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Unterlassung der Verengung einer Grundstückszufahrt – Schikaneverbot

Eigentumsrecht schützt vor Zufahrtsverengung

Das Urteil des LG Saarbrücken (Az.: 13 S 24/23) stellt klar, dass der Anspruch auf Unterlassung der Verengung einer Grundstückszufahrt durch die Errichtung eines Zaunes nicht besteht, wenn dies im Rahmen des Eigentumsrechts geschieht. Die Beklagte handelte nicht schikanös, da die Maßnahme ihr einen objektiven Vorteil brachte und somit nicht lediglich zur Schädigung des Klägers diente. Ein Notwegerecht für die Kläger wurde ebenso verneint, da ihr Grundstück direkt an einen öffentlichen Weg grenzt und die Nutzung des Nachbargrundstücks aus Bequemlichkeitsgründen nicht gerechtfertigt ist.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 13 S 24/23 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Das Eigentumsrecht erlaubt die Errichtung eines Zauns zur Abgrenzung des eigenen Grundstücks.
  2. Eine schikanöse Handlung liegt nicht vor, wenn die Maßnahme dem Eigentümer einen objektiven Vorteil bietet.
  3. Die Kläger haben kein Notwegerecht, da ihr Grundstück an einem öffentlichen Weg liegt.
  4. Bequemlichkeit rechtfertigt keine Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks.
  5. Die Duldung der Nutzung eines Weges über Jahre hinweg begründet kein Wegerecht.
  6. Ein durch Duldung begründetes Leihverhältnis kann grundsätzlich jederzeit gekündigt werden.
  7. Die Verwirkung des Rechts auf Nutzung des eigenen Grundstücks lag nicht vor.
  8. Die Berufung der Kläger hatte offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

Grundstückszufahrt versus Schikaneverbot: Rechtsprechung zu einem komplexen Thema

Die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Unterbindung der Verengung einer Grundstückszufahrt sind vielschichtig und werfen komplexe Fragen auf. Das Schikaneverbot spielt dabei eine zentrale Rolle. Grundsätzlich ist jeder Grundstückseigentümer berechtigt, sein Eigentum im Rahmen des geltenden Rechts zu nutzen. Dies umfasst auch die Errichtung von Zäunen oder anderen baulichen Maßnahmen zum Schutz des Grundstücks. Allerdings darf diese Nutzung nicht ausschließlich dazu dienen, andere zu schädigen oder unzumutbar zu beeinträchtigen. In solchen Fällen kann ein Unterlassungsanspruch bestehen, der sich aus dem allgemeinen Recht oder dem Schikaneverbot ableitet.

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Grundstückszufahrt verengen: Schikaneverbot beachten!
Grundstückszufahrt verengen: Schikaneverbot beachten! (Symbolfoto: 1000 Words /Shutterstock.com)

Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob die Errichtung eines Zaunes durch die Beklagte, welche die Zufahrt zum Grundstück der Kläger verengte, rechtlich zu beanstanden sei. Die Kläger sahen in der Maßnahme eine unzulässige Verengung ihrer Grundstückszufahrt und beriefen sich auf das Schikaneverbot. Sie forderten die Unterlassung dieser Verengung, gestützt auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Eigentumsrecht

Die Beklagte argumentierte, dass die Errichtung des Zaunes auf ihrem eigenen Grundstück erfolgte und somit eine legitime Ausübung ihres Eigentumsrechts darstellte. Nach § 903 BGB hat jeder Eigentümer das Recht, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren, solange er nicht das Gesetz oder Rechte Dritter verletzt. Das Gericht folgte dieser Ansicht und wies darauf hin, dass der Fahrzeugverkehr der Kläger eine Beeinträchtigung für die Beklagte darstellte, deren Einschränkung sie legitim anstreben konnte.

Schikaneverbot und objektiver Vorteil

Eine Schlüsselrolle in der Argumentation spielte das Schikaneverbot nach § 226 BGB, welches die Ausübung eines Rechts untersagt, wenn sie ausschließlich dem Zweck dient, einem anderen Schaden zuzufügen. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte mit der Errichtung des Zaunes nicht schikanös handelte, da sie dadurch einen objektiven Vorteil – eine bessere Zugänglichkeit zu ihrem Eigentum – erlangte. Die Handlung der Beklagten zielte somit nicht primär darauf ab, den Klägern zu schaden.

