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Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen

FG Düsseldorf

Az: 12 K 4964/04 E

Urteil vom 27.10.2006


Unter Änderung des Bescheids vom 13.12.2002 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28.7.2004 wird die Einkommensteuer der Kläger für 2001 auf 2.282,92 EUR (= 4.465,00 DM) festgesetzt.

Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand:

Die Kläger wurden als Eheleute für 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Streitig ist, in wieweit sie Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen können.

Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass von den ursprünglich streitigen Aufwendungen des Ehemanns in Höhe von 47.105,- DM ein Betrag in Höhe von 36.827,- DM als Werbungskosten abzugsfähig ist und von den ursprünglich streitigen Aufwendungen der Ehefrau in Höhe von 6.688,- DM ein Betrag in Höhe von 6.143,- DM. Umstritten ist geblieben, ob und ggf. inwieweit diese Beträge auf Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) einerseits und auf private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG andererseits aufzuteilen sind.

Die Kläger machen geltend, diese Beträge seien in vollen Umfang bei Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig. Das Finanzamt folgt dem nur teilweise nämlich hinsichtlich der Depotgebühren (jeweils 650,42 DM für Ehemann und Ehefrau sowie ein weiterer Betrag in Höhe von 1.540,43 DM für den Ehemann sowie jeweils 240,- DM für Ehemann und Ehefrau). Die übrigen Beträge seien hingegen nur zu 75 % den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen und im übrigen privaten Veräußerungsgeschäften.

Bei diesen übrigen Beträgen handelt es sich um Vermögensverwaltungsgebühren, die die Kläger an die „A“ AG („A“ AG) zahlten. Im Einzelnen war zwischen den Klägern und der „A“ AG vereinbart:

„…
Umfang der Individuellen Vermögensverwaltung
Der Mandant bevollmächtigt die „A“ AG, die Verwaltung der Vermögenswerte im Namen und auf Rechnung des Mandanten durchzuführen. Bei Einzelpositionen sind keine weiteren Weisungen oder Zustimmungen des Mandaten erforderlich.

Die „A“ AG ist insbesondere befugt, in jeder Weise über die Vermögenswerte zu verfügen, Käufe auf Verkäufe vorzunehmen, Wertpapiere umzutauschen oder zu konvertieren, Bezugsrechte auszuüben, zu verkaufen oder zu kaufen, Devisen anzuschaffen oder zu veräußern sowie alle übrigen Maßnahmen auszuführen, die bei der Verwaltung der Vermögenswerte zweckmäßig und sinnvoll erscheinen.

Die „A“ AG ist weiterhin berechtigt, Termin- und Optionsgeschäfte an in- und ausländischen Terminbörsen sowie Optionsscheingeschäfte, denen Wertpapiere, Devisen oder Indizes als Basiswert zugrundeliegen, zu tätigen. …

Vergütung
Für die Erbringung der Leistungen aus diesem Vertrag erhält die „A“ AG eine Verwaltungsvergütung von 0,65 % zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt also 0,75 % pro anno bezogen auf den jeweiligen Vermögenswert am Ende eines Kalenderhalbjahrs. …“

Die Kläger beantragen,
wie erkannt.

Das Finanzamt beantragt,
die Klage – soweit sie über das Ergebnis der tatsächlichen Verständigung hinausgeht – abzuweisen.

Zur Begründung beruft es sich auf 11.3. der Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf – S 2210 A – St 212 (D), S 2210- 10 – St 222 (K) und Münster – S 2128 -30 – St 22 – 33 zu Vermögensverwaltungsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften, jeweils vom 28.10.2004 (Der Betrieb – DB – 2004,2450 ff.).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für 2001 ist rechtswidrig, soweit das Finanzamt beim Ehemann statt 36.827,00 DM nur 23.261 ,00 DM an Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannt hat und bei der Ehefrau statt 6.143,00 DM nur nur 3.343,00 DM; hierdurch sind die Kläger in ihren Rechten verletzt.

Die Beträge von 36.827,00 DM und 6.143,00 DM sind jeweils in voller Höhe den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Sie sind für die Verwaltung von Vermögenswerten entstanden, mit denen die Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt haben. An einer entsprechenden Einkunftserzielungsabsicht bestehen keine Bedenken.

Unbeachtlich ist, dass es auch zu privaten Veräußerungsgeschäften gekommen ist. Hierfür ist den Klägern keine Vergütung in Rechnung gestellt worden. Vereinbart war lediglich eine pauschale Vergütung und nur eine solche ist von den Klägern auch tatsächlich verlangt worden. Dass diese pauschale Vergütung auch Aktivitäten für private Veräußerungsgeschäfte abdeckte, bleibt außer Betracht. Es fehlt insoweit an zuverlässigen Abgrenzungsmerkmalen – ein auf die privaten Veräußerungsgeschäften entfallender Anteil lässt sich nicht eindeutig bestimmen. Gerade dies ist aber für eine Aufteilung zu Einkünften aus Kapitalvermögen einerseits und zu privaten Veräußerungsgeschäften andererseits erforderlich (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 21.7.1981 VIII R 154/76, Bundessteuerblatt – BStBI – II 1982,37; siehe auch BFH-Urteil vom 8.7.2003 VIII R 43/01 , BStBI II 2003, 937).

