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Verdeckte gemischte Schenkung – grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung

OLG Celle – Az.: 6 U 100/18 – Urteil vom 25.04.2019

Die Berufung des Beklagten gegen das am 11. Oktober 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das angefochtene Urteil teilweise abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 380,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. Dezember 2017 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.130,64 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen den Beklagten aus übergeleitetem Recht Ansprüche auf Rückforderung einer Schenkung geltend.

Die am … 2017 verstorbene Schwester des Beklagten, M. B., lebte von Frühjahr 2008 bis August 2010 im Haushalt des Beklagten und wurde dort von ihm und seiner Familie gepflegt und versorgt. Die Renteneinnahmen der Schwester in Höhe von rund 1.350 € sowie eine monatliche Nettomiete in Höhe von 190 € aus der Vermietung ihrer Eigentumswohnung vereinnahmte der Beklagte bis auf ein Taschengeld in Höhe von 200 €, das er seiner Schwester zahlte.

Am 5. August 2010 wechselte die Schwester wegen Pflegebedürftigkeit der Stufe I im Sinne des SGB XII in die Pflegeeinrichtung R. S. GmbH in S. Ab dem 1. Juli 2013 bestand Pflegebedürftigkeit der Stufe II.

Zunächst brachte die Schwester die monatlichen Heimkosten aus eigenen Mitteln auf. Sie stellte am 13. August 2012 erstmals einen Antrag auf ergänzende Leistungen der Sozialhilfe, den sie am 28. Oktober 2012 wieder zurücknahm.

Mit notariellem Vertrag vom 16. Oktober 2012 des Notars W. A. (UR-Nr. … – Anlage K12, Bl. 44 ff. Anlagenband Kläger) übertrug die Schwester ihr Eigentum an der Wohnung … in S., 1. OG mit einer Größe von 62 m², Baujahr 1978 (vgl. Angaben Anlage K 23 Seite 2 – Anlagenband Kl.), auf den Beklagten. In dem notariellen Vertrag heißt es in § 4 auszugsweise:

„Der Übernehmer übernimmt mit Wirkung ab heute die der Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 1 zugrundeliegenden Kreditverbindlichkeiten in Höhe von ca. 12.000 € zur alleinigen Haftung und mit schuldbefreiender Wirkung für den Übergeber sowie zur alleinigen Verzinsung und Rückzahlung gemäß den ihm bekannten Bedingungen des Darlehensvertrags und der Schuldurkunde.

(…)

Weitere Gegenleistungen hat der Übernehmer nicht zu erbringen.

Dabei erklären die Vertragsparteien übereinstimmend, dass der Erschienene zu 2 bereits Aufwendungen für seine Schwester, die Erschienene zu 1, in den zurückliegenden 5 Jahren übernommen hat, zu denen er gesetzlich nicht verpflichtet war und die von den Erschienenen als erbrachte Gegenleistung für die Übertragung der Eigentumswohnung anerkannt werden, und zwar wie folgt:

Der Erschienene zu 2 hat monatlich einen Betrag in Höhe von 400 € über die Dauer von mehr als 5 Jahren erbracht als Zuschuss zu den Heimkosten der Erschienenen zu 1. Dies ergibt einen Betrag von rd. 25.000 €. Da er darüber hinaus die valutierenden Verbindlichkeiten allein übernimmt und den Übergeber freistellt, hat der Erschienene zu 2 rechnerisch Gegenleistung von rd. 37.000 € erbracht.

Der Verkehrswert der Wohnung wird angegeben mit ca. 45.000 €, sodass der wirtschaftliche Wert der Zuwendung ca. 8.000 € beträgt.“

Die in dem Grundbuch vermerkte Grundschuld sicherte ein am 17. Januar 2008 von dem Beklagten über 15.000 € Nennbetrag aufgenommenes Darlehen (Darlehensvertrag vgl. Bl. 58 ff. d. A.; Zweckerklärung für Grundschulden Bl. 42 f. d. A.), das zur Zeit des Übertragungsvertrages noch in Höhe von etwa 12.000 € valutierte.

