Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Gerichtsurteil: Konsequenzen bei Kartendiebstahl und Verletzung der Sorgfaltspflichten
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wer haftet bei Diebstahl einer Bankkarte für entstandene Schäden?
- Was gilt rechtlich als grob fahrlässiges Verhalten beim Umgang mit der Bankkarte?
- Welche Pflichten haben Bankkunden beim Umgang mit ihrer PIN?
- Wie sollte man nach einem Kartendiebstahl richtig reagieren?
- Welche Beweislast trägt der Kunde bei unberechtigten Kartenverfügungen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: OLG Dresden
- Datum: 13.03.2024
- Aktenzeichen: 5 U 589/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren im Zivilrecht
- Rechtsbereiche: Zivilrecht, Bankrecht, Zahlungsverkehr
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Inhaberin eines Girokontos mit einer bei der Beklagten geführten Zahlungskarte; fordert Erstattung eines Schadens in Höhe von 10.456,56 € aufgrund unautorisierter Kartenverfügungen und betont, die Karte stets ordnungsgemäß verwahrt und unmittelbar nach Feststellung des Verlusts sperren lassen zu haben.
- Beklagte Sparkasse: Betreiberin des Girokontos und Herausgeberin der Zahlungskarte; führte lediglich eine teilweise Rückerstattung in Höhe von 43,83 € durch und verweigert weitere Erstattungszahlungen.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin stellte nach dem Verlust ihrer Geldbörse fest, dass in einem Zeitraum vom 13.07.2020 bis zum 14.07.2020 unautorisierte Transaktionen mit ihrer Zahlungskarte vorgenommen und ihr Konto mit 10.456,56 € belastet wurden; sie gibt an, die Karte stets ordnungsgemäß verwahrt und unmittelbar nach dem Verlust alle Karten sperren zu lassen.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte zur vollständigen Erstattung der unautorisierten Belastungen verpflichtet ist, obwohl die Klägerin darlegt, ihre Sorgfaltsmaßnahmen bei der Verwahrung der Zahlungskarte erfüllt zu haben.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen; die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; sowohl dieses Urteil als auch das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar, und die Revision wurde nicht zugelassen.
- Begründung: Es wurde festgestellt, dass die Klägerin trotz des behaupteten Missbrauchs der Karte durch ihre übliche Sorgfaltspflicht bei Verwahrung und Sperrung nicht zum vollständigen Schadensersatzanspruch befähigt, sodass die Rückforderung in Höhe von 10.456,56 € nicht durchzusetzen ist.
- Folgen: Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens übernehmen; das Urteil bestätigt die gängige Praxis, dass bei unautorisierten Kartenverfügungen unter Berücksichtigung der Sorgfaltsmaßnahmen der Kontoinhaberin keine umfassende Haftung der Bank zur vollständigen Erstattung besteht.
Gerichtsurteil: Konsequenzen bei Kartendiebstahl und Verletzung der Sorgfaltspflichten

Der Kartendiebstahl gehört zu den häufigsten Formen des Finanzbetrugs in Deutschland. Wenn Kriminelle eine gestohlene Bank- oder Kreditkarte für Unautorisierte Verfügungen missbrauchen, drohen den Betroffenen oft hohe finanzielle Verluste. Besonders problematisch wird es, wenn die Täter auch die PIN in die Hände bekommen. Die Verbraucherrechte und Betrugsschutz-Mechanismen bieten zwar grundsätzlich die Möglichkeit zur Rückerstattung, doch die Banken prüfen jeden Fall sehr genau.
Für Opfer von Betrug ist schnelles Handeln entscheidend: Die sofortige Kartensperrung und Meldung des Betrugs können größere Schäden verhindern. Ob ein Erstattungsanspruch besteht, hängt dabei wesentlich davon ab, ob der Karteninhaber seine Sicherheitspflichten erfüllt hat. Ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt die rechtlichen Konsequenzen, wenn Bankkunden ihre Sorgfaltspflichten verletzen.
