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Unfallmanipulation – Darlegungs- und Beweislast

OLG Bremen – Az.: 1 U 24/22 – Beschluss vom 01.07.2022

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 25.02.2022, Az.: 4 O 2020/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

II. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22.07.2022 gegeben.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aufgrund eines Schadensgeschehens geltend, das sich am 28.07.2020 auf der … in Höhe … ereignet haben soll.

Der Kläger war Eigentümer und Halter des Pkw der Marke Mercedes-Benz, Modell G350 BlueTec 7G-Tronic, amtliches Kennzeichen …. Der Pkw war ausweislich des Fahrzeugbriefs wenige Tage zuvor, am 10.07.2020, auf ihn zugelassen worden. Die Beklagte war Haftpflichtversichererin des Mietwagens der Fa. … der Marke H., amtliches Kennzeichen …, dessen Mieter am 28.07.2020 der Zeuge … war. Die Polizei B. nahm am 28.07.2020 eine Verkehrsunfallanzeige auf, laut derer bei einem Fahrstreifenwechsel auf der … der von dem Zeugen … geführte H. gegen den von dem Zeugen …, … dem Bruder des Klägers, geführten M. des Klägers gefahren und infolgedessen der M. gegen die Leitplanke gekommen sein soll.

Der Kläger hat vor dem Landgericht vorgetragen, sein Bruder, der Zeuge …, sei mit dem M. auf der Abfahrt in Richtung „Autohof“ gefahren. Der Zeuge … sei mit dem H. plötzlich und unvermittelt auf die rechte Spur gefahren und seitlich gegen den M. gestoßen. Der Zeuge … habe versucht nach rechts auszuweichen und sei gegen die Leitplanke geraten. Aus dem Unfallgeschehen sei ihm ein Schaden in Form von Netto-Reparaturkosten von EUR 12.770,66 und einem merkantilen Minderwert von EUR 300,- entstanden, wie im von ihm eingeholten Schadensgutachten der D. angegeben.

Der Kläger hat vor dem Landgericht beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 14.021,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2020 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Hohe von EUR 1.017,32 (brutto) freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat das Vorliegen eines Unfalls bestritten. Sie hat vorgetragen, dass von einem manipulierten Unfallgeschehen auszugehen sei. Hierauf würden die folgenden Indizien hindeuten: der M. sei erst kurz vorher auf den Kläger zugelassen worden; das unfallverursachende Fahrzeug sei ein Mietwagen; der Schaden werde fiktiv abgerechnet; der Zeuge … sei in 2 vergleichbare von 7 vergleichbaren Unfällen im norddeutschen Raum involviert gewesen; der technische Unfallablauf sei nicht plausibel, insbesondere sei der Anstoßwinkel an der Leitplanke nicht nachvollziehbar; ein Schaden an der Leitplanke sei nicht festgestellt worden. Zudem hat die Beklagte die Höhe des geltend gemachten Schadens bestritten.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 25.02.2022 die Klage abgewiesen. Das Landgericht ist auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die von der Polizei auf der … aufgenommene Kollision auf einer Unfallmanipulation beruhte. Diese Feststellung hat das Landgericht aufgrund einer von ihm angenommenen Häufung für eine Manipulation sprechender Beweisanzeichen und Indizien getroffen, namentlich den folgenden Umständen: Beteiligung eines Pkw der Oberklasse auf der Klägerseite; Suggestion einer eindeutigen Haftungslage nach dem geschilderten Unfallgeschehen; fiktive Abrechnung; Beteiligung eines Fahrzeugs auf Verursacherseite, welches dort keinen relevanten Vermögensschaden entstehen lässt; sofortiges Schuldeingeständnis des Schädigers gegenüber der Polizei; vage und detailarme Schilderung des Unfallgeschehens durch den Fahrer des klägerischen Pkw und den Zeugen …; fehlende plausible Erklärung des Zeugen … dafür, mehrere Unfälle mit angemieteten Fahrzeugen verursacht zu haben; keine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum sich die unfallbeteiligten Personen am Unfallort befanden; fehlende Benennung neutraler Zeugen; fehlende Anwesenheit des Klägers am Unfallort; wiederholte Verwicklung des Zeugen … in Unfälle mit Mietwagen. In ihrer Gesamtheit hat das Landgericht diese Indizien dahingehend bewertet, dass es bei Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung kam, dass das streitgegenständliche Unfallereignis bewusst manipuliert worden ist, ohne dass es auf eine technische Plausibilitätsanalyse noch angekommen wäre. Hinsichtlich des Tatbestandes und des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bremen vom 25.02.2022, Az.: 4 O 2020/20 (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Klagantrag weiterverfolgt.

