OLG Köln
Az: 9 U 109/05
Urteil vom 14.03.2006
In dem Rechtsstreit hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 07.02.2006 f ü r R e c h t e r k a n n t :
Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.05.2005 verkündete Urteil der 24. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 24 O 269/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer bei der Beklagten bestehenden Hausratversicherung nach einem Einbruch in ihre Wohnung in Anspruch, bei dem Schmuckstücke und sonstige Gegenstände von erheblichem Wert entwendet worden sein sollen. Bezüglich der vereinbarten Versicherungsbedingungen wird auf die Nachträge vom 11.06.1974 und 17.11.1994 sowie die Allgemeinen Bedingungen und die Sonderbedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrates auf Lebenszeit Bl. 45 ff., 64, 165 f. d. A. verwiesen.
Am 27.12.2003 war in die im 1. Obergeschoss gelegene Wohnung der Klägerin in der D-Straße 62 in E eingebrochen worden. Die angeblich bei dem Wohnungseinbruch entwendeten Schmuckstücke hatte die Klägerin in einem kleinen Ankleidezimmer in einem verschlossenen, etwa 20 kg schweren Tresor aufbewahrt, der sich ohne Verankerung mit der Wand oder sonstige Sicherung gegen Wegnahme in einem Kleiderschrank befand. Den Schlüssel, den der Täter gefunden und zur Öffnung des Tresors noch in der Wohnung benutzt hatte, hatte die Klägerin im selben Raum in einer unverschlossenen Schublade eines gegenüber dem Kleiderschrank befindlichen Schränkchens aufbewahrt. Ein von der Beklagten beauftragter Sachverständiger ermittelte den Wert der angeblich entwendeten Gegenstände einschließlich Schadensbeseitigungs- und Aufräumkosten mit 62.489, – (Neuwert) beziehungsweise 51.590,- € (Zeitwert). Hinsichtlich der Schmuckstücke, deren Wert auf unter 1.000,- DM geschätzt wurde, zahlte die Beklagte vorgerichtlich 6.899,- €, im Übrigen verweigerte sie unter Hinweis auf § 2 Ziffer 4 b VHB 66 die Leistung und kündigte mit Schreiben vom 04.03.04, das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.03.2004 zugegangen ist, den Vertrag.
Die Klägerin, die die Auffassung vertreten hat, die VHB 66 fänden auf den Vertrag keine Anwendung, maßgeblich seien vielmehr die Versicherungsbedingungen der Beklagten vom 02.08.1972, Bl. 87 d. A., hat behauptet, ihr seien bei dem Einbruch die in der Schadenaufstellung (vgl. Bl. 4 bis 14 d. A.) aufgeführten 44 Schmuckstücke und sonstigen Gegenstände entwendet worden. Alle gestohlenen Schmuckstücke hätten ihrem „tagtäglichen Gebrauch“ unterlegen. Da der Tresor schon wegen seines Eigengewichtes und der Lage der Wohnung im 1. Obergeschoss im Sinne der Verschlussvorschriften ausreichend gegen Wegnahme gesichert gewesen sei, sei die Beklagte leistungspflichtig. Für die – ohnehin verfristete – Kündigung habe kein Grund vorgelegen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 55.590,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2004 zu zahlen,
2. (sinngemäß) festzustellen, dass der Versicherungsvertrag nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet worden ist,
3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin sämtliche aus der nicht vertragsgemäßen Kündigung der Hausratversicherung hervorgehenden Schäden zu ersetzen hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es seien die VHB 66 vereinbart. Sie hat bestritten, dass sich die angeblich entwendeten Gegenstände überhaupt im Besitz der Klägerin befanden und bei dem Einbruch gestohlen wurden. Ihr Regulierungsbeauftragter habe durch einen „familiennahen Informanten“ vielmehr die Auskunft erhalten, dass gerade die wertvollsten Stücke zur Tatzeit nicht – oder nicht mehr – im Besitz der Klägerin gewesen seien. Von daher liege eine arglistige Täuschung der Klägerin vor, die zur Leistungsfreiheit führe. Zudem könne die Beklagte sich auf die Entschädigungsgrenzen des § 2 Abs. 4 b VHB 66 im Sinne eines Risikoausschlusses berufen, da sich die angeblich entwendeten Schmuck-, Gold- und Silbersachen „außer Gebrauch“ befunden hätten. Sehe man die Verschlussvorschriften als „verhüllte“ Obliegenheiten an, sei die Beklagte jedenfalls nach § 6 Abs. 1 VVG leistungsfrei. Der Versicherungsfall sei schließlich auch grob fahrlässig herbeigeführt worden. Im Übrigen sei die Klage auch unschlüssig, weil für die Geltendmachung des Neuwertes Sicherstellung der Wiederbeschaffung Voraussetzung und ein Zeitwertschaden der Höhe nach nicht schlüssig dargetan sei. Außerdem liege Unterversicherung vor.
