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Verkehrsunfall mit überhöhter Geschwindigkeit mit stehenden Rettungswagen

OLG Frankfurt: Urteil zu 25% Mithaftung nach Unfall mit Rettungswagen auf A3

Im vorliegenden Fall ging es um die Berufung einer Klägerin gegen ein erstinstanzliches Urteil, das abgeändert wurde, sodass die Beklagte zur Zahlung von Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls verpflichtet wurde, wobei eine Haftungsquote von 25 % festgelegt und die weitergehende Klage abgewiesen wurde.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 22 U 238/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der OLG Frankfurt hat im Fall Az.: 22 U 238/13 entschieden, dass die Beklagte aufgrund eines Verkehrsunfalls einen Teil des Schadens zu ersetzen hat.
  • Eine Haftungsquote von 25 % wurde festgelegt, basierend auf der Verursachungsbeteiligung und dem Verhalten der unfallbeteiligten Fahrzeuge unter Berücksichtigung der Umstände wie Dunkelheit und nicht angepasster Geschwindigkeit.
  • Das Berufungsgericht hat teilweise zu Gunsten der Klägerin entschieden und das erstinstanzliche Urteil abgeändert.
  • Die Festsetzung des Schadensumfangs und die Zulassung weiterer Ansprüche wurden detailliert begründet.
  • Die Entscheidung berücksichtigt spezifische Verkehrsregeln und -vorschriften sowie die Haftungsverteilung nach dem Straßenverkehrsgesetz.
  • Die Berücksichtigung von Verkehrsverstößen und deren Einfluss auf die Haftungsverteilung wurde hervorgehoben.
  • Das Urteil betont die Bedeutung angepasster Geschwindigkeit und ausreichender Sichtverhältnisse zur Unfallvermeidung.
  • Die Rolle der Betriebsgefahr und deren Zurücktreten bei überwiegendem Verschulden eines Verkehrsteilnehmers wurde klargestellt.
  • Das Gericht hat auch die Möglichkeit langfristiger Schadensersatzansprüche und die Bedeutung der Feststellungsanträge beleuchtet.
  • Die prozessualen Nebenentscheidungen und die Grundlage für Zinsforderungen wurden erörtert.

Gefährliche Straßensituation für Rettungskräfte

Bei einem Verkehrsunfall sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Neben den Umständen des Unfalls selbst spielen auch die Verkehrsregeln und mögliche Sorgfaltspflichtverletzungen eine wichtige Rolle. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Rettungsfahrzeuge am Unfallort im Einsatz sind.

Die Verkehrssicherheit hat oberste Priorität, um weitere Gefahren zu vermeiden. Eine angepasste Fahrweise und das Beachten der Warnblinkanlage der Rettungsfahrzeuge sind von enormer Bedeutung. Nur so können Einsatzkräfte geschützt und ein reibungsloser Ablauf gewährleistet werden.

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➜ Der Fall im Detail


Verkehrsunfall auf der A3: Rettungswagen quer zur Fahrbahn

Im November 2004 ereignete sich auf der Bundesautobahn A3 ein Verkehrsunfall, der nun Gegenstand eines Urteils des OLG Frankfurt unter dem Aktenzeichen 22 U 238/13 wurde.

Rettungswagen Unfall
OLG Frankfurt: Rettungswagen auf A3 – Haftungsquote bei Unfall mit Einsatzfahrzeug (Symbolfoto: LE photography Hamburg /Shutterstock.com)

Ein Rettungswagen kam aufgrund nicht angepasster Geschwindigkeit bei eisglatter Fahrbahn ins Schleudern und blieb quer auf der Überholspur stehen. Ein bei der Beklagten versichertes Fahrzeug kollidierte mit dem Rettungswagen. Daraus resultierte eine rechtliche Auseinandersetzung über Schadensersatzansprüche, die schließlich vor dem OLG Frankfurt landete. Der Kern des rechtlichen Problems lag in der Klärung der Haftungsquote zwischen den Unfallbeteiligten.

Urteil des OLG Frankfurt: Haftungsverteilung und Schadensersatz

Das OLG Frankfurt entschied, dass die Beklagte 25 % der Schadensersatzansprüche zu tragen hat. Die Klägerin, die die Ansprüche Dritter vollumfänglich befriedigte, wurde somit teilweise in ihrer Berufung unterstützt. Die Entscheidung basierte auf einer Analyse der Haftungsverteilung nach den §§ 7, 17 StVG, 426 BGB und 115 VVG. Besonders hervorgehoben wurde die Pflicht zur Anpassung der Geschwindigkeit an die Sichtverhältnisse, welche im vorliegenden Fall nicht eingehalten wurde. Das Gericht berücksichtigte dabei die Ausgangsgeschwindigkeit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs sowie die Tatsache, dass der Unfall bei Dunkelheit stattfand.

