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Unwirksamkeit Erbvertrag zugunsten einer Pflegeperson durch die zu pflegende Person

Erbvertrag mit Pflegeperson: Ohne Genehmigung droht die Unwirksamkeit

Die juristische Relevanz rund um das Thema Erbrecht ist enorm und besonders die Frage nach der Gültigkeit von Erbverträgen steht häufig im Mittelpunkt. Unter bestimmten Umständen, etwa wenn er zwischen einer Pflegeperson und der zu pflegenden Person geschlossen wird, kann ein Erbvertrag als unwirksam eingestuft werden. Dies ist dann der Fall, wenn bestimmte gesetzliche Anforderungen nicht berücksichtigt wurden, was zu einer Verletzung des Pflegebedürftigen führen könnte.

Grund dafür ist insbesondere der Schutz der Testierfreiheit der pflegebedürftigen Person, um Missbrauch vorzubeugen und gleichzeitig die Sorgfalt und Fürsorge des Pflegedienstleisters in finanzieller Hinsicht zu gewährleisten. Dieser Kontext bringt relevante Aspekte wie die Erbeinsetzung, die Rolle des Notars und die Einhaltung bestimmter Genehmigungen mit sich. Es ist wichtig, sich mit diesen Fragen auseinanderzusetzen, um die Rechtmäßigkeit von Erbverträgen und die damit verbundenen Konsequenzen zu verstehen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 21 W 67/14  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Key Takeaway: Das Urteil zeigt auf, dass Erbverträge zwischen Pflegepersonen und den von ihnen zu Pflegenden wegen Verstoß gegen § 7 HGBP unwirksam sein können. Es unterstreicht die Wichtigkeit der deutlichen Trennung zwischen Pflegeleistung und Erbeinsetzung.

Die wichtigsten Punkte aus dem Urteil:

  1. Erbvertrag: Der Erbvertrag zwischen der Erblasserin und der Pflegeperson war unwirksam wegen Verstoß gegen § 7 HGBP.
  2. Keine Trennung von Pflegeleistung und Erbeinsetzung: Die vermischten Interessen zwischen der Pflegeleistung und der Erbeinsetzung führten zur Anfechtung des Vertrags.
  3. Freundschaftliche Beziehung: Trotz der freundschaftlichen Beziehung zwischen der Erblasserin und der Pflegeperson konnte der notwendige Beweis einer Trennung von Pflegeleistung und Erbeinsetzung nicht erbracht werden.
  4. Verbotsgesetz: Nach § 134 BGB wurde der Erbvertrag für ungültig erklärt, da er gegen ein Verbotsgesetz verstieß.
  5. Schutzzweck § 7 HGBP: Der Gesetzestext soll sicherstellen, dass ältere und pflegebedürftige Menschen nicht finanziell ausgenutzt werden und ihre Testierfreiheit gewahrt bleibt.
  6. Unerheblichkeit der Kenntnis des Verbotsgesetzes: Es war unerheblich, ob sowohl die Pflegeperson als auch der Notar das Verbotsgesetz kannten oder nicht.
  7. Keine Widerlegung des Zusammenhangs zwischen Erbeinsetzung und Pflegeleistung: Die Pflegeperson konnte nicht beweisen, dass zwischen ihrer Pflegeleistung und der Erbeinsetzung kein Zusammenhang bestand.
  8. Ausnutzung der Hilf- und Arglosigkeit älterer Menschen: Durch die Unwirksamkeit des Erbvertrags soll vermieden werden, dass die Hilf- und Arglosigkeit älterer und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt wird.

Die Entstehungsgeschichte eines Gerichtsurteils

In dem hier vorliegenden Gerichtsurteil geht es im Kern um die Unwirksamkeit eines Erbvertrags, den eine Pflegeperson und die zu pflegende Person miteinander abgeschlossen haben. Die Erblasserin war eine ledige, kinderlose Frau, deren Nichte im Jahr 2012 verstorben ist. Die Pflegeperson, die in diesem Fall ebenfalls als Beteiligte zu 1) aufgeführt wird, hatte die Erblasserin während eines Krankenhausaufenthalts im Jahr 2006 kennengelernt. In der Folgezeit besuchte sie die Erblasserin regelmäßig, unternahm gemeinsame Ausflüge mit ihr und aß ein bis zweimal in der Woche mit ihr zusammen zu Mittag.