Der Fall vor Gericht
Bankkartenmissbrauch nach Diebstahl: Kundin haftet für Schaden von über 10.000 Euro
Das Oberlandesgericht Dresden hat entschieden, dass eine Sparkassenkundin für einen Schaden von mehr als 10.000 Euro aufkommen muss, der durch den Missbrauch ihrer gestohlenen Bankkarte entstanden ist. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Kundin ihre PIN gemeinsam mit der Karte aufbewahrt und damit grob fahrlässig gehandelt hatte.
Kriminelle gingen auf Einkaufstour
Der Fall ereignete sich im Juli 2020, als der Kundin ihre Geldbörse mit der Bankkarte gestohlen wurde. Die Täter nutzten die Karte innerhalb kürzester Zeit für insgesamt 40 Transaktionen in Dresden. Dabei kauften sie unter anderem mehrere Nahverkehrs-Monatsfahrkarten und hoben Bargeld ab. Der Gesamtschaden belief sich auf 10.456,56 Euro.
Technische Beweise sprechen gegen die Kundin
Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger bestätigte, dass die Zahlungen mit der Original-Bankkarte und der korrekten PIN durchgeführt wurden. Das Sicherheitssystem der Bank sei nach aktuellem Stand der Technik praktisch nicht zu überwinden. Der verwendete EMV-Chip könne nicht gefälscht werden. Die Bank hatte der Kundin lediglich einen Betrag von 43,83 Euro erstattet, der aus einer Zahlung per Magnetstreifen stammte.
Gericht sieht grobe Fahrlässigkeit
Das OLG Dresden bestätigte das Urteil der Vorinstanz und wies die Berufung der Klägerin zurück. Nach Auffassung der Richter spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Täter nur durch eine gemeinsame Aufbewahrung von Karte und PIN-Notiz Kenntnis von der geheimen Nummer erlangen konnten. Dies stelle eine grob fahrlässige Verletzung der vertraglichen Sorgfaltspflichten dar. Die Kundin konnte keine konkreten Anhaltspunkte vorbringen, die auf eine andere Möglichkeit der PIN-Kenntniserlangung hindeuteten.
Rechtliche Grundlagen der Haftung
Die Richter stützten ihre Entscheidung auf die gesetzlichen Regelungen des Zahlungsdiensterechts. Danach muss ein Kunde für den gesamten Schaden aufkommen, wenn er durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verletzung seiner Pflichten im Umgang mit dem Zahlungsinstrument zum Missbrauch beigetragen hat. Die gemeinsame Aufbewahrung von Bankkarte und PIN-Notiz gilt dabei grundsätzlich als grob fahrlässig.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass die Bank zwar grundsätzlich zur Erstattung unautorisierter Zahlungen verpflichtet ist, jedoch die ordnungsgemäße Anwendung des Sicherheitssystems und der gemeinsame Umgang mit Karte und PIN maßgeblich ins Gewicht fallen. Es wird festgestellt, dass die korrekte Eingabe der PIN trotz Diebstahls auf ein fahrlässiges Verhalten der Kundin hindeutet, wodurch sie für den entstandenen Schaden mitverantwortlich gemacht wird. Dadurch wird klar, dass Kunden auch bei einem Kartenmissbrauch ihre Sorgfaltspflichten beachten müssen, um sich vor finanziellen Mehrbelastungen zu schützen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Ihre Bankkarte unautorisiert belastet wird, könnte das Urteil bedeuten, dass Sie nicht automatisch den vollen Betrag zurückbekommen, wenn nachgewiesen wird, dass Sie Sicherheitsmaßnahmen nicht ausreichend beachtet haben. Die Bank kann in solchen Fällen einen Teil des Schadens von Ihnen zurückverlangen, wenn sich herausstellt, dass Sie Karte und PIN gemeinsam aufbewahrt haben. Achten Sie darauf, Ihre Bankkarte und Ihre PIN getrennt zu lagern und ungewöhnliche Kontoaktivitäten sofort zu melden. So können Sie Ihre eigene Haftung verringern und gezielt Maßnahmen ergreifen, um sich vor finanziellen Verlusten zu schützen.
Benötigen Sie Hilfe?
Fragen zur Haftung bei Kartenmissbrauch?
