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Zurückweisung des Antrags auf Anordnung eines selbstständigen Beweisverfahrens

OLG Naumburg ordnet Neubewertung für Beweisverfahren zu Rissbildungen an

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hin wurde der Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, da das Gericht die Anforderungen an die Zulässigkeit eines selbständigen Beweisverfahrens bezüglich Rissbildungen an einem Wohnhaus überzogen hatte und somit ein rechtliches Interesse des Antragstellers anerkannt wurde.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Antragsteller hatte sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Antrags auf ein selbständiges Beweisverfahren eingereicht, die begründet und zulässig war.
  • Die Ablehnung des selbständigen Beweisverfahrens durch das Landgericht wurde aufgrund überzogener Anforderungen aufgehoben, und die Sache wurde zur erneuten Prüfung zurückverwiesen.
  • Es ging um Rissbildungen am Wohnhaus des Antragstellers, die er auf unzureichend dimensionierte Straßenbauarbeiten zurückführte, was das Gericht in erster Instanz nicht anerkannte.
  • Die Annahme, alle Ansprüche des Antragstellers seien erkennbar ausgeschlossen, wurde vom OLG verworfen, womit der Weg für das Beweisverfahren offensteht.
  • Das Gericht betonte, dass selbst bei Annahme der Beweisfragen nicht alle denkbaren Ansprüche des Antragstellers ausgeschlossen wären.
  • Es wurde darauf hingewiesen, dass mögliche Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht kommen könnten.
  • Die Entscheidung über die Durchführung des Beweisverfahrens wird erneut dem Landgericht übertragen, das nun unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des OLG neu entscheiden muss.
  • Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Teil des selbständigen Beweisverfahrens und fallen demjenigen zur Last, der letztlich die Kosten zu tragen hat.

Selbstständiges Beweisverfahren – Klärung vor dem Hauptsacheverfahren

Das selbstständige Beweisverfahren ermöglicht es Beteiligten, noch vor einer möglichen Klagserhebung wichtige Beweise zu sichern. Diese Maßnahme ist besonders in Fällen sinnvoll, in denen Befürchtungen bestehen, dass Beweismittel verloren gehen oder ihre Verwendung zu einem späteren Zeitpunkt erschwert sein könnte.

Durch das selbstständige Beweisverfahren können Sachverhalte geklärt und Fakten geschaffen werden, die im Hauptsacheverfahren von enormer Bedeutung sein können. Es dient dazu, die Rechtsstellung der Parteien zu wahren und eine effiziente Vorbereitung auf einen möglichen Rechtsstreit zu ermöglichen.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um selbstständiges Beweisverfahren erreicht OLG Naumburg

Im Zentrum des juristischen Disputs stand die sofortige Beschwerde eines Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau, der einen Antrag auf Anordnung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurückgewiesen hatte. Der Fall, der sich um Rissbildungen an einem Wohnhaus, einer Doppelgarage und einer Grundstücksrandmauer drehte, wurde durch die Beschwerde des Eigentümers, der die Schäden auf nicht ausreichend dimensionierte Straßenunterbauarbeiten zurückführte, die einer erhöhten Belastung durch Schwerlastverkehr nicht standhielten, weiter eskaliert. Dieser Sachverhalt löste eine rechtliche Auseinandersetzung aus, die sich um die Frage drehte, ob der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Klärung der Ursache der Rissbildungen und möglicher Entschädigungsansprüche hat.

OLG Naumburg hebt Entscheidung des Landgerichts auf

Das Oberlandesgericht Naumburg setzte mit seinem Beschluss vom 17. August 2023 ein deutliches Signal. Die Richter hoben den ursprünglichen Beschluss auf und verwiesen den Fall zur erneuten Prüfung zurück an das Landgericht Dessau-Roßlau. Die Begründung des OLG macht deutlich, dass die Ablehnung des Landgerichts, ein selbstständiges Beweisverfahren zu eröffnen, auf einer Überspannung der Anforderungen beruhte. Besonders kritisiert wurde die Annahme des Landgerichts, dass alle denkbaren Ansprüche des Antragstellers erkennbar ausgeschlossen seien, was das OLG als nicht gegeben sah.