Unfallmanipulation - Darlegungs- und Beweislast
(Symbolfoto: Jeidel Fangon/Shutterstock.com)

Der Kläger rügt, dass das Landgericht aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung zur Feststellung des Vorliegens einer Unfallmanipulation gekommen sei. Die Beweiswürdigung erschöpfe sich fehlerhaft lediglich in der bloßen Addition von angeblich typischen Umständen. Das Landgericht habe insbesondere entlastende Umstände weder im Tatbestand erwähnt noch im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt, namentlich den Umstand, dass eine nicht unerhebliche Gefahr von Verletzung der beteiligten Fahrer bestanden habe und dass der Kläger bzw. der Zeuge … nicht mit dem Zeugen … bekannt sei. Nicht berücksichtigt worden sei auch, dass aus technischer Sicht keine Bedenken gegen den klägerseits behaupteten Unfallablauf bestünden und dass nicht nachgewiesen sei, dass die Leitplanke tatsächlich nicht beschädigt worden sei. Der Unfall habe sich auch nicht an einem abgelegenen Ort ereignet, sondern gegen 22.50 Uhr auf der …, die zu dieser Zeit stark frequentiert sei. Gegen eine Einwilligung des Klägers in die Beschädigung spreche auch das Einschalten der Polizei sowie die Umstände, dass das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt vollkaskoversichert gewesen sei, dass weder der Kläger noch der Zeuge … bislang in Vorunfälle verwickelt gewesen sei, dass der Kläger in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebe, einen festen Wohnsitz mit jederzeitiger Erreichbarkeit unterhalte und nicht vorbestraft sei.

Insbesondere finde sich in dem Urteil auch keine Bewertung des Aussageverhaltens der Zeugen. Der Zeuge … habe eine nachvollziehbare Schilderung des Unfalls gegeben und auch eine plausible Erklärung für seine Anwesenheit am Unfallort geboten, indem er darauf verwiesen habe, dass er sich am Unfalltag im nördlichen Teil von B. aufgehalten und dort ein Date mit einem Bekannten gehabt habe, mit dem er zuvor nur flüchtig geschrieben habe, und dass sich dieses nachher dann verlaufen habe. Der Zeuge … wiederum habe zwar nur eine vage Unfallschilderung gegeben und habe sich nicht mehr daran zu erinnern vermocht, warum er am Unfallort gewesen sei, seine Aussage sei aber dadurch beeinflusst gewesen, dass er an Klaustrophobie leide, weswegen der Kläger eine erneute Vernehmung des Zeugen unter Berücksichtigung seines Krankheitsbildes beantragt.

Der Kläger rügt zudem eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das Gutachten des Sachverständigen … sei zur Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens widersprüchlich, der Sachverständige habe angegeben, dass eine abschließende Beurteilung der Vermeidbarkeitsmöglichkeiten der beiden Fahrer nicht vorgenommen werden könne. Mit nachgelassenem Schriftsatz habe der Kläger beantragt, dem Sachverständigen ergänzende Fragen zur Frage der Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens aufzugeben, und dieser ergänzenden Befragung des Sachverständigen sei die Kammer rechtsfehlerhaft nicht nachgekommen. Aus der ergänzenden Befragung hätte sich ergeben, dass die Kollision für den Zeugen … aus technischer Sicht nicht zu vermeiden gewesen wäre und dass bei dem Unfallgeschehen ein noch schwerwiegenderes Verletzungsrisiko der beteiligten Fahrzeugführer bestanden hätte als zunächst angenommen, was für das klägerseits vorgetragene Unfallgeschehen gesprochen hätte.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 14.021,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13,11.2020 zu zahlen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden; in der Sache hat sie aber keine Aussicht auf Erfolg. Der Kläger kann sich nicht mit Aussicht auf Erfolg gegen die Feststellungen des Landgerichts wenden, wonach auf der Grundlage der durch die Kammer vorgenommenen Würdigung der relevanten Indizien als erwiesen anzusehen ist, dass die geltend gemachten Beschädigungen nicht aufgrund eines Verkehrsunfalls bzw. eines schädigenden Ereignisses im Sinne eines zumindest für den Geschädigten zufälligen, nicht gezielt herbeigeführten Ereignisses erfolgten und dass das Schadensereignis für den Kläger nicht unfreiwillig war, sondern er in dieses eingewilligt hat. Der Kläger rügt ohne Aussicht auf Erfolg, dass die durch das Landgericht vorgenommene Gesamtwürdigung nicht ordnungsgemäß und vollständig gewesen sei und dass das Landgericht fehlerhaft nicht auch die zugunsten des Klägers sprechenden Umstände berücksichtigt habe.

