AG Nürnberg – Az.: 19 C 7391/18 – Urteil vom 24.04.2019
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 01.11.2018 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 45,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.11.2018 zu bezahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17.11.2018 zu bezahlen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.500,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer Übernachtung im Hotel der Beklagten.
Der Zeuge … hatte für sich und seine Lebensgefährtin, deren 13-jährigen Sohn (Kläger) und ein zwei Jahre altes Kind eine Übernachtung vom 15.09.2018 auf dem 16.09.2018 in einem als solches ausgewiesenen Familienzimmer der Beklagten gebucht. Dieses war mit einem Doppelbett und einem Etagenbett ausgestattet. Bezüglich des Etagenbettes wird auf das Lichtbild auf Bl. 4 d. A. Bezug genommen. In der Nacht schlief der Kläger in dem Etagenbett oben.
Das Etagenbett ist mit einer Absturzsicherung versehen, die jedenfalls im mittleren Bereich ungefähr 16 Zentimeter über die Oberkante der Matratze hinausragt. Am nächsten Morgen meldeten die Mutter des Klägers und der Zeuge … an der Rezeption der Beklagten, dass in der Nacht der Kläger aus dem Hochbett gefallen sei. Auf die Hinzuziehung eines Arztes wurde allerdings nicht Wert gelegt.
Der Kläger erlitt durch ein Sturzereignis eine Prellung der rechten Hand. Am 17.09.2018 stellte er sich bei seiner Hausärztin vor, die ihn dann in ein Krankenhaus weiterschickte. Dort wurde eine Fraktur ausgeschlossen. Die Hand wurde wegen der starken Prellung allerdings geschient. Im Mund wurde ein Abszess festgestellt, der im Rahmen einer stationären Behandlung vom 17. bis 22.09.2018 behandelt wurde. Es fanden auch zwei Nachkontrolltermine im Krankenhaus statt sowie zwei Termine bei einem Heilpraktiker.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 17.10.2018 unter Fristsetzung bis 31.10.2018 forderte der Kläger Schadensersatz. Mit E-Mail vom 23.10.2018 lehnte die Haftpflichtversicherung der Beklagten die Regulierung ab.
Der Kläger behauptet, er sei nachts gegen 4.00 Uhr aus dem Hochbett heraus auf den Fußboden gefallen. Dies sei auf eine zu geringe Absturzsicherung zurückzuführen. Dadurch habe er sich sowohl die Handgelenksprellung als auch eine Bisswunde an der Innenseite seiner Wange zugezogen, die schließlich zu einer Abszessbildung geführt habe. Die Beklagte habe durch die nicht ausreichende Absturzsicherung ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. Denn nach der einschlägigen DIN EN 747 sei eine Absturzsicherung von mindestens 16 Zentimeter Höhe, gemessen von der Oberkante der Matratze, nicht nur in der Mitte, sondern praktisch über die gesamte Länge des Bettes mit Ausnahme des Einstiegsbereichs zu gewährleisten. Der Kläger habe infolge der Verletzungen seinem Hobby Bogenschießen und Malen im Rahmen eines Malkurses eine gewisse Zeit lang nicht nachgehen können. Außerdem habe er mehrere Klausuren in der Schule verpasst und habe die Aufgaben in den Ferien bzw. nach den Ferien nachholen müssen. Außerdem sei nicht absehbar, ob nochmals ein operativer Eingriff erforderlich sei oder weitere Behandlungen erforderlich seien. Die Mutter des Klägers habe für die Arztbesuche und Krankenhausbesuche verschiedene Fahrtkosten aufwenden müssen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 6-8 d. A. Bezug genommen. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien durch die Rechtschutzversicherung bezahlt worden.
