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Verkehrsunfall – Haftungsquote bei Auffahrt auf einfädelndes Fahrzeug

Verkehrsunfall und Haftung: Eine Analyse des Konflikts und der rechtlichen Implikationen

In diesem Fall geht es um einen Verkehrsunfall in München, bei dem ein von der Klägerin gesteuertes Fahrzeug und ein niederländischer Lkw involviert waren. Die Klägerin behauptet, dass der Lkw in ihr stehendes Fahrzeug gefahren sei, und fordert Schadensersatz. Das Hauptproblem liegt in der Klärung der Haftungsfrage und der Ermittlung des tatsächlichen Unfallhergangs, um eine gerechte Entscheidung zu treffen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 19 O 7736/19   >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Verkehrsunfall in München: Ein von der Klägerin gesteuertes Fahrzeug und ein niederländischer Lkw waren in einen Unfall verwickelt, bei dem strittig war, wer die Haftung zu tragen hat.
  • Beweisaufnahme entscheidend: Videoaufzeichnungen von Tankstellen und ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten spielten eine zentrale Rolle bei der Aufklärung des Unfallhergangs.
  • Divergenz in Aussagen: Die Aussagen einer Zeugin, die Beifahrerin im klägerischen Fahrzeug war, widersprachen den Erkenntnissen aus den Videoaufzeichnungen und dem Sachverständigenbericht.
  • Haftungsverteilung: Das Gericht entschied, dass die Klägerin die überwiegende Haftung trägt, und sprach ihr nur einen teilweisen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.202,05 € zu.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen: Die Auslegung der Straßenverkehrsordnung und die rechtlichen Bewertungen führten zu einer klaren und gerechten Entscheidung im Sinne der geltenden Gesetze.

Beweiserhebung und Sachverständigenbericht

Haftungsquote nach Verkehrsunfall
Kollision in München: Klärung von Haftungsfragen durch detaillierte Analyse von Videoaufzeichnungen und Sachverständigengutachten. (Symbolfoto: Southworks /Shutterstock.com)

Das Gericht hat zur Klärung des Sachverhalts ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten eingeholt und Videoaufzeichnungen von Tankstellen ausgewertet. Der Sachverständige kam nach Auswertung der Videoaufzeichnungen zu dem Schluss, dass der Lkw-Fahrer das klägerische Fahrzeug hätte wahrnehmen können, wenn er seine Außenspiegel korrekt eingestellt hätte. Die Sichtverhältnisse und mögliche Wahrnehmung des klägerischen Fahrzeugs durch den Lkw-Fahrer wurden detailliert analysiert und dargestellt.

Divergenz zwischen Zeugenaussage und Videoaufzeichnungen

Eine Zeugin, die sich als Beifahrerin im klägerischen Fahrzeug befand, konnte nicht entscheidend zur Aufklärung des Unfalls beitragen. Ihre Aussagen widersprachen den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie sich aus den Videoaufzeichnungen ergaben. Das umfassende Videomaterial und die sachverständigen Analysen hatten somit einen erheblichen Einfluss auf die Beweisführung und die Beurteilung des Unfallhergangs.

Rechtliche Bewertung und Haftungsverteilung

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin die überwiegende Haftung trägt, basierend auf der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 2 StVG. Der Anscheinsbeweis des § 10 StVO spricht gegen die Klagepartei, da der fließende Verkehr Vorrang hat gegenüber demjenigen, der aus einem Grundstück auf eine öffentlicheStraße fährt. Die Klägerin hat somit nur einen teilweisen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.202,05 € zugesprochen bekommen.

Schlussbetrachtung und Urteilsfolgen

Die Klägerin wurde nur teilweise im Recht gesehen, und die Beweisaufnahme, insbesondere die Videoaufzeichnungen und der Sachverständigenbericht, spielten eine entscheidende Rolle bei der Feststellung des Unfallhergangs und der Haftungsverteilung. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Auslegung der Straßenverkehrsordnung führten zu einer klaren Beurteilung der Situation und einer gerechten Entscheidung im Sinne der geltenden Gesetze.

Unfall und Haftung: Wer trägt die Schuld?

Hatten Sie einen Verkehrsunfall und stehen nun vor ungeklärten Fragen zur Haftung und Schadensregulierung? Die Klärung von Haftungsfragen und die Ermittlung des tatsächlichen Unfallhergangs können herausfordernd sein, insbesondere wenn Beweismittel wie Videoaufzeichnungen und Sachverständigengutachten eine Rolle spielen. Als erfahrener Fachanwalt für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht biete ich Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung und unterstütze Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie mich, um eine umfassende Beratung zu erhalten und gemeinsam eine Lösung für Ihr Anliegen zu finden.