Notwegerecht und nachbarliches Gemeinschaftsverhältnis

Das Gericht erörterte auch die Frage eines möglichen Notwegerechts der Kläger nach § 917 BGB, welches jedoch voraussetzt, dass einem Grundstück die notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt. Da das Grundstück der Kläger bereits an einen öffentlichen Weg grenzte, verneinte das Gericht das Bestehen eines solchen Rechts. Ebenso führte das Gericht aus, dass das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis keine Basis für die Klage bot, da dieses nicht dazu dienen darf, die gesetzlichen Regelungen auszuhebeln.

Verwirkung und konkludente Handlungen

In Bezug auf die mögliche Verwirkung des Rechts auf ungehinderte Nutzung des eigenen Grundstücks durch die Beklagte stellte das Gericht klar, dass eine solche Verwirkung unter den gegebenen Umständen nicht vorlag. Die Beklagte hatte nicht illoyal gehandelt, indem sie ihre Rechte ausübte. Das Gericht wies auch darauf hin, dass ein durch Duldung entstandenes Wegerecht der Kläger nicht existierte und somit die Errichtung des Zaunes als konkludente Handlung zur Kündigung eines etwaigen Duldungsverhältnisses anzusehen war.

Das Gericht wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte die Rechtmäßigkeit der Errichtung des Zaunes durch die Beklagte. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Eigentumsrechts und setzt klare Grenzen hinsichtlich des Schikaneverbots und des Notwegerechts im Nachbarrecht.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Rolle spielt das Eigentumsrecht bei der Errichtung von Zaunanlagen?

Das Eigentumsrecht spielt bei der Errichtung von Zaunanlagen eine zentrale Rolle, da es die rechtlichen Rahmenbedingungen und Pflichten der Grundstückseigentümer definiert. Die Errichtung von Zäunen ist durch eine Vielzahl von rechtlichen Vorschriften geregelt, die sowohl das Verhältnis zwischen Nachbarn als auch die Anforderungen der Kommunen und Bundesländer betreffen.

Eigentümerzustimmung und Nachbarschaftsrecht

Bei Wohnungseigentumsanlagen ist die Zustimmung aller anderen Eigentümer erforderlich. Dies gilt auch für die Errichtung eines Zauns auf der Grundstücksgrenze, wobei die Kosten für einen solchen Zaun in der Regel gemeinsam getragen werden. Das Nachbarschaftsrecht, das in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer geregelt ist, sieht vor, dass bei der Errichtung von Zäunen auf der Grenze beide Nachbarn gemeinschaftliches Eigentum haben und gleichermaßen für den Unterhalt verantwortlich sind.

Kommunale Vorgaben und Baurecht

Die Höhe, das Material und sogar die Farbe eines Zauns können durch kommunale Vorschriften beeinflusst werden. Es ist daher notwendig, sich vor der Errichtung eines Zauns bei der örtlichen Bauverwaltung über die geltenden Regelungen zu informieren. In einigen Bundesländern besteht zudem eine Einfriedungspflicht, die vorschreibt, dass Grundstücke unter bestimmten Bedingungen eingefriedet werden müssen.

Grenzabstände und Pflanzabstände

Die Errichtung eines Zauns direkt an der Grenze zum Nachbargrundstück ist grundsätzlich möglich, sofern nicht spezifische landesrechtliche Vorschriften oder Vereinbarungen zwischen den Nachbarn etwas anderes vorsehen. Bei der Verwendung von Pflanzen als lebende Einfriedung müssen bestimmte Grenzabstände eingehalten werden, die je nach Bundesland variieren können.

Schadensersatz und Unterlassungsansprüche

Verletzt die Errichtung eines Zauns die Rechte des Nachbarn oder verstößt gegen gesetzliche Vorschriften, können Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche entstehen. Dies gilt insbesondere, wenn ein Zaun ohne die erforderliche Zustimmung des Nachbarn errichtet wird oder die ortsüblichen Einfriedungen missachtet werden.