Der Kläger beantragt:
1.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 1.11.2018 zu zahlen,
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Sturzereignis vom 16.9.2018 zu zahlen,
3.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 179,45 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 1.11.2018 zu zahlen,
4.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 201,71 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Absturzsicherung sei ausreichend. Diese müsse unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.04.2007, Az. 7 U 73/06, nicht über die gesamte Länge in dieser Höhe vorhanden sein. Darüber hinaus sei auf die DIN-Norm bei Errichtung des Hotels im Jahr 2013 abzustellen. Jedenfalls sei ein etwaiger Sturz nicht auf die zu geringe Absturzsicherung zurückzuführen. Vielmehr liege ein Mitverschulden des 13-jährigen vor, da dieser offenbar getobt habe. Jedenfalls habe er das Bett missbräuchlich genutzt und durch Spielen oder zu weites Herauslehnen ein etwaiges Herausfallen verursacht. Auch die Aufsichtspflichtigen hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt, weil sie das Toben des Klägers nicht unterbunden hätten. Außerdem sei der Kläger anfällig für Schlafwandeln und starke Bewegungen im Schlaf. Ein kausaler Zusammenhang zwischen einen etwaigen Sturz und der Bildung des Abszesses sei nicht zu erkennen. Auch sei kein Feststellungsinteresse für einen Zukunftsschaden gegeben, weil nicht erkennbar sei, inwieweit in Zukunft noch Behandlungen erforderlich seien. Jedenfalls hinsichtlich immaterieller Schäden sei ein solches Feststellungsinteresse nicht zu bejahen. Nachdem die Rechtsanwaltskosten von einer Rechtsschutzversicherung bezahlt worden seien, sei der Kläger nicht aktivlegitimiert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch informatorische Anhörung der Mutter des Klägers und durch Einvernahme des Zeugen … sowie Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens des medizinischen Sachverständigen Prof. Dr. ….Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2019 wird insoweit Bezug genommen.
Im Übrigen wird zur Vervollständigung des Tatbestandes auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die überwiegend zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
I. Die Klage ist überwiegend zulässig. Soweit der Kläger Feststellung eines Zukunftsschadens und der diesbezüglichen Haftung der Beklagten begehrt, war jedenfalls hinsichtlich der immateriellen Schäden ein solches Feststellungsinteresse nicht gegeben, weswegen der Feststellungsantrag gemäß § 256 Abs. 1 ZPO teilweise unzulässig war. Denn bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes ist nach § 253 Abs. 2 BGB nicht nur der aktuelle Zustand, sondern die bereits jetzt absehbaren zukünftigen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Nur wenn fernliegende und bisher nicht erkennbare zukünftige immaterielle Beeinträchtigungen im Zeitpunkt der Festsetzung des Schmerzensgeldes noch nicht absehbar sind, kommt auch hinsichtlich der immateriellen Schäden ein Feststellungsinteresse in Betracht (Palandt, 78. Auflage, § 253 BGB, Rn. 16). Ein diesbezüglicher Vortrag des Klägers war dazu allerdings nicht erfolgt.
Im Übrigen ist das Amtsgericht Nürnberg gemäß § 32, 21 ZPO örtlich zuständig, da sich der Sachverhalt in Nürnberg abspielte und die Beklagte durch ihr Hotel hier eine selbständige Niederlassung unterhält. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus §§ 23, 71 GVG.
II. Die Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. den Beherbergungsvertrag bezüglich des Hotelzimmers nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter als auch aus § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz von der Beklagten verlangen.
II. Es besteht ein vertraglicher Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 iVm den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter.
a) Nachdem zwischen dem Zeugen … und der Beklagten ein Beherbergungsvertrag über ein Hotelzimmer bezüglich der einen Nacht zustande gekommen war und der Beklagten auf Grund der Buchung als Familienzimmer klar war, dass der Zeuge … dieses Zimmer nicht allein sondern u. a. auch mit dem Kläger nutzen wird, entfaltete dieser Vertrag auch Schutzwirkungen zugunsten des Klägers, weil insoweit der Kläger genauso wie der Zeuge … mit den vertraglichen Pflichten in Berührung kam, für die Beklagte erkennbar war, dass neben dem Zeugen … auch dessen Familienangehörige das Zimmer nutzen würden und den Kläger sonst keine eigenen (zumindest vertragliche) Ansprüche gegen den Beklagten zustehen würden und die Schadensverlagerung letztlich zufällig erfolgte (Palandt, 78. Auflage, § 328 Rn. 13ff)..
