Zusammenfassung:
Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Schadensersatzansprüchen eines Krematoriumbetreibers gegen einen Arbeitnehmer, der Zahngold über mehrere Jahre hinweg entgegen einer dienstlichen Anweisung entwendet hat. Wer ist Eigentümer des Zahngolds? Steht dem Krematoriumbetreiber ein Schadensersatzanspruch zu? In welcher Höhe hat sich der Arbeitnehmer ersatzpflichtig gemacht?
Bundesarbeitsgericht
Az: 8 AZR 655/13
Urteil vom 21.08.2014
Tenor
Auf die Revision des Beklagten zu 1. wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 26. Juni 2013 – 5 Sa 110/12 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche, die die Klägerin wegen der Wegnahme und Verwertung von Zahngold aus Krematoriumsasche geltend macht.
Die Klägerin, eine Anstalt öffentlichen Rechts, war bis Ende 2009 Betreiberin ua. des Krematoriums H. Seit Anfang des Jahres 2010 wird dieses von einer Tochtergesellschaft – der H K GmbH (im Folgenden: Tochtergesellschaft HK) – betrieben. Der Beklagte zu 1. war seit 1995 in dem Krematorium bei der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Jedenfalls bis Mai 2005 bediente der Beklagte zu 1. die Einäscherungsanlage, seit Juni 2005 war er überwiegend im Büro der Anlage tätig.
Die mit der Einäscherung betrauten Beschäftigten hatten den Vorgaben der Klägerin (in Form von Richtlinien und Anweisungen zum Umgang mit Zahngold und anderen Wertgegenständen) zufolge im Anschluss an die Verbrennung die Aschereste auf Edelmetalle und Implantate zu untersuchen. Zahngold war sodann in ein dafür vorgesehenes Tresorbehältnis zu legen. Der Beklagte zu 1. war – jedenfalls auch – zuständig für die Entleerung des Tresorbehältnisses, das Wiegen entnommenen Edelmetalls, das Führen eines Kontrollbuchs zur Dokumentation der Entnahmen und die Verwahrung des Schlüssels für das Tresorbehältnis. Ab dem Jahre 2003 wurden die Beschäftigten der Klägerin mehrfach schriftlich darauf hingewiesen, dass Wertgegenstände Verstorbener nicht privat einbehalten werden dürfen.
Ab Oktober 2009 erhielt die Klägerin Hinweise auf Unregelmäßigkeiten und benachrichtigte die Polizei. Im Zuge eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen schweren Bandendiebstahls, Störung der Totenruhe und Verwahrungsbruchs erstellte Videoaufnahmen zeigten laut einem polizeilichen Vermerk, dass Beschäftigte des Krematoriums die Asche der Verstorbenen gezielt nach Gegenständen durchsuchten, „um diese selektierten Gegenstände anschließend zu entwenden“. Bei Hausdurchsuchungen wurden Zahngold aus Kremierungsrückständen und erhebliche Geldbeträge gefunden, sowie in der gemeinsamen Wohnung des Beklagten zu 1. und seiner Lebensgefährtin – der Beklagten zu 2. – ua. Unterlagen über Verkäufe von Edelmetall. Daraufhin kündigte die hiesige Klägerin dem Beklagten zu 1. im Oktober 2010 fristlos. Eine gegen diese Kündigung erhobene Klage blieb erfolglos.
Die Klägerin macht mit ihrer gesamtschuldnerisch gegen beide Beklagte gerichteten Klage zuletzt noch Schadensersatzansprüche für den Zeitraum von 2003 bis 2009 geltend. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit gegen die zwischenzeitlich verstorbene Beklagte zu 2. nach § 246 ZPO ausgesetzt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte zu 1. sei ihr wegen Verletzung seiner Vertragspflichten zum Schadensersatz verpflichtet. An dem nach Einäscherung herrenlosen Zahngold habe sie im Wege der Aneignung nach § 958 Abs. 1 BGB Eigentum erworben. Die Erlöse aus den Zahngoldverkäufen seien in der Vergangenheit an soziale Einrichtungen gespendet worden. Ein vorrangiges Aneignungsrecht Dritter bestehe nicht. Jedenfalls hätten Angehörige wie Erben zumindest konkludent auf eine Geltendmachung verzichtet. Vorsorglich habe sie sich ermächtigen lassen, mögliche Schadensersatzansprüche auch der Tochtergesellschaft HK gerichtlich geltend zu machen.
Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten zu 1. zuletzt beantragt,
ihn zu verurteilen, an die Klägerin insgesamt 255.610,41 Euro mit gestaffelten Zinsläufen zu zahlen.
Der Beklagte zu 1. hat Klageabweisung beantragt. Er bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin. Wenn überhaupt, dann könne nur die Tochtergesellschaft HK Ansprüche geltend machen. Jedenfalls sei der Klägerin kein Schaden entstanden. Sie habe kein Eigentum an dem Zahngold erworben. Eventuelle Ansprüche seien verjährt.
Das Arbeitsgericht hat die Schadensersatzklage, soweit sie gegen den Beklagten zu 1. gerichtet ist, mit Teilurteil abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr in der zuletzt beantragten Höhe stattgegeben. Betreffend eines weitergehenden Anspruchs – iHv. 18.072,56 Euro für das Jahr 2010 – hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der nur für ihn zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte zu 1. seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Beklagten zu 1. ist begründet. Das angegriffene Urteil ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die Berufung des Beklagten zu 1. nicht zurückgewiesen werden, da die Aktivlegitimation der Klägerin nicht feststeht. Mangels ausreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte der Senat nicht abschließend entscheiden.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin habe gegenüber dem Beklagten zu 1. einen Schadensersatzanspruch im Umfang des ihm und der Beklagten zu 2. in der Zeit von Mai 2003 bis Ende 2009 zugeflossenen Erlöses aus Verkäufen von Dentalscheidgut.
Dieser Anspruch ergebe sich zwar weder aus § 823 BGB noch aus einer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten. Dafür fehle es an einem der Klägerin entstandenen Schaden. Sie habe an dem in der Asche verbliebenen Edelmetall kein Eigentum erlangt. Eine Aneignung herrenloser Sachen nach § 958 Abs. 1 BGB durch Inbesitznahme scheide wegen einer Verletzung des vorrangigen Aneignungsrechts der Erben oder der Totenfürsorgeberechtigten (§ 958 Abs. 2 BGB) aus. Ein konkludenter Verzicht der vorrangig Aneignungsberechtigten könne nicht angenommen werden, denn diese gingen regelmäßig davon aus, dass die Asche mit allen ihren Bestandteilen in die Urne gelange.
Jedoch folge aus einer entsprechenden Anwendung des Auftragsrechts (§ 667 ff. BGB) ein Herausgabeanspruch der Klägerin bzw. hafte der Beauftragte bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe auf Schadensersatz (§ 280 BGB). Auch wenn Arbeitnehmer nicht im Sinne von § 662 BGB unentgeltlich tätig würden, enthielten die auftragsrechtlichen Bestimmungen allgemeine Grundsätze, die auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden seien. Ein Herausgabeanspruch könne vorliegend sowohl nach § 667 Alt. 1 BGB als auch nach § 667 Alt. 2 BGB bestehen. Da das erlangte bzw. erhaltene Edelmetall zur weiteren Verarbeitung unter Einschmelzen veräußert worden sei, habe der Beklagte zu 1. den Herausgabeanspruch der Klägerin vorsätzlich unmöglich werden lassen, weshalb die Klägerin nach § 280 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch habe. Dieser sei nicht verjährt.
Für das Jahr 2010 hat das Landesarbeitsgericht einen Anspruch der Klägerin verneint und insoweit die Revision nicht zugelassen. Die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft HK zu Beginn des Jahres 2010 könne als Betriebsübergang und Arbeitgeberwechsel iSd. § 613a BGB zu qualifizieren sein. Zu einem damit ggf. verbundenen Gläubigerwechsel habe die Klägerin selbst auf Nachfrage keine Angaben gemacht. Eine nur schriftsätzlich vorgetragene Ermächtigung sei „rechtlich nicht weiterführend“.
B. Die Revision des Beklagten zu 1. ist begründet. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Zwar hat das Landesarbeitsgericht in der Sache richtig und mit zutreffender Begründung erkannt, dass der Arbeitgeber als Betreiber des Krematoriums grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch hat, wenn ein Arbeitnehmer Zahngold aus Kremierungsrückständen an sich nimmt. Jedoch hat es außer Acht gelassen, dass die Frage eines Betriebs(teil)übergangs und damit zusammenhängend die der Aktivlegitimation der Klägerin nicht nur für Ansprüche bezüglich des Jahres 2010, sondern auch bezüglich des Zeitraums 2003 bis einschließlich 2009 von entscheidungserheblicher Bedeutung ist.