Das Landgericht, auf dessen Feststellungen und Ausführungen Bezug genommen wird, hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte sei nach § 6 Abs. 1 VVG leistungsfrei. Die Klägerin habe gegen die „verhüllte“ Obliegenheit des § 2 Abs. 4 b VHB 66 verstoßen. Die entwendeten Schmuckstücke seien „außer Gebrauch“ gewesen und hätten von daher besonderer Sicherung, namentlich Aufbewahrung in einem „verschlossenen“ Behältnis bedurft. Hiervon könne aber nicht ausgegangen werden, wenn der Schlüssel in unmittelbarer Nähe des Tresors frei zugänglich aufbewahrt werde und – offenbar ohne großen Aufwand – vom Täter habe gefunden werden können. Da die Klägerin die Verschuldensvermutung nicht widerlegt habe, habe die Beklagte leistungsbefreiend kündigen können. Die Kündigung sei auch wirksam und rechtzeitig erfolgt, weil die Beklagte vorgetragen habe, erst im Rahmen des Regulierungsgespräches vom 17.2.2004 über die kündigungsrelevanten Einzelheiten informiert worden zu sein. Dem habe die Klägerin nicht widersprochen, ein von ihr in diesem Zusammenhang angesprochenes Schreiben vom 29.01.2004 habe sie nicht vorgelegt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Sie ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die entwendeten Schmuckstücke sich „außer Gebrauch“ befunden hätten und sei daher von falschen Tatsachen ausgegangen. Eine etwaige Obliegenheitsverletzung hinsichtlich der Verschlussvorschriften sei auch nicht schadensrelevant gewesen. Das Landgericht habe im Übrigen darauf hinweisen müssen, dass es den Vortrag zur Verfristung der Kündigung für unzureichend hielt und die Vorlage des Schreibens vom 29.1.2004 anregen müssen.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 12.5.2005 – 24 O 269/04 – die Beklagte zu verurteilen, an sie 55.590,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.1.2004 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte ihre Leistungen aus der Hausratversicherung auf Lebenszeit (ehemaliges Zeichen: ####1) zum dortigen Zeichen ####2 mit der Klägerin als Versicherungsnehmerin gemäß den abgeschlossenen Bedingungen nicht aufgrund eines Schadenereignisses in Form eines Einbruchdiebstahls vom 27.12.2003 wirksam gekündigt hat,
3. festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin sämtliche aus der nicht vertragsgemäßen Kündigung der Hausratversicherung ####2 hervorgehenden Schäden zu ersetzen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze und eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, sie hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein über die bereits von der Beklagten geleisteten Zahlungen hinausgehender Anspruch aus §§ 1 Abs. 1, 49 VVG i.V.m. §§ 1 Abs. 1 b, 2 Abs. 1, 3 B Abs. 1 a, 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 VHB 66 zu.
Wie sich aus dem nunmehr von der Klägerin vorgelegten Nachtrag Nr. 10 zur Hausratversicherung vom 17.11.1994 (Bl. 165 d.A.) ergibt, liegen dem Vertrag die VHB 66 zugrunde.
Die Beklagte ist gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1, 2 VVG leistungsfrei, weil die Klägerin gegen die von ihr nach § 2 Abs. 4 b VHB 66 zu erfüllende Obliegenheit verstoßen hat, die außer Gebrauch befindlichen Schmuck-, Gold- und Silbersachen mit einem Versicherungswert von über 1.000,- DM je Sache in einem „verschlossenen“ Behältnis zu verwahren.
a.