b) Indem die Beklagte dem Kläger ein Etagenbett mit einer nicht ausreichenden Absturzsicherung zur Verfügung stellte, verletzte sie ihre Pflichten aus dem Beherbergungsvertrag. Denn Gegenstand des Beherbergungsvertrages ist es, den Nutzern eine Übernachtungsmöglichkeit nach den gebuchten Qualitäts-Standards zur Verfügung zu stellen, die aber als Mindest-Standard eine ausreichende Sicherheit nach dem jeweils gültigen und aktuellen Stand der Technik gewährleisten muss. Der Kunde eines solchen Beherbergungsvertrages vertraut dabei darauf, dass die ihm zur Verfügung gestellten Ausstattungsgeräte, insbesondere natürlich die Betten, sowohl unter hygienischen als auch unter rein physischen Gesichtspunkten sicher nach den allgemein gültigen Anforderungen und Bestimmungen der Technik sind. In Bezug auf sogenannte Etagenbetten ist nach der Norm DIN EN 747-1 „Anforderungen an die Sicherheit, Festigkeit und Dauerhaltbarkeit von Etagenbetten und Hochbetten für den Wohnbereich“ zu fordern, dass die Betten stand- und kippsicher aufgestellt sind, dass alle Oberflächen, Schrauben und Kanten abgerundet und glatt sein müssen, dass Bohrlöcher und Rohrenden verschlossen sind, dass der Roll- oder Lattenrost fixiert ist und dass die Absturzsicherung für das obere Bett durch einen Zaun, ein Gitter oder ein Geländer mindestens 16 Zentimeter über die Oberkante der Matratze hinausragt. Diese Grenze muss wiederum in Form einer Linie im Bettrahmen eingezeichnet sein, um den Kauf einer geeigneten Matratze zu erleichtern. Weiterhin muss der Zugang zum oberen Bett zwischen 30 und 40 Zentimeter breit sein. Dies dient dem einfachen Einstieg und zudem wird das Hinausfallen vermieden. Es folgen dann noch weitere Anforderungen an die Leiter. Ausgehend von diesen Grundsätzen entsprach das hier streitgegenständliche Etagenbett auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Karlsruhe, (Urteil vom 18.04.2007, Az. 7 U 73/06, zitiert nach Juris) nicht den Anforderungen der genannten DIN-Norm. Denn die hier vorhandene Absturzsicherung mittels eines elliptisch verlaufenden Brettes an der Längsseite mit der Leiter hielt lediglich im Bereich der Mitte diese Mindesthöhe von 16 Zentimetern ein. Dies war zwischen den Beteiligten (sogar) unstreitig. Damit erfüllte das Bett mit einer Gesamtlänge von mindestens 1,80 Metern gerade mal in einem wenige Zentimeter betreffenden Bereich die Vorgaben der DIN-Norm. Auch wenn das OLG Karlsruhe in seiner Entscheidung ausgeführt hatte, dass die Absturzsicherung mit der 16 Zentimeter-Höhe nicht über die gesamte Länge erfolgen und gewährleistet sein muss, kann diese Entscheidung aus der Sicht des Amtsgerichts Nürnberg nur dahingehend verstanden werden, dass im Bereich des Zugangs zum oberen Bett, also im Bereich der Leiter, eine solche Absturzsicherung nicht vorhanden sein muss. Denn bereits aus der DIN-Norm folgt, dass in diesem Bereich von 30 bis 40 Zentimetern der Zugang zum Bett erleichtert sein soll. Würde in diesem Bereich die Absturzsicherung ebenfalls vorhanden sein, müsste der Nutzer des oberen Bettes über diese noch drüber klettern. Freilich ist hier davon auszugehen, dass ein Zugang zum oberen Bett nur dann erleichtert ist, wenn im Bereich der Leiter, also auf einer Breite zwischen 30 und 40 Zentimetern die Absturzsicherung unterbrochen ist. Im Umkehrschluss verlangt aber die DIN-Norm, jedenfalls nach der hier vertretenen Auffassung, dass auf der gesamten restlichen Länge die Absturzsicherung jedenfalls zum ganz überwiegenden Teil mindestens 16 Zentimeter über der Oberkante der Matratze betragen muss. Denn sonst wäre es nicht notwendig, die gedachte Linie an der Innenseite des Bettes nach der DIN-Norm anzubringen, um den Kauf der Matratze zu erleichtern. Bereits der Begriff der Linie impliziert keine Kurve sondern