Bis zu dem Zeitpunkt der Umschreibung der Wohnung auf den Beklagten am 17. Januar 2013 und für mindestens zwei weitere Monate wurden die Mieteinnahmen in Höhe von monatlich brutto 380 € auf das Konto der Schwester überwiesen, wobei von diesem Konto auch das Hausgeld in Höhe von 190 € abgebucht wurde.

Am 10. Juni 2013 stellte die Schwester erneut einen Antrag auf ergänzende Leistungen der Sozialhilfe. Der Kläger trat für die Zeit ab 10. Juni 2013 mit ergänzenden Leistungen der Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII ein. Bis zum 31. Dezember 2016 leistete er zudem Bekleidungsbeihilfe in Höhe von insgesamt 367,36 € (vgl. Anlagen K 25 und K 26 – Bl. 49 f. d. A.).

Der Kläger erließ am 11. Februar 2014 einen – nach Abweisung der Anfechtungsklage des Beklagten bestandskräftig gewordenen (Anlage K 22 – Anlagenband Kl.) – Bescheid gegenüber dem Beklagten, der auszugsweise wie folgt lautet:

Hiermit leite ich den Schenkungsrückforderungsanspruch aus dem Übertragungsvertrag des Notars W. A. vom 16.10.2012 (UR-Nr. …) gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der Frau M. B. Ihnen gegenüber gemäß § 93 Sozialgesetzbuch, 12. Buch, – Sozialhilfe – (SGB XII) auf mich über.

Mit Schreiben vom 15. November 2017 forderte der Kläger den Beklagten mit Fristsetzung zum 30. November 2017 zur Zahlung von 10.130,65 € auf.

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Der Kläger hat behauptet, bis zum 31. Dezember 2016 für die Schwester des Beklagten Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 9.763,29 € erbracht zu haben.

Er hat die Ansicht vertreten, es habe sich bei Übertragung der Immobilie insgesamt um eine Schenkung der Schwester an den Beklagten gehandelt, da die im Übertragungsvertrag benannten Gegenleistungen tatsächlich nicht existent gewesen seien. Insbesondere sei die Darlehensverbindlichkeit nicht in Abzug zu bringen, weil der Beklagte deren Erfüllung ohnehin geschuldet habe. Die Pflegeleistungen des Beklagten seien mit den von ihm vereinnahmten Renteneinkommen der Schwester hinreichend abgedeckt; ein Anspruch des Beklagten auf Zahlung eines Entgelts durch die Schwester in gleicher Höhe wie bei einer stationären Heimunterbringung bestünde nicht. Monatliche Zahlungen des Beklagte in Höhe von 400 € für fünf Jahre seien nicht belegt.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.130,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2017 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Aktivlegitimation des Klägers gerügt, soweit ein Betrag von mehr als 8.000 € geltend gemacht werde, da der Bescheid insoweit zu unbestimmt sei.

Er hat behauptet, dass er im Jahr 2007 bemüht gewesen sei, die Wohnung für seine Schwester zu veräußern. Die Wohnung habe zu diesem Zeitpunkt einen Marktwert von 28.000 € besessen, sie hätten allerdings nur Angebote in Höhe von allenfalls 22.000 € erhalten. Daher haben er und seine Schwester die Vereinbarung getroffen, dass er seiner Schwester im Laufe ihres Lebens für einen angemessenen bis guten Lebensstil 28.000 € zahlen werde und habe dafür im Gegenzug sofort über die Wohnung verfügen können sollen. Er hat weiter behauptet, mit dem in dem Übertragungsvertrag genannten Darlehen für von ihm erbrachte Renovierungsarbeiten in der Wohnung der Schwester mindestens 8.000 € aufgewendet zu haben.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und hilfsweise die Aufrechnung mit den von seiner Schwester vereinnahmten Mietzahlungen nach Übertragung der Wohnung im Januar 2013 erklärt.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im Übrigen den Beklagten verurteilt, an den Kläger 9.750,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2017 zu zahlen.