Ein dementsprechend geeigneter Aufteilungsmaßstab ergibt sich auch nicht aus 11.3. der Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf – S 2210 A – St 212 (D), S 2210- 10 – St 222 (K) und Münster – S 2128 – 30 – St 22 – 33 zu Vermögensverwaltungsgebühren als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und aus privaten Veräußerungsgeschäften, jeweils vom 28.10.2004 (Der Betrieb – DB – 2004,2450 ff.). Dort wird zwischen Bestandsverwaltung und Umschichtung des Vermögens unterschieden: Mit der Vermögensverwaltungsgebühr werde die Leistung zur Bestandsverwaltung (z.B. Überwachung von Dividenden- und Zinszahlungen; Teilnahme an Hauptversammlungen) und zur Umschichtung des Vermögens (Entscheidung über An- und Verkäufe; Entscheidung, die Kapitalanlage zu halten mit der Absicht, spätere Wertsteigerungen zu realisieren) vergütet. Die … verbleibende Vermögensverwaltungsgebühr könne daher auf diese beiden Tätigkeitsschwerpunkte aufgeteilt werden, wobei aufgrund von Erfahrungen in der Praxis eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 erfolgen könne. Soweit die Leistungen mit der Bestandverwaltung zusammenhingen, lägen grundsätzlich Werbungskosten aus § 20 EStG vor. Der Anteil „Umschichtung“ sei nach den Verkaufpreisen für steuerpflichtige private Veräußerungsgeschäfte und für nicht steuerbare Umschichtungen aufzuteilen. Die insoweit auf die Einkünfte aus § 23 EStG entfallenden Aufwendungen seien den Werbungskosten aus § 23 EStG zuzuordnen. Die Umschichtungskosten, die mit nicht steuerbaren Veräußerungen zusammenhingen, stellten regelmäßig Werbungskosten aus § 20 EStG dar.

Es ist schon nicht nachvollziehbar, welche Erfahrungen in der Praxis eine Aufteilung im Verhältnis 50 : 50 nahelegen könnte. Denkbar und gerichtsbekannt auch tatsächlich so gehandhabt sind zahlreiche zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zur Bemessung eines Entgelts für die Vermögensverwaltung: So kommt es nicht nur – wie hier – zu Pauschalvergütungen. Ebenso wird zwischen Bestandsverwaltung und „Umschichtung“ getrennt und für beide Bereiche eine gesonderte Vergütung vereinbart, für die „Umschichtung“ vielfach eine Art Provision – wobei es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten bei der Höhe der jeweiligen Vergütung gibt. Bei einer solchen Gemengelage erscheinen praktische Erfahrungen mit dem Ergebnis eines bestimmten Aufteilungsmaßstabs kaum möglich – eine empirisch gesicherte Grundlage dürfte nichtvorhanden sein.

Ebensowenig ist nachvollziehbar, welche Erfahrungen in der Praxis eine Aufteilung des Vermögensverwaltungsentgelts für den Bereich der Umschichtung an hand des Kriteriums der Verkaufspreise bei den steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäften einerseits und den nicht steuerbaren Umschichtungen andererseits nahelegen könnten. Im Übrigen erschiene ein solche Aufteilungsmaßstab auch nicht schlüssig. Denn Anlass für das Vermögensverwaltungsentgelt für den Bereich der Umschichtung soll – so die Erwägungen der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster – der Aufwand für die Entscheidung über An- und Verkäufe und die Entscheidung, die Kapitalanlage zu halten mit der Absicht, spätere Wertsteigerungen zu realisieren sein. Dieser Aufwand kommt jedoch nicht zwingend durch die in einem Veranlagungszeitraum erzielten Verkaufspreise zum Ausdruck. Entsprechender Aufwand kann nämlich auch dann entstehen, wenn es zu keinen Veräußerungen kommt – sei es bei den steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäften einerseits oder den nicht steuerbaren Umschichtungen andererseits oder gar in beiden Bereichen.

Konsequenzen: Würde nur im Bereich der steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäfte verkauft, wäre das Vermögensverwaltungsentgelt in vollem Umfang den privaten Veräußerungsgeschäften nach § 23 EStG zuzuordnen, obgleich der Aufwand im Bereich der nicht steuerbaren Umschichtungen möglicherweise ganz erheblich war und den Aufwand im Bereich der steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäfte gar deutlich überstieg – und umgekehrt. Der Aufteilungsmaßstab der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf und Münster bietet damit keine geeignete Schätzungsgrundlage – erst recht nicht, wenn in einem Veranlagungszeitraum überhaupt keine Verkäufe getätigt wurden. Sie stellt mit dem Verkaufspreis auf ein Abgrenzungskriterium ab, dass für die Bemessung des Vermögensverwaltungsentgelts in der Gestalt einer Pauschale wie hier nicht maßgebend gewesen ist und auch nicht maßgebend werden kann, weil die Höhe der Pauschale eben von etwaigen Verkaufspreisen unabhängig ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 136 Abs. 1 Satz 3, 139 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

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