AG Lübeck – Az.: 65 Cs 710 Js 2685/13 (24/13) – Urteil vom 20.01.2014
Der Angeklagte wird freigesprochen.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.
Gründe
Der Angeklagte war vom Vorwurf des Missbrauchs von Titeln aus rechtlichen Gründen freizusprechen.
Der Angeklagte hat im Jahr 2012 im Internetportal XING eine Profilseite erstellt, in welcher er unter der Rubrik Organisationen anführt „DR.H.C. of Psychic Sienes MLDC Institute (USA)“. Auf den Ausdruck der Profilseite Bl.47 und 48 d.A. wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Ein entsprechendes Zertifikat war ihm zuvor von einem Freund zum Geburtstag geschenkt worden, der dieses über den Internet-Rabatthandel Groupon für 39,00 EUR von dem gesondert Verfolgten v. H. erworben hatte.
Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei dem o.a. Eintrag überhaupt um einen Titel im Sinne des § 132 a StGB handelt. Zwar stellt die Bezeichnung „Dr. h.c./H.C.“ grundsätzlich einen verwechslungsgeeigneten akademischen Grad dar. Allerdings ist die massenweise Verbreitung offensichtlich gekaufter zumeist ausländischer Titel in weiten Teilen der Gesellschaft bekannt. Vorliegend liegt in der Gesamtschau mit dem weiteren Schriftzug für den unbefangenen Betrachter die Vermutung nahe, dass es sich nicht um einen ernsthaft anerkannten Doktorgrad, sondern um einen gekauften Scherztitel handelt.
Jedenfalls hat der Angeklagte diesen Titel nicht im Sinne des § 132 a StGB geführt.
Einen Titel führt, wer den damit verbundenen Aussagegehalt nach außen aktiv für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Interessen der Allgemeinheit beeinträchtigt. Dies muss bei Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls in einer Weise geschehen, durch welche das Rechtsgut des § 132 a StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt beeinträchtigt wird.
§ 132 a StGB schützt das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Verlässlichkeit von bestimmten Bezeichnungen, die den Eindruck besonderer Funktionen, Fähigkeiten und Vertrauenswürdigkeit hervorrufen. Der angesprochene Personenkreis soll vor dem Auftreten von Personen geschützt werden, die durch den unbefugten Gebrauch bestimmter Bezeichnungen eine besondere Stellung in Anspruch nehmen und dadurch andere zu selbstschädigenden Handlungen veranlassen (Krauß, Leipziger Kommentar, 132a StGB Rdnr.1).
Nicht jede Handlung, durch die der Anschein erweckt wird, man sei Inhaber einer Bezeichnung im Sinne des § 132 a StGB, erfüllt den Tatbestand, vielmehr kommt es insbesondere auf die Häufigkeit und Intensität des Auftretens unter der Bezeichnung, auf die Reichweite des mit der Verwendung der Bezeichnung verbundenen Geltungsanspruchs sowie auf die Beeinflussbarkeit der mit ihr konfrontierten Personen an (KG Berlin, Beschluss vom 19.Januar 2007 – 1 Ss 111/06).
XING ist ein soziales Netzwerk, in welchem die Mitglieder vorrangig ihre beruflichen und/oder auch privaten Kontakte verwalten und auch neue Kontakte knüpfen.
Das Auftreten als „Dr.H.C.“ würde im o.a. Sinne das Führen eines Titels darstellen, wenn die angesprochenen Kontaktpersonen sich dadurch veranlasst sehen könnten, aufgrund dieser Bezeichnung Kontakt zu dem Angeklagten aufzunehmen und dadurch möglicher Weise ein selbstschädigendes Verhalten vorzunehmen.
Die Profilseite des Angeklagten gibt mit den Augen eines durchschnittlichen Betrachters für eine derartige Annahme nichts her. Der gesamte Erklärungsinhalt ist allgemein und überwiegend persönlich gehalten. Unter der Rubrik „Über mich“ lässt sich der Angeklagte allgemein über Kommunikation, Geltungsbedürfnis und Wahrnehmung durch andere aus. Er duzt die Adressaten, wendet sich daher erkennbar nicht an einen beruflichen/geschäftlichen Kreis. Ebenso verhält es sich bei den Angaben unter „Persönliches“. Dort fällt neben der unüblichen Schreibweise „DR.H.C.“ statt „Dr. h.c.“ auch ein weiterer Schreibfehler bei dem Wort „Sienes“ statt richtig „Siences“ auf, was objektiv Zweifel an der Ernsthaftigkeit hervorruft. Schließlich sind auch die Angaben unter „Berufserfahrung“ ohne konkrete Aussage, da der Angeklagte lediglich erklärt Angestellter zu sein, wobei er nicht einmal seine Fachrichtung ansatzweise erkennen lässt. Seine Kontaktdaten hat er nicht eingestellt.
Unabhängig von der Anzahl der Personen, die Zugriff auf die Profilseite des Angeklagten hatten oder hätten haben können, ist nicht zu erkennen, dass dadurch bei den Angesprochenen (ein gezielter Adressatenkreis ist nicht ersichtlich) eine Vorstellung hätte entstehen können, der Angeklagte nehme aufgrund seiner Bezeichnung eine hervorgehobene Position ein. Noch weniger ist vorstellbar, dass aufgrund dieser Bezeichnung ein (selbstschädigendes) Verhalten hätte veranlasst werden können.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs.1 StPO.