Die Entscheidung des OLG Dresden zeigt deutlich, wie wichtig der sorgfältige Umgang mit Bankkarte und PIN ist. Unklarheiten über Ihre Rechte und Pflichten im Falle eines Kartenmissbrauchs können schnell zu finanziellen Risiken führen. Wir unterstützen Sie, Ihre individuelle Situation zu bewerten und mögliche Ansprüche gegenüber Ihrer Bank zu prüfen. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Fragen zu klären und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, wie Sie sich bestmöglich vor den Folgen eines Kartenmissbrauchs schützen können.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wer haftet bei Diebstahl einer Bankkarte für entstandene Schäden?
Die Haftung bei einem Diebstahl einer Bankkarte und daraus resultierenden Schäden hängt maßgeblich davon ab, ob der Karteninhaber sorgfaltsgemäß gehandelt hat oder ob ihm Grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Die rechtlichen Regelungen dazu finden sich in den §§ 675u und 675v des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Grundsätzliche Haftung
Vor der Kartensperrung:
- Haftungsgrenze: Der Karteninhaber haftet für unbefugte Zahlungen mit einem Pauschalbetrag von maximal 50 Euro, sofern keine grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegt (§ 675v Abs. 1 BGB).
- Bankhaftung: Für darüber hinausgehende Schäden haftet grundsätzlich die Bank. Sie ist verpflichtet, nicht autorisierte Zahlungsvorgänge zu erstatten (§ 675u BGB).
Nach der Kartensperrung:
- Ab dem Zeitpunkt der Sperrung haftet die Bank vollständig für alle weiteren unautorisierten Transaktionen. Voraussetzung ist, dass der Karteninhaber den Verlust unverzüglich gemeldet hat.
Haftung bei grober Fahrlässigkeit
Wenn dem Karteninhaber grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen werden kann, entfällt die Haftungsbegrenzung auf 50 Euro. In diesem Fall muss der Kunde den gesamten entstandenen Schaden tragen (§ 675v Abs. 3 BGB). Beispiele für grobe Fahrlässigkeit sind:
- Die PIN wurde auf der Karte notiert oder zusammen mit ihr aufbewahrt (z. B. im Portemonnaie).
- Die Karte wurde unbeaufsichtigt an einem öffentlich zugänglichen Ort zurückgelassen (z. B. in einem Auto oder einer Handtasche).
- Der Verlust der Karte wurde nicht unverzüglich gemeldet.
Beispiele aus der Praxis
- Kein grob fahrlässiges Verhalten: Ein Kunde bewahrt seine PIN verschlüsselt getrennt von der Karte auf. Nach dem Diebstahl erfolgten unautorisierte Abhebungen, bevor die Karte gesperrt wurde. Hier haftet die Bank für den Großteil des Schadens, da keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
- Grobe Fahrlässigkeit: Ein Kunde notiert die PIN auf einem Zettel im Geldbeutel, der zusammen mit der Karte gestohlen wird. In diesem Fall haftet der Kunde vollumfänglich für alle entstandenen Schäden.
Handlungsempfehlungen
- Bewahren Sie Ihre PIN niemals zusammen mit der Karte auf.
- Melden Sie den Verlust Ihrer Karte sofort über den Sperrnotruf (116 116).
- Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Kontoauszüge und melden Sie unbefugte Transaktionen umgehend Ihrer Bank.
Die rechtliche Grundlage schützt Sie als Verbraucher weitgehend vor finanziellen Schäden, solange Sie sorgfältig mit Ihrer Bankkarte umgehen und im Verlustfall schnell handeln.
Was gilt rechtlich als grob fahrlässiges Verhalten beim Umgang mit der Bankkarte?
Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn eine Person die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und dabei offensichtliche Risiken außer Acht lässt, die jedem verständigen Menschen in der gleichen Situation bewusst sein müssten. Im Kontext von Bankkarten bedeutet dies, dass der Karteninhaber grundlegende Vorsichtsmaßnahmen missachtet, die den Missbrauch der Karte durch Dritte ermöglichen könnten.
Typische Beispiele für grob fahrlässiges Verhalten
- Notieren der PIN auf der Karte oder im selben Behältnis wie die Karte Wenn Sie Ihre PIN auf einem Zettel notieren und diesen zusammen mit Ihrer Bankkarte im Geldbeutel oder in der Handtasche aufbewahren, wird dies als grob fahrlässig angesehen. Ein Dieb hätte so direkten Zugriff auf Karte und PIN und könnte problemlos Geld abheben.
