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Verkehrssicherungspflicht Straßenbaulastträger bei Frostaufbruchstelle in Fußgängerzone

Gerichtsurteil: Eigenverantwortung statt Schmerzensgeld bei Unfall in Fußgängerzone

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen einen Beschluss, der ihre Prozesskostenhilfeanfrage für eine Schmerzensgeldklage wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zurückweist, wurde vom Thüringer Oberlandesgericht abgelehnt, da keine ausreichende Erfolgsaussicht besteht und die Klage als mutwillig angesehen wird. Das Gericht bestätigt, dass der Straßenbaulastträger seiner Verkehrssicherungspflicht nachgekommen ist, da die Schadstelle für einen aufmerksamen Fußgänger erkennbar war und eine besondere Kennzeichnung oder Sperrung des Gehwegs nicht erforderlich war.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 W 184/15 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe für eine Schmerzensgeldklage wurde zurückgewiesen.
  • Ein Anspruch auf Schmerzensgeld aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflicht wurde verneint, da der Straßenbaulastträger seiner Pflicht nachgekommen ist und die Schadstelle erkennbar war.
  • Die Antragstellerin konnte bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Schadstelle erkennen und umgehen.
  • Eine besondere Kennzeichnung oder Sperrung des Gehwegs war nicht erforderlich.
  • Die Verkehrssicherungspflicht erfordert nicht die Beseitigung aller denkbaren Gefahren, sondern nur solcher, die für den aufmerksamen Benutzer nicht erkennbar sind.
  • Der Einfluss von Dritten (hier durch Werbetafeln verdeckte Schadstelle) begründet keine zusätzliche Verpflichtung für den Straßenbaulastträger.
  • Die Rechtsverfolgung erschien mutwillig, da keine hinreichende Erfolgsaussicht bestand.
  • Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da die Antragstellerin die Gerichtskosten zu tragen hat.

Sicherheit für Fußgänger in der Innenstadt

Die Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers ist oft ein Thema, wenn Fußgänger in der Stadt zu Schaden kommen. Gehwege und Fußgängerzonen müssen in einem verkehrssicheren Zustand gehalten werden. Dennoch sind Schadensfälle keine Seltenheit – etwa durch Bodenunebenheiten wie Frostaufbrüche.

Wann liegt ein Versäumnis vor? Und wer ist für eine mangelhafte Verkehrssicherung verantwortlich? Die Rechtslage ist komplex, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bedarf einer Interessenabwägung der verschiedenen Pflichten. Oft müssen Gerichte entscheiden, ob der Unterhaltsträger seiner Räum- und Streupflicht ausreichend nachgekommen ist.

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➜ Der Fall im Detail


Unfall in der Fußgängerzone: Eine juristische Betrachtung

In einer Fußgängerzone ereignete sich ein Vorfall, der zu einer juristischen Auseinandersetzung führte. Eine Frau, die Antragstellerin, verlangte Schmerzensgeld, nachdem sie über ein Schlagloch gestolpert war und sich dabei verletzt hatte.

Verkehrssicherungspflicht: Schlagloch in Fußgängerzone
Verkehrssicherungspflicht: Keine Haftung bei erkennbarem Schlagloch
(Symbolfoto: alongkorn chareonphol /Shutterstock.com)

Sie argumentierte, dass ihre Aufmerksamkeit durch Werbung abgelenkt und das Schlagloch zudem durch eine Werbetafel teilweise verdeckt gewesen sei. Die Antragsgegnerin, eine Kommune als Trägerin der Straßenbaulast, wies jegliche Schuld von sich. Sie behauptete, dass die Schadensstelle bei angemessener Aufmerksamkeit erkennbar und vermeidbar gewesen wäre. Der Kern der rechtlichen Auseinandersetzung lag in der Frage, ob die Antragsgegnerin ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen war.

Die gerichtliche Entscheidung und ihre Begründung

Das Thüringer Oberlandesgericht wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück und bestätigte damit einen früheren Beschluss des Landgerichts Mühlhausen. Die Gerichte kamen zu dem Schluss, dass kein Anspruch auf Schmerzensgeld bestand, da die Antragsgegnerin ihrer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen war. Die Entscheidung beruhte auf der Feststellung, dass die Schadstelle für einen aufmerksamen Fußgänger erkennbar gewesen wäre. Es wurde hervorgehoben, dass eine absolute Gefahrlosigkeit im öffentlichen Raum nicht gewährleistet werden kann und von den Bürgern eine gewisse Eigenverantwortung erwartet wird.

