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Zeitungsanzeige – Unternehmer gibt sich als Privatperson aus – wettbewerbswidrig? 

Oberlandesgericht Koblenz

Az.: 4 U 928/01

Urteil vom 20.11.2001


Aus den Gründen:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist klagebefugt gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Nicht entscheidend ist, ob die repräsentative Zahl der branchenangehörigen Verbandsmitglieder unmittelbar dem klagenden Verband angehört oder ob diese nur mittelbar durch die Zugehörigkeit von Verbänden oder Vereinigungen zu dem Wettbewerbsverband erfasst werden (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20.Aufl., § 13 Rnr. 23 c m.w.N.). Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Mitgliederliste, deren inhaltliche Richtigkeit von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) nicht in Abrede gestellt wird, gehört ihm — dort Ziffer 17 — der Gesamtverband der Ehe- und Partnervermittlungen e.V. mit bundesweiter Zuständigkeit an. Die Frage, wann einem solchen Verband eine „erhebliche Zahl“ von Gewerbetreibenden i.S.d. § 13 II Nr. 1 UWG angehört, lässt sich nicht rein zahlenmäßig — abstrakt und generell — feststellen. Es müssen Verbandsmitglieder betroffen werden, deren Anzahl, Marktanteile und wirtschaftliche Bedeutung ein missbräuchliches Vorgehen eines Verbandes ausschließen, der lediglich Individualinteressen eines Verbandsmitglieds oder einiger von ihnen wahrnimmt (BGH GRUR 96, 804 — Preisrätselgewinnauslobung III). Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats hier erfüllt.

II.

Der Unterlassungsantrag ist ausreichend bestimmt.

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind und dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (BGH GRUR 1998, 489 — unbestimmter Unterlassungsantrag III.). Dementsprechend sind Klageanträge, die auslegungsbedürftige Formulierungen wie „unmissverständlich“, „eindeutig“ oder „unübersehbar“ enthalten, in der Regel unbestimmt und damit unzulässig (BGH GRUR 1991, 254 — unbestimmter Unterlassungsantrag I.; WRP 2000, 517 — Orient-Teppichhaus). Es ist jedoch anerkannt, dass der Klageantrag trotz Verwendung derartiger Begriffe den Verbotstatbestand im Einzelfall ausreichend genau umschreiben kann (BGH GRUR 1999, 1017 — Kontrollnummernbeseitigung). Solche Begriffe und Bezeichnungen dürfen sowohl im Antrag als auch in der Urteilsformel verwendet werden, wenn im konkreten Fall zwischen den Parteien kein Zweifel über den Kern des Verbots besteht (Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG, Rnr. 457 b).

Hier beschreibt der Antrag den Verbotstatbestand ausreichend genau. Die Werbung soll im Hinblick darauf verboten werden, dass diese bei Fehlen einer Aufklärung der beteiligten Verkehrskreise über die Gewerblichkeit irreführend ist. Eine Aufklärung des Verbrauchers muss stets unmissverständlich und klar sein. Wenn darauf durch Aufnahme dieser Begriffe in den Antrag hingewiesen wird, ist dies für die Bestimmtheit des Klageantrags unschädlich (BGH GRUR 1999, 1017 (1018); WRP 2000, 517).

Nichts anderes gilt für den erstmals in der Berufungsinstanz von dem Kläger dem Antrag beigefügten „insbesondere“-Zusatz. Hierbei handelt es sich lediglich um eine konkrete Umschreibung seines Verbotsbegehrens, keinesfalls hingegen um eine Erweiterung.

III.

Der Kläger hat einen Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt ein Fall irreführender Werbung vor. Es handelt sich um einen Fall der Irreführung durch Unterlassen, weil in der Anzeige der notwendige Hinweis, dass eine Partnervermittlungsgesellschaft inseriert, nicht bzw. nicht hinreichend deutlich enthalten ist.

Das Verschweigen einer Tatsache kann nur dann als irreführende Angabe i.S. des § 3 UWG angesehen werden, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft (BGH GRUR 1999, 1017). Eine solche Pflicht besteht grundsätzlich dann, wenn das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem für seinen Entschluss wesentlichen Punkt getäuscht würde. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auf die Gewerblichkeit eines Angebots hingewiesen werden muss, sofern der geschäftliche Charakter des Angebots für die Abschlussbereitschaft eines Interessenten von Bedeutung ist (BGH GRUR 1987, 748 — getarnte Werbung II; OLG Hamm, WRP 89, 532 (533)).