Der Anspruch ergebe sich aus § 528 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Überleitung gemäß § 93 SGB XII auf den Kläger. Es liege eine Schenkung der Schwester an den Beklagten vor, die über den im Übergabevertrag bereits genannten Betrag von 8.000 € hinaus gehe. Denn von den im Vertrag angegebenen, von dem Beklagten vermeintlich erbrachten Gegenleistungen im Wert von 25.000 bzw. 12.000 € seien allenfalls Leistungen in Höhe von 8.000 €, den von dem Beklagten geltend gemachten Aufwendungen für die Renovierung der Wohnung seiner Schwester, als Gegenleistung zu werten. Der Beklagte habe im Übrigen weder substantiiert vorgetragen noch bewiesen, dass er in den fünf Jahren vor Vertragsschluss monatlich 400 € an seine Schwester für Pflegeleistungen gezahlt habe. Sein Vortrag, seine Schwester habe, während sie im Hause des Beklagten gelebt hat, mindestens 850 € im Monat gespart und dieses Geld stünde ihm zu, sei zu unsubstantiiert. Der Beklagte habe auch durch seine persönliche Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht die tatsächliche Vermutung einer unentgeltlichen Zuwendung über insgesamt 37.000 € nicht erschüttern können. Sein bestrittener Vortrag, er habe im Jahr 2007 mit seiner Schwester die Vereinbarung getroffen, dass er die Wohnung kaufe und ihr dafür im Laufe des Lebens 28.000 € zahle und im Gegenzug sofort die Verfügungsgewalt über die Wohnung erhalte, sei selbst bei Annahme ihrer Erwiesenheit für diese Erschütterung nicht geeignet. Mangels notarieller Beurkundung habe es sich nicht um einklagbare oder vollstreckbare gegenseitige Verpflichtungen gehandelt.

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Gem. § 818 Abs. 2 BGB sei in Höhe der erbrachten Leistungen (Teil-)Wertersatz in Geld zu leisten. Dies führe dazu, dass der Beklagte in Höhe der bis zum Zeitpunkt des Versterbens seiner Schwester durch den Kläger erbrachten ergänzenden Leistungen der Hilfe zur Pflege in Höhe von insgesamt 10.130,65 € zur Rückzahlung verpflichtet sei. Der Anspruch sei nicht verjährt.

Die Hilfsaufrechnung des Beklagten führe zum Erlöschen der Forderung des Klägers in Höhe von 380 € wegen der nach der Eigentumsumschreibung am 17. Januar 2013 jedenfalls in den Monaten Februar und März weiterhin auf das Konto der Schwester erfolgten Mietzinszahlungen (abzüglich Hausgeld).

Dagegen wenden sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er vollständige Klagabweisung erstrebt, und der Kläger mit der Anschlussberufung, mit der er Zahlung weiterer 380 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01. Dezember 2017 verlangt.

II.

Die Berufung ist unbegründet, die Anschlussberufung begründet.

Der Beklagte schuldet dem Kläger aufgrund der Überleitung der der Schwester gemäß § 528 Abs. 1, § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB gegen den Beklagten zustehenden Ansprüche die Rückgabe des mit dem Überlassungsvertrag vom 16. Oktober 2012 geschenkten Wohneigentums in Form von Geldleistungen in Höhe des jeweils ab diesem Zeitpunkt entstandenen und vom Kläger gedeckten Unterhaltsbedarfs der Schwester.

Die Begründung des Landgerichts, bei der Übertragung des Wohneigentums aufgrund des notariellen Vertrages vom 16. Oktober 2012 handele es sich um eine (gemischte) Schenkung an den Beklagten mindestens in Höhe der Klagforderung im Sinne des § 516 BGB, trägt die angefochtene Entscheidung auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens.