Bei den Verschlussvorschriften im Sinne des § 2 Abs. 4 b VHB 66 handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung nicht um Risikoausschlüsse, sondern um sogenannte „verhüllte“ Obliegenheiten, (vgl. BGH VersR 1975, 269, LG Düsseldorf VersR 1975, 797; Bonn VersR 1981, 1069; Martin SVR, M III Rz. 1 ff., 21), jedenfalls soweit es sich um Schmuck-, Gold- und Silbersachen handelt. Denn die dort genannten Sachen sollen grundsätzlich innerhalb wie außerhalb des beschriebenen Behältnisses (durchgehend) versichert sein, wobei nur verlangt wird, dass der Versicherungsnehmer sie immer dann unter sicheren Verschluss bringt, wenn dies auch ein verständiger Nichtversicherter tun würde. Die Vorschrift stellt damit nicht auf die Beschreibung eines allein ausschlaggebenden Versicherungsortes oder –zustandes ab, sondern auf ein gefahrminderndes Verhalten des Versicherungsnehmers. Sie enthält nach alledem eine vor dem Eintritt des Versicherungsfalles zu erfüllende Obliegenheit im Sinne des § 6 Abs. 1 VVG.
Ob dies bei Barrengold und Münzen gemäß § 2 Abs. 3 VHB 66 ebenfalls anzunehmen ist (vgl. hierzu: Martin, SVR, M III Rz. 25), braucht nicht entschieden zu werden, weil die der Klägerin entwendete Münze und der Goldbarren nicht zu den hochwertigen Gegenständen im Sinne von § 2 Abs. 4 b VHB 66 gehören.
b.
Die Klägerin hatte die in den Verschlussvorschriften beschriebenen Obliegenheiten zu erfüllen, denn die bei dem Einbruch angeblich entwendeten Schmuckstücke und sonstigen Wertgegenstände befanden sich „außer Gebrauch“ im Sinne des § 2 Abs. 4 b VHB 66.
Dabei kann ein Schmuckstück zwar auch dann in „Gebrauch“ sein, wenn es nicht angelegt ist. Denn eine gewisse zeitliche und räumliche Entfernung des Trägers eines Schmuckstückes wird noch als in den Gebrauch eingeschlossen angesehen (vgl. BGH VersR 1972, 577; 1975, 269; RuS 1983, 102). Keine gelegentliche Verwendung, sondern „Gebrauch“ liegt vor, wenn Schmuck zum Tragen bereitgelegt, oder wenn er nach dem Tragen abgenommen wird, um fortlaufend wieder verwendet zu werden. Demgegenüber endet der Gebrauch, wenn – was nach der Verkehrssitte und nach den Anschauungen des täglichen Lebens zu beurteilen ist – Schmuck nur gelegentlich verwendet wird und ein sorgfältiger Träger ihn wegschließen würde (BGH Vers. 1975, 269 f.; 1973, 1010.
Nach diesen Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der angeblich gestohlene Schmuck und die sonstigen Wertgegenstände der Klägerin sich „außer Gebrauch“ befunden haben. Soweit die Klägerin geltend macht, der gesamte Schmuck habe sich „im tagtäglichen Gebrauch“ befunden, reicht dieser pauschale Sachvortrag nicht aus. Denn es handelte sich um eine umfangreiche Kollektion von Schmuckstücken, die unmöglich alle zu gleicher Zeit getragen werden konnten. Hinzu kommt, dass es sich bei einem Teil der Schmuckstücke um Herrenschmuck (Herrenuhr, diverse Paare Manschettenknöpfe) handelte, bei dem – jedenfalls nicht ohne weiteres – davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin ihn überhaupt und regelmäßig selbst trug. Daher hätte es konkreten Sachvortrages dazu bedurft, wann welches der entwendeten Schmuckstücke letztmalig getragen oder zum Tragen bereitgelegt wurde. Im Übrigen hat die Klägerin im Rahmen der Verhandlung mit dem Regulierungsbeauftragten am 17.02.2004 selbst angegeben, dass sie keines der entwendeten Schmuckstücke am Tag vor dem Einbruch getragen habe. Dass sich der Schmuck nicht im „Gebrauch“ befunden hat, wird schließlich auch durch den Umstand belegt, dass die Klägerin die Schmuckstücke gerade nicht wegen der fortlaufenden Verwendung außerhalb des Behältnisses bereitgelegt, sondern diese vielmehr – wie bei nur gelegentlich verwendetem Schmuck erforderlich – zur Tatzeit im Tresor verwahrt hatte.
c.
Es liegt auch eine objektive Obliegenheitsverletzung gemäß § 2 Abs. 4 b VHB 66 vor, denn der Tresor, in dem sich die entwendeten Gegenstände befunden haben sollen, war nicht im Sinne dieser Vorschrift „verschlossen“.