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Haftungsquote nach Verkehrsunfall – kurz erklärt


Die Haftungsquote nach einem Verkehrsunfall beschreibt den Anteil der Schuld, den jeder Beteiligte am Unfall trägt. Diese Quote wird meist von einem Kfz-Gutachter festgelegt. Wenn beide Fahrer gleichermaßen Schuld am Unfall sind, müssen sie jeweils 50 Prozent der Kosten des anderen tragen. Die Haftungsquote ist besonders relevant, wenn die Schuldfrage nicht eindeutig geklärt werden kann, und sie gibt in prozentualen Anteilen an, in welchem Maß die Beteiligten haften.

Die Haftungsquote kann variieren, beispielsweise kann einer Partei eine Schuld von 70 Prozent zugeschrieben werden, während die andere Partei für 30 Prozent des Schadens aufkommen muss. In solchen Fällen zahlen die Versicherungen der Fahrer entsprechend der festgelegten Quoten. Die Betriebsgefahr eines Pkw beträgt in der Regel 20–25 %, und diese kann bei der Ermittlung der Haftungsquote eine Rolle spielen, besonders wenn den Unfallgegner auch ein Verschulden am Unfall trifft. Die Haftungsquote hat direkte Auswirkungen auf die Beteiligten. Wenn eine Haftungsquote von 0 % zu 100 % vorliegt, gibt es einen klaren Schuldigen, und die Versicherung des schuldigen Fahrers muss für die gesamten Kosten aufkommen.

Es gibt spezifische gesetzliche Bestimmungen und Regelungen, wie § 17 Straßenverkehrsgesetz (StVG), die bei der Bestimmung der Haftungsquoten bei einem Verkehrsunfall herangezogen werden.


Das vorliegende Urteil

LG München I – Az.: 19 O 7736/19 – Endurteil vom 26.03.2020

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.202,05 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.7.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 76 % und der Beklagte 24 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 5.098,21 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Abwicklung eines Verkehrsunfalles welcher sich am … in München ereignete.

Beteiligt waren das von der Klägerin gesteuerte klägerische Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen …, sowie der niederländische Beklagten-Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen …. Die Klägerin hatte an der Tankstelle getankt und wollte wieder nach rechts auf den Innsbrucker Ring auffahren. Auf dem Innsbrucker Ring herrschte Stau. Der Beklagten-Lkw befuhr die rechte Spur des Innsbrucker Rings.

Die Klägerin trägt vor, dass sie noch einen Fußgänger habe durchgehen lassen und sich dann, als sich auf der rechten Spur eine größere Lücke von zwei Wagenlängen aufgetan habe, vorsichtig in diese eingeordnet habe. Sie habe aber wegen eines PKWs, der vor ihr stehen geblieben sei, wieder anhalten müssen. Als die Fahrzeuge sich bei Grün wieder in Bewegung gesetzt hätten seien die Fahrzeuge vor dem klägerischen Fahrzeug angefahren. Der Beklagten-Lkw sei sodann in das seit mindestens 30 Sekunden stehende klägerische Fahrzeug hineingefahren.

Die Klägerin macht folgenden Schaden geltend:

  • Reparaturkosten: 4.090,89 €
  • Sachverständigenkosten: 680,32 €
  • Nutzungsausfall 10 Tage á 29 €: 290 €
  • Auslagenpauschale: 30 €
  • Gesamtschaden: 5.098,21 €.

Die Klägerin macht zudem vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € gelten.

Die Klägerin beantragt daher, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.098,21 € nebst gesetzlicher Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank wird Rechtshängigkeit zu bezahlen und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 € nebst gesetzlicher Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der europäischen Zentralbank zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, dass der Beklagten-Lkw auf der rechten Spur des Innsbrucker verkehrsbedingt am Ende eines Staus aufgrund einer Rotlicht anzeigenden Lichtzeichenanlage habe anhalten müssen. Er habe dabei eine Pkw-Länge Abstand zu seinem Vordermann gehalten und auf Grün gewartet. In dieser Situation müsse das klägerische Fahrzeug aus der Einfahrt heraus vor den Beklagten-Lkw gefahren sein. Es sei zur Kollision gekommen, als sich das linke hintere Rad des klägerischen Fahrzeuges noch in Ausfahrtbereich befunden habe. Der Fahrer des Beklagten-Lkw habe das Manöver des klägerischen Fahrzeuges nicht wahrnehmen können.

Der Beklagte bestreitet zudem die Ersatzfähigkeit des Nutzungsausfalles.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens sowie durch in Augenscheinnahme dreier Video-Aufzeichnungen der Tankstellen. Der Sachverständige hat die Videoaufzeichnungen ausgewertet. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 19.12.2019 sowie auf dessen ergänzende Stellungnahme vom 03.02.2020 verwiesen. Das Gericht hat zu den Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin …. Insofern wird auf die Sitzungsniederschrift vom 18.02.2020 verwiesen.