Der Erbvertrag und die nachfolgenden Geschehnisse

Im September 2012 schlossen die beiden einen notariellen Erbvertrag, in dem die Erblasserin die Pflegeperson zu ihrer alleinigen Erbin einsetzte und letztere die Annahme des Erbes erklärte. Auf der Grundlage dieses Erbvertrags beantragte die Pflegeperson 2013 einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Der Erbschein wurde im November 2013 erteilt, da kein Widerspruch gegen den Antrag eingelegt wurde. Im Januar 2014 informierte das Regierungspräsidium dann jedoch das Nachlassgericht darüber, dass ein Bußgeldverfahren eingeleitet worden ist, weil die Beteiligte zu 1) mit der von ihr betreuten Erblasserin einen Erbvertrag geschlossen hatte und die hierfür erforderliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 7 Abs. 4 HGBP fehlte.

Streit vor Gericht und Rücknahme des Erbscheins

Das Nachlassgericht hörte die Beteiligte zu 1) an, die die Auffassung vertrat, dass kein Zusammenhang zwischen der ambulanten Pflegeleistung und der Erbeinsetzung bestand. Sie betonte zudem, dass der Erbvertrag lediglich eine Aussicht auf das Erbe begründete. Trotzdem zog das Nachlassgericht den Erbschein im Mai 2014 wegen Unrichtigkeit ein.

Entscheidung des Oberlandesgerichts und dessen Auswirkungen

Das Nachlassgericht überwies die Sache dann an das Oberlandesgericht zur Entscheidung. Das Oberlandesgericht entschied, dass der Erbvertrag aufgrund eines Verstoßes gegen § 7 HGBP unwirksam ist und der Erbschein folglich einzuziehen ist. Es stellte fest, dass zwar eine freundschaftliche Bindung zwischen der Pflegeperson und der Erblasserin bestanden hatte, aber dennoch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden konnte, dass es einen Zusammenhang zwischen der Pflegeleistung und der Erbeinsetzung gab.

Das Urteil zeigt, wie komplex und vielschichtig die rechtliche Situation bei Erbverträgen sein kann, insbesondere wenn eine der beteiligten Parteien eine Pflegeperson ist. Es unterstreicht auch die Notwendigkeit, sich im Zweifelsfall rechtlichen Rat einzuholen und vor allem sicherzustellen, dass alle erforderlichen Genehmigungen vorhanden sind, bevor man solche Vereinbarungen eingeht. Dieses Urteil könnte weitreichende Auswirkungen auf ähnliche Fälle haben, da es einen Präzedenzfall schafft für die Feststellung der Unwirksamkeit von Erbverträgen zwischen Pflegepersonen und den von ihnen betreuten Personen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet Unwirksamkeit in Bezug auf einen Erbvertrag?

Die Unwirksamkeit eines Erbvertrags bezieht sich auf die Rechtsunwirksamkeit des gesamten Vertrags oder bestimmter Bestimmungen innerhalb des Vertrags. Dies kann aufgrund verschiedener Faktoren eintreten, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, die Anfechtung des Vertrags durch eine Partei oder aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen, die die Gültigkeit des Vertrags beeinflussen.

Ein Erbvertrag ist eine vertragliche Verfügung von Todes wegen, in der mindestens ein Vertragsteil gegenüber dem anderen Vertragsteil mit erbvertraglicher Bindungswirkung einen oder mehrere Erben einsetzt und/oder Vermächtnisse oder Auflagen anordnet. Ein solcher Vertrag kann unwirksam werden, wenn er unter bestimmten Umständen angefochten wird. Beispielsweise kann ein Erbvertrag nach einer Anfechtung als ungültig erklärt werden, wenn er aus mangelhaftem Willen abgeschlossen wurde, wie etwa wenn die Erblasserin den Erbvertrag unter irrtümlich als wahr angenommenen Umständen unterzeichnet hat.