Der Begriff „verschlossen“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sinngemäß dahingehend auszulegen, dass hiervon nur dann ausgegangen werden kann, wenn der Verschluss tatsächlich erhöhte Sicherheit bietet und dem bereits eingedrungenen Täter ein zusätzliches Hindernis beim Zugriff auf den Inhalt des Behältnisses bietet (BGH VersR 1972, 577; OLG Hamm, RuS 1984, OLG Frankfurt, VersR 1994, 956; 148; OLG Düsseldorf, RuS 1997, 30). Selbst wenn ein Behältnis abgeschlossen ist, bietet es eine erhöhte Sicherheit gegen die Wegnahme des darin befindlichen Schmuckes dann nicht, wenn der Schlüssel derart sorglos verwahrt wird, dass die Wirkung des verschlossenen Behältnisses als zusätzliches Hindernis innerhalb der Wohnung sogleich wieder aufgehoben wird (BGH aaO.). Zwar kann der Versicherer nicht verlangen, dass der Versicherungsnehmer den Schlüssel seinerseits unter Verwahrung hält, ständig mitführt oder jedenfalls außerhalb des Raumes aufbewahrt, in dem sich das Behältnis befindet. Ungenügend ist der Verschluss aber dann, wenn der Täter ohne weiteres an den Schlüssel zu gelangen vermag. Dies ist nicht nur dann anzunehmen, wenn der Schlüssel auf dem versperrten Schloss steckt, sondern auch, wenn der Schlüssel derart oberflächlich verwahrt wird, dass der Täter ihn, ohne sich ernstlich auf die Suche begeben zu müssen und ohne nennenswerte Mühe und Überlegung sogleich entdecken kann und daher im Ergebnis kein ins Gewicht fallender Unterschied zu einem unverschlossenen Behältnis besteht.
Nach den vorliegend gegebenen Umständen war der Tresor nicht im Sinne der oben darstellten Grundsätze „verschlossen“. Denn es handelte sich – anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall VersR 1972, 577 – bei dem Raum, in dem sich der Tresor befand, nicht um ein „gut ausgestattetes Schlafzimmer mit vielen Versteckmöglichkeiten“, sondern um ein kleines Ankleidezimmer, welches neben dem Kleiderschrank und dem zweitürigen Schränkchen, wie die Klägerin auf entsprechenden Vorhalt im Termin vor dem Senat nicht in Abrede gestellt hat, nicht weiter aufwändig möbliert war. Da sich der Tresor im Kleiderschrank befand und die Klägerin den Schlüssel hierfür in dem diesem Schrank unmittelbar gegenüberliegenden Schränkchen, und zwar dort nicht weiter versteckt in der unverschlossenen Schublade, verwahrt hatte, befand sich der Schlüssel gleichsam „in Griffnähe“ des Bestimmungsschlosses und an einer Stelle, an der ihn ein Einbrecher ohne nennenswerte Überlegung und Mühe sogleich vermuten und ohne weiteres entdecken konnte. Tatsächlich hat der Täter den Schlüssel auch gefunden und zur Öffnung des Tresors benutzt, ohne dass Anzeichen dafür vorlägen, dass der vorhandene Verschluss den Täter noch genötigt hätte, entweder Gewalt zum Öffnen des Tresors aufzuwenden oder sich auf eine wirkliche Suche nach dem Versteck des Schlüssels zu begeben. Nach Lage der Dinge konnte der Täter vielmehr zwanglos auf die fragliche Kommodenschublade als Aufbewahrungsort des Schlüssels verfallen.
Nach alledem ist eine objektive Obliegenheitsverletzung im Sinne der §§ 2 Abs. 4 b VHB 66, 6 Abs. 1 Satz 1 VVG gegeben.
d.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG tritt bei Verletzung einer vor dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit die vereinbarte Rechtsfolge der Leistungsfreiheit nicht ein, wenn die Verletzung als eine unverschuldete anzusehen ist. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin die Verschuldensvermutung des § 6 Abs. 1 VVG nicht widerlegt. Angesichts des erheblichen Wertes des im Tresor verwahrten Schmuckes durfte der Tresorschlüssel nicht derart oberflächlich und in greifbarer Nähe des Bestimmungsschlosses verwahrt werden, dass er von einem Einbrecher ohne weiteres sofort gefunden werden konnte. Dass ein solcher Umgang mit dem Tresorschlüssel fahrlässig war, konnte die Klägerin ohne weiteres erkennen, und ihr war auch zumutbar, auf die Verwahrung des Schlüssels mehr Sorgfalt zu legen. Es handelte sich im Übrigen auch nicht etwa um ein entschuldbares einmaliges Versagen. Die Klägerin hat vielmehr vorgetragen, dass sie die Aufbewahrung des Schlüssels in der Kommodenschublade so „praktiziert“ habe, um sich den Schmuck – ohne in ihrem Alter lästiges Suchen – leicht zugänglich zu halten.
e.