- Weitergabe der PIN an Dritte Das Teilen Ihrer PIN mit anderen Personen – sei es Familie, Freunde oder Fremde – kann als grob fahrlässig eingestuft werden, insbesondere wenn diese Information zum Missbrauch der Karte führt.
- Unbeaufsichtigtes Liegenlassen der Karte an öffentlich zugänglichen Orten Wenn Sie Ihre Bankkarte beispielsweise in einem Restaurant auf einem Tisch liegen lassen oder in einem Fahrzeug zurücklassen, handeln Sie grob fahrlässig. Dies gilt auch für das Aufbewahren der Karte in einer frei zugänglichen Garderobe.
- Unterlassene sofortige Sperrung nach Verlust oder Diebstahl Wenn Sie den Verlust oder Diebstahl Ihrer Karte bemerken und nicht unverzüglich Ihre Bank informieren und die Karte sperren lassen, kann dies als grob fahrlässig gewertet werden. Dadurch erhöhen Sie das Risiko eines Missbrauchs erheblich.
- Verwendung leicht zu erratender PINs Die Nutzung von offensichtlichen Zahlenkombinationen wie Geburtsdaten oder Telefonnummern als PIN kann ebenfalls als grob fahrlässig betrachtet werden, da diese leicht von Dritten erraten werden können.
Rechtliche Konsequenzen
Nach § 675v Abs. 3 BGB haftet der Karteninhaber bei grober Fahrlässigkeit vollständig für Schäden, die durch unautorisierte Transaktionen entstehen. Das bedeutet, dass Sie in solchen Fällen den gesamten finanziellen Schaden selbst tragen müssen, da Sie Ihre Sorgfaltspflichten erheblich verletzt haben. Banken sind nur verpflichtet, für Schäden aufzukommen, wenn keine grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann.
Hinweise zur Vermeidung von grober Fahrlässigkeit
- Bewahren Sie Ihre Karte und PIN stets getrennt voneinander auf.
- Lernen Sie Ihre PIN auswendig und notieren Sie sie nicht.
- Melden Sie den Verlust oder Diebstahl Ihrer Karte sofort bei Ihrer Bank.
- Seien Sie vorsichtig mit verdächtigen Anfragen nach Ihren Kartendaten oder PINs.
Ein umsichtiges Verhalten im Umgang mit Ihrer Bankkarte ist entscheidend, um sich vor finanziellen Schäden zu schützen und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Welche Pflichten haben Bankkunden beim Umgang mit ihrer PIN?
Bankkunden haben beim Umgang mit ihrer PIN (Persönliche Identifikationsnummer) klare vertragliche und gesetzliche Sorgfaltspflichten, die darauf abzielen, Missbrauch und Haftungsrisiken zu vermeiden. Diese Pflichten ergeben sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken sowie aus den gesetzlichen Regelungen, insbesondere den §§ 675l und 675v des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Wichtige Pflichten im Umgang mit der PIN
- Geheimhaltung der PIN: Die PIN muss stets geheim gehalten werden. Sie darf niemandem mitgeteilt werden, auch nicht Familienmitgliedern oder Bankmitarbeitern. Eine Weitergabe an Dritte wird als grob fahrlässig eingestuft.
- Keine Notierung der PIN auf der Karte oder in deren Nähe: Es ist verboten, die PIN direkt auf der Karte zu notieren oder zusammen mit der Karte aufzubewahren. Ein solcher Umgang gilt als grob fahrlässig und kann zu einer vollständigen Haftung des Kunden führen.
- Trennung von Karte und PIN: Die Karte und die PIN müssen an getrennten Orten aufbewahrt werden. Beispielsweise sollte die PIN nicht im Portemonnaie zusammen mit der Karte verwahrt werden.
- Sichere Eingabe der PIN: Bei der Eingabe der PIN, etwa an Geldautomaten oder Bezahlterminals, sollte darauf geachtet werden, dass niemand die Eingabe beobachten kann. Das Abdecken der Tastatur mit der Hand ist eine empfohlene Vorsichtsmaßnahme.