Darüber hinaus kann die Unwirksamkeit auch nur einer vertragsmäßigen Verfügung die Unwirksamkeit des gesamten Erbvertrags zur Folge haben. Dies bedeutet, dass wenn eine Bestimmung innerhalb des Vertrags als ungültig erachtet wird, der gesamte Vertrag ungültig werden kann. Dies kann auch der Fall sein, wenn ein Erbe als unwürdig erachtet wird, so kann ein zu seinen Gunsten geschlossener Erbvertrag als ungültig erklärt werden.

Wenn ein Erbvertrag für unwirksam erklärt wird, treten entweder anderweitige letztwillige Verfügungen in Kraft oder es gelten die gesetzlichen Erbfolgeregeln. In einigen Fällen können bestimmte Teile oder Absätze aus dem Vertrag gestrichen oder entsprechend angeglichen werden, um den gesetzlichen Vorschriften gerecht zu werden.

Es sollte jedoch beachtet werden, dass die Unwirksamkeit eines Erbvertrags nicht bedeutet, dass die Vertragsparteien nicht mehr über ihr Vermögen verfügen können. Sie sind weiterhin berechtigt, lebzeitig über ihr Vermögen zu verfügen, solange sie nicht gegen bestimmte gesetzliche Bestimmungen verstoßen.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 21 W 67/14 – Beschluss vom 12.05.2015

Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beteiligte zu 1). Außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) ist die Geschäftsführerin des ambulanten Pflegedienstes A GmbH. Die Erblasserin wurde in der Zeit vom …2008 bis zu ihrem Tod von dem Pflegedienst der Beteiligten zu 1) betreut. Die Beteiligte zu 1) hatte die Erblasserin anlässlich deren Krankenhausaufenthaltes im … 2006 kennengelernt und diese in der Folgezeit regelmäßig besucht, gemeinsame Ausflüge unternommen sowie regelmäßig ein bis zweimal in der Woche mit ihr zusammen Mittag gegessen. Die Erblasserin war ledig und kinderlos, ihre Nichte verstarb am 14.9.2012.

Mit notarieller Urkunde vom 21.09.2012 (Bl. 14 der Testamentsakte X …) schlossen die Beteiligte zu 1) und die Erblasserin einen Erbvertrag, in dem die Erblasserin die Beteiligte zu 1) zu ihrer alleinigen Erbin einsetzte und die Beteiligte zu 1) die Annahme des Erbes erklärte. Weitere Verfügungen wurden in dem Erbvertrag nicht getroffen. Am 07.04.2003 hatte die Erblasserin ein handschriftliches Testament errichtet, in dem u.a. Verfügungen zugunsten ihrer Nichte getroffen wurden (Bl. 12 der Testamentsakte X …).

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Die Beteiligte zu 1) hat am 23.09.2013 auf der Grundlage des Erbvertrages einen Erbschein beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Dieser Erbschein wurde, nachdem dem Antrag keiner der Beteiligten widersprochen hatte, am 25.11.2013 (Bl. 26 d.A.) durch das Nachlassgericht erteilt.

Mit Schreiben vom 31.01.2014 (Bl. 32 d.A.) zeigte das Regierungspräsidium … dem Nachlassgericht an, dass es einen möglichen Verstoß gegen das Verbot des § 7 Abs. 1 HGBP durch die Beteiligte zu 1) prüfe, und bat um Übersendung der Nachlassakten. Mit weiterem Schreiben vom 26.02.2014 (Bl. 34 d.A.) informierte das Regierungspräsidium … das Nachlassgericht über die Einleitung eines Bußgeldverfahrens, da die Beteiligte zu 1) mit der von ihr betreuten und gepflegten Erblasserin einen Erbvertrag geschlossen hatte und die hierfür erforderliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 7 Abs. 4 HGBP fehle.

Nach Anhörung der Beteiligten zu 1), die mit Schriftsatz vom 27.03.2014 u.a. die Auffassung vertreten hatte, dass es bereits an einem Zusammenhang zwischen ambulanter Pflegeleistung und Erbeinsetzung fehle und durch den Erbvertrag auch nur eine Aussicht auf das Erbe begründet worden sei, zog das Nachlassgericht mit Beschluss vom 23.05.2014 (Bl. 45 d.A.) den Erbschein vom 25.11.2013 als unrichtig ein. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Erbvertrag wegen eines Verstoßes gegen das Verbot des § 7 Abs. 1 HGBP nichtig sei.

