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Volljährigenadoption – Ersetzung der Einwilligung

Volljährigenadoption: Keine Ersetzung der Einwilligung bei Vermögensbeeinträchtigung

In dem Urteil des OLG Karlsruhe ging es um die Ersetzung der Einwilligung zur Volljährigenadoption. Ein Mann wollte die Kinder seiner Lebensgefährtin adoptieren, doch seine von ihm getrennt lebende Ehefrau stimmte dem nicht zu. Das Gericht entschied, dass die Einwilligung der Ehefrau nicht ersetzt werden kann, da ihre vermögensrechtlichen Interessen und die der gemeinsamen Kinder durch die Adoption beeinträchtigt würden. Somit wurde der Antrag auf Ersetzung der Einwilligung abgewiesen, und die Kosten des Verfahrens musste der Antragsteller tragen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 UF 228/21 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Antragsteller wollte die Kinder seiner Lebensgefährtin adoptieren.
  • Die Einwilligung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau wurde für die Adoption benötigt.
  • Die Ehefrau stimmte der Adoption nicht zu, woraufhin der Antragsteller versuchte, ihre Einwilligung gerichtlich ersetzen zu lassen.
  • Das Gericht lehnte dies ab, da die Adoption vermögensrechtliche Interessen der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder beeinträchtigen würde.
  • Die Entscheidung betont die Bedeutung der vermögensrechtlichen Interessen von Ehegatten und Kindern bei Adoptionsverfahren.

Adoption im Erwachsenenalter: Rechtliche Neuerungen

Die Adoption Volljähriger stellt in der deutschen Rechtspraxis ein besonderes Verfahren dar, das nicht nur familiäre Bande stärkt, sondern auch rechtliche Herausforderungen birgt. Im Kern geht es oft um die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils, die aus verschiedenen Gründen nicht gegeben werden kann. Dieses Thema hat in der Rechtsprechung zu wegweisenden Entscheidungen geführt, welche die Flexibilität des Adoptionsrechts unterstreichen und gleichzeitig den Schutz des Kindeswohls gewährleisten.

Besonders das Oberlandesgericht Karlsruhe hat mit seinen Urteilen maßgebliche Beiträge zur Klärung dieser rechtlichen Fragen geleistet. Durch die Möglichkeit, die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, öffnet sich für viele Betroffene ein neuer Weg zur rechtlichen Anerkennung ihrer familiären Bindungen. Solche Entscheidungen verdeutlichen den Stellenwert des Kindeswohls und erlauben eine Anpassung des Verfahrens an die realen Lebensumstände der Beteiligten, was das Interesse an detaillierteren Einblicken in die jeweiligen Urteile weckt.

Wenn Sie eine Adoption planen und Rat bei Volljährigenadoption oder Adoption gegen den Willen der Eltern suchen, fordern Sie unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.“

Im Zentrum des Rechtsstreits stand der Versuch eines Mannes, die Einwilligung seiner getrennt lebenden Ehefrau zur Adoption zweier volljähriger Kinder, M. und A., zu ersetzen. Diese Kinder stammen aus der Beziehung seiner Lebensgefährtin mit einem anderen Mann. Der Antragsteller und seine Ehefrau sind seit 1981 verheiratet, leben jedoch seit 2011 getrennt. Trotz der laufenden Scheidungsverfahren in Polen und ungeklärter Vermögensfragen, insbesondere bezüglich eines gemeinsamen Wohn- und Geschäftshauses sowie Immobilien der Ehefrau in Polen, strebte der Antragsteller die Adoption an.

Volljährigenadoption vor dem Familiengericht

Das Familiengericht Überlingen hatte in erster Instanz die Zustimmung der Ehefrau zur Adoption ersetzt. Der Antragsteller argumentierte, dass keine berechtigten Interessen der Ehefrau der Adoption entgegenstünden. Er betonte, dass weder die Ehefrau noch er selbst beabsichtigten, die gemeinsame Immobilie in der Zukunft zu nutzen, welche den Kindern bereits übertragen wurde, wobei den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht eingeräumt wurde.

