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Versorgungsausgleich – betriebliche Altersversorgung

BUNDESGERICHTSHOF

Az.: XII ZB 177/03

Beschluss vom 08.06.2005

Vorinstanzen: OLG Stuttgart, AG Ludwigsburg


Leitsatz:

Eine als betriebliche Altersversorgung begründete Anwartschaft, die auf eine Kapitalleistung gerichtet ist, unterliegt nicht dem Versorgungsausgleich. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sich das Recht vorbehalten hat, das Anrecht zu verrenten, diese Befugnis aber bis zum Ende der Ehezeit nicht ausgeübt hat (Fortführung der Senatsrechtsprechung, vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 5. Februar 2003 – XII ZB 53/98 – FamRZ 2003, 664).

Der Umstand, daß die Ehegatten den Zugewinnausgleich ausgeschlossen haben, führt zu keinem anderen Ergebnis.


Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Juni 2005 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2003 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 5.328 €

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Einbeziehung einer betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich.

Die am 15. Mai 1987 geschlossene Ehe der Parteien, die durch notarielle Vereinbarung vom 22. August 2000 u.a. Gütertrennung vereinbart und auf etwa entstandene Zugewinnausgleichsansprüche verzichtet hatten, wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 7. Oktober 2000 zugestellten Antrag des Ehemannes (Antragsteller) durch Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – vom 20. Juli 2001 geschieden (insoweit rechtskräftig seit 26. Oktober 2001) und der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der Ehezeit (I.Mai 1987 bis 30. September 2000; §1587 Abs. 2 BGB) erwarben die Ehegatten Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Verfahrensbeteiligte zu 1, BfA), und zwar die am 14. Mai 1956 geborene Ehefrau in Höhe von 257,44 DM und der am 21. März 1960 geborene Ehemann in Höhe von 1.145,44 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. September 2000.

Der Ehemann hat in der Ehezeit außerdem bei seinem Arbeitgeber, der R. B. GmbH (im folgenden: GmbH), eine unverfallbare Anwartschaft auf ein Versorgungskapital in Höhe von 161.978,00 DM = 82.818,00 € erworben (Basiskonto). Nach den maßgebenden betrieblichen Regelungen stellt die GmbH für Mitarbeiter, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, jährliche Beiträge zum Basiskonto bereit. Aus diesem Beitrag ergibt sich durch Multiplikation mit einem Altersfaktor ein Versorgungsbaustein. Die Auszahlung der Versorgung erfolgt bei einem Versorgungsguthaben von bis zu 90.000 DM als „Einmalkapital“, d.h. als einmalige Zahlung, bei einem höheren Versorgungsguthaben in Raten. Die GmbH behält sich vor, das Versorgungsguthaben ganz oder teilweise zu verrenten, wenn dieses 240.000 DM übersteigt.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von (1.145,44 -257,44 = 888,00 : 2 =) 444 DM, monatlich und bezogen auf den 30. September 2000, übertragen hat. Eine Einbeziehung der Anwartschaft bei der GmbH in den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Ehefrau ihr Begehren weiter, auch die bei der GmbH begründete Anwartschaft in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts handelt es sich bei der Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH um eine betriebliche Altersversorgung, die, weil sie auf eine Kapitalleistung gerichtet sei, nicht im Versorgungsausgleich berücksichtigt werden könne. Im Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts stehe nicht fest, in welcher Form das Versorgungskapital – ob als Kapital oder als Rente – ausgezahlt werde. Insoweit sei kein wesentlicher Unterschied zu den Fällen zu erkennen, in denen für den Arbeitnehmer eine Kapitallebensversicherung oder eine Direktversicherung auf Kapitalbasis mit Rentenwahlrecht abgeschlossen werde; derartige Anwartschaften seien auch dann in den Zugewinnausgleich einzubeziehen, wenn sie auf einer Zusage der betrieblichen Altersversorgung beruhten und das Wahlrecht noch nicht ausgeübt sei. Da das Versorgungsguthaben des Ehemannes unterhalb der Grenze von 240.000 DM liege, erfolge seine Auszahlung als Kapital in Raten; es werde also nicht verrentet. Die Anwartschaft auf dieses Guthaben sei mithin einer Kapitallebensversicherung vergleichbar und unterliege nicht dem Versorgungsausgleich.

2. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden.

a) Das Oberlandesgericht hat die Anwartschaft des Ehemannes bei der GmbH zu Recht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen (vgl. für die bei der GmbH begründeten Anrechte auf Versorgungskapital bereits OLG Bamberg FamRZ 2001, 997 und OLG Stuttgart FamRZ 2001, 998). Die Anwartschaft ist auf eine – in Raten zahlbare – Kapitalleistung gerichtet. Ein Anrecht auf Kapitalleistungen fällt aber grundsätzlich nicht in den Versorgungsausgleich, da dessen System auf den Ausgleich wiederkehrender Leistungen zugeschnitten ist und für den Ausgleich von Kapitalleistungen nicht paßt (BGHZ 88, 386, 395 f.). Dies gilt auch dann, wenn das Anrecht als betriebliche Altersversorgung begründet worden ist (vgl. Senatsbeschluß vom 9. November 1983 – IVb ZB 887/80- FamRZ 1984, 156, 158 und Senatsurteil vom 17. Juli 2002 -XII ZR 218/00 – FamRZ 2003, 153). Der Umstand, daß der Arbeitgeber möglicherweise später von seiner Befugnis, das Anrecht zu verrenten, Gebrauch macht, falls das bis dahin angesammelte Versorgungskapital 240.000 DM übersteigt, steht nicht entgegen. Bis zum Ende der Ehezeit hat der Arbeitgeber dieses Recht nicht ausgeübt. Eine spätere Ausübung des Verrentungsrechts ändert an dem Charakter des Anrechts zum maßgebenden Ehezeitende nichts; sie führt insbesondere nicht dazu, das Anrecht nachträglich doch noch dem System des Versorgungsausgleichs zu unterwerfen (vgl. Senatsbeschluß vom 5. Februar 2003 – XII ZB 53/98 – FamRZ 2003, 664).

Soweit in der Literatur die Auffassung vertreten wird, beitragsorientierte Versorgungen unterfielen, auch soweit sie als Kapitalleistungen ausgezahlt würden, dem Versorgungsausgleich, teilt der Senat diese Meinung nicht. Sie übersieht, daß die §§ 1587, 1587a BGB -auch nach der teilweisen Neuregelung durch das Altersvermögensgesetz (vom 26. Juni 2001 BGBl. I S. 3610) – unverändert nur Rentenleistungen als versorgungsausgleichspflichtig ansehen und das Gesetz derzeit für Kapitalleistungen keine Ausgleichsform zur Verfügung stellt (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 Rdn. 26; zum Wortlaut des § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB vgl. Senatsbeschluß vom 9. November 1983 aaO).

b) Etwas anderes ergibt sich für den vorliegenden Fall auch nicht daraus, daß die Parteien Gütertrennung mit der Folge vereinbart haben, daß ein Zuge-winnausgleich nicht stattfindet und damit auch ein Ausgleich des Anrechts auf das Versorgungskapital nicht möglich ist. Zwar mag es nicht voll befriedigend erscheinen, die Frage, ob und in welcher Weise ein Ausgleich der Anwartschaft auf das Versorgungskapital stattfindet, unter formaler Anknüpfung an die primär vereinbarte Form der Leistung zu beantworten. Die Rechtsstellung des Ehegatten des Inhabers einer Versorgungsanwartschaft weist, wie der Senat dargelegt hat, je nachdem, ob ein Ausgleich nach Maßgabe des Güterrechts oder aber ein Versorgungsausgleich stattfindet, erhebliche Unterschiede auf. Diese Unterschiede sind jedoch in der unterschiedlichen Ausgestaltung des güterrechtlichen Vermögensausgleichs einerseits und des Versorgungsausgleichs andererseits begründet und müssen hingenommen werden (Senatsbeschluß vom 9. November 1983 aaO). Dies gilt auch und gerade in Fällen der vorliegenden Art, in denen ein Zugewinnausgleich und damit auch eine Ausgleichung von Anrechten auf Kapitalleistungen nicht in Betracht kommt, weil die Parteien den Zugewinnausgleich vertraglich ausgeschlossen haben. Hier beruht der Nachteil, der mit der Zuordnung des Anrechts zum Zugewinnausgleich einhergeht und dieses ausgleichsfrei stellt, auf der Willensentschließung der Parteien, die vor dem Abschluß ihrer güterrechtlichen Vereinbarung vom beurkundenden Notar über die Rechtsfolgen belehrt und – im vorliegenden Fall – bei der Vorbereitung dieser Vereinbarung sogar anwaltlich beraten worden sind. Ob der vereinbarte Ausschluß des Zugewinnausgleichs einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht standhält oder mit Willensmängeln behaftet ist, kann dahinstehen. Etwaige Mängel könnten nämlich allenfalls auf den güterrechtlichen Ausgleich der Parteien von Einfluß sein, nicht aber dazu führen, daß der hier allein zur Entscheidung stehende Versorgungsausgleich (auch) auf das Anrecht des Ehemannes auf das Altersvorsorgekapital erstreckt wird.

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