I. Ob die Klägerin für den Zeitraum von 2003 bis 2009 für die Klage aktiv legitimiert ist, kann der Senat nicht entscheiden, da es dafür weiterer Feststellungen durch das Tatsachengericht bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Aktivlegitimation der Klägerin für den Zeitraum von 2003 bis 2009 infolge eines Betriebs(teil)übergangs entfallen ist. Mangels dafür erforderlicher Feststellungen des Landesarbeitsgerichts konnte in der Revisionsinstanz über diese offene Frage nicht entschieden werden.
a) Das Landesarbeitsgericht hat es aufgrund des Parteivortrags für möglich gehalten, dass die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft HK zu Beginn des Jahres 2010 die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a BGB erfüllt und in diesem Zusammenhang den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch bezogen auf das Jahr 2010 abgewiesen. Damit hat es seiner eigenen Feststellung widersprochen, wonach der Beklagte zu 1. „bei der Klägerin bis zum 20. Oktober 2011 (zutreffend wohl eigentlich 2010) beschäftigt“ war und das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung der Klägerin endete. Sollte das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1. zum 1. Januar 2010 – ggf. widerspruchslos – auf die Tochtergesellschaft HK als neue Betriebsinhaberin übergegangen sein, könnte es nicht gleichzeitig mit der Klägerin bis zu einer von dieser erklärten Kündigung weiterbestanden haben.
Solcherart in sich widersprüchliche Feststellungen sind für das Revisionsgericht nicht bindend (vgl. BGH 21. Juni 2005 – VI ZR 238/03 – zu II 2 c der Gründe; 13. April 1988 – VIII ZR 199/87 – zu 2 b der Gründe).
b) Die Frage, ob zu Beginn des Jahres 2010 ein Betriebs(teil)übergang iSd. § 613a BGB erfolgt ist und das Arbeitsverhältnis des Beklagten zu 1. infolgedessen von der Klägerin als bisheriger Arbeitgeberin auf die Tochtergesellschaft HK als neuer Betriebsinhaberin kraft Gesetzes übergegangen ist, konnte nicht offen bleiben. Die Aktivlegitimation der Klägerin hängt davon ab.
aa) Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang iSv. § 613a Abs. 1 BGB und im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine bestehende wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (vgl. nur EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] Rn. 30 mwN; BAG 20. März 2014 – 8 AZR 1/13 – Rn. 17 mwN; 15. Dezember 2011 – 8 AZR 197/11 – Rn. 39). Dabei muss es um eine auf Dauer angelegte Einheit gehen, deren Tätigkeit nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt ist. Um eine solche Einheit handelt es sich bei jeder hinreichend strukturierten und selbständigen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck (EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] Rn. 31 f. mwN). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (näher EuGH 15. Dezember 2005 – C-232/04 und C-233/04 – [Güney-Görres und Demir] Rn. 35 mwN, Slg. 2005, I-11237; BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 1069/12 – Rn. 21 mwN). Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden (im Einzelnen zu den Prüfkriterien und zur vorzunehmenden Gesamtbewertung: BAG 22. Mai 2014 – 8 AZR 1069/12 – Rn. 21 – 23).
Ohne Bedeutung ist, ob das Eigentum an den eingesetzten Betriebsmitteln übertragen worden ist (vgl. EuGH 20. November 2003 – C-340/01 – [Abler ua.] Rn. 41 mwN, Slg. 2003, I-14023; BAG 11. Dezember 1997 – 8 AZR 426/94 – zu B I der Gründe, BAGE 87, 296). Der Begriff „durch Rechtsgeschäft“ des § 613a BGB ist wie der Begriff „durch vertragliche Übertragung“ in Art. 1 Abs. 1a der Richtlinie 2001/23/EG (dazu ua. EuGH 7. März 1996 – C-171/94 – [Merckx und Neuhuys] Rn. 28, Slg. 1996, I-1253; 6. September 2011 – C-108/10 – [Scattolon] Rn. 63, Slg. 2011, I-7491) weit auszulegen, um dem Zweck der Richtlinie – dem Schutz der Arbeitnehmer bei einer Übertragung ihres Unternehmens – gerecht zu werden. So ist es nicht erforderlich, dass zwischen Veräußerer und Erwerber unmittelbar vertragliche Beziehungen bestehen; die Übertragung kann auch unter Einschaltung eines Dritten, wie zB des Eigentümers oder des Verpächters, erfolgen (ua. EuGH 20. November 2003 – C-340/01 – [Abler ua.] Rn. 39 mwN, aaO).
Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit die Vorrausetzungen des § 613a BGB erfüllt sind, der Übergang eines Betriebsteils gleich. Dies ist unabhängig davon, ob die übergegangene wirtschaftliche Einheit ihre Selbständigkeit innerhalb der Struktur des Erwerbers bewahrt oder nicht (vgl. EuGH 6. März 2014 – C-458/12 – [Amatori ua.] Rn. 30 ff. mwN; 12. Februar 2009 – C-466/07 – [Klarenberg] Rn. 50, Slg. 2009, I-803; BAG 20. März 2014 – 8 AZR 1/13 – Rn. 18; 22. Mai 2014 – 8 AZR 1069/12 – Rn. 26); es genügt, wenn die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehalten und es dem Erwerber derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 12. Februar 2009 – C-466/07 – [Klarenberg] Rn. 53, aaO; BAG 7. April 2011 – 8 AZR 730/09 – Rn. 16).
Die Bewertung der maßgeblichen Tatsachen ist nach Unionsrecht Sache der nationalen Gerichte (vgl. ua. EuGH 15. Dezember 2005 – C-232/04 und C-233/04 – [Güney-Görres und Demir] Rn. 35, Slg. 2005, I-11237) und im deutschen Arbeitsrecht Sache der Tatsacheninstanzen, die dabei einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. ua. BAG 18. August 2011 – 8 AZR 312/10 – Rn. 21, BAGE 139, 52).
bb) Bei § 613a BGB handelt es sich um zwingendes Recht, der Übergang erfolgt von Rechts wegen (vgl. ua. EuGH 26. Mai 2005 – C-478/03 – [Celtec] Rn. 38, Slg. 2005, I-4389; 10. Februar 1988 – C-324/86 – [Foreningen af Arbejdsledere i Danmark, „Daddy’s Dance Hall“] Rn. 14, Slg. 1988, 739; BAG 21. Juni 2012 – 8 AZR 181/11 – Rn. 81) und ungeachtet anderslautender Abmachungen. Es ist ohne Bedeutung, in welchem (vermeintlichen) Rechtsverhältnis der Übernehmer die bisherigen Arbeitnehmer nach der Übernahme (weiter-)beschäftigt (BAG 20. März 2014 – 8 AZR 1/13 – Rn. 24 mwN zur Personalgestellung nach § 4 Abs. 3 Satz 1 TVöD; vgl. auch 18. Februar 1999 – 8 AZR 485/97 – BAGE 91, 41). Die Verträge und Arbeitsverhältnisse, die im Zeitpunkt des Übergangs zwischen dem Veräußerer und den im übertragenen Betrieb(steil) beschäftigten Arbeitnehmern bestehen, sind als zu diesem Zeitpunkt vom Veräußerer auf den Erwerber übergegangen anzusehen, unabhängig davon, welche Einzelheiten dazu zwischen beiden vereinbart worden sind. Auch können die betroffenen Arbeitnehmer nicht auf die Rechte verzichten, die ihnen aufgrund von § 613a BGB zustehen. Eine Verkürzung dieser Rechte ist selbst mit ihrer Zustimmung unzulässig (EuGH 6. November 2003 – C-4/01 – [Martin ua.] Rn. 40 mwN, Slg. 2003, I-12859).
Eine Regelung wie § 4 Abs. 3 Satz 1 TVöD zur Personalgestellung (dazu BAG 20. März 2014 – 8 AZR 1/13 – Rn. 24 mwN) kann jedoch insbesondere im Fall eines wirksamen Widerspruchs des Arbeitnehmers gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses (zur Abhängigkeit des Fristlaufs des Widerspruchsrechts von der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB ua. BAG 14. November 2013 – 8 AZR 824/12 – Rn. 18 ff. mwN) praktische Bedeutung erlangen.
cc) Erfüllt die Übernahme des Krematoriums durch die Tochtergesellschaft HK zu Beginn des Jahres 2010 die Voraussetzungen eines Betriebs(teil)übergangs iSd. § 613a BGB, ist diese Gesellschaft – vorbehaltlich des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB – in das bestehende Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten eingetreten, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB. Dazu gehört auch ein Schadensersatzanspruch, der aus entsprechender Anwendung auftragsrechtlicher Bestimmungen im Arbeitsverhältnis folgt.