Richtungsweisende Aspekte für die Haftungsverteilung

Die Entscheidung des Gerichts stützte sich maßgeblich auf die Nichtanpassung der Geschwindigkeit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs an die Witterungs- und Sichtverhältnisse. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs trat nicht vollständig hinter dem Verhalten des Rettungsfahrzeugs zurück. Vielmehr sah das Gericht eine Mithaftung von 25 % als gerechtfertigt an. Diese Festlegung war insbesondere durch die Bewertung der Unfallumstände und die Anwendung der Verkehrsregeln geprägt.

Rechtsgrundlagen und Bewertung der Beweislage

Das Gericht zog neben den straßenverkehrsrechtlichen Normen auch Grundsätze des Schadensrechts heran. Die Haftungsverteilung nach Verursachungsbeiträgen spielte eine entscheidende Rolle. Zudem war die Bewertung der Beweislage, insbesondere hinsichtlich der Geschwindigkeit und der Reaktionsmöglichkeiten der Unfallbeteiligten, für das Urteil ausschlaggebend. Die Annahme der Beklagten, weitere Ansprüche seien möglicherweise verjährt, fand keine Bestätigung durch das Gericht.

Konsequenzen der gerichtlichen Entscheidung

Durch das Urteil wurden nicht nur Schadensersatzansprüche konkretisiert, sondern auch wichtige Aspekte der Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen beleuchtet. Es verdeutlicht die Bedeutung angepasster Geschwindigkeit und adäquater Reaktion auf unvorhersehbare Hindernisse. Die Entscheidung unterstreicht zudem, dass auch bei Unfällen mit Einsatzfahrzeugen eine differenzierte Betrachtung der Haftungsanteile erforderlich ist.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Wie wird die Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall festgelegt?

Die Festlegung der Haftungsquote bei einem Verkehrsunfall basiert auf einer Reihe von Faktoren und gesetzlichen Grundlagen, die das Ausmaß der Verantwortung der beteiligten Parteien für den Unfall und die daraus resultierenden Schäden bestimmen. Die Haftungsquote gibt in prozentualen Anteilen an, in welchem Maß die Unfallparteien Schadensersatz zu leisten haben bzw. wie hoch die Haftung ist. Diese Quote wird meist von einem Kfz-Gutachter festgelegt, kann aber auch durch ein Gerichtsurteil oder eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Versicherungen festgelegt werden.

Gesetzliche Grundlagen

Die Haftungsverteilung richtet sich nach den §§ 7, 17 und 18 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) sowie nach den §§ 823 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). § 7 StVG regelt die Haftung des Fahrzeughalters für Schäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen (Gefährdungshaftung), unabhängig von einem Verschulden. § 17 StVG legt fest, dass bei einem Unfall mit mehreren Beteiligten die Haftung nach dem Maß der Verursachung und des Verschuldens verteilt wird. § 18 StVG regelt die Haftung des Fahrzeugführers.

Faktoren für die Haftungsquote

  • Verschulden: Ein wesentlicher Faktor ist das Verschulden der beteiligten Parteien. Dies beinhaltet Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO), wie z.B. Missachtung der Vorfahrt, überhöhte Geschwindigkeit oder Fahren unter Alkoholeinfluss.
  • Betriebsgefahr: Auch wenn keinem der Beteiligten ein konkretes Verschulden nachgewiesen werden kann, kann die sogenannte Betriebsgefahr eines Fahrzeugs zu einer Haftung führen. Die Betriebsgefahr berücksichtigt das allgemeine Risiko, das von einem Fahrzeug im Straßenverkehr ausgeht.
  • Mitverschulden: Ein Mitverschulden der geschädigten Partei (z.B. durch Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes oder durch eigenes verkehrswidriges Verhalten) kann die Haftungsquote beeinflussen.
  • Besondere Umstände: In manchen Fällen können besondere Umstände, wie z.B. das Verhalten eines Fußgängers oder die Witterungsbedingungen, bei der Festlegung der Haftungsquote berücksichtigt werden.