1. Dabei ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein von den Beteiligten unter Einschluss des Geschädigten vorsätzlich herbeigeführtes gestelltes bzw. manipuliertes Unfallgeschehen keine Ersatzpflicht des vermeintlichen Schädigers und seines Haftpflichtversicherers auslöst, wobei die Darlegungs- und Beweislast für diese Einwendung, dass der Geschädigte mit der Verletzung seines Rechtsguts einverstanden gewesen ist, beim (vermeintlichen) Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer liegt (siehe BGH, Urteil vom 13.12.1977 – VI ZR 206/75, juris Rn. 10 und 27, BGHZ 71, 339; Urteil vom 13.12.1977 – VI ZR 36/76, juris Rn. 9 und 13, VersR 1978, 865; Urteil vom 05.12.1978 – VI ZR 185/77, juris Rn. 9, VersR 1979, 281; Urteil vom 05.12.1978 – VI ZR 71/77, juris Rn. 8, VersR 1979, 281; Urteil vom 01.10.2019 – VI ZR 164/18, juris Rn. 7, NJW 2020, 1072; siehe hierzu auch die Rechtsprechung des Senats in Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 08.03.2021 – 1 U 48/20, juris Rn. 20). Ebenso hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Nachweis eines gestellten Unfalls nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Obergerichte im Wege eines Indizienbeweises geführt werden kann, wenn sich typischerweise bei gestellten Unfällen auftretende Merkmale in auffälliger Weise häufen und die für eine Unfallmanipulation sprechenden Indizien in ihrer Gesamtschau nach der Lebenserfahrung den Schluss zulassen, dass der Unfall auf einer Verabredung beruht und der Geschädigte mit der Herbeiführung des Schadens an seinem Fahrzeug einverstanden gewesen ist (siehe hierzu die Rechtsprechung des Senats in Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 08.03.2021 – 1 U 48/20, juris Rn. 22 m.w.N.).

2. Das Landgericht ist im vorliegenden Fall aufgrund einer zutreffenden Gesamtwürdigung der für und gegen die Annahme eines manipulierten Unfallgeschehens sprechenden Umstände auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gekommen, dass ein manipuliertes Unfallgeschehen vorgelegen hat.

a) Diese Tatsachenfeststellungen des Gerichts des ersten Rechtszuges hat nach § 529 Nr. 1 ZPO auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können sich grundsätzlich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Bewertungen der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.2005 – VIII ZR 266/03, juris Rn. 7, BGHZ 162, 313; Urteil vom 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, juris Rn. 26, NJW 2016, 3015). Das Berufungsgericht ist demnach zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichtet, wenn aus der für dieses Gericht gebotenen Sicht eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.2016 – VI ZR 403/14, juris Rn. 11, VersR 2016, 1194). Hält es das Berufungsgericht es für denkbar, dass die von der Berufung aufgeworfenen Fragen zu einer anderen Würdigung führen können, besteht Anlass für die Überlegung, ob für die andere Würdigung zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht und deshalb Anlass zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme besteht (vgl. BGH, Beschluss vom 11.10.2016 – VIII ZR 300/15, juris Rn. 24, NJW-RR 2017, 75).