Die Bedeutung der Verkehrssicherungspflicht

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt von den Verantwortlichen, dass Wege so instand gehalten werden, dass keine unzumutbaren Gefahren für die Nutzer ausgehen. Im vorliegenden Fall argumentierte das Gericht, dass der Straßenbaulastträger seiner Pflicht nachgekommen sei. Die Schadstelle sei deutlich erkennbar und somit beherrschbar gewesen. Eine besondere Kennzeichnung oder Absicherung des Bereichs wurde als nicht notwendig erachtet.

Einfluss von Ablenkungen und Drittaktionen

Interessant war die Erwägung des Gerichts bezüglich der Ablenkung durch Werbung und die mögliche Verdeckung des Schlaglochs durch eine Werbetafel. Das Gericht erkannte an, dass Ablenkungen in Fußgängerzonen üblich sind, betonte jedoch, dass dies die Eigenverantwortung der Fußgänger nicht aufhebt. Zudem wurde festgestellt, dass die Verkehrssicherungspflicht nicht die Beseitigung von Gefahren umfasst, die erst durch das Hinzutun Dritter entstehen.

Rechtliche Konsequenzen und Schlussfolgerungen

Die Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts verdeutlicht die Grenzen der Verkehrssicherungspflicht und die Bedeutung der Eigenverantwortung der Bürger im öffentlichen Raum. Sie betont, dass nicht jede Unfallgefahr eliminiert werden kann und dass von den Bürgern erwartet wird, sich den Gegebenheiten entsprechend vorsichtig zu verhalten. Das Urteil illustriert zudem, wie Gerichte mit Fällen umgehen, in denen die Klage als mutwillig angesehen wird und keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist die Verkehrssicherungspflicht und wer ist davon betroffen?

Die Verkehrssicherungspflicht ist eine rechtliche Verpflichtung, die darauf abzielt, Gefahrenquellen, die von Grundstücken, Gebäuden, öffentlichen Wegen und anderen Bereichen ausgehen, zu beseitigen oder zumindest zu minimieren, um Schäden an Dritten zu verhindern. Diese Pflicht ist in Deutschland durch die Rechtsprechung definiert und findet ihre rechtliche Grundlage unter anderem in Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes und § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die Verkehrssicherungspflicht betrifft eine Vielzahl von Personen und Institutionen. Dazu gehören unter anderem:

  • Grundstückseigentümer: Sie müssen sicherstellen, dass von ihrem Grundstück keine Gefahr für Dritte ausgeht. Dies umfasst beispielsweise die Räum- und Streupflicht bei Schnee und Eis, die Sicherung von Dächern, Fassaden und Balkonen sowie die Instandhaltung von Wegen und Zufahrten auf dem Grundstück.
  • Betreiber von Sportstätten: Auch sie sind verpflichtet, Gefahren, die mit der Nutzung ihrer Einrichtungen verbunden sind, zu verhindern. Dies beinhaltet die Gewährleistung eines gefahrlosen Zustandes der Sportstätte, wobei absolute Gefahrlosigkeit nicht gefordert wird, sondern nur die Einhaltung zumutbarer Sicherheitsvorkehrungen.
  • Träger der Straßenbaulast: Diese sind für die Sicherheit auf öffentlichen Straßen verantwortlich. Ihre Pflichten umfassen die Beseitigung oder Warnung vor Gefahren, die für den Straßenbenutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann.
  • Waldbesitzer: Sie tragen eine Verkehrssicherungspflicht für ihre Waldgrundstücke, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit von Wegen und die Überwachung des Baumbestands auf Krankheitsbefall oder andere Gefahren.

Die Verkehrssicherungspflicht verlangt nicht, dass jede denkbare Gefahr abgewendet wird. Vielmehr müssen diejenigen Vorkehrungen getroffen werden, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Die Verkehrssicherungspflicht kann unter bestimmten Umständen auf Dritte übertragen werden, etwa durch vertragliche Vereinbarungen. Der Verkehrssicherungspflichtige muss jedoch die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Pflichten durch die Dritten überwachen.