Gegen diesen Beschluss, der der Beteiligten zu 1) am 28.05.2014 zugestellt worden ist (Bl. 47 d.A.), hat diese mit einem am 23.06.2014 bei dem Gericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 48 d.A.) Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, das Nachlassgericht habe sich schon nicht mit dem Vortrag vom 27.03.2014 auseinandergesetzt. Darüber hinaus habe die Beteiligte zu 1) und die Erblasserin eine tiefe und enge Freundschaft verbunden. Insbesondere habe kein persönlicher Kontakt zu nächsten Verwandten bestanden. Die Erbeinsetzung habe auf dem bestehenden engen freundschaftlichen Verhältnis beruht. Auch der beurkundende – zwischenzeitlich verstorbene – Notar habe nicht die Notwendigkeit zur Einholung einer Genehmigung gesehen. Die Regelung in § 7 HGBP sei ihr seinerzeit auch nicht bekannt gewesen.

Das Nachlassgericht hat durch Beschluss vom 21.07.2014 (Bl. 52 d.A.) der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. In dem Bußgeldverfahren ist ein Bußgeldbescheid erlassen worden, gegen den die Beteiligte zu 1) Einspruch eingelegt hat. Das Verfahren ist vor dem Amtsgericht … unter dem Aktenzeichen … OWi … anhängig.

Der Senat hat nach einem Hinweis vom 06.10.2014 (Bl. 57 d.A.) und weiterem Vortrag der Beteiligten zu 1) Beweis erhoben durch Anhörung der Beteiligten zu 1) sowie Vernehmung der Zeuginnen Z1, Z2, Z3, Z4 und Z5. Wegen des Inhaltes der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2015 (Bl. 111 ff d.A.) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und insbesondere fristgerecht innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Nachlassgericht eingegangen (§ 63 FamFG).

In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Der Erbschein war gemäß § 2361 BGB einzuziehen, da unrichtig ist. Die Beteiligte zu 1) ist nicht Alleinerbin der Erblasserin geworden, da der Erbvertrag gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 7 HGBP unwirksam ist. Dabei richtet sich der Verstoß vorliegend nach § 7 Abs. 2 HGBP und nicht – wie in dem Beschluss des Nachlassgerichts angeführt – nach § 7 Abs. 1 HGBP, da in dem Erbvertrag nicht die den ambulanten Pflegedienst betreibende A GmbH, sondern die Beteiligte zu 1) als deren Geschäftsführerin als Erbin eingesetzt wurde.

Zwar ist unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass zwischen der Beteiligte zu 1) mit der Erblasserin eine freundschaftliche und insbesondere eine deutlich über eine Geschäftsbeziehung hinausgehende Bindung bestanden hatte. Allerdings konnte der für die Widerlegung der gesetzlichen Vermutung eines Zusammenhangs zwischen Erbeinsetzung und vertraglicher Leistung erforderliche Beweis des Gegenteils nicht zur Überzeugung des Senats erbracht werden.

Nachdem der Bundesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Neuregelung der zivilrechtlichen Vorschriften des Heimgesetzes nach der Föderalismusreform vom 29.07.2009 (BGBl. 2009, 2319) von seiner konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis nur hinsichtlich der Regelungen des Heimgesetzes in den §§ 5 bis 9 und § 14 Abs. 2 Nr.4, Abs. 4,7 und 8 HeimG Gebrauch gemacht hat (vergl. BT-Drs. 16/12409 Seite 10 und 31), ist § 7 HGBP an die Stelle des § 14 HeimG getreten (LT-Drs. 18/3763 S. 14; BT-Drs. 16/12409 Seite 10). Dabei entspricht die Regelung in § 7 HGBP im Wesentlichen der Regelung des § 14 HeimG und verfolgt insbesondere den gleichen Schutzzweck. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung verhindern, dass die Hilf- oder Arglosigkeit alter und pflegebedürftiger Menschen in finanzieller Hinsicht ausgenutzt wird. Sie dient auch dazu, die Testierfreiheit der Betroffenen zu sichern. Die Vorschrift soll alte Menschen davor bewahren, dass ihr Recht auf freie Verfügung von Todes wegen durch offenen oder versteckten Druck faktisch gefährdet wird. Sie dient damit dem Schutz der wegen ihrer besonderen Lebenssituation und der daraus folgenden persönlichen Abhängigkeit staatlicher Fürsorge bedürftiger Betreuungs- und Pflegebedürftigen (LT-Drs. 18/3783, S. 22/23). Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 HGBP erstreckt sich der Anwendungsbereich des Verbots – anders als § 14 HeimG – nunmehr ausdrücklich auch auf ambulante Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen und deren Leitung (§ 7 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 HGBP).