- Unverzügliche Meldung bei Verlust: Sollte die Karte gestohlen oder verloren gehen, muss dies unverzüglich bei der Bank gemeldet werden, um eine Sperrung zu veranlassen. Verzögerungen können als Pflichtverletzung gewertet werden.
Rechtliche Konsequenzen bei Pflichtverletzungen
- Haftung bis zur Sperrung: Gemäß § 675v Abs. 1 BGB haftet der Karteninhaber bei unbefugten Zahlungen bis zur Sperrung der Karte grundsätzlich bis zu einem Betrag von 50 Euro. Diese Haftungsbegrenzung entfällt jedoch bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Verhalten (§ 675v Abs. 2 BGB).
- Grobe Fahrlässigkeit: Beispiele für grob fahrlässiges Verhalten sind das Notieren der PIN auf der Karte, das Aufbewahren von Karte und PIN zusammen oder das Unterlassen einer zeitnahen Sperrung nach Verlust.
Beispiele aus dem Alltag
- Wenn Sie Ihre EC-Karte in einem Restaurant liegen lassen und die PIN auf einem Zettel im Portemonnaie notiert ist, könnten Sie bei einem Missbrauch unbegrenzt haftbar sein.
- Geben Sie Ihre PIN an eine Person weiter, etwa zur Abhebung von Bargeld, und diese nutzt sie missbräuchlich, haften Sie ebenfalls in vollem Umfang.
Praktische Tipps zur Vermeidung von Haftungsrisiken
- Lernen Sie Ihre PIN auswendig und vernichten Sie den Brief mit der ursprünglichen Mitteilung.
- Nutzen Sie sichere Passwörter und vermeiden Sie einfache Zahlenkombinationen wie „1234“.
- Kontrollieren Sie regelmäßig Ihre Kontoauszüge, um unbefugte Transaktionen frühzeitig zu erkennen.
Durch die Einhaltung dieser Pflichten schützen Sie sich nicht nur vor Missbrauch, sondern minimieren auch Ihr Haftungsrisiko im Falle eines Kartenverlusts oder Diebstahls.
Wie sollte man nach einem Kartendiebstahl richtig reagieren?
Schnelles und korrektes Handeln ist entscheidend, um finanzielle Schäden und Missbrauch zu minimieren. Folgende Schritte sollten Sie in der angegebenen Reihenfolge ausführen:
1. Karte sofort sperren
- Rufen Sie unverzüglich den zentralen Sperr-Notruf unter 116 116 an (kostenlos aus Deutschland, aus dem Ausland: +49 116 116). Alternativ können Sie Ihre Karte auch über die App oder das Online-Banking Ihres Kreditinstituts sperren lassen.
- Halten Sie folgende Informationen bereit:
- Ihre IBAN oder Kontonummer und Bankleitzahl
- Kreditkartennummer (falls verfügbar)
- Dokumentieren Sie den Zeitpunkt des Sperranrufs und den Namen des Gesprächspartners.
2. Anzeige bei der Polizei erstatten
- Melden Sie den Diebstahl umgehend bei der Polizei und erstatten Sie Anzeige.
- Notieren Sie sich den Namen des Beamten sowie Datum und Uhrzeit der Anzeige.
- Fordern Sie eine Kopie der Anzeige an, da diese als Nachweis für Ihre Bank erforderlich sein kann.
3. KUNO-Sperre für Girokarten veranlassen
- Bei einer gestohlenen Girokarte (früher EC-Karte) sollten Sie zusätzlich eine sogenannte KUNO-Sperre bei der Polizei beantragen. Diese verhindert, dass die Karte für Lastschriftzahlungen (mit Unterschrift) missbraucht wird.
4. Bank informieren
- Informieren Sie Ihre Bank über den Diebstahl, insbesondere wenn bereits unautorisierte Transaktionen erfolgt sind.
- Prüfen Sie Ihre Kontoauszüge und Kreditkartenabrechnungen auf verdächtige Buchungen.
- Beantragen Sie gegebenenfalls eine Ersatzkarte.
