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Willkürlichkeit eines Verweisungsbeschlusses

LG Berlin, Az.: 52 AR 248/15, Beschluss vom 09.11.2015

Das Amtsgericht Charlottenburg wird als das zuständige Gericht bestimmt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit der vor dem Amtsgericht Wedding erhobenen Klage von der Beklagten, Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus einem mit der Beklagten geschlossenen Werbevertrag, welcher unter anderem die Erstellung von sog. Templates mit Bildmaterial und die dafür erforderlichen Bild-Lizenzen vorsah. Gegenstand des Rechtsstreits ist, dass der Kläger, der die Templates mit dem Bildmaterial online gestellt hatte, von den damit beworbenen Kandidaten auf Schadensersatzersatz in Anspruch genommen worden war, weil diese wegen Urheberrechtsverletzungen an dem Bildmaterial von Dritten in Anspruch genommen worden waren. Im Rahmen der behaupteten Pflichtverletzung ist darüber zu entscheiden, ob die Beklagte über die erforderlichen Bildlizenzen verfügte.

Die Beklagte hat ihren Sitz in der … Berlin und damit im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Wedding.

Mit der Klageerwiderung rügte die Beklagte die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wedding mit der Begründung, es handele sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Gebiet des Urheberrechts, für welche gemäß § 7 der Zuweisungsverordnung über die amtsgerichtlichen Zuständigkeiten allein das Amtsgericht Charlottenburg zuständig sei. Sinn und Zweck dieser Zuweisungsnorm sei es, dass Spezialwissen an bestimmten Gerichten fruchtbar gemacht werde, weshalb die Zuweisungsnorm auch weit auszulegen sei. Sie erfasse damit jegliche Rechtsstreitigkeiten, bei denen hauptsächlich materielles Urheberrecht zu prüfen sei. Der Kläger erklärte hieraufhin, er gehe von einer Zuständigkeit des Amtsgerichts Wedding aus, da es sich um einen Anspruch wegen Verletzung von Pflichten aus dem Werbevertrag gehe, stellte aber hilfsweise Verweisungsantrag an das Amtsgericht Charlottenburg.

Willkürlichkeit eines Verweisungsbeschlusses
Symbolfoto: Proxima Studio/Bigstock

Mit Beschluss vom 30. September 2015 hat sich das Amtsgericht Wedding für unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Charlottenburg verwiesen mit der Begründung, dass es sich um ein Verfahren nach dem Urheberrecht handele, für das es gemäß § 7 BerlZuwVO ausschließlich zuständig sei. Dies begründete es damit, dass der Beklagtenvertreter zutreffend darauf hingewiesen habe, dass der Schwerpunkt des Rechtsstreits in der Frage begründet sei, ob eine Verletzung von Urheberrechten gegeben sei, so dass es hauptsächlich auf die Prüfung materiellen Urheberrechts ankomme, welches in die Spezialzuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg falle. Streitgegenstand sei ein Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Urheberrechtsverstöße bei der Erstellung der streitgegenständlichen Templates. Das Amtsgericht Charlottenburg hat sich mit Beschluss vom 14. Oktober 2015 ebenfalls für unzuständig erklärt und die Sache dem Landgericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt. Es vertritt die Auffassung, dass es sich nicht um eine Urheberrechtssache im Sinne des § 7 BerlZuwVO handele. Ermächtigungsnorm für die Zuweisung sei § 105 Abs. 2 UrhG.

Urheberrechtsstreitigkeiten seien nach der Legaldefinition des § 104 Satz 1 UrhG alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse. Zweck der Konzentration solcher Streitsachen bei bestimmten Landgerichten und Amtsgerichten sei die besondere Sachkunde des auf Urheberrechtssachen spezialisierten Gerichts. Bedürfe es keines solchen Sachverstandes sei eine Ausdehnung der Zuständigkeit des für Urheberrechtssachen zuständigen Gerichts nicht gerechtfertigt. So liege es hier, wo Schadensersatz aus der Verletzung von Nebenpflichten aus einem Dienst/Werkvertrag begehrt werde.

II.