Bezüglich des weiteren Parteivorbringens und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat lediglich einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.202,05 € aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall gem. §§ 7 StVG, 115 VVG.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht von folgendem Unfallhergang aus: Der streitgegenständlichen Verkehrsunfall ereignete sich dergestalt, dass der wieder anfahrende Beklagten-Lkw gegen das klägerische Fahrzeug, welches sich zu diesem Zeitpunkt noch stehend schräg vor dem Beklagten-Lkw und teilweise noch in der Tankstellenausfahrt befand, fuhr. Dabei ergibt sich aus der Auswertung des Tankstellenvideos, dass der klägerische Pkw in einer Abstandssituation von ca. 1,5 m vor das Beklagten-Fahrzeug eingefahren wurde. Dabei hätte der Fahrer des Beklagten-LKWs das klägerische Fahrzeug, wie der Sachverständige ausführt, entweder über die sogenannte direkte Sicht oder über die indirekte Sicht, d.h. über korrekt eingestellte Außenspiegel wahrnehmen können. Der Sachverständige hat die Sichtmöglichkeiten des Fahrers des klägerischen Fahrzeuges eindrücklich in der Anlage A5 dargestellt. Dabei ist erkennbar, dass der Fahrer des Beklagten-LKWs das klägerische Fahrzeug zwar über die Spiegel hätte wahrnehmen können, dies jedoch nur sehr schwer möglich war. Es konnte zudem nicht geklärt werden, ob der Fahrer des Beklagten-LKWs seine Sitzeinstellung oben oder unten hatte. Für den Fall, dass der Lkw-Fahrer seinen Sitz unten eingestellt hatte, war das klägerische Fahrzeug auch über die direkte Sicht nur schwer zu erkennen.

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Das klägerische Fahrzeug stand bereits längere Zeit schräg vor dem Beklagten-Lkw, insbesondere auch noch, als der Beklagten-Lkw anfuhr.

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Auswertung der Videoaufzeichnungen der Tankstelle, an welcher die Klägerin getankt hat, als auch der Aufzeichnungen der Tankstelle gegenüber. Der Sachverständige ist dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren als überaus erfahren und kompetent bekannt. Der Sachverständige hat zudem seine Feststellungen mittels anschaulicher Skizzen und insbesondere auch unter Darstellung der Sichtverhältnisse aus der Kabine eines LKWs belegt. Der Sachverständige hat dabei sämtliche zur Verfügung gestellten Videoaufzeichnungen berücksichtigt. Insbesondere wird diesbezüglich auch auf das Ergänzungsgutachten des Sachverständigen verwiesen. Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen wurden seitens der Parteien im Übrigen nicht erhoben.

Die Zeugin … konnte angesichts des umfassenden Videomaterials nicht entscheidend zur weiteren Aufklärung des Unfalls beitragen. Im Übrigen widersprechen die Angaben der Zeugin, welche sich als Beifahrerin im klägerischen Fahrzeug befand, den tatsächlichen Gegebenheiten, wie sie sich aus den Videoaufzeichnungen ergeben.

Damit ist das Gericht der Überzeugung, dass die überwiegende Haftung im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen des § 17 Abs. 2 StVG die Klagepartei trifft.

Gegen die Klagepartei spricht vorliegend der Anscheinsbeweis des § 10 StVO. Danach hat der fließende Verkehr Vorrang gegenüber demjenigen, der – wie hier – aus einem Grundstück auf eine öffentliche Straße fährt. Der fließende Verkehr darf in der Regel darauf vertrauen, dass sein Vorrang beachtet wird. Von dem Ausfahrenden wird die äußerste Sorgfaltspflicht gefordert, er ist gegenüber dem fließenden Verkehr nahezu allein verantwortlich. Er hat daher regelmäßig den gesamten bei einem Unfall entstehenden Schaden zu tragen“. (KG Berlin, Urteil vom 21.10.1993, 12 U 1069/92).

Der Einfahrvorgang des klägerischen Fahrzeuges war, wie sich unschwer aus den Videos ergibt, zum Unfallzeitpunkt nicht abgeschlossen. Das klägerischen Fahrzeug befand sich zum Unfallzeitpunkt nur teilweise in der rechten Spur des mittleren Rings und mit einem Großteil seines Fahrzeuges noch im Bereich des parallel führenden Radwegs.

