AG Schleiden – Az.: 2 H 3/11 – Beschluss vom 27.04.2011
Der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners vom 31.03.2011 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schleiden vom 14.03.2011 wird nicht abgeholfen.
Die Sache wird dem Beschwerdegericht Landgericht Aachen zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I.
Unter dem 09.03.2011, eingegangen am 10.03.2011, beantragte der Antragsteller die schriftliche Begutachtung folgender Fragen durch einen Sachverständigen, ohne dass ein Rechtsstreit anhängig gewesen ist, § 485 Abs. 2 ZPO:
1. Sind auf den Grundstücken des Antragstellers Gemarkung …, Flur Nr. … , Flur Nr. … und Flur Nr. … Wildschäden vorhanden?
2. Handelt es sich bei den vorhandenen Schäden um solche aus den Schadensmeldungen vom November 2010 und Januar 2011
3. Wie hoch sind die Schadensbeseitigungskosten für die Schäden zu veranschlagen?
4. Wie hoch ist der Ertragsausfall aufgrund der Wildschäden?
Das Gericht erließ am 14.03.2011 antragsgemäß einen Beweisbeschluss (Bl. 20 f. d.A.). Gegen diesen wendet sich der Antragsgegner mit der am 31.03.2011 bei Gericht eingegangenen Beschwerde (Bl. 31 f. d.A.).
Er ist der Ansicht, die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens sei unzulässig. Da bereits eine Schätzung durch einen amtlich bestellten Wildschadensschätzer im Wildschadensvorverfahren stattgefunden habe, sei ein entsprechendes Beweissicherungsverfahren nur zulässig, wenn substantiiert dargelegt bzw. offenkundig sei, dass ein zusätzlich gerichtlich bestellter Sachverständiger umfassendere oder qualitativ bessere Feststellungen treffend würde. Der Vortrag des Antragstellers genüge diesen Anforderungen nicht.
II.
Die als sofortige Beschwerde des Antragsgegners auszulegende Beschwerde gegen den Beweisbeschluss des Amtsgerichts Schleiden vom 14.03.2011 ist bereits nicht statthaft. Gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 490 Abs. 1 ZPO kann der den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ablehnende Beschluss mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden; der dem Antrag stattgebende Beschluss ist jedoch unanfechtbar, § 490 Abs. 2 S. 2 ZPO (vgl. Münchener Kommentar, ZPO, 3. Auflage 2008, § 490 Rn. 2).
Auch das Landgericht Köln hatte in der durch den Antragsgegner zitierten Entscheidung (LG Köln, Beschluss vom 15.12.2008, Az.: 38 T 7/08) über die Beschwerde gegen einen ablehnenden Beschluss zu entscheiden.
Darüber hinaus ist die sofortige Beschwerde des Antragsgegners aber auch unbegründet.
Zwar hat im Rahmen des nach §§ 35 ff. BJagdG, 35 ff. LJagdG NRW durchzuführenden Vorverfahrens bereits eine Schadensfeststellung durch den Wildschadensschätzer Neumann stattgefunden, dies lässt jedoch nicht das rechtliche Interesse an der Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens entfallen.
Das nach dem Landesrecht durchzuführende Vorverfahren dient der zügigen Erledigung des behaupteten Schadens und zielt auf eine gütliche Einigung zwischen den Parteien ab (§ 37 S. 1 LJagdG NRW; Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2008, § 835, Rn. 42). Das nachfolgende gerichtliche Verfahren dagegen soll zur Titulierung des behaupteten Anspruchs führen. Bereits die unterschiedlichen Zielrichtungen beider Verfahren weisen daraufhin, dass auch die jeweilige Erstattung eines Gutachtens unter unterschiedlichen Prämissen steht.
Des Weiteren sind beide Verfahren, das behördliche Vorverfahren und das Beweissicherungsverfahren, im Hinblick auf die Erstattung der Gutachten nicht vergleichbar.
Gem. § 492 Abs. 1 ZPO gelten die für die Beweisaufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften, sodass bei Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens, welches die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zum Gegenstand hat, die §§ 402 ff. ZPO Anwendung finden. Aufgrund dieser Normen können sowohl das Prozessgericht, aber auch die Parteien Einfluss auf die Beweisaufnahme ausüben. Den Parteien steht beispielsweise das Recht zur Ablehnung eines Sachverständigen zu, § 406 ZPO, wie auch die Möglichkeit, Einwendungen, Anträge und Ergänzungsfragen zum schriftlichen Gutachten zu erheben und stellen, § 411 Abs. 4 ZPO.
Das nach den §§ 35 ff. LJagdG NRW durchzuführende Vorverfahren sieht demgegenüber nur eingeschränkte Rechte der Parteien vor. Der Wildschadensschätzer ist lediglich gem. § 36 S. 4 LJagdG NRW von der Feststellung des Schadens ausgeschlossen; eine Ablehnung durch die Parteien ist nicht möglich. Einwendungen, Anträge oder Ergänzungsfragen der Parteien zum schriftlichen Gutachten des Schätzers sind nicht vorgesehen. Demnach ist eine Begutachtung im Rahmen des Vorverfahrens nicht mit einer Begutachtung im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens vergleichbar, weshalb das rechtliche Interesse des Antragstellers nicht entfallen ist.
Einer Begutachtung steht auch § 485 Abs. 3 ZPO nicht entgegen. Eine neue Begutachtung findet gem. § 485 Abs. 3 ZPO nur statt, sofern bereits eine gerichtliche Begutachtung angeordnet wurde und die Voraussetzungen des § 412 ZPO vorliegen. Da der Wildschadensschätzer seine Schadensfeststellung nicht aufgrund einer gerichtlichen Anordnung getroffen hat, liegen die Voraussetzungen des § 485 Abs. 3 ZPO nicht vor.