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben: Für eine abweichende Würdigung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme besteht keine solche Wahrscheinlichkeit und daher ist auch ein Anlass zu einer Wiederholung oder zu einer Ergänzung der Beweisaufnahme um weitere Feststellungen nicht gegeben. Die Würdigung und Berücksichtigung der für und gegen eine Unfallmanipulation sprechenden Indizien ist im angefochtenen Urteil im Einklang mit den Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung hierzu erfolgt (siehe hierzu die Rechtsprechung des Senats in Hanseatisches OLG in Bremen, Beschluss vom 08.03.2021 – 1 U 48/20, juris Rn. 26 ff. m.w.N.) und die hiergegen erhobenen Angriffe der Berufung sind nicht durchschlagend.

c) Hierzu ist zunächst festzustellen, dass diejenigen vom Landgericht als Indizien für die Annahme einer Unfallmanipulation angesehenen Umstände, gegen die sich die Berufung nicht wendet, auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats in diesem Sinne bewertet wurden: Dies betrifft namentlich die Beteiligung eines Pkw der Oberklasse auf der Klägerseite; die Suggestion einer eindeutigen Haftungslage nach dem geschilderten Unfallgeschehen; die fiktive Abrechnung; die Beteiligung eines Miet-Fahrzeugs auf Verursacherseite, welches dort keinen relevanten Vermögensschaden entstehen lässt; das sofortige Schuldeingeständnis des Schädigers gegenüber der Polizei; die wiederholte Verwicklung des Zeugen … in Unfälle mit Mietwagen und eine fehlende plausible Erklärung des Zeugen … dafür, mehrere Unfälle mit angemieteten Fahrzeugen verursacht zu haben; sowie die fehlende Anwesenheit des Klägers am Unfallort (siehe hierzu sowie zu den nachstehenden Punkten jeweils die Rechtsprechung des Senats in Hanseatisches OLG in Bremen, a.a.O.). Ergänzend zu den vom Landgericht berücksichtigten Umständen wären im Übrigen auch noch weitere Indizien zugunsten der Annahme einer Unfallmanipulation zu bewerten gewesen, namentlich die nur kurze Zulassungszeit des Geschädigtenfahrzeugs erst kurz vor dem Unfallereignis, dessen Wertminderung durch eine vergleichsweise hohe Laufleistung und die Schadensnatur in Form von seitlichen Schrammschäden.

d) Auch soweit der Kläger einzelne Rügen gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts vornimmt, erweisen sich diese nicht als durchgreifen. Dies gilt zunächst für die Rüge, dass das Landgericht den Umstand nicht berücksichtigt habe, dass im vorliegenden Fall die Polizei eingeschaltet worden sei, was gegen die Annahme einer Unfallmanipulation spreche. Hierbei handelt es sich vielmehr um einen neutralen Umstand; die Hinzuziehung der Polizei muss nicht notwendigerweise der Annahme einer Unfallmanipulation entgegenstehen, insbesondere wenn dies mit einer gegenüber den Polizeibeamten suggerierten eindeutigen Unfallverursachung oder einer klaren Verantwortungsübernahme des vermeintlichen Schädigers einhergeht.

e) Soweit der Kläger weiter rügt, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass das Geschehen sich gegen 22.50 Uhr auf der … zugetragen haben soll, die zu dieser Zeit stark frequentiert sei, vermag auch dies keine Zweifel an den Tatsachenfeststellungen des Landgerichts zu begründen. Gegen die Annahme eines gestellten Unfallgeschehens würde es sprechen, wenn bei einem Unfall, der nach Örtlichkeit und Uhrzeit des Geschehens das Vorhandensein solcher Zeugen erwarten lässt, von den Parteien auch tatsächlich solche neutrale Zeugen benannt worden wären, was vorliegend aber gerade nicht der Fall war.