Verfahren

Die Ermittlung der Haftungsquote erfolgt in der Regel durch die Versicherungen der beteiligten Parteien auf Basis der Unfallberichte, Zeugenaussagen und ggf. Gutachten. Kommt es zu keiner Einigung, kann die Haftungsquote durch ein Gericht festgelegt werden. In der gerichtlichen Praxis werden oft die Grundsätze der sogenannten „Hamburger Tabelle“ oder ähnlicher Quotentabellen herangezogen, um die Haftungsverteilung bei typischen Unfallkonstellationen zu bestimmen. Die Festlegung der Haftungsquote ist ein komplexer Prozess, der eine detaillierte Betrachtung des Einzelfalls erfordert. Die genaue Quote hängt von den spezifischen Umständen des Unfalls und dem Verhalten der Beteiligten ab.

Was bedeutet Betriebsgefahr im Kontext von Verkehrsunfällen?

Die Betriebsgefahr beschreibt die allgemeine Gefahr, die von einem betriebenen Fahrzeug ausgeht, und spielt eine zentrale Rolle bei der Haftungsfrage im Kontext von Verkehrsunfällen. Gemäß § 7 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) haften Fahrer und Halter eines Kraftfahrzeugs für Schäden, die sich aus dem Betrieb des Fahrzeugs ergeben, auch ohne eigenes Verschulden. Dies begründet sich darin, dass ein Kraftfahrzeug als gefährliche Sache angesehen wird, die auch ohne Schuld des Fahrers Schäden verursachen kann.

Die Betriebsgefahr umfasst somit die verschuldensunabhängige Haftung für die Gefahren, die beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstehen. Sie ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Die Haftung aufgrund der Betriebsgefahr tritt nur in den Hintergrund, wenn das Verschulden eines weiteren Unfallbeteiligten schwer überwiegt oder der Unfall für den Verursacher auch bei größter Vorsicht nicht zu vermeiden war (unvermeidbares Ereignis).

Die Betriebsgefahr kann bereits zu einer Mithaftung führen, wenn der Nachweis der Unvermeidbarkeit nicht erbracht werden kann. Das bedeutet, wenn nicht belegt werden kann, dass selbst ein „perfekter“ Fahrer bei größter Umsicht nicht in der Lage gewesen wäre, den Unfall zu vermeiden. Beispiele für die Haftung aus Betriebsgefahr sind etwa das unübersichtliche Parken an einer viel befahrenen Straße, wodurch ein Unfall verursacht wird, oder ein Lkw, der beim Vorbeifahren an einer leicht geöffneten Tür aufgrund der Sogwirkung die Tür komplett aufzieht und dabei einen Schaden verursacht.

Die Betriebsgefahr ist grundsätzlich über die Kfz-Haftpflichtversicherung mitversichert, sodass im Falle eines Schadens aus der Betriebsgefahr des Fahrzeugs die Haftpflichtversicherung den entstandenen Schaden übernimmt.

Wie werden Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall berechnet?

Die Berechnung von Schadensersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall basiert auf dem Prinzip der Naturalrestitution, das im § 249 BGB verankert ist. Ziel ist es, den Geschädigten so zu stellen, als hätte der schädigende Unfall nicht stattgefunden. Dies umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Schäden.

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Materielle Schäden

Materielle Schäden sind finanzielle Verluste, die direkt durch den Unfall entstanden sind. Dazu gehören:

  • Reparaturkosten oder der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, falls dieses nicht mehr repariert werden kann. Die Versicherung ersetzt Reparaturkosten nur bis zur Grenze des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs.
  • Mietwagenkosten oder Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit, in der das beschädigte Fahrzeug nicht genutzt werden kann.
  • Sachverständigenkosten, die für die Feststellung des Schadensumfangs notwendig sind.
  • Weitere direkte Kosten wie Abschleppkosten, Standgeld, Kosten für ein neues Kennzeichen, Verlust einer Tankfüllung, Entsorgungskosten, Kreditkosten und eine Regulierungskostenpauschale.

Immaterielle Schäden

Immaterielle Schäden beziehen sich auf nicht-finanzielle Nachteile, die durch den Unfall entstanden sind, wie Schmerzen und Leid. Hierzu zählt insbesondere das

  • Schmerzensgeld, das eine Entschädigung für körperliche und psychische Beeinträchtigungen darstellt. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von der Schwere der Verletzungen, den daraus resultierenden dauerhaften Beeinträchtigungen und den Schmerzen ab.