Die Klägerin hat schließlich auch den Beweis nicht führen können, dass die Obliegenheitsverletzung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung hatte, § 6 Abs. 2 VVG. Vielmehr ist vorliegend Kausalität im vorgenannten Sinne gegeben, denn der Täter hat aufgrund der Obliegenheitsverletzung der Klägerin den Tresorschlüssel gefunden und sich so dessen Inhalts bemächtigen können. Soweit die Klägerin sich darauf beruft, der Täter hätte den Schlüssel auch dann gefunden, wenn sie den Schlüssel sorgsam versteckt hätte, ist dies eine durch nichts bewiesene Mutmaßung. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Täter beim Durchsuchen der anderen Behältnisse in der Wohnung den Tresorschlüssel gefunden und zudem dem Tresorschloss zugeordnet hätte.
f.
Der Beklagten ist es schließlich auch nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 3 VVG verwehrt, sich auf die vereinbarte Leistungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VVH zu berufen, denn sie hat den Vertrag innerhalb der Monatsfrist nach Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung gekündigt.
Die der Klägerin am 08.03.20004 zugestellte Kündigung der Beklagten vom 04.03.2004 war – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht verfristet. Denn für den Lauf der Frist nach § 6 Abs. 1 Satz 2 VVG ist erforderlich, dass der Versicherer den vollen objektiven Sachverhalt kennt, aus dem sich die zur Kündigung berechtigenden Umstände ergeben (Prölss, in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 6 Rz. 107). Vorliegend hat die Beklagte Kenntnis von den näheren Umständen des Einbruchdiebstahls erst aufgrund des Gespräches der Klägerin mit dem Regulierungsbeauftragten der Beklagten am 17.02.2004 erlangt, in dem die Klägerin insbesondere die näheren Umstände schilderte, aus denen sich ein Verstoß gegen die Verschlussvorschriften des § 2 Abs. 4 b VHB 66 ergab.
Zu Unrecht macht die Klägerin mit der Berufung geltend, das Urteil sei rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht die Klage nicht ohne rechtlichen Hinweis gemäß § 139 Abs. 2 ZPO hätte abweisen dürfen, dass es im Zusammenhang mit der Kündigungsfrist auf die Vorlage des insofern bereits von der Klägerin angesprochenen Schreibens vom 29.01.2004 ankomme. Denn jedenfalls beruhte das Urteil nicht auf dieser Rechtsverletzung, §§ 513, 546 ZPO, weil das Schreiben vom 29.01.2004 keine von der Entscheidung des Landgerichts abweichende Beurteilung gerechtfertigt hätte. Aus dem Schreiben vom 29.01.2004 lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass der Tresor nicht gegen Wegnahme gesichert war, und es wird vor allem auch nicht mitgeteilt, wo sich der Schlüssel zum Tresor befand. Das Schreiben hat der Beklagten damit keine Informationen vermittelt, die diese bereits zu einem früheren Zeitpunkt zum Anlass hätte nehmen können, den Vertrag zu kündigen.
Weil die der Klägerin vorwerfbare Obliegenheitsverletzung – wie ausgeführt – auch nicht als eine unverschuldete anzusehen ist, ist die Kündigung vom 04.03.2004 wirksam.
2.
Da die Beklagte nach alledem gemäß § 6 Abs. 1 VVG leistungsfrei ist und der Versicherungsvertrag von der Beklagten wirksam gekündigt worden ist, sind auch die Klageanträge zu 2. und 3. unbegründet. Auf die Frage des Umfanges der Leistungspflicht kommt es danach nicht mehr an.
3.
Die prozessualen Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO.
4.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n. F. sind nicht gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht. Die Sache hat über dem konkret zur Entscheidung stehenden Einzelfall mit seinen Besonderheiten hinaus keine Bedeutung.
Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 60.000,- €