Rechtliche Bedenken und Beschwerde der Ehefrau

Die Ehefrau widersprach dem Antrag und führte an, dass ihre vermögensrechtlichen Interessen und die der gemeinsamen Kinder durch die Adoption beeinträchtigt würden. Sie befürchtete, dass der Antragsteller Vermögenswerte auf die Adoptivkinder übertragen könnte, was ihre Rechte und die ihrer Kinder erheblich einschränken würde. Darüber hinaus könnte die Adoption die Nutzung des Wohnrechts an der gemeinsamen Immobilie beeinflussen und die Pflichtteilsansprüche ihrer leiblichen Kinder tangieren.

Entscheidung des OLG Karlsruhe zur Ersetzung der Einwilligung

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hob den Beschluss des Familiengerichts auf und wies den Antrag des Antragstellers auf Ersetzung der Einwilligung der Ehefrau ab. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Adoption die vermögensrechtlichen Interessen der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder beeinträchtigen würde. Es wurde hervorgehoben, dass neben erbrechtlichen auch güterrechtliche und weitere vermögensrechtliche Ansprüche der Ehefrau zu berücksichtigen sind. Die Adoption würde die Anzunehmenden berechtigen, das Wohnrecht an der gemeinsamen Immobilie zu nutzen, was eine erhebliche Beeinträchtigung für die Ehefrau darstellen würde.

Gründe für die Ablehnung der Adoption

Das Gericht stellte klar, dass die Einwilligung der Ehefrau nicht ersetzt werden kann, solange berechtigte vermögensrechtliche Interessen der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder der Adoption entgegenstehen. Es wurde betont, dass eine Adoption weitreichende rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann, die eine sorgfältige Abwägung der Interessen aller Beteiligten erfordert. Die Entscheidung zeigt, dass das Wohl und die Rechte der leiblichen Kinder und des getrennt lebenden Ehegatten im Adoptionsverfahren eine wesentliche Rolle spielen.

Das OLG Karlsruhe bestätigte die Bedeutung der vermögensrechtlichen Interessen bei Adoptionsentscheidungen und schützte die Rechte der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder vor möglichen Beeinträchtigungen durch die Adoption.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist eine Volljährigenadoption und wann kommt sie zum Einsatz?

Eine Volljährigenadoption, auch Erwachsenenadoption genannt, ist ein rechtlicher Vorgang, bei dem eine volljährige Person von einer anderen volljährigen Person oder einem Paar adoptiert wird. Dieser Prozess führt dazu, dass der Adoptierte rechtlich als Kind der Adoptiveltern anerkannt wird. Die Volljährigenadoption kommt in verschiedenen Situationen zum Einsatz und hat sowohl emotionale als auch rechtliche Beweggründe.

Gründe und Einsatzgebiete

  • Emotionale Bindung: Oft liegt der Hauptgrund in der emotionalen Bindung zwischen den Beteiligten. Dies kann bei langjährigen Stief- oder Pflegeverhältnissen der Fall sein, wo bereits ein familiäres Verhältnis besteht.
  • Erbrechtliche Gründe: Die Adoption kann auch aus erbrechtlichen Motiven erfolgen, um den Adoptierten in die Erbfolge einzubeziehen und ihm die gleichen Rechte wie leiblichen Kindern zu gewähren.
  • Unternehmensnachfolge: In manchen Fällen dient die Volljährigenadoption der Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge, indem sie die rechtliche Grundlage für die Übergabe des Unternehmens an den Adoptierten schafft.
  • Aufenthaltsrechtliche Vorteile: Die Adoption kann auch dazu genutzt werden, aufenthaltsrechtliche Vorteile für den Adoptierten zu erlangen, insbesondere wenn dieser aus dem Ausland stammt.