Beweismittel

Für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sind verschiedene Beweismittel relevant:

  • Polizeibericht und Unfallprotokoll, die den Unfallhergang dokumentieren.
  • Ärztliche Atteste und Gutachten, die Auskunft über die Schwere der Verletzungen geben.
  • Kostenvoranschläge und Rechnungen für Reparaturen oder andere direkt zurechenbare Kosten.
  • Sachverständigengutachten, um den Schaden am Fahrzeug und den Wertverlust zu ermitteln.

Die Schadensersatzansprüche verjähren innerhalb von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schädigers erlangt hat. Es ist daher wichtig, Ansprüche zeitnah geltend zu machen und sich gegebenenfalls rechtlich beraten zu lassen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • §§ 7, 17 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Regelung der Haftung bei Verkehrsunfällen, insbesondere die Haftung des Fahrzeughalters und die Bedingungen für eine Mithaftung. Im vorliegenden Fall relevant für die Festlegung der Haftungsquote aufgrund der Betriebsgefahr des Fahrzeugs und des Verhaltens der Unfallbeteiligten.
  • § 426 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Betrifft die Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung und den Ausgleich unter mehreren Schuldnerinnen und Schuldnern. In diesem Fall wichtig für die Aufteilung der Schadensersatzansprüche zwischen den Parteien.
  • § 115 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Bestimmt die Leistungspflichten der Kfz-Haftpflichtversicherung. Für die Klägerin wesentlich, da sie Schadensersatzansprüche geltend macht, die durch die Kfz-Haftpflichtversicherung der Beklagten abgedeckt sein könnten.
  • § 540 Abs. 2, 313a ZPO (Zivilprozessordnung): Erläutert die Möglichkeit, von der Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe abzusehen, wenn kein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Für die formelle Handhabung des Berufungsverfahrens von Bedeutung.
  • § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Schreibt vor, dass die Geschwindigkeit so zu wählen ist, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Dieser Punkt ist zentral, da das Verhalten des Fahrers des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs hinsichtlich der Anpassung der Geschwindigkeit an die Sichtverhältnisse kritisch betrachtet wurde.
  • § 287 ZPO: Regelt die freie Beweiswürdigung durch das Gericht, insbesondere bei der Schadensschätzung. Im Kontext dieses Falles relevant für die Ermittlung des Schadensumfangs, den die Klägerin geltend macht.

Diese Gesetze und Paragraphen bilden die rechtliche Grundlage für die Beurteilung des vorliegenden Verkehrsunfalls und die Entscheidung des Gerichts über die Haftungsverteilung und die Höhe des Schadensersatzes.


Das vorliegende Urteil

OLG Frankfurt – Az.: 22 U 238/13 – Urteil vom 09.04.2015

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. September 2013 abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.016,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, aus einer Haftungsquote von 25 % der Klägerin sämtliche weiteren Ansprüche der Geschädigten aus dem Verkehrsunfall vom 14. November 2004 auf der Bundesautobahn A3 zu ersetzen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils 50 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Gegenstandswert der Berufungsinstanz wird auf 15.072,88 € festgesetzt.

Gründe

I.

Von der Wiedergabe des Sachverhalts wird gemäß den §§ 540 Abs.2, 313 a ZPO abgesehen, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft unzulässig ist.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG, 426 BGB, 115 VVG Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihr dadurch entstanden ist, dass sie Ansprüche Dritter in vollem Umfang befriedigt hat.

Die Klägerin hat gegenüber dem geschädigten Beifahrer Aufwendungen gehabt und außerdem Ansprüche der Stadt1 und der Stadt2 befriedigt. Für diese Ansprüche haften Fahrer und Halter der unfallbeteiligten Fahrzeuge gemäß den §§ 7, 17 StVG, 840 BGB als Gesamtschuldner, da sich der Unfall für keine Seite als unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellt. Die Haftungsverteilung folgt aus § 17 Abs. 1 StVG, der eine Modifikation der grundsätzlich gemäß § 426 BGB bestehenden gesamtschuldnerischen Haftung nach Kopfteilen darstellt und die Haftungsverteilung nach Verursachungsbeiträgen vorsieht. Die Klägerin kann sich insoweit auch auf die Ansprüche der Geschädigten berufen, die gemäß § 426 Abs. 2 BGB auf sie übergegangen sind.

Das Landgericht hat die auf 50 % Haftungsanteil gerichtete Klage der Klägerin mit der Begründung abgewiesen, dass die Geschwindigkeit des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs auf der Autobahn zulässig gewesen sei, Eisglätte auf der Fahrbahn nicht geherrscht habe und die Betriebsgefahr dieses Fahrzeugs in der konkreten Situation vollständig hinter dem Verschulden des klägerischen Fahrzeugs zurücktrete.