5. Nachweise sammeln
- Bewahren Sie alle relevanten Unterlagen sorgfältig auf, darunter:
- Bestätigung der Kartensperrung
- Kopie der Strafanzeige
- Schriftverkehr mit Ihrer Bank
Rechtliche Grundlagen zur Haftung:
- Gemäß § 675v BGB haftet der Karteninhaber für unbefugte Transaktionen vor der Sperrung mit maximal 50 Euro, sofern keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt (z. B. Aufbewahrung der PIN zusammen mit der Karte).
- Für Transaktionen nach der Sperrung haftet ausschließlich die Bank.
- Bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Handeln können Sie jedoch unbegrenzt haftbar gemacht werden.
Durch schnelles Handeln und die Einhaltung dieser Schritte können Sie Ihre Haftung minimieren und Missbrauch effektiv verhindern.
Welche Beweislast trägt der Kunde bei unberechtigten Kartenverfügungen?
Die Beweislast für unberechtigte Kartenverfügungen liegt grundsätzlich bei der Bank. Nach § 675w BGB muss die Bank nachweisen, dass der jeweilige Zahlungsvorgang autorisiert wurde, also entweder vom Kunden selbst oder von einer von ihm autorisierten Person durchgeführt wurde. Kann die Bank diesen Nachweis nicht erbringen, ist sie verpflichtet, den Betrag zu erstatten (§ 675u BGB) .
Pflichten der Bank
- Die Bank muss belegen, dass die Transaktion ordnungsgemäß aufgezeichnet und verbucht wurde und nicht durch technische Störungen beeinträchtigt war (§ 675w Abs. 1 BGB).
- Sie trägt ebenfalls die Beweislast dafür, dass keine Sicherheitsmängel vorlagen und dass der Kunde seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, z. B. durch grob fahrlässigen Umgang mit der PIN .
Pflichten des Kunden
- Der Kunde muss beweisen, dass er die fragliche Zahlung nicht autorisiert hat. Dies erfolgt in der Regel durch Widerspruch gegen die Abbuchung und eine plausible Darstellung des Sachverhalts.
- Er ist verpflichtet, den Verlust oder Missbrauch der Karte unverzüglich zu melden und die Karte sperren zu lassen (§ 675l BGB). Versäumt er dies oder handelt grob fahrlässig (z. B. durch Aufbewahrung der PIN zusammen mit der Karte), kann er haftbar gemacht werden .
Grobe Fahrlässigkeit und Haftung
- Bei grober Fahrlässigkeit des Kunden (z. B. Weitergabe der PIN an Dritte) kann die Bank vom Kunden Schadensersatz verlangen (§ 675v Abs. 2 BGB). In solchen Fällen liegt die Beweislast für das fahrlässige Verhalten jedoch bei der Bank .
- Ohne grobe Fahrlässigkeit ist die Haftung des Kunden auf maximal 50 Euro begrenzt (§ 675v Abs. 1 Satz 2 BGB) .
Mögliche Beweismittel
- Transaktionsprotokolle: Die Bank kann diese vorlegen, um nachzuweisen, dass die richtige PIN verwendet wurde oder eine starke Kundenauthentifizierung erfolgte.
- Zeugenaussagen oder Videoaufzeichnungen: Diese können herangezogen werden, wenn es um den physischen Einsatz der Karte geht.
- Anscheinsbeweis: Dieser wird zugunsten der Bank angenommen, wenn typische Abläufe auf ein Verschulden des Kunden hindeuten (z. B. PIN-Nutzung). Der Kunde kann diesen jedoch widerlegen, etwa durch Nachweis eines PIN-Ausspähens .
Beispiel aus der Praxis
Stellen Sie sich vor, Ihre EC-Karte wird gestohlen, und kurz darauf erfolgen Abhebungen mit korrekter PIN. Die Bank könnte argumentieren, Sie hätten Ihre PIN fahrlässig aufbewahrt. Sie könnten jedoch darlegen, dass die PIN ausgespäht wurde (z. B. an einem Geldautomaten). In diesem Fall müsste die Bank beweisen, dass Sie Ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben – gelingt ihr dies nicht, haftet sie für den Schaden .