eine waagerecht verlaufende Linie über die gesamte Länge, die es beim Kauf einer Matratze dem Käufer erleichtern soll, die Matratzenhöhe korrekt zu bestimmen und damit festzustellen, ob auch bei Auflegen der Matratze auf das Lattenrost diese Absturzsicherung auf der gesamten Länge eingehalten ist. Nachdem im Übrigen gerade in einem hier unstreitigen Familienzimmer das Etagenbett insbesondere auch von Kindern genutzt werden soll und darf und jedenfalls für die Beklagte dieses offensichtlich erkennbar war und derartige Kinder gerichtsbekannt innerhalb ihrer Wachstumsphase noch nicht die gesamte Länge des Bettes ausmachen, sondern unter Umständen auch kleiner als 1,80 Meter sind, ist doch gerade unter diesem Gesichtspunkten eine vollständige Absturzsicherung bis hin zur Leiter notwendig, weil erfahrungsgemäß derartige Kinder sich im ‚Bett hin- und herbewegen und außerhalb des Leiterbereichs ein Herausfallen in jedem Fall und über die gesamte restliche Länge möglichst vermieden werden soll. Wäre die Absturzsicherung nur an einer Stelle hoch genug, müsste man ja sonst sicherstellen, dass das u.U. deutlich kleinere Kind auch nur in diesem Bereich des Bettes liegt (und liegen bleibt). Das dürfte dem Schutzgedanken der Absturzsicherung aber zuwiderlaufen.
c) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass in der Nacht der Kläger aus dem Bett herausgefallen ist, auf dem Boden aufgeschlagen ist und sich dadurch (zumindest) eine schmerzhafte Handgelenksprellung zugezogen hat.
1) Der Kläger selbst konnte weder informatorisch noch als Partei angehört werden, da er als 13-jähriger Junge nach den Grundsätzen des Beweisrechts nicht als Partei sondern als Zeuge in seinem eigenen Prozess zu behandeln ist (BGH NRW 2000, Seite 289, 291). Eine Ausnahme nach § 455 Abs. 2 ZPO kam hier nicht in Betracht, weil der Kläger erst 13 Jahre alt war. Als Zeuge wurde er aber nicht angeboten. Von Amts wegen können Zeugen nicht vernommen werden.
2) Die Mutter des Klägers, die als gesetzliche Vertreterin informatorisch als Partei angehört wurde, führte nachvollziehbar und in sich schlüssig aus, dass sie in der Nacht einen lauten Knall gehört habe. Sie habe dann ihren Sohn vor dem Bett liegend aufgefunden und dabei festgestellt, dass dieser immer noch schlaftrunken wie im Tiefschlaf gewesen sei. Erst auf mehrfaches Ansprechen habe er reagiert. Bettdecke und Kissen seien immer noch oben gelegen gewesen. Nach Pupillen-Untersuchung und Ansprechen habe sie dann ihren Sohn mit in das Doppelbett genommen, um ihn über Nacht bei sich zu haben und ggf. sofort reagieren zu können.
3) Der Zeuge … bestätigte letztlich die Angaben der Mutter, auch wenn seine Erinnerungsfähigkeit offenbar stark eingetrübt war. Jedenfalls bestätigte er, dass er in der Nacht einen lauten Knall gehört habe und dann der Kläger vor dem Bett gelegen habe. Zwar schilderte der Zeuge … eine andere Ausrichtung (Kopf und Beine anders herum). Dabei war er sich aber nicht mehr sicher.
4) Das Gericht hat keinen Zweifel an den Angaben der Mutter und den Angaben des Zeugen …, soweit dieser sich noch erinnern konnte. Die Schilderungen waren frei von inneren Widersprüchen, schlüssig und nachvollziehbar. Die Schilderungen der Mutter waren insbesondere detailliert. Dafür spricht auch, dass am nächsten Morgen der Vorfall unstreitig an der Rezeption gemeldet wurde und dass in der Folge im Rahmen der vorgelegten ärztlichen Atteste auch immer dieses Sturzereignis erwähnt wurde. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Mutter vom Gericht bereits informatorisch – wenn auch ohne Protokollierung – beim ersten Verhandlungstermin dazu befragt worden war und dort eine gleichgelagerte Darstellung abgegeben hatte. Auch unter Berücksichtigung des Konstanz-Kriteriums war daher die Aussage glaubhaft.