Die dagegen eingelegte Berufung hat teilweise Erfolg, weil der Senat angesichts der konkreten Unfallumstände von einer Mithaftung des Fahrzeugs der Beklagten in Höhe von 25 % ausgeht.

Vorrangig ist der Unfall sicherlich durch das Fahrverhalten des Rettungsfahrzeugs verursacht worden, dessen Fahrer nicht die situations- und witterungsangepasste Geschwindigkeit eingehalten hat. Das Fahrzeug schleuderte auf eisglatter Fahrbahn und kam quer zur Fahrbahn auf der Überholspur zum Stehen. In solchen Fällen kann sicherlich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, die einfache Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs in vollem Umfang zurücktreten. Dabei kommt es allerdings nicht, wie das Landgericht ausgeführt hat, auf ein erhöhtes Verschulden einer Seite an. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Verursachungsbeitrag einer Seite, der auch durch besonders grobes Verschulden erhöht sein kann, dermaßen überwiegt, dass allein die aus der Nichtbeweisbarkeit eines unabwendbaren Ereignisses folgende Mithaftung des anderen Fahrzeugs in vollem Umfang zurücktreten kann.

Dennoch ergeben sich vorliegend ausreichende Anhaltspunkte, die auch eine erhöhte Verursachungsbeteiligung des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs ergeben.

Dies folgt allerdings nicht bereits aus der Tatsache, dass das Fahrzeug gegen das querstehende Fahrzeug gefahren ist. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises, die bei einem Auffahrunfall gelten, sind vorliegend nicht einschlägig, weil es sich gerade nicht um einen Auffahrunfall im gleichgerichteten Verkehr handelt, sondern das Fahrzeug quer zur Fahrbahn stand. Ebenso kann entgegen der Auffassung der Klägerin zu Lasten der Beklagten nicht ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot berücksichtigt werden, da die konkreten Umstände im fließenden Verkehr auf der Autobahn überhaupt nicht feststehen und mithin auch nicht festgestellt werden kann, ob das Fahrzeug unzulässig auf der linken Fahrbahn gefahren ist. Im Rahmen der Haftungsverteilung nach § 17 Abs. 1 kommt es im Übrigen nicht vorrangig auf den Schutzzweck der Norm einer einzelnen Verkehrsvorschrift an, wie die Beklagtenseite meint. Ein Verkehrsverstoß kann auch unabhängig von der Frage, ob der Gegner in den Schutzbereich der Vorschrift eingebunden ist, in die Haftungsverteilung einbezogen werden (BGH 16.1.07 – VI ZR 248/05 – NZV 07, 354; OLG Hamm 20.9.10 – 6 U 222/09 –; KG 28.12.06 – 12 U 47/06 -).

Dem Landgericht kann allerdings nicht dahingehend gefolgt werden, dass der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs die auf der Autobahn zulässige Geschwindigkeit eingehalten und deshalb keine weitere Möglichkeit zur Abwendung des Unfalls gehabt habe. Angesichts der vom Sachverständigen festgestellten Ausgangsgeschwindigkeit von 115 – 133 km/h widerspricht diese Auffassung bereits der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Einhaltung der Richtgeschwindigkeitsverordnung. Die Überschreitung der Richtgeschwindigkeit begründet zwar keinen Sorgfaltsverstoß, dennoch ist davon auszugehen, dass sich der ideale Fahrer im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG an solche sachverständige Feststellungen hält, wonach Geschwindigkeiten über 130 km/h das Unfallrisiko erheblich erhöhen. Sofern die Einhaltung der Richtgeschwindigkeit nicht nachweisbar ist, haftet der betroffene Halter gemäß § 7 StVG, weil er die ideale Fahrweise seines Fahrers im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG nicht nachweisen kann, was hier nicht der Fall ist.