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Kartendiebstahl
Kartendiebstahl bezeichnet das rechtswidrige Entwenden einer Bank- oder Kreditkarte, wodurch es Dieben ermöglicht wird, über das gezielte Stehlen des physischen Zahlungsinstruments Zugang zu finanziellen Mitteln zu erlangen. Es handelt sich um eine Deliktsform, die sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich relevant ist, da durch den Diebstahl personengebundene Zahlungsdaten in falsche Hände geraten. Dabei steht vor allem der Schutz des persönlichen Eigentums und der wirtschaftlichen Sicherheit des Karteninhabers im Vordergrund. Relevante Strafvorschriften finden sich unter anderem im Strafgesetzbuch (StGB), das Diebstahl und Betrug regelt.
Beispiel: Wird eine Bankkarte aus der Handtasche gestohlen und anschließend zum Bezahlen genutzt, liegt Kartendiebstahl vor.
Finanzbetrug
Finanzbetrug umfasst Straftaten, bei denen finanzielle Transaktionen durch Täuschung oder Manipulation zum Nachteil von Geschädigten missbraucht werden. Er bezieht sich auf illegale Handlungen, bei denen beispielsweise Bank- oder Kreditkarten missbräuchlich verwendet werden, um unrechtmäßig Geld zu erlangen. Das Konzept wird durch diverse Vorschriften im Strafgesetzbuch (StGB) abgedeckt, vor allem durch Tatbestandsmerkmale des Betrugs. Finanzbetrug stellt eine besondere Gefahr dar, da der wirtschaftliche Schaden oft sehr hoch und die Rückverfolgung der Täter schwierig sein kann.
Beispiel: Wird eine gestohlene Bankkarte verwendet, um in einem Geschäft Einkäufe zu tätigen, kann dies als Finanzbetrug gewertet werden.
Unautorisierte Verfügungen
Unautorisierte Verfügungen bezeichnen finanzielle Transaktionen, die ohne ausdrückliche Zustimmung des Karteninhabers durchgeführt werden. Dabei wird das Zahlungsinstrument – etwa eine Bank- oder Kreditkarte – von Dritten genutzt, obwohl diese nicht berechtigt sind, Transaktionen zu veranlassen, was zu erheblichen finanziellen Schäden führen kann. Diese Handlungen haben rechtliche Grundlagen im Zahlungsverkehrsrecht und können sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Für die rechtliche Einordnung sind neben den Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auch spezifische Regelungen des Zahlungsdiensterechts maßgeblich.
Beispiel: Wird Bargeld mit einer gestohlenen Bankkarte abgehoben, handelt es sich um unautorisierte Verfügungen.
Grobe Fahrlässigkeit
Grobe Fahrlässigkeit beschreibt eine besonders eklatante Form der Unachtsamkeit, bei der wesentliche Sorgfaltsmaßnahmen in einem solchen Maße vernachlässigt werden, dass von einer gewissenhaften Person mit den gleichen Umständen nicht auszugehen ist. Sie wird im Zivilrecht herangezogen, um Haftungsfragen zu klären, wenn jemand durch ein Verhalten erheblich gegen seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten verstößt. Insbesondere im Bankwesen kann grobe Fahrlässigkeit dazu führen, dass Kunden im Schadensfall nicht in vollem Umfang geschützt sind. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, insbesondere §§ 276 und 254 BGB, dienen dabei als Grundlage.
Beispiel: Wenn ein Kunde seine Bankkarte zusammen mit der PIN aufbewahrt, kann dies als grobe Fahrlässigkeit gewertet werden, da eine einfache Trennung möglich gewesen wäre.
Beweis des ersten Anscheins
Der Beweis des ersten Anscheins ist ein Beweisinstrument im Zivilrecht, das es ermöglicht, dass bestimmte Indizien als vorläufiger Nachweis für eine Pflichtverletzung anerkannt werden. Es handelt sich um ein Prinzip, bei dem erste Hinweise, die auf eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung hindeuten, als belastende Beweise gewertet werden, bis das Gegenteil bewiesen wird. Dieses Konzept erleichtert es Gerichten, sich eine erste Einschätzung der Sachlage zu bilden, ohne auf vollständige Beweise warten zu müssen. Auch wenn es nicht in einem speziellen Gesetz kodifiziert ist, wird es in der Rechtsprechung vielfach herangezogen.