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f) Der Kläger kann der Beweiswürdigung des Landgerichts auch nicht durchgreifend entgegenhalten, dass der Kläger bzw. der Zeuge … nicht mit dem Zeugen … bekannt sei. Der fehlende Nachweis einer Bekanntschaft stellt für sich genommen kein gegen die Annahme einer Unfallmanipulation sprechendes Indiz dar, sondern ist ein lediglich neutraler Umstand, zumal Unfallmanipulationen auch ohne eine direkte Bekanntschaft zwischen den Beteiligten über Dritte organisiert werden können.

g) Zweifel gegenüber der Beweiswürdigung des Landgerichts zeigt der Kläger auch nicht mit seinem Vorbringen auf, dass der Zeuge … eine nachvollziehbare Schilderung des Unfalls gegeben und auch eine plausible Erklärung für seine Anwesenheit am Unfallort geboten habe, indem er darauf verwiesen habe, dass er sich am Unfalltag im nördlichen Teil von Bremen aufgehalten und dort ein Date mit einem Bekannten gehabt habe, mit dem er zuvor nur flüchtig geschrieben habe, und dass sich dieses nachher dann verlaufen habe. Die Beschreibung der Umstände der Anwesenheit am Unfallort bleibt damit weiterhin in höchstem Maße vage – insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine wegen des Unfallgeschehens eine genauere Erinnerung zu erwarten gewesen wäre. Auch ist festzustellen, dass nicht nachvollziehbar ist, warum sich der aus dem nördlichen Teil von Bremen kommende Zeuge auf seiner Heimfahrt nach … auf der … in Höhe … befunden haben sollte, um dort – wie er in seiner schriftlichen Unfallanzeige angegeben hat – die Abfahrt nehmen zu wollen.

h) Ebenso begründet es keine Zweifel gegenüber der Beweiswürdigung des Landgerichts, wenn der Kläger vorbringt, dass der Zeuge … zwar nur eine vage Unfallschilderung gegeben und er sich nicht mehr daran zu erinnern vermocht habe, warum er am Unfallort gewesen sei, dass aber seine Aussage dadurch beeinflusst gewesen sei, dass er an Klaustrophobie leide. Dafür, dass aus diesen Gründen dem Zeugen eine Aussage nur erschwert möglich gewesen wäre, bietet das richterliche Protokoll seiner Vernehmung keinerlei Anhaltspunkte. Auch seitens des Klägers ist dieser Umstand erstinstanzlich nicht gerügt worden, weswegen er mit diesem Vorbringen in der Berufungsinstanz nicht mehr zu hören ist, §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO, zumal auch dem Berufungsvorbringen des Klägers nicht eine plausible Erklärung dafür zu entnehmen ist, weswegen sich der Zeuge … am Unfallort befunden haben soll. Daher bedarf es auch nicht der Einholung der hierzu angebotenen Beweise.

i) Ferner kann der Kläger der Beweiswürdigung des Landgerichts auch nicht durchgreifend entgegenhalten, das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt vollkaskoversichert gewesen sei, dass weder der Kläger noch der Zeuge … bislang in Vorunfälle verwickelt gewesen sei, dass der Kläger in geordneten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen lebe, einen festen Wohnsitz mit jederzeitiger Erreichbarkeit unterhalte und nicht vorbestraft sei Hierbei handelt es sich vielmehr um neutrale Umstände. Auch eine günstige finanzielle Situation eines Beteiligten ist nicht als Indiz gegen die Annahme einer Unfallmanipulation zu werten, da die Lebenserfahrung nicht belegt, dass Versicherungsbetrug ein in wohlhabenden Kreisen weniger übliches Vergehen darstellen würde.