Voraussetzungen und rechtliche Rahmenbedingungen

  • Sittliche Rechtfertigung: Die Adoption muss sittlich gerechtfertigt sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn zwischen den Beteiligten bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht oder zu erwarten ist, dass ein solches entsteht.
  • Einwilligung der Beteiligten: Sowohl die Adoptiveltern als auch der zu Adoptierende müssen der Adoption zustimmen. Bei verheirateten Personen ist zudem die Zustimmung des Ehepartners erforderlich.
  • Mindestalter: Die annehmende Person muss in der Regel mindestens 25 Jahre alt sein.
  • Notarielle Beurkundung: Der Adoptionsantrag und die Einwilligungserklärungen müssen notariell beurkundet werden.

Rechtliche Folgen

  • Erbrecht: Der Adoptierte erhält die gleiche erbrechtliche Stellung wie ein leibliches Kind der Adoptiveltern.
  • Namensänderung: In der Regel erhält der Adoptierte den Familiennamen der Adoptiveltern.
  • Unterhaltsansprüche: Mit der Adoption entstehen gegenseitige Unterhaltsansprüche zwischen dem Adoptierten und den Adoptiveltern.
  • Beendigung der rechtlichen Verwandtschaft zu den leiblichen Eltern: Bei einer sogenannten starken Adoption werden die rechtlichen Bande zu den leiblichen Eltern vollständig gekappt.

Die Volljährigenadoption ist ein komplexer rechtlicher Vorgang, der sowohl für die Adoptiveltern als auch für den Adoptierten weitreichende Konsequenzen hat. Daher ist es wichtig, sich vorab umfassend zu informieren und rechtlichen Rat einzuholen.

Wie kann die Einwilligung eines Ehepartners bei einer Adoption ersetzt werden?

Die Einwilligung eines Ehepartners in eine Adoption ist grundsätzlich erforderlich, kann aber unter bestimmten Umständen durch das Familiengericht ersetzt werden. Dies ist im § 1749 Abs. 1 S. 2 BGB geregelt. Die Ersetzung der Einwilligung ist möglich, wenn berechtigte Interessen des anderen Ehegatten und der Familie der Annahme nicht entgegenstehen.

Die Voraussetzungen für eine Ersetzung der Einwilligung sind im § 1748 BGB festgelegt. Eine Ersetzung kann erfolgen, wenn ein Elternteil gegenüber dem Kind gleichgültig ist oder seine Pflichten gegenüber dem Kind für einen längeren Zeitraum grob verletzt hat. Zudem muss das Unterbleiben der Adoption dem Kind zu einem unverhältnismäßigen Nachteil gereichen.

Das Verfahren zur Ersetzung der Einwilligung wird durch das Familiengericht durchgeführt. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form und kann beim örtlich zuständigen Familiengericht schriftlich eingereicht oder zur Niederschrift der Rechtsantragstelle erklärt werden. Das Jugendamt ist in diesem Prozess involviert und hat die Aufgabe, den Elternteil, dessen Einwilligung ersetzt werden soll, zu beraten und zu belehren.

Die Ersetzung der Einwilligung wird mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses wirksam. Für das Verfahren zur Ersetzung der Einwilligung entstehen in der Regel Kosten.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 1766a Abs. 3 Satz 1 BGB: Erlaubt einem Ehepartner die Kinder des Lebensgefährten allein zu adoptieren. In Bezug auf das Urteil ist dieser Paragraph grundlegend für den Adoptionsantrag des Antragstellers.
  • § 1766a Abs. 3 Satz 2 BGB: Bestimmt, dass für die Adoption die Einwilligung des Ehepartners notwendig ist. Dieser Aspekt ist zentral, da die Einwilligung der Ehefrau des Antragstellers ein Hauptstreitpunkt im Urteil ist.
  • § 1766a Abs. 3 Satz 3, 1749 Abs. 1 Satz 2 BGB: Beschreibt die Möglichkeit, die Einwilligung des Ehepartners durch das Gericht ersetzen zu lassen. Dies ist relevant, da der Antragsteller versuchte, die Zustimmung seiner Ehefrau gerichtlich ersetzen zu lassen.
  • § 1767 Abs. 2 BGB: Verweist darauf, dass die Regelungen für die Annahme Minderjähriger auch auf die Volljährigenadoption Anwendung finden. Dieser Paragraph ist wichtig, um zu verstehen, wie die rechtlichen Rahmenbedingungen der Volljährigenadoption gestaltet sind.
  • § 1749 Abs. 1 Satz 3 BGB: Thematisiert, dass die Einwilligung nicht ersetzt werden darf, wenn berechtigte Interessen des Ehegatten oder der Familie der Adoption entgegenstehen. Dieser Punkt ist im Urteil von Bedeutung, da die berechtigten Interessen der Ehefrau gegen die Adoption sprechen.
  • § 1093 BGB: Regelt das dingliche Wohnrecht, welches im Urteil relevant wird, da die Adoption Auswirkungen auf das Wohnrecht der Ehefrau haben könnte. Der Paragraph ist von Bedeutung, um die Einwände der Ehefrau gegen die Adoption zu verstehen.


Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 5 UF 228/21 – Beschluss vom 14.04.2023

I. Auf die Beschwerde der Ehefrau wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Überlingen vom 10.11.2021 abgeändert und in Ziffer 1 und 2 des Tenors wie folgt neu gefasst:

1. Der Antrag des Antragstellers auf Ersetzung der Einwilligung seiner Ehefrau in die Adoption von M. und A. wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Ersetzung der Einwilligung der Ehefrau des Antragstellers in eine Adoption.

Herr W. und Frau W. sind seit 1981 miteinander verheiratet.

Aus der Ehe sind die zwischenzeitlich volljährigen Kinder T., wohnhaft im Libanon, und B., wohnhaft in Australien, hervorgegangen.

Die Ehegatten leben seit dem Jahr 2011 getrennt. Im Juli 2012 stellte die Ehefrau einen Ehescheidungsantrag in Polen. Mit Urteil des Bezirksgerichts D. vom 01.12.2022 wurde die Ehescheidung ausgesprochen und das Verfahren hinsichtlich der Zuerkennung von Unterhalt zu Gunsten der Beteiligten in Anbetracht der Rücknahme der Unterhaltsforderungen eingestellt. Gegen diese Entscheidung hat die Ehefrau am 07.03.2023 Berufung eingelegt.

Die Ehegatten waren zunächst jeweils hälftige Eigentümer eines Wohn- und Geschäftshauses in P. Die Immobilie hat ca. 1.200 qm Wohn- und Nutzfläche auf einem Grundstück von 1.212 qm am Wasser mit eigenem Bootssteg. Der Antragsteller schätzt den heutigen Wert der Immobilie auf mindestens 8.000.000 €.

Im Jahr 2003 übertrugen die Ehegatten die Immobilie auf ihre Kinder T. und B. Für die erste Etage wurde den Ehegatten ein gemeinsames dingliches Wohnrecht gemäß § 1093 BGB eingeräumt. Beide Ehegatten haben ihre Hauptwohnung nicht in dieser Etage; sie haben jedoch die Möglichkeit der Nutzung.

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Die Ehefrau besitzt in Polen Immobilien in G., W. und I.

Der Antragsteller hat gemäß seiner Aufstellung für das Adoptionsverfahren Vermögen in Höhe von 5.278.500 €.

Zwischenzeitlich lebt der Antragsteller mit Frau R. zusammen, die aus einer Beziehung mit Herrn R. zwei Kinder hat, M. und A. Beide Kinder sind verheiratet.

Mit notariellem Antrag vom 30.07.2020 beantragt der Antragsteller beim Familiengericht Überlingen die Annahme von M. und von A. als Kinder von ihm im Wege einer Volljährigenadoption auszusprechen.

Da die Ehefrau des Antragstellers der Annahme nicht zustimmt, beantragt der Antragsteller im vorliegenden Verfahren mit Anwaltsschriftsatz vom 19.01.2021, die Zustimmung seiner Ehefrau in die Adoption von M. und A. zu ersetzen.