Die Errichtung von Zaunanlagen ist ein komplexes Thema, das von einer Vielzahl rechtlicher Regelungen beeinflusst wird. Grundstückseigentümer müssen die Zustimmung ihrer Nachbarn einholen, kommunale Vorschriften beachten und die spezifischen Anforderungen des Nachbarschaftsrechts berücksichtigen. Eine sorgfältige Planung und Abstimmung mit den betroffenen Parteien kann helfen, Konflikte zu vermeiden und sicherzustellen, dass die Zaunanlage den rechtlichen Anforderungen entspricht.

Wie definiert sich Schikaneverbot im Zusammenhang mit Nachbarschaftsstreitigkeiten?

Das Schikaneverbot, verankert in § 226 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), ist ein grundlegendes Prinzip im deutschen Recht, das auch im Kontext von Nachbarschaftsstreitigkeiten eine wichtige Rolle spielt. Es besagt, dass die Ausübung eines Rechts dann unzulässig ist, wenn sie ausschließlich dem Zweck dient, einem anderen Schaden zuzufügen, ohne dass für den Handelnden ein legitimer Vorteil entsteht. Dieses Verbot zielt darauf ab, missbräuchliches Verhalten im rechtlichen Umgang zwischen Personen zu unterbinden, insbesondere in Situationen, in denen rechtliche Befugnisse nur dazu genutzt werden, anderen zu schaden.

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Im Kontext von Nachbarschaftsstreitigkeiten kann das Schikaneverbot beispielsweise dann relevant werden, wenn ein Nachbar Maßnahmen ergreift, die keinen anderen erkennbaren Zweck haben, als den anderen Nachbarn zu belästigen oder ihm Schaden zuzufügen. Ein klassisches Beispiel wäre das Errichten einer Mauer oder eines Zauns, nicht um die eigene Privatsphäre zu schützen oder aus anderen legitimen Gründen, sondern ausschließlich, um dem Nachbarn die Sicht oder das Sonnenlicht zu nehmen.

Das Schikaneverbot steht in enger Verbindung mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der allgemein fordert, dass Rechte und Pflichten im Einklang mit den Prinzipien von Fairness und gutem Glauben ausgeübt bzw. erfüllt werden müssen. Im Falle einer Schikane kann der betroffene Nachbar rechtliche Schritte einleiten, um die schikanöse Handlung zu unterbinden oder Schadensersatzansprüche geltend zu machen, falls ihm durch die Handlung ein Schaden entstanden ist.

Das Schikaneverbot dient somit als rechtliches Instrument, um ein faires und respektvolles Miteinander im nachbarschaftlichen Verhältnis zu fördern und missbräuchliche Rechtsausübungen zu verhindern.

Inwiefern ist das Notwegerecht relevant, wenn ein Grundstück bereits an einen öffentlichen Weg grenzt?

Das Notwegerecht, geregelt in § 917 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), ist für Grundstückseigentümer relevant, die keinen direkten Zugang zu einem öffentlichen Weg haben und daher auf einen Zugang über ein Nachbargrundstück angewiesen sind. Wenn ein Grundstück bereits an einen öffentlichen Weg grenzt, besteht grundsätzlich kein Bedarf für ein Notwegerecht, da die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks durch den vorhandenen direkten Zugang gewährleistet ist.

Das Notwegerecht kommt ins Spiel, wenn ein Grundstück keinen angemessenen Zugang zu einer öffentlichen Straße hat und der Eigentümer deshalb von den Nachbarn verlangen kann, deren Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung zu dulden. Dieses Recht ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft und wird nur gewährt, wenn keine andere zumutbare Verbindung zum öffentlichen Weg besteht.