Die Vorlage des Amtsgerichts Charlottenburg ist gemäß § 36 Abs.1 Nr. 6 ZPO zulässig, insbesondere ist das Landgericht Berlin als im Rechtszug nächst höhere Gericht zur Entscheidung über den gestellten Zuständigkeitsbestimmungsantrag berufen. Die Kammer folgt der Auffassung, dass es zur Bestimmung des zuständigen Gerichts keines Gesuchs einer Partei bedarf, sondern aus Gründen der Prozessökonomie die Vorlage durch ein Gericht ausreicht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., Rdnr. 2 zu § 37 ZPO m.w.N.).

Auf die Vorlage des Amtsgerichts Charlottenburg war dieses Gericht als das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen.

Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wedding ist für das Amtsgericht Charlottenburg gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO bindend. Die Bindungswirkung greift grundsätzlich auch dann ein, wenn der Beschluss unrichtig oder verfahrensfehlerhaft ist (BGHZ 102, 338, 341). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist einem Verweisungsbeschluss lediglich dann die Bindungswirkung zu versagen, wenn die Verweisung auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er jeder Grundlage entbehrt und sich deshalb als willkürlich erweist (BGH NJW 1993, 1273; BGHZ 71, 69, 72 m.w.N.; Zöller/Greger a.a.O., Rdnr. 17 zu § 281 ZPO). Für die Annahme von Willkür braucht sich das verweisende Gericht nicht bewusst über Tatsachen oder Rechtsnormen hinweggesetzt zu haben. Weicht es aber von der Gesetzeslage bzw. der ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ab, dann muss es dies wenigstens gesehen und die eigene Auffassung begründet haben (KG, KGR 1999, 242, 243; BGH NJW 1993, 1273; Zöller/Greger a.a.O.).

Danach kann hier nicht von Willkür ausgegangen werden, denn der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Wedding enthält eine hinreichende und im Ergebnis jedenfalls vertretbare Begründung dafür, weshalb es sich bei dem Rechtsstreit um eine „Rechtsstreitigkeit auf dem Gebiet des Urheberrechts“ nach § 7 der Zuweisungsverordnung Berlin handelt, für die das Amtsgericht Charlottenburg ausschließlich zuständig wäre. Das Amtsgericht Wedding verweist in im Verweisungsbeschluss darauf, dass es in diesem Rechtsstreit schwerpunktmäßig um die Verletzung von Urheberrechten gehe, weshalb es maßgeblich auf die Prüfung materiellen Urheberrechts ankomme, was in die Spezialzuständigkeit des Amtsgerichts Charlottenburg falle. Zwar spricht mehr für die Auffassung des Amtsgerichts Charlottenburg, wonach der Verordnungsgeber auch bei der Zuweisung der „Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet des Urheberrechts“ iSd § 7 der Zuweisungsverordnung an die Legaldefinition des § 104 UrhG anknüpfen wollte, wonach Urheberrechtsstreitsachen solche Rechtsstreitigkeiten sind, durch die ein Anspruch aus einem im Urheberrechtsgesetz geregelten Rechtsverhältnis geltend gemacht wird. Dies ist hier, wie auch das verweisende Gericht erkannt hat, nicht der Fall, da ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus einem Werbevertrag geltend gemacht werden. Allerdings ist im Rahmen der behaupteten Pflichtverletzung wegen der Nichtverschaffung geschuldeter Lizenzen Urheberrecht zu prüfen. Insoweit ist bei den Anspruchsvoraussetzungen durchaus die besondere Sachkunde eines auf Urheberrechtssachen Gerichts gefordert. Unter diesem Umständen kann nicht von Willkür ausgegangen werden, wenn das Amtsgericht Wedding mit der Begründung, dass der Schwerpunkt des Rechtsstreits in der Frage begründet sei, ob eine Verletzung von Urheberrechten gegeben sei, so dass es hauptsächlich auf die Prüfung materiellen Urheberrechts ankomme, die Sache unter Verweis auf § 7 der Zuweisungsverordnung an das mit der besonderen Sachkunde in Urheberrechtsstreitigkeiten ausgestattete Amtsgericht Charlottenburg verweist.

Deshalb war das Amtsgericht Charlottenburg als das örtlich zuständige Gericht zu bestimmen.

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