Im Anwendungsbereich des § 14 HeimG ist unumstritten, dass unter dem Versprechen bzw. Gewährenlassen von Geld- oder geldwerter Leistungen grundsätzlich sowohl bereits die Einsetzung als Erbe in einem Testament als auch in einem Erbvertrag fällt. Bei einer testamentarischen Erbeinsetzung liegt ein Verstoß allerdings nur dann vor, wenn die testamentarische Verfügung dem Begünstigten bekannt gegeben wurde. Bei fehlender Kenntnis des Begünstigten ist die letztwillige Verfügung hingegen stets wirksam (BVerfG NJW 1998,2964; BGH NJW 2012,155, Rn 15 nach juris; OLG Frankfurt, NJW 2001, 1504, Rn 9 nach juris; OLG Stuttgart, FamRZ 2014,1492, Rn 18 nach juris; Kunz/Butz/Wiedemann, HeimG, 10. Aufl. 2004, § 14 Rn 24). Bei der Erbeinsetzung eines Mitarbeiters bzw. Leiters der Einrichtung ist darüber hinaus erforderlich, dass die Erbeinsetzung im Zusammenhang mit der Erfüllung der Pflichten aus dem Vertrag erfolgt. Dabei wird ein solcher Zusammenhang bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (BGHZ 110,235 Rn 16 nach Juris; OLG Frankfurt aaO; Kunz/Butz/Wiedemann aaO). Im Hinblick auf den identischen Schutzzweck des die Regelung des § 14 HeimG ersetzenden § 7 HGBP sind diese Grundsätze auch im Anwendungsbereich des HGBP anzuwenden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze verstößt die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) in dem Erbvertrag vom 21.09.2012 gegen § 7 HGBP, so dass der Erbvertrag gemäß § 134 BGB nichtig ist. In der Erklärung der Annahme der Erbschaft in dem Erbvertrag liegt bereits das „sich versprechen lassen“ einer geldwerten Leistung i.S.d § 7 HGBP. Auch wenn durch den Erbvertrag nur eine Anwartschaft begründet wird, worauf auch die Beteiligte zu 1) abstellen möchte, entspricht die Situation bei einer Erbeinsetzung durch Erbvertrag der Erbeinsetzung durch Testament, bei der der Anwendungsbereich des § 7 HGBP regelmäßig eröffnet ist (Kunz/Butz, Wiedemann, aaO) . Da die Beteiligte zu 1) an dem Erbvertrag mitgewirkt hat, kann sie sich auch nicht auf eine fehlende Kenntnis von der Erbeinsetzung berufen. Nicht maßgeblich ist, ob die Beteiligte zu 1) Kenntnis von der Verbotsregelung in § 7 HGBP hatte, da es sich insoweit um einen unerheblichen Rechtsirrtum handeln würde. Im Anwendungsbereich des § 134 BGB ist ausreichend, wenn der Tatbestand des Verbotsgesetzes objektiv erfüllt ist (Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 134 RN 12a m.w.N). Es ist daher auch unerheblich, ob der – zwischenzeitlich verstorbene – Notar bei Beurkundung des Vertrages Veranlassung zu etwaigen Hinweisen im Rahmen einer etwaigen Belehrungspflicht gehabt hätte. Ebenso ist nicht entscheidend, ob der Notar aufgrund des Vorgespräches die uneingeschränkte Testier- und Geschäftsfähigkeit in der Urkunde festgestellt hat. Es war daher weder die Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des Notarverwesers, der nicht über eigene Erkenntnisse des damaligen Beurkundungsvorganges verfügt, noch die Beiziehung der Notariatsakte, wie von der Beteiligten zu 1) angeregt, erforderlich.