Dabei ist § 10 StVO entgegen der Auffassung der Klagepartei auch bei Stau anwendbar. Geschützt ist der „fließende Fahrbahnverkehr“, wobei es unerheblich ist, fährt, hält oder sogar alsbald parken will (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage, § 10 StVO, Rn. 8). Daher entlastet die Klägerin auch nicht der Umstand, dass der Beklagten-Lkw im Stau stand. Der „fließende Verkehr“ im Sinne des § 10 StVO umfasst nicht nur den sich tatsächlich bewegenden Fahrverkehr, sondern auch den verkehrsbedingt teilweise oder auch ganz stehenden Verkehr. Dies ist gängige Rechtsprechung. Der Schutz des „fließenden Verkehrs“ dient der Flüssigkeit des Verkehrs. Dieser Schutzzweck wäre konterkariert, wenn er bereits bei verkehrsbedingtem Halten bzw. bei Stau nicht mehr gelten würde. Konsequenterweise gilt auch die sogenannte „Lückenrechtsprechung“ nicht für Ausfahrten.

Den aus einer Grundstücksausfahrt in den Straßenbereich einfahrenden Verkehrsteilnehmer treffen die besonderen Sorgfaltspflichten des § 10 StVO. Er ist allein dafür verantwortlich, dass dieser Vorgang ohne die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer abgeschlossen werden kann. Der Einfahrende muss sich vergewissern, dass die Fahrbahn für ihn im Rahmen der gebotenen Sicherheitsabstände frei ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 04. März 2014 – I-1 U 71/13 -, juris). Die Verantwortung für die Sicherheit des Vorganges trifft allein ihn, was jedoch eine Mithaftung anderer nicht ausschließt (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 10 StVO, Rn. 10).

Auch wenn der Beklagten-Lkw zu dem Zeitpunkt stand, als das klägerische Fahrzeug in den bevorrechtigten Mittleren Ring von der Tankstelle aus einfuhr, so beseitigt dieser Umstand nicht die Verpflichtung des Ausfahrenden, dem fließenden Verkehr den Vorrang zu lassen und diesen nicht zu behindern. Der Klägerin hätte in dieser Situation bewusst sein müssen, dass sie nur schwer von dem erhöht sitzenden Fahrer des Beklagten-LKWs gesehen werden konnte. Ihr musste auch bewusst sein, dass die Lücke, in die sie einfahren wollte, jedenfalls zu klein war, was sich daran zeigt, dass es ihr nicht gelang, vollständig und fahrbahnparallel in diese einzufahren.

Sie hätte daher jedenfalls vor dem Einfahren in die Lücke Blickkontakt mit dem Fahrer des Beklagten-LKWs herstellen müssen. Dies hat die Klägerin jedoch nie behauptet. Angesichts der Abstandsituation dürfte dies ohnehin nicht ohne weiteres möglich gewesen sein.

Vorliegend ergibt sich aus den Überwachungsvideos sowie aus der Auswertung der Videos durch den Sachverständigen jedoch, dass das klägerische Fahrzeug über einen längeren Zeitraum in der Tankstellenausfahrt gestanden ist, bevor der Beklagten-LKW im Rahmen des Stop-and-Go Verkehrs sich erneut in Bewegung setzte und gegen das bereits länger stehende klägerische Fahrzeug fuhr. Dabei wäre das klägerische Fahrzeug für den Fahrer des Beklagten-LKWs – wenn auch schlecht – erkennbar gewesen. Vor dem erneuten Anfahren hätte der Fahrer des Beklagten-Lkws seine Umgebung prüfen müssen. Er muss zwar nicht damit rechnen, dass sein Vorfahrtsrecht missachtet wird, muss sich aber dennoch im Rahmen des zumutbaren vergewissern, dass der Verkehrsraum vor ihm frei ist.

Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass der Fahrer des Beklagten-LKWs eine ausreichend große Lücke gelassen hätte, so dass die Fahrerin des klägerischen Fahrzeuges davon hätte ausgehen können, dass der LKW-Fahrer auf das ihm zustehende Vorfahrtsrecht verzichten möchte. Die Lücke war vielmehr nicht einmal groß genug, dass der klägerische Kleinwagen hineingepasst hätte.

Es ist seitens der Klagepartei lediglich nachgewiesen, dass der Fahrer des Beklagten-LKWs das klägerische Fahrzeug hätte erkennen können.

Im Rahmen der Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gem. § 17 II StVG hält das Gericht daher eine Haftungsverteilung von 75 % zu 25 % zulasten der Klagepartei für angemessen.

Die Klägerin kann daher lediglich 25 % des ihr entstandenen und überwiegend unstreitigen Schadens ersetzt verlangen.

Der geltend gemachte Nutzungsausfall ist nicht erstattungsfähig, da ein solcher im Rahmen der fiktiven Abrechung nicht ersatzfähig ist.

Es waren daher lediglich die Reparaturkosten in Höhe von 4.097,89 €, die Sachverständigenkosten in Höhe von 680,32 € sowie die unstreitige Auslagenpauschale in Höhe von 30 € der Abrechnung zugrundezulegen.

Hiervon kann die Klägerin 25 % und somit 1.202,05 € ersetzt verlangen.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren aus dem geringeren Gegenstandswert zu bestimmen und betragen daher lediglich 201,71 €.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 3 ZPO.

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