1.

Aus dem Inhalt der notariellen Vereinbarung vom 16. Oktober 2012 ergibt sich aufgrund des für das Berufungsverfahren mangels Berufungsangriffs anzunehmenden Werts der Wohnung von 45.000 € zum Zeitpunkt der Übertragung bereits eine unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten in Höhe von 8.000 €.

Es kommt auf den Zeitpunkt der wirksamen notariellen Übertragung nebst Grundbuchumschreibung im Jahr 2012/13 an. Der Wert der Wohnung im Jahr 2007 ist hierfür nicht entscheidend. Auch wenn der Beklagte und seine Schwester es seinerzeit schon beabsichtigt hatten, einen Eigentumswechsel vorzunehmen, ist dieser tatsächlich nicht erfolgt und auch ein entsprechendes Schenkungsversprechen der Schwester an den Bruder, ihm die Wohnung rechtswirksam zu übertragen, mangels notarieller Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB) unwirksam.

Entscheidend ist – was auch der Beklagte nicht verkennt –, dass das von ihm und seiner Schwester im Jahr 2007 Beabsichtigte, nämlich der Verkauf der Wohnung an den Bruder gegen Zahlung von 28.000 €, nicht wirksam umgesetzt worden ist. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, dass es sich nicht um rechtswirksame Erklärungen gehandelt hat, jedenfalls was die Übertragung der Eigentumswohnung auf den Beklagten und von ihm dafür zu erbringende Gegenleistungen betrifft.

2.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht darüber hinaus angenommen, dass eine den im Übertragungsvertrag genannten Betrag von 8.000 € übersteigende unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten erfolgt ist.

a) Eine Schenkung setzt zwar grundsätzlich Einigung der Beteiligten über die Unentgeltlichkeit voraus, eine „gemischte“ Schenkung demnach eine Einigung über die teilweise Unentgeltlichkeit (BGH, Urteil vom 06. März 1996 – IV ZR 374/94 –, Rn. 12, zit. n. juris). Eine solche ergibt sich nach dem Wortlaut des Übertragungsvertrages über einen 8.000 € übersteigenden Betrag nicht.

Auf den subjektiven Tatbestand kann nach der Lebenserfahrung aber geschlossen werden, wenn ein auffallendes, grobes Missverhältnis zwischen den wirklichen Werten von Leistung und Gegenleistung festzustellen ist, wobei auf den Zeitpunkt der Zuwendung abzustellen ist (BGH, a. a. O. Rn. 14). Der vorliegende Sachverhalt ist dem eines solches groben Missverhältnisses vergleichbar.

aa) Der Beklagte war ausweislich des in Kopie vorgelegten Darlehensvertrages vom 24. Januar 2008 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 17. April 2014, Bl. 58 ff. d. A.) Darlehensnehmer gegenüber der Sparkasse S. für das in Höhe von 15.000 € (Nennbetrag) aufgenommene Darlehen, das mit einer Grundschuld auf dem Wohneigentum der Schwester in Höhe von 16.361,35 € gesichert worden ist (vgl. Zweckerklärung für Grundschulden vom 24. Januar 2008, Anlage zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 7. März 2018– Bl. 42 d. A.). Im Außenverhältnis schuldete er also der Bank die Rückzahlung ohnehin. Eine echte Gegenleistung setzte voraus, dass seine Schwester im Innenverhältnis zur Rückzahlung in Höhe eines Betrages von 12.000 € an die Bank verpflichtet war, was im Streitfall nicht festgestellt werden kann. Der Beklagte hat behauptet, von der Darlehenssumme 8.000 € für die Renovierung der Wohnung seiner Schwester aufgewendet zu haben; über den Restbetrag hat er sich im Rechtsstreit nicht verhalten. Aufwendungen in Höhe von 8.000 € hat der Beklagte schon nicht belegt. Selbst wenn man sie, wie es das Landgericht getan hat, für den weiteren Verlauf als bewiesen unterstellte, könnte mangels Nachvollziehbarkeit eine Gegenleistung nur in Höhe von 8.000 € und nicht in Höhe von 12.000 € angenommen werden, so dass weitere 4.000 € ohne Gegenleistung zugewendet sind.