In dem spezifischen Fall, dass ein Grundstück bereits an einen öffentlichen Weg grenzt, ist das Notwegerecht in der Regel nicht anwendbar, da die Voraussetzung eines fehlenden Zugangs nicht gegeben ist. Das Notwegerecht dient dazu, eine ordnungsgemäße Nutzung des Grundstücks zu ermöglichen, die ohne einen solchen Zugang nicht gegeben wäre. Daher ist das Notwegerecht für Grundstücke, die bereits an einen öffentlichen Weg grenzen, nicht relevant, es sei denn, es gäbe besondere Umstände, die den vorhandenen Zugang unzureichend machen würden, was aus den Suchergebnissen nicht hervorgeht.

Unter welchen Umständen kann ein durch Duldung entstandenes Wegerecht gekündigt werden?

Ein durch Duldung entstandenes Wegerecht kann unter bestimmten Umständen gekündigt werden, wobei die spezifischen Bedingungen für eine solche Kündigung von den Umständen des Einzelfalls und den zugrunde liegenden Vereinbarungen abhängen. Wenn eine Vereinbarung über das Wegerecht keine explizite Regelung zur Frage der Kündigung enthält, muss durch Auslegung ermittelt werden, unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung möglich ist.

Ein Wegerecht, das im Grundbuch als Grunddienstbarkeit eingetragen ist, kann in der Regel nur mit Zustimmung des Berechtigten gelöscht werden, da es einmal eingetragen, nicht einfach entzogen werden kann. Die Löschung eines solchen eingetragenen Wegerechts erfordert daher in der Regel die Einwilligung desjenigen, zu dessen Gunsten das Recht besteht.

Es gibt jedoch Situationen, in denen ein Wegerecht beendet werden kann, ohne dass eine explizite Zustimmung vorliegt. Beispielsweise kann eine Grunddienstbarkeit automatisch enden, wenn sie mit einer auflösenden Bedingung verknüpft ist oder wenn Unmöglichkeit eintritt, wie etwa wenn die Bodenbestandteile, auf die sich ein Bodenabbaurecht bezieht, erschöpft sind. Zudem kann ein Wegerecht erlöschen, wenn das Recht des Nachbarn verjährt ist und der Nachbar diesen Umstand über Jahre hingenommen hat.

In der Praxis ist es wichtig, die spezifischen Umstände und die zugrunde liegenden Vereinbarungen zu berücksichtigen, um zu bestimmen, unter welchen Bedingungen ein durch Duldung entstandenes Wegerecht gekündigt oder beendet werden kann. Eine genaue Prüfung der rechtlichen Grundlagen und der individuellen Situation ist daher unerlässlich.


Das vorliegende Urteil

LG Saarbrücken – Az.: 13 S 24/23 – Beschluss vom 31.08.2023

Die Kläger und Berufungskläger werden darauf hingewiesen, dass die Kammer beabsichtigt, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Kläger und Berufungskläger erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses.

Gründe

Die Berufung hat aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die im Einzelnen Bezug genommen wird, keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1. Das Amtsgericht hat zu Recht einen Anspruch der Kläger auf Unterlassung der Verengung der Einfahrt zu ihrem Grundstück durch die Errichtung eines Zaunes verneint. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. zu dieser Anspruchsgrundlage BGH, Urteil vom 1. Juli 2011 – V ZR 154/10 –, juris, Rn. 8 ff.) noch aus § 242 BGB in Gestalt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (vgl. zu dieser Anspruchsgrundlage BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 – V ZR 199/02 –, juris, Rn. 16) i.V.m. § 226 BGB.

a) Denn zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der nunmehr durch die Beklagte mit einem Zaun abgetrennte Teil der klägerischen Einfahrt zu ihrem Grundstück gehört. Demnach ist die nun erfolgte Errichtung des Zaunes die Ausübung ihres Eigentumsrechts aus § 903 BGB. Jeder Fahrzeugverkehr stellt eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentümers dar, an deren Beschränkung bzw. Verhinderung er ein berechtigtes Interesse hat (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 27). Wegen der starken Stellung des § 903 BGB muss die Beklagte ihre Nutzung des eigenen Grundstücks bzw. den Ausschluss Dritter hiervon nicht einmal rechtfertigen (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 27).

b) Die Beklagte handelt auch nicht – wie das Amtsgericht zutreffend dargestellt hat – schikanös i.S.d. § 226 BGB. Danach ist die Ausübung eines Rechts unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem anderen Schaden zuzufügen. Diese Voraussetzungen liegen nicht bereits dann vor, wenn der Rechtsinhaber aus subjektiv verwerflichen Gründen von seinem Recht Gebrauch macht. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Rechtsausübung dem Berechtigten objektiv keinen Vorteil bringt und lediglich die Schädigung eines anderen bezweckt (Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 7. Februar 2013 – 4 U 421/11 – 130 –, juris, Rn. 44).