(1) Nach dem Gesetzeswortlaut (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) handelt es sich um „die“ Rechte und Pflichten „aus“ dem Arbeitsverhältnis (ebenso Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG, bezogen auf „Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis“). Dabei tritt der Erwerber an die Stelle des Veräußerers und nimmt dessen Rechtsstellung unverändert ein. Dies gibt den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Möglichkeit, ihr Beschäftigungsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber zu eben den Bedingungen fortzusetzen, die mit dem Veräußerer vereinbart waren (EuGH 9. März 2006 – C-499/04 – [Werhof] Rn. 25, Slg. 2006, I-2397). Umfasst sind alle Rechtspositionen (abgesehen von den wenigen, in der Richtlinie 2001/23/EG konkret bezeichneten Ausnahmen, vgl. EuGH 4. Juni 2002 – C-164/00 – [Beckmann] Rn. 37, Slg. 2002, I-4893) aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die im Zeitpunkt des Betriebsübergangs den Inhalt des Arbeitsverhältnisses bestimmen (BAG 21. April 2010 – 4 AZR 768/08 – Rn. 50, BAGE 134, 130), nicht jedoch bloße Erwartungen und somit hypothetische Vergünstigungen (EuGH 9. März 2006 – C-499/04 – [Werhof] Rn. 29, aaO).
(2) Betroffen ist sowohl die Stellung des Arbeitgebers als Schuldner wie auch die als Gläubiger. Erfasst sind auch die für den Arbeitnehmer nachteiligen Rechtspositionen (BAG 19. September 2007 – 4 AZR 711/06 – Rn. 23, BAGE 124, 123).
Zu den Rechten und Pflichten iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gehören in der Stellung des Arbeitgebers als Gläubiger beispielsweise etwaige Rückzahlungsansprüche wegen überzahlter Vergütung und Schadensersatzansprüche aus Verletzung arbeitsrechtlicher Vertragsbeziehungen (vgl. Gaul Das Arbeitsrecht der Betriebs- und Unternehmensspaltung § 13 Rn. 75 für die genannten Schadensersatzansprüche; MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. BGB § 613a Rn. 100; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 15. Aufl. § 118 Rn. 5; ErfK/Preis 14. Aufl. BGB § 613a Rn. 79). Für aus entsprechender Anwendung auftragsrechtlicher Bestimmungen im Arbeitsverhältnis resultierende Schadensersatzansprüche gilt nichts anderes. Es handelt sich um Rechte und Pflichten „aus“ dem Arbeitsverhältnis (zur Unterscheidung zwischen „Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis“ und einem „vom Arbeitsverhältnis unabhängigen, eigenständigen“ Anspruch am Beispiel eines Arbeitgeberdarlehens: vgl. BAG 21. Januar 1999 – 8 AZR 373/97 – zu II 3 b der Gründe), die so vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen, wie sie „im Zeitpunkt des Übergangs“ bestehen.
c) Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass das Arbeitsverhältnis und damit die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche bezogen auf die Jahre 2003 bis einschließlich 2009 auf die Tochtergesellschaft HK übergegangen sind, spricht dies gegen die Aktivlegitimation der Klägerin. Anhaltspunkte für eine ggf. nach § 398 BGB wirksame Abtretung bzw. – im Hinblick auf eine behauptete Ermächtigung – für eine gewillkürte Prozessstandschaft sind nicht ersichtlich.
2. Das Landesarbeitsgericht wird den Parteien Gelegenheit zu geben haben, ergänzend zu einem eventuell erfolgten Betriebs(teil)übergang und zu einer ggf. erfolgten Ermächtigung und deren Folgen vorzutragen.
II. In der Sache selbst hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dass sich ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers aus § 667 Alt. 2 BGB analog iVm. § 280 Abs. 1 BGB ergeben kann, wenn Beschäftigte Edelmetallrückstände aus der Krematoriumsasche an sich nehmen. Die Beschäftigten sind danach als Beauftragte verpflichtet, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen. Hingegen scheiden Ansprüche aus Delikt aus.