bb) Der Einwand des Beklagten, die Grundschuld habe den Wert des ihm übertragenen Grundeigentums gemindert, weswegen die Übernahme derjenigen durch ihn für seine Schwester eine Gegenleistung darstelle, verfängt nicht, weil mit der Grundschuld eine – jedenfalls überwiegend – ohnehin von ihm zu tragende Verbindlichkeit gesichert worden ist. Die Absetzung eines 8.000 € übersteigenden Betrages kommt hier nicht in Betracht.

b)

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass eine Schenkung der Schwester an den Beklagten jedenfalls in Höhe von 12.000 € (8.000 € + 4.000 €) erfolgt ist. Dieser Betrag ist höher als die Klageforderung nebst Zinsen.

c)

Auf die Frage, ob die in dem Übergabevertrag genannte weitere Gegenleistung in Höhe von 25.000 € für von dem Beklagten erbrachte Pflegeleistungen anzuerkennen ist, kommt es danach schon nicht mehr an. Selbst unter Abzug der 25.000 € verbliebe eine gemischte Schenkung in Höhe von 12.000 € (45.000 € – 8.000 € – 25.000 €).

Allerdings ist das Landgericht auch insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass die in der notariellen Urkunde als Gegenleistung vereinbarten Aufwendungen des Beklagten in Höhe von 25.000 €, nämlich Zuschuss von monatlich 400 € zu den Heimkosten in den vergangenen 5 Jahren vor dem Übergabevertrag vom 16. Oktober 2012 nicht als Gegenleistung abzugsfähig sind und auch insoweit die Übertragung unentgeltlich erfolgt ist.

aa) Denn der im Übergabevertrag genannte, vom Beklagten für die zurückliegenden fünf Jahre erbrachte monatliche Zuschuss von 400 € hat tatsächlich nicht stattgefunden, wie vom Kläger in der Klageschrift auf den Seiten 4 und 5 ausführlich dargelegt und von dem Beklagten nicht bestritten worden ist. Daher fehlt es objektiv an einer Gegenleistung. Liegt objektiv keine Gegenleistung vor, liegt, wie oben unter Nr. 2 a) bereits ausgeführt, eine verdeckte unentgeltliche Übertragung vor.

Der Beklagte ist auch bislang eine Erklärung darüber schuldig geblieben, warum die Parteien in die notarielle Urkunde diese Regelung aufgenommen haben, obwohl sie unrichtig war.

bb) Richtig ist auch die Annahme des Landgerichts, dass der Beklagte keinen Anspruch darauf hatte, die von seiner Schwester in der Zeit, in der sie im Hause des Beklagten versorgt worden ist, monatlich ersparten Aufwendungen eines Heimaufenthalts neben den von seiner Schwester für die Versorgung bereits erhaltenen monatlichen 1.340 € (1.350 € Rente + 190 € Nettomiete – 200 € an Schwester ausgekehrtes Taschengeld) zu beanspruchen. Der Beklagte hat nicht behauptet, dass es eine entsprechende Absprache zwischen ihm und seiner Schwester gegeben habe, wonach sie ihm die vermeintlich ersparten Aufwendungen von monatlich 850 € zusätzlich zukommen ließe, oder dass das ihm von seiner Schwester überlassene Geld von rd. 1.400 € für die Versorgung in seinem Haushalt nicht auskömmlich gewesen sein soll.