Vorliegend kommt es allerdings maßgeblich darauf an, dass sich der Unfall bei Dunkelheit abgespielt hat. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 StVO darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb des sichtbaren Bereichs angehalten werden kann. Dies gilt grundsätzlich auch auf Autobahnen. Gemäß § 18 Abs. 6 StVO muss der Fahrer seine Geschwindigkeit nur dann nicht der Reichweite des Abblendlichts anpassen, wenn die Schlussleuchten eines vorausfahrenden Kraftfahrzeuges klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand eingehalten wird oder der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind. Diese Ausnahme ist von der Beklagtenseite nicht ausreichend bewiesen worden. Soweit sie darauf abstellt, dass auch nach dem Vortrag der Klägerin ein Fahrzeug, das vorher gefahren ist, ohne weiteres an dem Rettungsfahrzeug vorbeifahren konnte, bleibt dieser Vortrag zu vage, um daraus entsprechende Rückschlüsse ableiten zu können. Weder ist die Entfernung des Fahrzeugs ausreichend festgestellt, noch kann dessen konkrete Fahrweise, insbesondere auch welche Fahrspur benutzt wurde, ausreichend eingeschätzt werden.

Angesichts dieser Situation hätte der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs nur eine solche Geschwindigkeit wählen dürfen, dass er innerhalb der Reichweite des Abblendlichts, die mit 60 – 70 Metern angenommen werden kann, zum Stillstand gekommen wäre. Dies entspricht der Entfernung vom Unfallpunkt zum Reaktionspunkt, wie der Sachverständige im Ermittlungsverfahren festgestellt hat. Es ist deshalb der Schluss zulässig, dass bei Einhaltung der situationsangepassten Geschwindigkeit das Fahrzeug der Beklagten entweder noch vor dem anderen Fahrzeug zum Stehen gekommen wäre oder zumindest die Unfallfolgen erheblich geringer ausgefallen wären. Dies reicht als Kausalitätserfordernis aus (OLG Saarbrücken 14.8.14 – 4 U 150/13 –; OLG Frankfurt am Main 15.4.14 – 16 U 213/13 –).

Dabei kann auch dahinstehen, ob das Rettungsfahrzeug bereits mehrere Sekunden auf dem linken Fahrstreifen stand und ob die Warnblinkanlage eingeschaltet war. Wenn das Fahrzeug gerade erst in die Unfallposition gekommen wäre, dann hätte der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs das Fahrzeug zuvor angesichts der Lichter und der unregelmäßigen Situation beim Schleudervorgang wahrnehmen müssen. Wenn es bereits gestanden hätte, hätte er es im Bereich des Abblendlichts als Hindernis wahrnehmen und bei angepasster Geschwindigkeit sein Fahrzeug noch zum Stillstand bringen können.

Angesichts dieses erheblichen Verkehrsverstoßes kann der Haftungsanteil des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs gegenüber dem Verursachungsanteil des Rettungsfahrzeugs nicht in vollem Umfang zurücktreten, weshalb der Senat eine Haftungsverteilung von 25 % zu 75 % zu Lasten des Rettungsfahrzeugs annimmt.

Der vom Senat gemäß § 287 ZPO zu schätzende Schadensumfang ist von der Klägerseite mit insgesamt 20.067,23 € dargelegt worden. Zwar sind die einzelnen Schadenspositionen erst in der Berufungsinstanz vorgetragen worden, eine Zurückweisung wegen Verspätung kommt allerdings nicht in Betracht, da diese Frage erstinstanzlich nicht durch das erkennende Gericht problematisiert worden ist. Da der Beifahrer erst nach einigen Tagen verstorben ist, erschließen sich die für die Bestattung erforderlichen Kosten, die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren und auch der gezahlte Schmerzensgeldvorschuss aus diesem Umstand. Sie sind ausreichend durch Rechnungen und Zahlungsnachweise belegt, so dass das einfache Bestreiten der Beklagtenseite im Rahmen des § 287 ZPO für den Senat nicht ausreichend ist. Die an die geschädigten Kommunen gezahlten Beträge sind insoweit unstreitig.

Der Senat geht auch von der Zulässigkeit des Feststellungsantrags aus. Die Annahme der Beklagtenseite, etwaige Ansprüche von Hinterbliebenen seien mittlerweile verjährt, ist nicht auszuschließen, für den Senat allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. Die Hinterbliebenen des Beifahrers leben unstreitig in Mazedonien, so dass hinsichtlich der für die Verjährung erforderlichen Kenntnis der Hinterbliebenen vom Schaden bzw. Schadensumfang keine sicheren Feststellungen möglich sind. Die absolute Verjährungsfrist des § 199 BGB von zehn Jahren ist noch nicht erreicht. Gerade bei Tötung eines Angehörigen können auch langfristige Unterhalts- und sonstige Schadensersatzansprüche auftreten, deren Bestehen oder Nichtbestehen abschließend noch nicht feststellbar ist.

III.

Die Zinsforderung folgt aus den §§ 286, 288 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 II, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO. Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

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