Er ist der Auffassung, dass der Einwilligung keine berechtigten Interessen der Ehefrau entgegenstehen. Die Ehe sei nur wegen Verzögerungen seiner Ehefrau noch nicht rechtskräftig geschieden. Die Wohnung in P. sei nicht tangiert, da weder er noch die Ehefrau beabsichtigen würden, diese Wohnung in Zukunft zu nutzen.

Die Ehefrau tritt dem Antrag entgegen. Sie ist der Ansicht, dass der Einwilligung vermögensrechtliche Interessen entgegenstehen. Die Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten sei noch nicht abgeschlossen. Aufgrund der steuerlichen Erleichterungen bestehe die Gefahr, dass der Antragsteller Vermögen auf die Anzunehmenden verschiebe. Die Anzunehmenden könnten das Wohnrecht nutzen, was das Wohnrecht der Ehefrau massiv beeinträchtigen würde. Eine Adoption tangiere auch die Pflichtteilsansprüche der ehelichen Kinder. Letztlich sei das Ersetzungsverfahren bereits unzulässig, da die sonstigen Voraussetzungen für die Adoption nicht vorliegen.

Daraufhin räumt der Antragsteller ein, dass das Vermögen der Ehefrau in Polen noch nicht auseinandergesetzt ist.

Nach persönlicher Anhörung des Antragstellers und seiner Ehefrau hat das Amtsgericht – Familiengericht – Überlingen mit Beschluss vom 10.11.2021 die Zustimmung der Ehefrau in die Adoption ersetzt.

Gegen diese der Ehefrau am 15.11.2021 zugestellte Entscheidung wendet sich die Ehefrau mit ihrer am 26.11.2021 beim Amtsgericht Überlingen eingegangenen Beschwerde.

Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.

Dem Senat liegt die Adoptionsakte des Amtsgerichts Überlingen vor.

Beim Amtsgericht G., Polen, ist ein Verfahren betreffend die Aufteilung des gemeinsamen beweglichen Vermögens anhängig.

Die Klage der Ehefrau von Mai 2019 auf Ungültigerklärung der Ehe wurde vom Bezirksgericht D. mit Urteil vom 22.06.2022 abgewiesen.

Für die Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde der Ehefrau ist gemäß § 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Abweisung des Antrags des Antragstellers.

a) Gemäß § 1766a Abs. 3 Satz 1 BGB kann der Antragsteller die Kinder seiner Lebensgefährtin allein annehmen. Für die Annahme bedarf es jedoch der Einwilligung seiner Ehefrau (§ 1766a Abs. 3 Satz 2 BGB), die auf Antrag des Antragstellers gemäß §§ 1766a Abs. 3 Satz 3, 1749 Abs. 1 Satz 2 BGB ersetzt werden kann. Diese Vorschriften, die die Annahme Minderjähriger betreffen, finden über die Verweisung in § 1767 Abs. 2 BGB auch auf die Volljährigenadoption Anwendung (vgl. Grüneberg/Götz, BGB, 82. Auflage 2023, § 1766a Rn. 2).

Die Einwilligung darf nicht ersetzt werden, wenn berechtigte Interessen des Ehegatten und der Familie der Annahme entgegenstehen, §§ 1767 Abs. 2, 1766a Abs. 3 Satz 3, 1749 Abs. 1 Satz 3 BGB.

aa) Welche Interessen berechtigt sind, hat der Gesetzgeber nicht weiter präzisiert.

In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 7/3061 S. 39 zu § 1749 BGB) und in der Literatur (vgl. MünchKomm/Maurer, BGB, 8. Auflage 2020, § 1749 Rn. 16; Erman/Teklote, BGB, 16. Auflage 2022, § 1766a Rn. 8) werden als berechtigte Interessen ausdrücklich unterhalts- und erbrechtliche Interessen erwähnt. Auch die Gesetzesbegründung zu § 1766a BGB (BT-Drs. 19/17154 S. 7) benennt erbrechtliche Interessen des Ehepartners, beispielsweise das Entstehen einer unzumutbaren Erbengemeinschaft zwischen Ehegatten und angenommenem Kind.