Rechtliches Interesse und die Möglichkeit von Entschädigungsansprüchen

Die Entscheidung des OLG Naumburg unterstreicht, dass ein rechtliches Interesse des Antragstellers an der Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens besteht, insbesondere da nicht abschließend geklärt werden konnte, ob die Rissbildungen nicht doch mit den Straßenbauarbeiten in Zusammenhang stehen könnten. Das Gericht wies darauf hin, dass enteignungsgleiche Entschädigungsansprüche in Betracht kommen könnten, falls sich die Vermutungen des Antragstellers bestätigen. Diese Perspektive eröffnet die Möglichkeit, dass durch das Beweisverfahren nicht nur die Ursache der Schäden geklärt, sondern auch grundlegende Fragen der Haftung adressiert werden könnten.

Zurückverweisung an das Landgericht mit konkreten Anweisungen

Das OLG gab dem Landgericht Dessau-Roßlau konkrete Anweisungen für die Neubewertung des Antrags. Dabei betonten die Richter die Notwendigkeit, die weiteren Anordnungen, wie die Auswahl des Sachverständigen oder die Entscheidung über die zu erteilenden Hinweise, sorgfältig zu treffen. Diese Vorgehensweise soll sicherstellen, dass alle relevanten Aspekte und Beweise im Verfahren angemessen berücksichtigt werden.

Kosten des Verfahrens und Ausblick

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden als Teil des selbstständigen Beweisverfahrens deklariert. Sie sollen von demjenigen getragen werden, der nach einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Kosten zu übernehmen hat. Die Entscheidung des OLG Naumburg markiert somit nicht nur einen wichtigen Schritt im spezifischen Fall, sondern hebt auch die Bedeutung des selbstständigen Beweisverfahrens in ähnlichen Rechtsstreitigkeiten hervor. Die Zurückverweisung an das Landgericht lässt erwarten, dass die kommenden Entscheidungen nicht nur für die Beteiligten von Interesse sein werden, sondern auch für die juristische Bewertung ähnlicher Fälle in der Zukunft.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein selbstständiges Beweisverfahren und wann wird es angewandt?

Ein selbstständiges Beweisverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, das im deutschen Zivilprozessrecht Anwendung findet. Es dient der Sicherung und Feststellung von Beweisen, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass Beweismittel verloren gehen oder ihre Benutzung erschwert wird. Das Verfahren kann sowohl während eines bereits anhängigen Streitverfahrens als auch unabhängig davon eingeleitet werden.

Die Anwendung des selbstständigen Beweisverfahrens ist in den §§ 485 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Es kann auf Antrag einer Partei durchgeführt werden, um beispielsweise den Zustand einer Person oder Sache, den Wert einer Sache, die Ursache eines Schadens oder den Aufwand für die Beseitigung eines Schadens festzustellen. Ein rechtliches Interesse an der Durchführung des Verfahrens wird immer dann angenommen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

Das selbstständige Beweisverfahren findet insbesondere im Baurecht häufig Anwendung, um Baumängel und deren Ursachen festzustellen, Sanierungsmaßnahmen und die damit verbundenen Kosten zu klären oder die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen zu hemmen. Im Baurecht ist es ein wichtiges Instrument, um bei Streitigkeiten über Baumängel oder Bauschäden eine schnelle und gerichtsfeste Klärung herbeizuführen, ohne dass es direkt zu einem umfangreichen Bauprozess kommen muss.

Die Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens erfolgt durch einen Antrag bei Gericht, der präzise formulierte Beweisfragen enthalten muss. Die Antragsstellung sollte idealerweise durch einen Rechtsanwalt erfolgen, um sicherzustellen, dass die Beweisfragen korrekt formuliert sind und das Verfahren verwertbare Ergebnisse liefert. Das Verfahren endet in der Regel mit der Erstattung des Gutachtens oder der Vernehmung der Zeugen bzw. Sachverständigen und ergeht keine Entscheidung in der Hauptsache.

Das selbstständige Beweisverfahren kann auch im Verwaltungsgerichtsprozess und im WEG-Prozessrecht (Wohnungseigentumsgesetz) angewendet werden. Es dient der Prozessbeschleunigung und kann die außergerichtliche Einigung der Parteien erleichtern, indem es eine rasche Beweiserhebung ermöglicht und somit der Prozessökonomie dient.

Wie kann man gegen die Ablehnung eines Antrags auf ein selbstständiges Beweisverfahren vorgehen?