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn durch die Vernachlässigung dieser Pflicht ein Schaden entsteht.

Wann liegt eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor?

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt vor, wenn die verantwortliche Partei es versäumt hat, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dies kann durch ein aktives Tun oder durch Unterlassen geschehen. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst dabei Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren.

Die Verkehrssicherungspflicht kann mehrere Parteien betreffen. Beispielsweise trägt bei der Baumpflege zunächst der Grundstückseigentümer die Verantwortung. Beauftragt dieser jedoch ein Fachunternehmen mit der Durchführung der Baumpflege, übernimmt dieses Unternehmen regelmäßig die Verkehrssicherungspflicht für die von den Bäumen ausgehenden möglichen Gefahren. Dies geschieht entweder durch eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder meist stillschweigend im Rahmen des Baumpflegeauftrages. Der Grundstückseigentümer ist jedoch weiterhin verpflichtet, das Unternehmen sorgfältig auszuwählen, zu instruieren und zu überwachen. Verletzt er diese Pflicht, haftet er unmittelbar neben dem Fachunternehmen.

Die Intensität der Verkehrssicherungspflicht hängt von verschiedenen Kriterien ab, wie der Art der Gefahrenquelle, der Vorhersehbarkeit des Schadens und der Zumutbarkeit der Sicherungsmaßnahmen. Nicht jede denkbare Gefahr muss abgewendet werden, sondern nur solche, die ein umsichtiger und verständiger Mensch als relevant erachtet.

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht kann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn durch die Vernachlässigung dieser Pflicht ein Schaden entsteht. Die Beweislast für eine solche Verletzung und den daraus resultierenden Schaden liegt in der Regel bei der geschädigten Partei. Sie muss nachweisen, dass ein Schaden entstanden ist und dass dieser auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht zurückzuführen ist.

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Wie wird die Erkennbarkeit von Gefahren für die Verkehrssicherungspflicht bewertet?

Die Erkennbarkeit von Gefahren ist ein wesentlicher Faktor bei der Bewertung der Verkehrssicherungspflicht. Grundsätzlich gilt, dass die Verkehrssicherungspflichtigen, also jene Personen oder Institutionen, die eine Gefahrenquelle schaffen oder unterhalten, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen müssen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Dabei ist jedoch nicht jede denkbare Gefahr abzusichern, sondern nur solche, die für einen durchschnittlich aufmerksamen Verkehrsteilnehmer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann.

Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die Erkennbarkeit einer Gefahrenquelle den Verantwortlichen nicht von der Pflicht entbindet, die Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Selbst wenn eine Gefahr für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar ist, entbindet dies den Verkehrssicherungspflichtigen nicht automatisch von seiner Verantwortung. Vielmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob und inwieweit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr oder -minimierung erforderlich und zumutbar sind.

Ein Beispiel für die Anwendung dieser Grundsätze bietet ein Urteil, in dem entschieden wurde, dass eine offensichtliche Gefahrenstelle, wie eine nasse und daher rutschige Treppe, die direkt in einen Fluss führt, vor sich selbst warnt. In diesem Fall wurde keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht angenommen, da die Gefahr für einen durchschnittlich aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar war und daher keine weiteren Sicherungsmaßnahmen erforderlich waren.

