Dieser Gesichtspunkt fällt, entgegen der Berufung, aus Sicht des Senats nicht wesentlich zu Lasten des Klägers ins Gewicht, zumal – nach den Ausführungen des Sachverständigen – die provisorische Netzmarkierung (mit schwarz-grünem Wimpel) kein übliches Seezeichen darstellt. Es handelte sich – so der Sachverständige – um eine bloße Fischernetzmarkierung, die wegen der zwangsläufigen Verwechslungsgefahr kein geeignetes Seezeichen für die fehlende Tonne darstellte.

Auch die von der Berufung angeführten Angaben des Zeugen S. führen nicht zu einer anderen Beurteilung der Haftungsanteile. Die Angaben des Zeugen sind ambivalent. Zunächst hat er zwar angegeben, dass der Verlauf der Fahrrinne trotz der fehlenden Tonne erkennbar war, im weiteren Verlauf der Vernehmung hat der Zeuge aber diese Einschätzung revidiert: „Bei Tonne 11 ist das wohl anders. Das hat sicherlich etwas ausgemacht, dass die gefehlt hat.”

2. Das Landgericht hat auch die Höhe des Schadens zutreffend festgestellt. Die Beklagte rügt mit der Berufung den fehlenden Abzug „neu für alt” im Hinblick auf die Erneuerung der Bodenbretter unterhalb des Salontisches.

Umstände, die einen solchen Abzug rechtfertigen würden, sind für den Senat nicht erkennbar. Es gibt keinen generellen Obersatz, welche Arten von Vorteilen unter welchen Voraussetzungen auf welche Schäden anzurechnen sind (Ebert in Ermann, BGB, 16. Aufl. 2020, vor § 249 Rn. 86 b m.w.N.). Einigkeit besteht nur insoweit, dass der Vorteil – ebenso wie der Schaden – eine äquivalent kausale Folge des schädigenden Ereignisses sein und der Billigkeit entsprechen muss. Über die Adäquanz hinaus, dass die Anrechnung dem Zweck des Ersatzanspruchs entsprechen und für den Geschädigten zumutbar sein muss, darf die Anrechnung nicht zu einer unbilligen Entlastung des Schädigers führen, zwischen Vorteil und Schaden muss ein innerer Zusammenhang bestehen, der beides bei wertender Betrachtung zu einer Rechnungseinheit verschmelzen lässt und insgesamt Treu und Glauben entsprechen muss (BGH, Urteil vom 4.4.2014 – V ZR 275/12, NJW 2015, 468, 470; Ebert in Ermann, BGB, a.a.O. vor § 249 Rn. 87 c). Der Geschädigte darf nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Hierbei sind ihm nur diejenigen Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, die dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlasten (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 – VII ZR 169/82, NJW 1984, 2457, 2458; Urteil vom 28. Juni 2007 – VII ZR 8/06, ZfBR 2007, 677, 678). Das Vorliegen der Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung ist vom Schädiger, hier also der Beklagten, zu beweisen (BGH, Urteil vom 15. 1. 2013 – II ZR 90/11, NJW 2013, 1958, 1961, Rn. 29 bei Beck-Online). Entstehen dem Geschädigten durch die Schadensbeseitigung Vorteile, so kann grundsätzlich eine Kostenbeteiligung geboten sein. Das aus den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entwickelte Prinzip des Vorteilsausgleichs ist als allgemeiner schadensrechtlicher Grundsatz auch auf Ansprüche aus Amtshaftung anwendbar. Es wird insbesondere in den Fällen relevant, in denen sich infolge einer erst nach vielen Jahren durchgeführten Schadensbeseitigung die Lebensdauer der Werkleistung deutlich verlängert und der Auftraggeber dadurch übliche Instandhaltungs-/Renovierungskosten erspart.

Die Beklagte hat hier nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger durch die Reparatur der Segelyacht „B.“ übliche Instandhaltungs- bzw. Renovierungskosten gespart hat. Aus dem Reparaturangebot der Yacht- und Bootswerft D. vom 6. Oktober 2018 ergibt sich, dass für die Reparatur des Fußbodens bzw. der Bodenbretter im Innenraum sog. HPL-Laminat (“High Pressure Laminat“) verwendet werden sollte, das nicht nur UV-resistent sondern auch wasserfest ist. Die klägerische Yacht, eine Dehler 28 CR, hat das Baujahr 1997. Aus den eingereichten Unterlagen ist nicht ersichtlich, dass im Rahmen der Schadensreparatur Bauteile ausgewechselt werden sollten, die einem besonderen Verschleiß unterliegen.

 

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