Beispiel: Wird festgestellt, dass ein Kunde seine Bankkarte und PIN zusammen aufbewahrt hat, kann dies als Beweis des ersten Anscheins für eine grob fahrlässige Pflichtverletzung gelten.
Zahlungsdiensterecht
Zahlungsdiensterecht umfasst sämtliche gesetzlichen Regelungen, die den Umgang mit Zahlungsinstrumenten wie Bank- und Kreditkarten sowie bargeldlosen Zahlungsmethoden definieren. Es stellt den rechtlichen Rahmen sicher, innerhalb dessen Banken und Zahlungsdienstleister ihre Produkte an Endverbraucher anbieten, und regelt die Rechte und Pflichten beider Parteien. Die Vorschriften basieren auf Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) und entsprechenden EU-Richtlinien, die insbesondere den Verbraucherschutz und die Haftungsfragen im Zahlungsverkehr adressieren. Diese gesetzlichen Grundlagen sollen das Vertrauen in den elektronischen Zahlungsverkehr stärken und Missbrauch verhindern.
Beispiel: Hält ein Kunde nicht die Sicherheitsvorschriften ein, wie das getrennte Aufbewahren von Bankkarte und PIN, kann er nach den Vorgaben des Zahlungsdiensterechts für entstandene Schäden haftbar gemacht werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 675f BGB): Dieser Paragraph regelt die Haftung von Zahlungsdienstleistern bei unautorisierten Zahlungsvorgängen. Er legt fest, unter welchen Bedingungen der Zahlungsdienstleister für Verluste haftet, die durch unbefugte Transaktionen entstehen. Insbesondere bestimmt er, dass der Dienstleister nur dann haftet, wenn die geschäftsmäßige Inanspruchnahme des Dienstes nicht ordnungsgemäß geschützt war.
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin der Ansicht, dass die Sparkasse die unautorisierten Belastungen ihres Kontos nicht ausreichend gegen Missbrauch abgesichert hat. Daher beruft sie sich auf § 675f BGB, um die Rückerstattung der unrechtmäßig abgebuchten Beträge zu verlangen. - § 675a BGB): Dieser Paragraph definiert den Zahlungsdienstevertrag und die grundlegenden Pflichten des Zahlungsdienstleisters. Er legt fest, dass der Dienstleister Zahlungen annehmen, ausführen und den Kunden über den Verlauf der Zahlungen informieren muss. Zudem müssen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Zahlungsdaten implementiert sein.
Die Klägerin argumentiert, dass die Sparkasse ihre Pflichten aus dem Zahlungsdienstevertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, indem sie unautorisierte Zahlungen ermöglicht hat. Dies begründet ihren Anspruch auf Rückerstattung der belasteten Beträge. - Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG): Das ZAG regelt die Aufsicht über Zahlungsdienstleister in Deutschland und stellt sicher, dass diese bestimmte Sicherheitsstandards einhalten. Es umfasst Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche und zur Sicherstellung der Integrität von Zahlungssystemen.
In diesem Fall könnte das ZAG relevant sein, da es die Sparkasse verpflichtet, geeignete Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, um unautorisierte Transaktionen zu verhindern. Die Klägerin könnte anführen, dass die Sparkasse gegen diese Vorschriften verstoßen hat. - § 812 BGB): Dieser Paragraph behandelt die Herausgabe von Leistungen bei ungerechtfertigter Bereicherung. Er besagt, dass jemand zur Herausgabe einer Leistung verpflichtet ist, die ohne rechtlichen Grund erlangt wurde.
Die Klägerin fordert die Rückerstattung der unrechtmäßig abgebuchten Beträge auf Grundlage von § 812 BGB, da die Sparkasse die Gelder ohne rechtlichen Anspruch von ihrem Konto genommen hat. - § 823 BGB): Dieser Paragraph regelt die Schadensersatzpflicht bei unerlaubten Handlungen. Er verpflichtet den Verursacher eines Schadens, diesen zu ersetzen, sofern ein gesetzliches Schutzgut verletzt wurde.
Die Klägerin könnte § 823 BGB anführen, um von der Sparkasse Schadensersatz für die unautorisierten Belastungen zu verlangen, da diese vorsätzlich oder fahrlässig erfolgt sein könnten.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 5 U 589/23 – Urteil vom 13.03.2024
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