5) Soweit die Beklagte die Kausalität der unzureichenden Absturzsicherung für den Absturz bezweifelt hatte, geht das Gericht von einer Beweislastumkehr aus. Denn der Beweis des ersten Anscheins spricht hier dafür, dass durch die unzureichende Absturzsicherung der Absturz kausal zumindest mitverursacht wurde. Ein solcher Anscheinsbeweis setzt immer eine Typizität eines bestimmten Lebenssachverhaltes voraus (Zöller, 32. Auflage, vor § 284 ZPO, Rn. 29). Hier war zu berücksichtigen, dass der 13-jährige Kläger, der nach den Angaben der Mutter keinerlei Epilepsieerkrankung hatte und mehrere Jahre lang in einem Hochbett geschlafen hatte und zuletzt im Alter von vier Jahren aus einem Bett gefallen war, aus dem hier streitgegenständlichen Hochbett gestürzt war. Festzuhalten war auch, dass die Absturzsicherung entgegen der DIN-Norm lediglich in einem Bereich von wenigen Zentimetern die Mindesthöhe über der Matratze eingehalten hatte. Im Umkehrschluss erfüllte sie also auf fast der gesamten Länge gerade nicht die DIN-Norm. Wenn also in einer solchen Situation ohne andere Einflüsse von außen, also ohne ein Toben, Herauslehnen oder Herumspringen auf dem Bett, allein durch ein unbewusstes Verhalten im Schlaf und ein Hin- und Herwandern auf der Matratze ein solcher Sturz erfolgt, spricht zur Überzeugung des erkennenden Gerichts der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieser Sturz dann auf die mangelnde Absturzsicherung zurückzuführen ist. Denn ein solcher Absturz kann letztlich erst dann erfolgen, wenn mehr als die Hälfte des Körpers bzw. der Körpermasse bzw. der jeweilige Schwerpunkt über den Rand des Bettes hinausragt und dann – bedingt durch die Erdanziehungskraft – nach unten befördert wird, wobei der restliche Teil des Körpers dann mitgezogen wird. Selbst wenn auch bei einer ausreichenden Absturzsicherung beispielsweise Beine oder Arme (Extremitäten) vereinzelt über die Absturzsicherung hinausragen können, führt das nicht dazu, dass der gesamte Rumpf und der Kopf und die anderen Extremitäten dadurch über den Rand hinausgezogen und mit hinuntergezogen werden, also der Körperschwerpunkt über die kritische Grenze gelangt. Dies ist nur dann vorstellbar, wenn entweder der Oberkörper oder der Unterkörper bereits so weit über den Rand des Bettes hinauswandern können, ohne daran gehindert zu werden, dass der Schwerpunkt über den Rand des Bettes hinaus bewegt wird. Das kann letztlich nur dann der Fall sein, wenn ein entsprechendes Hindernis nicht ausreichend vorhanden ist. Das war hier bei der nur bogenförmig angelegten Absturzsicherung aber der Fall. Insoweit wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, nachzuweisen, dass der Absturz nicht auf die zu geringe Absturzsicherung zurückzuführen ist. Nachdem allerdings der medizinische Sachverständige mangels konkreter Anhaltspunkte und mangels hinreichender Anknüpfungstatsachen dazu keine näheren Ausführungen machen konnte, war die Beklagte diesbezüglich beweisfällig geblieben.