Unabhängig von einer etwaigen Rechtsausübung aus subjektiv verwerflichen Gründen erhält die Beklagte offensichtlich durch die Nutzung ihres gesamten Grundstücks einen objektiven Vorteil, da ihr nun eine Raumerweiterung zur Verfügung steht, um leichter an ihren Wohnwagen, den Anhänger und das Auto zu gelangen. Vor der Nutzung dieser neuen Fläche waren die Verhältnisse der Beklagten nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen der Erstrichterin beengt.

c) Den Klägern steht auch – wie das Amtsgericht richtigerweise aufgezeigt hat – kein Notwegerecht nach § 917 BGB an dem nun abgetrennten Grundstücksteil der Beklagten zu. Nach dieser Norm besteht ein Notwegerecht nur dann, wenn einem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt. Das Grundstück der Kläger liegt aber mit seiner Vorderseite an einem öffentlichen Weg. Die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen, die für die ordnungsgemäße Benutzung eines Wohngrundstücks in der Regel notwendig ist, ist damit gewährleistet (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 22). Eine Zufahrt über das Nachbargrundstück, um das Fahrzeug auf dem eigenen Wohngrundstück abstellen zu können, ist dem Eigentümer dagegen aus dem Notwegerecht nicht zuzubilligen. Ausschlaggebend dafür ist, dass angesichts der Schwere des Eingriffs, den ein Notweg für das Eigentum des Nachbarn bedeutet, an das Fehlen einer für die ordnungsgemäße Benutzung notwendigen Verbindung strenge Anforderungen zu stellen sind und daher Gesichtspunkte der Bequemlichkeit und auch Zweckmäßigkeit nicht die Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks rechtfertigen (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 23).

d) Auch aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Grundstücksnachbarn folgt zwar eine Pflicht der Nachbarn zur gegenseitigen Rücksichtnahme, die dazu führen kann, dass die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden kann. Das Rechtsinstitut darf jedoch nicht dazu dienen, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 25). Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar, die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält. Sind ihre tatbestandlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, so können sie nicht mithilfe des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses umgangen oder erweitert werden (BGH, Urteil vom 15. November 2013 – V ZR 24/13 –, juris, Rn. 26).

e) Allein aus der bloßen Duldung des Betretens bzw. Befahrens eines Grundstücks folgt auch dann nicht die Begründung eines Wegerechts, wenn sie jahrelang erfolgt ist; allenfalls kann eine stillschweigende Duldung der unentgeltlichen Zufahrt – worauf das Amtsgericht schon abgestellt hat – ein Leihverhältnis nach den §§ 598 ff. BGB begründen (siehe Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 3. Mai 2017 – 1 U 81/16 –, juris, Rn. 33). Jedoch kann ein solches durch bloße Duldung des Betretens bzw. Befahrens begründete Leihverhältnis, wie generell derartige Verträge, grundsätzlich ohne besonderen Grund gekündigt werden; diese Kündigung kann auch konkludent erfolgen, etwa durch eine Absperrung des Weges (siehe Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 3. Mai 2017 – 1 U 81/16 –, juris, Rn. 44). Das ist hier aufgrund der unstreitig erfolgten Abtrennung des Grundstücksteil durch die Errichtung des Zaunes eindeutig geschehen, sodass dahinstehen kann, ob die Beklagte – was Voraussetzung für den konkludenten Abschluss eines Leihvertrages wäre –überhaupt Kenntnis vom wahren Grenzverlauf hatte.