Die Gerichte nehmen also eine Abwägung zwischen der Sorgfaltspflicht der Bürger und der Verpflichtung der Verkehrssicherungspflichtigen vor. Dabei wird berücksichtigt, inwieweit die Gefahr für den durchschnittlich aufmerksamen Verkehrsteilnehmer erkennbar war und ob dieser sich durch eigene Sorgfalt hätte schützen können. Die Verkehrssicherungspflicht setzt dort ein, wo auch für den aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine Gefahrenlage überraschend eintritt und nicht ohne Weiteres erkennbar ist.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 823 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Haftung bei der Verletzung eines Rechtsguts einer Person, wie beispielsweise der Gesundheit. Im Kontext der Verkehrssicherungspflicht ist dieser Paragraph relevant, weil er die Grundlage für Schadensersatzansprüche bei Verletzungen darstellt, die durch mangelnde Sicherung öffentlicher Wege entstehen können.
  • § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG (Grundgesetz): Diese Regelungen betreffen die Amtshaftung und sind insbesondere wichtig, wenn Schäden durch die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht von einem Amtsträger oder einer Behörde verursacht wurden. Sie erklären, unter welchen Umständen der Staat oder die Kommune für das Handeln seiner Beamten haftet.
  • §§ 9 Abs. 1, 43 Abs. 1 S. 3 Thüringer Straßengesetz: Diese spezifischen Landesgesetze definieren die Verantwortlichkeiten der Straßenbaulastträger, also jener, die für die Instandhaltung und Sicherheit der Straßen zuständig sind. Im vorliegenden Fall sind sie relevant, weil sie die Pflichten der Kommune bezüglich der Verkehrssicherheit auf Gehwegen regeln.
  • §§ 127 Abs. 2 Sätze 2, 3, 567, 569 ZPO (Zivilprozessordnung): Diese Paragraphen sind im Kontext der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts bedeutend. Sie regeln die Zulässigkeit und das Verfahren von Rechtsmitteln in Zivilprozessen, einschließlich der Voraussetzungen für eine sofortige Beschwerde.
  • Allgemeine Verkehrssicherungspflicht: Obwohl keine spezifische gesetzliche Norm, ist dies ein fundamentales Rechtsprinzip, das besagt, dass diejenigen, die Verkehrswege für die Öffentlichkeit bereitstellen, diese so sichern müssen, dass keine Gefahr für die Benutzer ausgeht. Es unterstreicht die Notwendigkeit für Straßenbaulastträger, geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen und Verletzungen zu ergreifen.
  • Grundsatz der Eigenverantwortung der Verkehrsteilnehmer: Dieser Grundsatz, der in der Rechtsprechung entwickelt wurde, ergänzt die Verkehrssicherungspflicht, indem er betont, dass auch die Nutzer öffentlicher Wege eine gewisse Sorgfaltspflicht haben. Im Falle eines Sturzes aufgrund eines Schlaglochs könnte eine Mitverantwortung des Verletzten aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit diskutiert werden.


Das vorliegende Urteil

Thüringer Oberlandesgericht – Az.: 4 W 184/15 – Beschluss vom 29.04.2015

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts Mühlhausen vom 10.02.2015, Az. 3 O 536/14, wird zurückgewiesen.

2. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Schmerzensgeld wegen behaupteter Verletzung der Verkehrssicherungspflicht.

Sie trägt zur Begründung vor, sie sei am 12.06.2013 gegen 13.30 Uhr auf dem S…weg in M unterwegs gewesen. Auf der Höhe des Ladengeschäfts der Fa. „W“ habe sie den S…weg verlassen und das Ladengeschäft betreten wollen. Hierbei habe sie ein vor dem Ladengeschäft befindliches Schlagloch in den Gehwegplatten übersehen. Sie sei durch Werbung der Fa. W abgelenkt gewesen, zudem sei das Schlagloch durch Werbetafel teilweise verdeckt gewesen. Sie sei umgeknickt und dadurch hingefallen. Dabei habe sie sich eine Mittelfraktur zugezogen.

Sie macht ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 € geltend.

Die Antragsgegnerin bestreitet den Unfall und dessen Hergang, sowie auch die Unfallfolgen. Sie ist der Ansicht, dass anhand der vorgelegten Lichtbilder die erkennbaren Frostaufbruchstellen für die Antragstellerin bei der gebotenen Sorgfalt ersichtlich und auch zu umgehen gewesen seien.

Das Landgericht hat durch Beschluss vom 09.02.2015 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Antragstellervertreter am 11.02.2015 zugestellt worden. Gegen diesen Beschluss hat die Antragsteller mit einem am 12.3.1.2015 eingegangenen Schriftsatz vom 11.3.2015 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht durch den Beschluss vom 20.03.2015 nicht abgeholfen hat.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 127 Abs. 2 Sätze 2, 3, 567, 569 ZPO), im Ergebnis hat sie keinen Erfolg.

Der Antragstellerin war für die erste Instanz keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und mutwillig erscheint.

Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Antragstellerin kein Anspruch auf Schmerzensgeld aus dem behaupteten Unfallereignis vom 12.06.2013 nach § 839 BGB i.vV.m. Art. 34 GG zusteht.