j) Auch die weitere Rüge des Klägers erweist sich nicht als durchschlagend gegenüber der Beweiswürdigung, dass aus technischer Sicht keine Bedenken gegen den klägerseits behaupteten Unfallablauf bestünden und dass nicht nachgewiesen sei, dass die Leitplanke tatsächlich nicht beschädigt worden sei. Dabei ist zutreffend, dass die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit des Unfallgeschehens ein Indiz darstellt, dass gegen die Annahme einer Unfallmanipulation spricht. Hierbei handelt es sich aber lediglich um ein einzelnes Indiz, welches die Annahme einer Unfallmanipulation nicht ausschließt, sondern welches lediglich in die Gesamtwürdigung einzustellen ist. Nach Bewertung des Senats ist auch unter Berücksichtigung dieses Umstands aber davon auszugehen, dass die Vielzahl der einzelnen für die Annahme einer Unfallmanipulation sprechenden Umstände weiterhin die Überzeugungsbildung trägt, dass im vorliegenden Fall das vermeintliche Unfallgeschehen auf einer Manipulation beruht. Dabei bedarf es auch keiner ergänzenden Befragung des Sachverständigen zur Frage der Plausibilität und Vermeidbarkeit des Unfallgeschehens: Es kann vielmehr unterstellt werden, dass sich hieraus ergeben würde, dass das Unfallgeschehen nach der Darstellung des Klägers tatsächlich plausibel ist und dass bei einem entsprechenden Hergang, wenn er nicht durch Manipulation eingeleitet worden wäre, eine Vermeidbarkeit nicht gegeben wäre. Ungeachtet dessen würde das Indiz der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit eine anderweitige Bewertung in der Gesamtwürdigung nicht tragen.

k) Dasselbe gilt sodann für die Rüge, dass das Landgericht den Umstand nicht korrekt in die Gesamtwürdigung einbezogen habe, dass eine nicht unerhebliche Gefahr von Verletzung der beteiligten Fahrer bestanden habe und dass sich aus einer ergänzenden Befragung ergeben hätte, dass bei dem Unfallgeschehen ein noch schwerwiegenderes Verletzungsrisiko der beteiligten Fahrzeugführer bestanden hätte als zunächst angenommen. Insoweit ist zunächst festzustellen, dass ein typisches Indiz, das gegen die Annahme eines gestellten Unfallgeschehens spricht, der Umstand ist, dass bei dem Unfall eine konkrete erhebliche Verletzungsgefahr bestand. Dies gilt aber vor allem dann, wenn diese Verletzungsgefahr nicht lediglich als unbeabsichtigte Nebenfolge eines nicht wie geplant verlaufenen gestellten Unfallgeschehens entstanden ist, sondern vielmehr nach der Art der Kollision ohne weiteres zu befürchten war. Letzteres ist auch vom Kläger nicht behauptet. Insgesamt verbliebe es im Ergebnis auch insoweit dabei, dass nach Bewertung des Senats auch unter Berücksichtigung dieses Umstands davon auszugehen bliebe, dass die Vielzahl der weiteren anderen für die Annahme einer Unfallmanipulation sprechenden Umstände weiterhin die Überzeugungsbildung tragen, dass im vorliegenden Fall das vermeintliche Unfallgeschehen auf einer Manipulation beruht. Dabei bedarf es auch keiner ergänzenden Befragung des Sachverständigen zur Frage des Verletzungsrisikos im Rahmen des Unfallgeschehens: Auch wenn sich hieraus ein gesteigertes Verletzungsrisiko für den Fall des Reifenschadens mit vollständigem Druckverlust oder einem Achsschaden ergeben würde, ist bereits nichts dazu vorgetragen, dass diese Verletzungsgefahr als ohne weiteres zu erwartende Kollisionsfolge anzusehen wäre, so dass dieses Indiz im vorliegenden Fall eine anderweitige Bewertung in der Gesamtwürdigung nicht tragen würde.

l) Soweit der Kläger schließlich rügt, dass sich die Beweiswürdigung fehlerhaft lediglich in der bloßen Addition von Umständen erschöpfe, bei der auch entlastende Umstände nicht berücksichtigt worden seien, kann auch dies Zweifel an der Beweiswürdigung des Landgerichts im vorstehenden Sinne nicht begründen. Wie vorstehend ausgeführt, begründen die vom Kläger vorgebrachten entlastenden Umstände keine anderweitige Bewertung. Das Landgericht hat erkennbar die wesentlichen Umstände berücksichtigt und es hat erkennen lassen, welche Umstände es für seine Überzeugungsbildung als maßgeblich ansieht, dies genügt den Anforderungen an die Führung des Indizienbeweises.

2. Der Senat beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss statt durch Urteil zu entscheiden, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil erfordern.

Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb der im Tenor genannten Frist gegeben. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Rücknahme der Berufung Gerichtsgebühren gespart werden können (Ermäßigung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 1220, 1222 KV von 4,0 auf 2,0).

 

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