f) Die Beklagte hat ihr Recht auf ungehinderte Nutzung ihres Grundstücks auch nicht verwirkt. Zwar kann auch diese Befugnis des Eigentümers verwirkt sein, da die Verwirkung ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung ist, die im gesamten Privatrecht eingewendet werden kann. Ihr unterliegen sämtliche subjektiven Rechte. Sie führt zwar nicht zum Verlust des Eigentums, wohl aber der aus ihm folgenden Ansprüche auf Störungsbeseitigung nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB und in eng begrenzten Ausnahmefällen auf Herausgabe nach § 985 BGB sowie auf Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB (BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 181/13 –, juris, Rn. 17). Jedoch liegen die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor.

aa) Die Verwirkung schließt die illoyal verspätete Geltendmachung eines Rechts aus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 181/13 –, juris, Rn. 19).

bb) Der Eigentümer verwirkt seine Ansprüche aus dem Eigentum jedoch dann nicht, wenn er Störungen gegenüber so lange untätig bleibt, wie sie sich ihm gegenüber als rechtmäßig darstellen (BGH, Urteil vom 16. Mai 2014 – V ZR 181/13 –, juris, Rn. 20). So ist es hier. Wie oben dargelegt, bestand vor der (konkludenten) Kündigung der Beklagten – sofern diese Kenntnis vom wahren Grenzverlauf hatte – zwischen den Parteien ein konkludent geschlossenes Leihverhältnis, aufgrund dessen die Nutzung des nun abgetrennten Grundstückteils durch die Kläger rechtmäßig erfolgt war.

cc) Unabhängig davon haben die Kläger auch die Tatsachen, die für eine verspätete Geltendmachung durch die Beklagte sprechen, nicht glaubhaft gemacht i.S.d. § 294 BGB. Denn aus den klägerseits zur Glaubhaftmachung vorgelegten Unterlagen wird nicht ersichtlich, dass die Beklagte seit Jahren den wahren Grenzverlauf kannte. Zwar fand im Februar 2005 unstreitig ein Grenzabmarkungsverfahren statt, in dem ein Teil des klägerischen Flurstücks 259/129 neu vermessen wurde. Jedoch ergibt sich aus der diesbezüglich beigefügten Skizze (Bl. 90 d.A.), dass die in diesem Termin neu vorgenommene Grenzziehung lediglich den hinteren Teil des Grundstücks und damit gerade nicht den hier streitgegenständlichen Teil betroffen hat. Vielmehr ist anzunehmen, dass die Beklagte erstmals aufgrund des von ihr in Auftrag gegebenen Vermessungsgutachten der … vom 07.02.2023 (vgl. Bl. 65 d.A.) Kenntnis vom wahren Grenzverlauf erlangte. Damit konnten die Kläger auch nie davon ausgehen, dass die Beklagte auf etwaige Rechte aus ihrem Eigentum betreffend den streitgegenständlichen Teil der klägerischen Einfahrt verzichten werde.

2. Im Übrigen ist schon nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die hier im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrte Vorwegnahme der Hauptsache gegeben sind.

a) Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist mit Blick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als summarisches Erkenntnisverfahren grundsätzlich unzulässig. Insofern fehlt der nach §§ 935, 940 ZPO erforderliche Verfügungsgrund. Zur Verwirklichung des verfassungsrechtlich gebotenen effektiven Rechtsschutzes kommt allerdings dann eine Befriedigungsverfügung in vorweggenommener Erfüllung des Hauptsacheanspruchs in Betracht, wenn das Unterbleiben der einstweiligen Verfügung zu einer existenziellen Notlage oder zu irreparablen Schädigungen des Antragstellers führt und keine vergleichbaren Nachteile zulasten des Antragsgegners einzutreten drohen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Oktober 2022 – I-26 W 5/22 –, juris, Rn. 15 f. m.w.N.).

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Kläger behaupten nicht einmal, dass sie derzeit einen nicht wiedergutzumachenden Schaden erleiden.

Die Berufung hat damit offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Da weder der Rechtsstreit für die Berufungsklägerseite existenziell wichtig noch das erstinstanzliche Urteil unrichtig begründet ist und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach eine mündliche Verhandlung geboten ist, soll die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen werden.

 

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