d) Durch den Absturz zog sich der Kläger unstreitig eine Handgelenksprellung zu. Unstreitig war zwar nur, dass er sich durch einen Sturz eine Handgelenksprellung zugezogen hatte. Zur Überzeugung des Gerichts handelte es sich dabei um den Sturz aus dem Hochbett. Im Übrigen war die Kausalität bezüglich der Handgelenksprellung von der Beklagten nicht bestritten worden und galt damit als zugestanden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hatte lediglich die Kausalität des Mundhöhlen-Abszesses bestritten. Insoweit war dem Kläger ein Nachweis der Kausalität dieses Mundhöhlen-Abszesses auch unter Berücksichtigung des Beweismaßes des § 287 ZPO nicht gelungen. Denn hier war der Primärschaden, nämlich die Handgelenksprellung, nach § 286 Abs. 1 ZPO nachgewiesen worden und stand ohne vernünftige Zweifel fest. Demzufolge genügte für den Nachweis des Abszesses bzw. der Kausalität des Abszesses auf das Sturzereignis bereits eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nach § 287 ZPO. Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen, die frei von inneren Widersprüchen, in sich schlüssig und nachvollziehbar waren, war die von der Mutter des Klägers geschilderte Rötung und Beeinträchtigung bereits in der Nacht unmittelbar nach dem Sturzereignis nicht nachvollziehbar und jedenfalls nicht auf eine durch eine Bissverletzung verursachte bakterielle Infektion (Abszess) innerhalb so kurzer Zeit zurückzuführen. Daher war ein solcher Kausalitätsnachweis nicht zu führen. Denn die Mutter hatte – möglicherweise aus Übereifer – geschildert, dass sie bereits in der Nacht an der Wange eine Rötung festgestellt habe. Der Sachverständige hatte allerdings nachvollziehbar erläutert, dass allein durch das Sturzereignis eine traumatisch bedingte Rötung an der Weichteilstelle Wange nicht nachvollziehbar sei. Prellmarken seien lediglich im Bereich des Jochbeins und des Kiefers aber eben nicht an der weichen Wange denkbar, solange der Kläger nicht gerade auf einen Gegenstand in diesem Bereich gestürzt sei. Wenn also die Mutter in der Nacht bereits eine Rötung im Wangenbereich festgestellt haben wollte, so sei dies nur dann denkbar, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits ein im Mundhöhlenraum angelegter Abszess und damit eine Infektion derartige Symptome verursacht hätte. Ein solcher Abszess hätte sich allerdings so schnell nach einem Wangenbiss, bedingt durch den Sturz nicht bilden können. Zwar erscheint es dem Gericht durchaus nachvollziehbar, dass der insbesondere am Folgetag festgestellte Abszess, der letztlich auch operativ behandelt wurde, möglicherweise auf eine Bissverletzung im Wangenbereich zurückzuführen ist und dass diese Bissverletzung möglicherweise auf eine unbewusste Reaktion aus dem Sturzereignis zurückzuführen ist. Gleichwohl oblag es dem Kläger, die überwiegende Wahrscheinlichkeit dieser beiden Ereignisse und dieser Verknüpfungen nachzuweisen. Ausgehend von den insoweit bestehenden Anknüpfungstatsachen hatte der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, dass ein solcher überwiegend wahrscheinlicher Kausalzusammenhang auf Grund der doch vorhandenen Widersprüche nicht gegeben sei. Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
e) Das Gericht hält insoweit ein Schmerzensgeld von 500,00 € für angemessen. Dabei war zu berücksichtigen, dass die Krankenhausbehandlungen, der stationäre Aufenthalt, der dadurch eingetretene Schulzeitverlust und die damit korrespondierende Nachholverpflichtung und insoweit auch ein nicht unwesentlicher Teil der Schmerzsymptomatik auf den Abszess zurückzuführen waren. Demzufolge konnte bei der Bemessung des Schmerzensgeldes lediglich die Handgelenksprellung, die dadurch bedingten Schmerzen und die dabei aufgetretenen Einschränkungen beispielsweise auch beim Hobby bei Malen oder eben auch in der Schule berücksichtigt werden. Außerdem war zu berücksichtigen, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt gerade einmal 13 Jahre alt war und Kinder üblicherweise Schmerzen als besonders stark empfinden. Allerdings war auch zu berücksichtigen, dass allein für die Handgelenksprellung keine Spätfolgen erkennbar sind. Insbesondere war eine Fraktur auszuschließen. Zu berücksichtigen war allerdings, dass das Handgelenk wegen einer offenbar starken Prellung geschient werden musste. Nach all diesen Gesichtspunkten hält das Gericht ein Schmerzensgeld von 500,00 € für angemessen. Bezüglich der Fahrtkosten war hier zu berücksichtigen, dass die Fahrten vom 17.09.2018 zur Hausärztin und ins Krankenhaus insbesondere auch zum Röntgen der Hand erforderlich waren. Die nochmalige Fahrt am 17.09.2018 ins Krankenhaus und wieder zurück (2 mal 31 Kilometer) und die weiteren Fahrten ab dem 18.09.2018 waren dann aber zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr erforderlich, weil diese (nur noch) im Zusammenhang mit dem Abszess standen. Demzufolge waren hier Fahrtkosten von 80 Kilometern anzusetzen und damit bei 25 Cent je Kilometer Fahrtkosten in Höhe von 20,00 € als Eigenschaden des Klägers erstattungsfähig. Erstattungsfähig war darüber hinaus aber auch eine allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von 25,00 €, die nicht dafür gedacht ist, Fahrtkosten rein in Höhe von 20,00 € abzudecken, sondern die auch sonstige allgemeine Unkosten abdecken soll, wie beispielsweise Telefonanrufe und den Zeitaufwand.