Neben unterhalts- und erbrechtlichen Interessen der Ehefrau sind aber – entgegen der Rechtsauffassung des Familiengerichts – im Rahmen der vorliegenden Volljährigenadoption auch güterrechtliche und weitere vermögensrechtliche Ansprüche der Ehefrau, die aus der Ehe herrühren, sowie vermögensrechtliche Interessen der Kinder der Ehegatten zu berücksichtigen.

Durch die ausdrückliche Erwähnung der Familie in § 1749 Abs. 1 Satz 3 BGB können auch berechtigte Interessen der Kinder der Ehegatten der Ersetzung der Einwilligung des Ehegatten entgegenstehen. Diese sind aufgrund der Sondervorschrift des § 1769 BGB darüber hinaus auch im Adoptionsverfahren selbst zu berücksichtigen. Danach darf die Annahme eines Volljährigen nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden entgegenstehen. Die für die Minderjährigenadoption in § 1745 Satz 2 BGB geregelte Einschränkung, dass vermögensrechtliche Interessen der Kinder des Annehmenden nicht ausschlaggebend sein sollen, sieht § 1769 BGB für die Volljährigenadoption nicht vor (vgl. Grüneberg/Götz, a.a.O., § 1769 Rn. 1).

Demnach sind bei der Volljährigenadoption auch im Ersetzungsverfahren vermögensrechtliche Interessen der Ehefrau und der Kinder der Ehegatten als berechtigte Interessen im Sinne des § 1749 Abs. 1 Satz 3 BGB anzuerkennen.

bb) Anders als in § 1769 BGB, wonach die Interessen der Kinder des Annehmenden im Annahmeverfahren überwiegen müssen, bedarf es im Ersetzungsverfahren keiner Abwägung der widerstreitenden Interessen, sondern es reicht aus, dass durch die Annahme die berechtigten Interessen des Ehegatten und der Familie beeinträchtigt werden. Die Vorschrift bietet daher nur einen Schutz vor einer Verweigerung der Einwilligung aus unsachlichen Gründen (vgl. Grüneberg/Götz, a.a.O., § 1749 Rn. 2).

b) Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist vorliegend die Einwilligung der Ehefrau nicht zu ersetzen.

aa) Das Familiengericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Ehefrau auf Unterhaltsansprüche gegenüber dem Antragsteller verzichtet und der Antragsteller dem Scheidungsantrag seiner Ehefrau zugestimmt hat, und demnach eigene unterhalts- und erbrechtlichen Interessen der Ehefrau nicht erkennbar betroffen sind (vgl. § 1933 Satz 1 BGB).

bb) Die Gefahr, dass Vermögenswerte bis zum Abschluss der gerichtlichen Verfahren verschoben werden, besteht unabhängig von einer Adoption. Sie erhöht sich zwar durch die zusätzlichen steuerlichen Freibeträge. Jedoch könnte die Ehefrau insoweit zur Absicherung eventueller eigener Ansprüche Schutzmaßnahmen beantragen. Solche hat – nach Vortrag der Ehefrau – der Antragsteller hinsichtlich der Vermögenswerte der Ehefrau ergriffen, indem er ihr Vermögen in Polen mit einer Zwangssicherung belegt hat.

cc) Vorliegend wird die Ehefrau jedoch durch einen Ausspruch der Annahme der Kinder in ihrem Interesse an der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit dem Antragsteller in erheblichem Maße beeinträchtigt.

Die Ehefrau besitzt zusammen mit dem Antragsteller ein dinglich gesichertes Wohnrecht gemäß § 1093 BGB an der Immobilie in P. Im Falle einer Adoption würden die Anzunehmenden als Familie des Annehmenden gelten und über § 1093 Abs. 2 BGB wohnberechtigt werden. Sie könnten dann ohne besondere Gestattung durch die Ehefrau oder ihre Kinder, die Eigentümer der Immobilie sind, vom Antragsteller in der Wohnung aufgenommen werden und dürften auch nach einem Auszug des Antragstellers ggf. dort wohnen bleiben (vgl. Grüneberg/Herrler, a.a.O., § 1093 Rn. 12).