Dies gilt auch hier. Das angesprochene Publikum wird eine private Partnervermittlung gegenüber einer geschäftsmäßig betriebenen bevorzugen, weil sie sich zum einen eine intimere Anbahnung von Kontakten und eine persönlichere Atmosphäre und zum anderen nicht unbeachtliche Kostenvorteile davon verspricht.

Die beanstandete Werbung der Beklagten verschleiert den gewerblichen Charakter. Der konkrete Inhalt sowie die sprachliche Fassung, insbesondere die verwendete „Ich-Form“ und die abschließende Einladung vermitteln eine individuelle persönliche Note als ob eine Privatperson die Anzeige aufgegeben habe. Die Interessenten nehmen daher an, mit ihrem Anruf die inserierende Privatperson unmittelbar erreichen zu können (vgl. OLG Stuttgart, OLGR 1998, 355). Der Senat vermag dies auf Grund eigener Sachkunde festzustellen, da maßgeblich allein das Verständnis der Anzeige nach allgemeinem Sprachgebrauch ist, ohne dass es dazu besonderer Vorkenntnisse der angesprochenen Verkehrskreise bedürfte (vgl. OLG Hamburg, OLGR 1998, 324).

Der ihr obliegenden Aufklärungspflicht ist die Beklagte nicht ausreichend nachgekommen. Weder durch die Angabe der Telefonnummer noch durch die Bezeichnung „T“ wird der notwendige Hinweis auf die Gewerblichkeit erbracht. Für die Frage, ob ein aufklärender Hinweis hinreichend deutlich ist, ist der Gesamteindruck maßgeblich, den eine Werbeaussage in ihrer konkreten Erscheinung nach Form und Inhalt vermittelt. Wie dargelegt vermittelt die dem Verfahren zu Grunde liegende Anzeige nach ihrem Gesamteindruck die Vorstellung, als stamme sie von einer Privatperson. Die Angabe der Telefonnummer und die Bezeichnung „T“ im unmittelbaren Anschluss an die Aufforderung, sich beim Anzeigeerstatter zum Zwecke der Vereinbarung eines „Abholtermins“ zu melden, verstärkt nach Auffassung des Senats sogar noch den Eindruck, die Kontaktanzeige sei von einer Privatperson aufgegeben worden.

Die Angabe „T“ bewirkt nach Auffassung des Senats keinen deutlichen Hinweis auf ein gewerblich tätiges Institut. Ein nicht unerheblicher Teil der Leser sieht dies als Aufforderung, unter der angegebenen Telefonnummer einen Termin und einen T mit „J“ vereinbaren zu können. Insgesamt erweist sich die Anzeige deshalb mangels hinreichend deutlicher Aufklärung über die Einschaltung eines gewerblichen Partnervermittlungsinstituts als irreführend i.S. des § 3 UWG.

Das für § 3 UWG notwendige Merkmal der Relevanz ist ebenfalls erfüllt. Wie bereits dargelegt, ist die Frage der Gewerblichkeit einer Kontaktanzeige für die Entscheidung eines Interessenten, auf die Annonce zu antworten, von erheblicher Bedeutung. Die demnach gegebene Wettbewerbswidrigkeit ist auch geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).

Die demnach begründete Berufung führt nicht zur Bestätigung der von dem Landgericht am 1.2.2001 erlassenen Beschlussverfügung, sondern zu ihrem Neuerlass. Hat das Gericht erster Instanz eine einstweilige Verfügung im Widerspruchsverfahren aufgehoben, so wird sie vom Berufungsgericht neu erlassen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 925 Rnr. 12 m.w.N.; § 929 Rnr. 15). Bei der Fassung des Tenors erfolgt eine Ergänzung — wie beantragt –, bei der es sich jedoch lediglich um eine Verdeutlichung des Verbotsausspruchs handelt, die sich kostenmäßig nicht auswirkt.

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