cc) An dieser Einschätzung ändert sich im Ergebnis auch nichts, wenn man – wie der Kläger auf Seite 3 seines Schriftsatzes vom 12. März 2018 (Bl. 46 d. A.) – die Vereinbarung eines schuldrechtlichen Nießbrauchrechts des Beklagten im Jahr 2007 für die Mieteinnahmen der Wohnung der Schwester unterstellt. Die Bruttomieteinnahmen hätten sich auf monatlich 380 € belaufen, denen Haushaltsgeldzahlungen in Höhe von 190 € gegenübergestanden hätten. Der dem Beklagten insoweit zustehende Nettoertrag von 190 € würde für den Zeitraum von 2007 bis Anfang 2013 auf 72 Monate x 190 € = 13.680 € betragen. Die in der notariellen Urkunde angegebenen 25.000 € werden damit nicht erreicht, selbst wenn man davon ausgeht, dass die von dem Konto der Schwester für die Heimkosten erfolgten Abbuchungen insoweit in Höhe von monatlich 190 € vom Beklagten getragen worden wären. Auch in diesem Fall läge der Betrag des unentgeltlichen Teils der Zuwendung deutlich über demjenigen der Klageforderung von 10.130,65 € nebst Zinsen.

3.

Die Überleitung des Forderungsanspruchs gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 – 3, Abs. 2 SGB XII auf den Kläger ist bestandskräftig. Das Sozialgericht Hannover hat die dagegen gerichtete Klage des Beklagten mit Urteil vom 14. November 2017 (Anlage K22 Anlagenband Kläger) abgewiesen.

4.

Die von dem Beklagten erhobene Rüge der fehlenden Aktivlegitimation des Klägers, soweit er mehr als Zahlung von 8.000 € verlangt, verfängt nicht. Der Kläger hat den Schenkungsrückforderungsanspruch der Schwester des Beklagten „bis zur Höhe der Sozialhilfeleistungen“ auf sich übergeleitet. Davon sind sämtliche von dem Kläger erbrachte und mit der Klage geltend gemachte Leistungen umfasst.

Aus dem Überleitungsschreiben (Anlage K21 Anlagenband Kläger) ergibt sich im Übrigen auch, dass der Kläger davon ausgegangen ist, dass entgegen des Inhalts der notariellen Urkunde die genannten Gegenleistungen tatsächlich nicht existierten und er den Wert der Schenkung in Höhe des Wohnungswertes von 45.000 € annimmt.

5.

Mangels Berufungsangriffs ist im Berufungsverfahren zu unterstellen, dass die Schwester des Beklagten außerstande war, ihren Notbedarf in der vom Kläger eingeklagten Höhe zu decken und dass der Kläger insoweit Leistungen erbracht hat.

Die Forderung ist nicht verjährt, wie das Landgericht unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 17. September 2002, X ZR 196/01, zutreffend ausgeführt hat. Auf den Verjährungseinwand hat der Beklagte seine Berufung auch nicht gestützt.

Die Zinsforderung hat der Beklagte ebenfalls nicht angegriffen.

6.

Die Anschlussberufung des Klägers ist begründet.

Die von dem Beklagten erhobene hilfsweise Aufrechnung in Höhe von 380 € für die Nettomieten in den Monaten Februar und März 2013 wirkt sich auf die Höhe des auf den Kläger übergegangenen Anspruchs auf Rückforderung der Schenkung nicht aus.

Wie oben ausgeführt, beläuft sich der Wert der unentgeltlichen Zuwendung auf mindestens 12.000 €. Weil die im Februar und März 2013 noch auf das Konto der Schwester des Beklagten eingegangenen Nettomieten in Höhe von zweimal 190 € zur Begleichung der Heimkosten verwendet worden sind, erhöht sich für den Fall der Aufrechnung des Beklagten in Höhe von 380 € der nicht gedeckte Bedarf der Hilfeempfängerin um eben diese 380 €. Sie sind mithin zuzusprechen, weil auch insoweit ein Schenkungsrückforderungsanspruch bestand.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich hier um eine auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruhende Entscheidung.

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