Die Antragsgegnerin ist als Trägerin der Straßenbaulast (§§ 9 Abs. 1, 43 Abs. 1 S. 3 Thüringer Straßengesetz) für den Zustand des streitgegenständlichen innerstädtischen Gehwegs verantwortlich im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht, § 823 Abs. 1 und 2 BGB, die in Thüringen hoheitlich ausgestaltet ist (§§ 10 Abs. 1, 43 Abs. 1 Thüringer Straßengesetz) und deren Verletzung Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG auslöst.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 24.06.2009, Az.: 4 U 67/09; Beschluss vom 08. Februar 2011 – 4 U 1040/10 – ; Beschluss vom 15.10.2009 Az.: 4 U 553/09, ) hat der Straßenverkehrssicherungspflichtiger auch bei einem Gehweg die Verkehrsteilnehmer vor den von diesem ausgehenden und bei seiner zweckgerichteten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass der Gehweg sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befindet. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Gehweg schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein muss. Eine vollständige Gefahrlosigkeit der Straße und ihrer Benutzung kann mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht und vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet werden. Grundsätzlich muss der Straßenbenutzer sich vielmehr den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und die Straße so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Der Verkehrssicherungspflichtige muss in geeigneter und zumutbarer Weise alle, aber auch nur diejenigen, Gefahren ausräumen und / oder vor ihnen warnen, die für den die erforderliche Eigensorgfalt walten lassenden Benutzer nicht erkennbar sind und auf die er sich nicht einzurichten vermag. Ob danach eine Straße „in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand“ ist, entscheidet sich im einzelnen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung, wobei Art und Häufigkeit der Benutzung des Verkehrsweges und seine Bedeutung zu berücksichtigen sind.

Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Antragsgegnerin nicht darin, dass sich eine Frostaufbruchstelle in dem Gehweg befand.

Nach den von der Antragstellerin zur Akte gereichten Lichtbildern war die als Sturzursache behauptete Schadstelle des Gehweg für den Fußgängerverkehr erkennbar. Die lokal auf einige Gehwegplatten begrenzte Schadstelle hebt sich deutlich von den umgebenden Platten ab. Sie ist von dem sich in Schrittgeschwindigkeit passierenden Fußgänger bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt zu beherrschen. Einer besonderen Kennzeichnung und Sperrung des Gehwegs bedurfte es seitens des Träger der Straßenbaulast nicht. Der Beschwerde ist einzuräumen, dass durch die üblicherweise in Fußgängerzonen sich befindenden Ladenlokale eine Ablenkung des Fußgängerverkehrs wegen der vorhandenen Schaufenster naheliegend ist. Dieser Umstand führt indes nicht dazu, dass der Straßenbenutzer ohne jegliche eigene Sorgfalt und entsprechende Aufmerksamkeit den Weg nutzen kann. Auch in diesen Fällen ist daher von dem Fußgängerverkehr zu verlangen, dass er erkennbare Hindernisse und Schadstellen beachtet.

Soweit die Schadstelle durch das Aufstellen von Werbetafeln Dritter verdeckt worden sein soll, ist darauf hinzuweisen, dass der Verkehrssicherungspflichtige nicht verpflichtet ist, Gefahren zu beseitigen, die erst durch das Eingreifen Dritter entstehen (Senatsbeschluss vom 08. Februar 2011 – 4 U 1040/10 –). Um einen solchen Fall würde es sich hier handeln, wenn die Schadstelle durch Werbetafeln verdeckt worden wäre. Davon kann allerdings nicht ausgegangen werden, da in diesem Fall die Antragstellerin gegen die Werbetafel gelaufen wäre oder diese in ungewöhnlich kleinem Abstand hätte passieren müssen. Dies erscheint nicht naheliegend.

Es kann daher dahinstehen, ob es tatsächlich zu dem von der Antragstellerin behaupteten Unfallereignis gekommen ist und ob sie ein haftungsausschließendes Mitverschulden trifft.

III.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen; einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht. Der Antragstellerin und Unterlegene fällt die Gebühr aus GKG-KV 1812 (von Gesetzes wegen) zur Last. Außergerichtliche Kosten werden (auch im PKH-Beschwerdeverfahren) nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

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