1. Schadensersatzansprüche aus Delikt sind nicht gegeben, weil es insoweit jedenfalls an einer Eigentumsverletzung fehlt. Die Arbeitgeberin als Betreiberin des Krematoriums konnte an dem Zahngold kein Eigentum nach § 958 Abs. 1 BGB erwerben. Dem stand das Aneignungsrecht der vorrangig bzw. ausschließlich aneignungsberechtigten Angehörigen oder Erben entgegen, § 958 Abs. 2 BGB. Für einen stillschweigenden Verzicht der Aneignungsberechtigten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
2. Ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers ergibt sich grundsätzlich aus § 667 Alt. 2 BGB analog iVm. § 280 Abs. 1 BGB.
a) Nach ständiger Rechtsprechung enthalten die auftragsrechtlichen Bestimmungen allgemeine Grundsätze, die auch für Arbeitsverhältnisse gelten. § 667 BGB ist auf Arbeitsverhältnisse entsprechend anzuwenden, obwohl Arbeitnehmer nicht im Sinne von § 662 BGB unentgeltlich tätig werden (BAG 14. Dezember 2011 – 10 AZR 283/10 – Rn. 17; 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – Rn. 21, BAGE 118, 16; vgl. entsprechend zum Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB: BAG 14. Oktober 2003 – 9 AZR 657/02 -; 12. April 2011 – 9 AZR 14/10 – Rn. 25). Der Beauftragte soll durch die Geschäftsbesorgung keinen Nachteil erleiden, aus ihr aber auch regelmäßig neben der vereinbarten Arbeitsvergütung keine weiteren materiellen Vorteile ziehen (BAG 11. April 2006 – 9 AZR 500/05 – Rn. 21 mwN, aaO). Es besteht die Verpflichtung des beauftragten Arbeitnehmers, der Arbeitgeberin als Auftraggeberin alles, was aus der Geschäftsbesorgung erlangt wurde, herauszugeben oder jedenfalls zu ersetzen. Das kann jeder Vorteil sein, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (vgl. BGH 17. Oktober 1991 – III ZR 352/89 – zu 3 b der Gründe mwN). Dazu gehören bei Tätigkeit in einem Krematorium Edelmetallrückstände aus der Krematoriumsasche.
b) Bei verschuldeter Unmöglichkeit der Herausgabe – beispielsweise im Fall der Weitergabe der Edelmetallrückstände zum Einschmelzen – haftet der Beauftragte auf Schadensersatz, § 280 Abs. 1 BGB.
3. Mangels Eingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegt der Anspruch der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Revisionsrechtlich ist nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht den Fristbeginn ausgehend vom Monat Oktober 2009 bestimmt hat (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Im Fall des Betriebsübergangs laufen Verjährungsfristen weiter, als ob das Arbeitsverhältnis zur selben Partei fortbestünde (vgl. auch MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. BGB § 613a Rn. 89 mwN).
III. Das Landesarbeitsgericht wird im Hinblick auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch zu prüfen haben, welche entscheidungserheblichen Fragen streitig bzw. unstreitig sind und wozu ggf. angebotene Beweise zu erheben sind.
1. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatsachengerichts, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich das Tatsachengericht entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat. Im Urteil sind zwar gemäß § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Dies erfordert jedoch nicht eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachentsprechende Beurteilung stattgefunden hat. Hierbei kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass nach § 313 Abs. 3 ZPO die Entscheidungsgründe nur eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen enthalten müssen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht (vgl. BGH 11. Februar 1987 – IVb ZR 23/86 – zu 2 a der Gründe mwN; BAG 19. Mai 1983 – 2 AZR 454/81 – mwN).
2. Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, welche konkreten Gründe für die Beurteilung des Schadensersatzanspruchs und seines Umfangs bestimmend waren.
a) Zwar bezieht sich das Berufungsgericht auf die „Würdigung des unstreitigen Sachverhalts“, jedoch enthält der unstreitige Sachverhalt zur Frage der Schadenshöhe wenig Konkretes, zudem nicht bezogen auf jedes Jahr des noch streitgegenständlichen Zeitraums von 2003 bis 2009.
Ausgehend von den Angaben im Tatbestand des Urteils scheint das Landesarbeitsgericht wohl im Wesentlichen einen in der Akte befindlichen „Vermerk des KK H vom 17. November 2011“ herangezogen zu haben, woraus sich ergeben soll, dass „die Firma E für das erhaltene Zahngold insgesamt 273.682,97 Euro gezahlt hat“. Jedoch enthält dieser polizeiliche Vermerk, dessen inhaltliche Richtigkeit von dem Beklagten zu 1. bestritten worden ist, keine Aufstellung bezogen auf jedes Jahr des noch streitgegenständlichen Zeitraums.
b) Es wären Ausführungen des Landesarbeitsgerichts erforderlich gewesen, warum und in welcher Höhe damit von einer Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1. auszugehen ist. Es fehlt auch an einer Auseinandersetzung des Landesarbeitsgerichts mit dem auf die Richtigkeit des Vermerks bezogenen Bestreiten des Beklagten zu 1. unter Würdigung der angebotenen Beweise.