Schließlich konnte die Beteiligte zu 1) auch nicht widerlegen, dass zwischen der Erbeinsetzung und der Pflegeleistung ein Zusammenhang bestanden hat.

Für die Widerlegung der Vermutung ist der Beweis des Gegenteils erforderlich (BGHZ 110,235 aaO; BayOblG FamRZ 2005,142, Rn 29). Dieser konnte unter Berücksichtigung des Beweisergebnisses nicht erbracht werden. Auch wenn man aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der Zeuginnen Z1, Z2 und Z3 davon ausgehen kann, dass die Beteiligte zu 1) zu der Erblasserin bereits vor Beginn der Pflegeleistung eine freundschaftliche Beziehung unterhalten hat, die auch private Unternehmungen umfasste, so kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass angesichts der geleisteten Pflegedienste des von der Beteiligten zu 1) geführten Unternehmens kein Zusammenhang zwischen dem Erbvertrag und der Pflegeleistung bestanden hätte. So hat die Beteiligte zu 1) selbst ausgeführt, dass sie beispielsweise, wenn die Erblasserin die ihr zugeteilten Pflegekräfte nicht mochte, diese ausgetauscht hatte. Sie hat die Erblasserin zu Arztterminen begleitet oder im Krankenhaus besucht. Wenn sie die Erblasserin gefahren hat, hat sie bei der Parkplatzsuche von ihrer dienstlichen Parkberechtigung Gebrauch gemacht, wie die Zeuginnen Z4 und Z5 bekundet haben. Die Zeugin Z1 hat bekundet, dass die Beteiligte zu 1) die Erblasserin als ihre „Oma“ bezeichnet, ihr aber auch noch von zwei weiteren „Omas“ erzählt hat. Eine eindeutige Trennung zwischen dienstlicher und freundschaftlicher Beziehung ist danach nicht erkennbar und dürfte in einer solchen Konstellation praktisch auch nicht möglich sein. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Erblasserin die Beteiligte zu 1) erst unmittelbar nach dem Tod ihrer Nichte als Erbin eingesetzt hat. Bis zu dieser Zeit hatte die Erblasserin, obwohl sie nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1) und den Aussagen der Zeuginnen Z2 und Z3 die Beteiligte zu 1) adoptieren wollte, offenbar keine Veranlassung gesehen, ihr Testament vom 07.04.2003, in dem u.a. der Nichte die Eigentumswohnung vermacht wird, zu ändern und die Beteiligte zu 1) bereits zu einem früheren Zeitpunkt als Erbin einzusetzen. Zumal nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1) kein besonderes Näheverhältnis zu ihrer Nichte bestanden haben soll.

In diesem Fall ist aber unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des den § 14 HeimG ersetzenden § 7 HGBP die Vermutung eines Zusammenhangs nicht als widerlegt anzusehen. Denn es verbleiben Zweifel, ob die Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1) nicht zumindest auch darauf beruhte, dass die Pflegeleistungen durch das Unternehmen der Beteiligten zu 1) erbracht wurden. Gerade in Fällen unklarer Beweislage, in denen die Motive und Gründe sowie die Zusammenhänge der Zuwendung offen bleiben, muss das Verbot im Interesse des Schutzes der Testierfreiheit eingreifen (BayOblG, aaO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, Nr. 12220 KV GNotKG. Die Anordnung einer Kostenerstattung war nicht geboten, da am Beschwerdeverfahren nur die Beteiligte zu 1) beteiligt war.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 61,40 GNotKG. Sie richtet sich gemäß § 61 Abs. 1 GNotKG nach dem Geschäftswert des Antrags des Beschwerdeführers. Die Beteiligte zu 1) wendet sich gegen die Einziehung des ihr erteilten Alleinerbscheins. Der Geschäftswert entspricht daher dem Wert des Nachlasses (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GNotKG). Der Wert des Nachlasses wird unter Berücksichtigung der Angaben der Beteiligten zu 1) in dem Erbscheinsantrag vom 23.09.2013 und dem Nachlassverzeichnis vom 07.10.2013 auf 100.000,- € geschätzt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor. Die Entscheidung ist entsprechend rechtskräftig.

 

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