Dies schränkt – worauf auch das Familiengericht zutreffend hingewiesen hat – das der Ehefrau zustehende Wohnrecht erheblich ein. Die Ehefrau müsste sich dann die Wohnung nicht nur mit dem Antragsteller, sondern auch mit den Anzunehmenden teilen.

Soweit der Antragsteller vorträgt, er selbst habe kein Nutzungsinteresse mehr an der Wohnung, und die Überlegungen, die Anzunehmenden könnten die Wohnung nutzen, seien völlig abwegig, da beide ihren Lebensmittelpunkt woanders hätten, beseitigt dies nicht die Beeinträchtigung der Ehefrau. Der Wert des Wohnrechts, der sich für die Ehefrau durch eine Adoption aufgrund des Nutzungsrechts der Familie verringern würde, spielt nämlich auch aus Sicht des Antragstellers eine Bedeutung in der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung. So führte der Antragsteller im Adoptionsverfahren aus, dass er über das Wohnrecht derzeit nicht verfügen wolle, da die Existenz und die Bewertung des Wohnrechts noch eine Rolle in der vermögensrechtlichen Abwicklung der Ehescheidung spiele. Mit dieser Aussage machte er deutlich, dass er das Wohnrecht zur Durchsetzung seiner eigenen finanziellen Interessen nutzen will.

dd) Vorliegend ist es der Ehefrau auch nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf ihre vermögensrechtlichen Interessen zu berufen. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Ehescheidung und die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der Eheleute nur einseitig von der Ehefrau verzögert wird. Zuletzt hat nämlich der Antragsteller im Sommer 2022 dem Angebot des polnischen Gerichts, im Rahmen einer Mediation eine umfassende Einigung aller streitigen Verfahren zwischen den Eheleuten zu erreichen, nicht zugestimmt. Die Ehefrau war hingegen mit der Mediation einverstanden.

ee) Zumindest solange während des Fortbestands der Ehe eine Lösung für das gemeinsame Wohnrecht nicht gefunden ist, stehen bereits berechtigte vermögensrechtliche Interessen der Ehefrau der Einwilligung entgegenstehen. Eventuelle berechtigte Interessen ihrer Kinder brauchen somit nicht erörtert werden.

c) Ob darüber hinaus die weiteren Voraussetzungen für den Ausspruch der Annahme der Kinder M. und A. vorliegen oder nicht, kann im vorliegenden Ersetzungsverfahren dahingestellt bleiben.

Insoweit wurden die Beteiligten jedoch bereits mit Beschluss vom 08.12.2022 darauf hingewiesen, dass die Annahme von Kindern des nichtehelichen Partners eine verfestigte Lebensgemeinschaft voraussetzt, die gemäß §§ 1767 Abs. 2, 1766a Abs. 2 Satz 2 BGB in der Regel nicht vorliegt, wenn ein Partner mit einem Dritten verheiratet ist. Weiterhin könnte vorliegend die nach Aktenlage intakte Beziehung der anzunehmenden Kinder zu ihrem leiblichen Vater der Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses mit dem Antragsteller im Sinne von § 1767 Abs. 1 BGB und damit dem Ausspruch der beantragten Adoption entgegenstehen (vgl. BGH FamRZ 2021, 1897, juris Rn. 33).

III.

1. Von einer erneuten persönlichen Anhörung der Beteiligten sieht der Senat ab, weil diese bereits in der ersten Instanz ausführlich angehört wurden und von einer erneuten Anhörung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

3. Die Festsetzung des Verfahrenswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40, 42 Abs. 3 FamGKG.

4. Beteiligte des Ersetzungsverfahrens sind nur die Ehegatten.

5. Die Entscheidung des Senats beruht auf einer Anwendung allgemein anwendbarer Rechtsgrundsätze im Einzelfall und wirft keine rechtsgrundsätzlichen Probleme auf. Die Rechtsbeschwerde ist deshalb nicht gemäß § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen.

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