II. Der Kläger kann auch aus § 823 Abs. 1 BGB Schadensersatz verlangen. Denn durch die mangelnde Absturzsicherung hatte die Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht verletzt und dadurch die Gesundheit des Klägers beeinträchtigt, wodurch ihm ein Schaden entstanden war. Dies erfolgte zumindest fahrlässig und rechtswidrig. Auch insoweit war dem Kläger allerdings nicht der Kausalnachweis eines Zusammenhangs bezüglich des Mundhöhlen-Abszesses gelungen.
II. Soweit die Beklagte ein Mitverschulden geltend machte, war der diesbezügliche Vortrag zum Großteil bereits ins Blaue hinein erfolgt. Darüber hinaus hatte die Beweisaufnahme ergeben, dass Anhaltspunkte für ein Mitverschulden nicht erkennbar sind. Der Kläger hatte weder in dem Bett getobt, noch sich bewusst aus dem Bett herausgelehnt. Vielmehr hatte er in dem Bett geschlafen. Er war auch kein Kind, welches sich erkennbar unruhig im Schlaf bewegte. Die ADHS-Erkrankung des Klägers war nach den Ausführungen des Sachverständigen ohne Belang. Darüber hinaus hatte die Mutter des Klägers nachvollziehbar geschildert, dass er mehrere Jahre lang – ohne Probleme – in einem Hochbett geschlafen hatte. Für die aufsichtspflichtigen Erziehungsberechtigten waren daher keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, warum er nicht in diesem Bett hätte schlafen sollen. Darüber hinaus handelte es sich um ein Familienzimmer, bei dem typischerweise die Kinder ein besonderes Interesse an der Nutzung eines Hochbettes bzw. Etagenbettes haben.
II. Soweit der Kläger als sachverständige Zeugen noch zwei behandelnde Ärzte benannt hatte, erfolgte dies lediglich zum Beweis der Tatsache, dass der Mundhöhlen-Abszess nicht auf andere orto-dentale Ursachen zurückzuführen sei. Dies hatte aber bereits der gerichtliche Sachverständige ausgeschlossen. Darüber hinaus war der andere Zeuge für etwaige Spätfolgen benannt worden. Insoweit war allerdings der Vortrag dahingehend, dass die letzte Untersuchung im März 2019 erfolgt sei. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 03.04.2019 hatte die Mutter des Klägers allerdings bestätigt, dass nunmehr alle Behandlungen abgeschlossen seien und keine Anhaltspunkte für zukünftige Behandlungen ersichtlich seien, die auf das Unfallgeschehen zurückzuführen wären. Jedenfalls im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung war daher keine zukünftige Behandlungsbedürftigkeit des Klägers im Zusammenhang mit dem Sturzereignis für das Gericht erkennbar, weswegen auch ein Feststellungsinteresse des Klägers an einer über die hier ausgesprochenen Schadensersatzfolgen hinausgehende Erstattungspflicht der Beklagten nicht begründet war.
II. Unter den oben genannten Voraussetzungen kann der Kläger auch die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen. Soweit die Beklagte hier geltend macht, der Kläger habe keinen Schaden gehabt, weil die Rechtschutzversicherung die Rechnung bereits bezahlt habe, ist auf § 86 Abs. 1 Satz 2 VVG hinzuweisen, wonach die Zahlung der Versicherung nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden kann. Ähnlich wie auch beim Quotenvorrecht der Kaskoversicherung ist bei den kongruenten Schäden davon auszugehen, dass es sich bei Zahlung der Rechtsanwaltskosten durch eine Rechtsschutzversicherung um eine kongruente Schadenszahlung handelt, so dass der Kläger unter dem Gesichtspunkt des Quotenvorrechts über § 86 Abs. 1 Satz 2 VVG insoweit aktivlegitimiert bleibt.
IIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.