Gegen die Ablehnung eines Antrags auf ein selbstständiges Beweisverfahren kann der Antragsteller in der Regel mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vorgehen. Dieses Rechtsmittel ist in der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und ermöglicht es dem Antragsteller, eine gerichtliche Entscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, überprüfen zu lassen.

Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses eingelegt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses an den Antragsteller zu laufen. Die Beschwerde ist schriftlich beim Gericht einzureichen, das den angefochtenen Beschluss erlassen hat. In der Beschwerdeschrift sollte dargelegt werden, warum die Ablehnung des Antrags auf ein selbstständiges Beweisverfahren als fehlerhaft angesehen wird.

Es ist wichtig zu beachten, dass die sofortige Beschwerde nur in bestimmten Fällen zulässig ist. Beispielsweise ist gegen die Ablehnung der Anordnung der Urkundenvorlegung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens die sofortige Beschwerde nicht statthaft. Ebenso ist gegen die Ablehnung der Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen im selbstständigen Beweisverfahren das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht gegeben.

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In spezifischen Situationen, wie der Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit, ist die sofortige Beschwerde jedoch explizit als zulässiges Rechtsmittel anerkannt. Dies zeigt, dass die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde von den spezifischen Umständen des Einzelfalls abhängt.

Zusammenfassend kann gegen die Ablehnung eines Antrags auf ein selbstständiges Beweisverfahren in der Regel mit der sofortigen Beschwerde vorgegangen werden, wobei die spezifischen Voraussetzungen und Fristen beachtet werden müssen. Die Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des ablehnenden Beschlusses eingelegt werden, und es ist ratsam, in der Beschwerdeschrift detailliert die Gründe für die Beanstandung der Ablehnung darzulegen.

Was versteht man unter dem rechtlichen Interesse an einem selbstständigen Beweisverfahren?

Das rechtliche Interesse an einem selbstständigen Beweisverfahren ist ein zentrales Zulässigkeitskriterium für die Einleitung dieses Verfahrens. Es ist in den §§ 485 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt und stellt eine Voraussetzung dar, die erfüllt sein muss, damit ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt werden kann. Das rechtliche Interesse ist gegeben, wenn die beweisliche Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Dies bedeutet, dass ein selbstständiges Beweisverfahren auch dann der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann, wenn der Antragsgegner eine gütliche Streitbeilegung bereits bestimmt und scheinbar endgültig abgelehnt hat.

Der Bundesgerichtshof (BGH) legt den Begriff des rechtlichen Interesses generell weit aus. Allein die mögliche Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens genügt, um ein rechtliches Interesse zu bejahen. Das verbleibende Risiko trägt dabei der Antragsteller. Die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung hinsichtlich des Hauptanspruchs ist grundsätzlich nicht von Bedeutung. Ein rechtliches Interesse kann nur dann verneint werden, wenn der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann.

Das rechtliche Interesse kann sich auf verschiedene Aspekte beziehen, wie beispielsweise die Klärung von Baumängeln, die Feststellung des Zustands einer Sache oder Person, die Ursache eines Schadens oder den Aufwand für die Beseitigung eines Schadens. Es dient somit der Sicherung und Feststellung von Beweisen, bevor möglicherweise ein Rechtsstreit entsteht oder um einen bereits bestehenden Streit außergerichtlich zu klären.

Zusammenfassend ist das rechtliche Interesse an einem selbstständigen Beweisverfahren ein weit gefasster Begriff, der die Einleitung des Verfahrens legitimiert, wenn es der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Es umfasst die Sicherung von Beweisen, die für einen möglichen oder bestehenden Rechtsstreit von Bedeutung sein können, und trägt zur Prozessökonomie bei, indem es eine außergerichtliche Klärung von Streitigkeiten ermöglicht.

Welche Kosten entstehen bei einem selbstständigen Beweisverfahren und wer trägt diese?

Bei einem selbstständigen Beweisverfahren entstehen verschiedene Kostenarten, die sich aus den Gerichtskosten, den Kosten für den Sachverständigen und den Anwaltskosten zusammensetzen können. Die Gerichtskosten und die Kosten für den Sachverständigen sind dabei in der Regel vom Antragsteller vorzuschießen. Anwaltskosten entstehen, wenn die Parteien sich entscheiden, sich im Verfahren anwaltlich vertreten zu lassen.

Gerichtskosten und Sachverständigenkosten

Die Gerichtskosten und die Kosten für den Sachverständigen sind im selbstständigen Beweisverfahren als Gerichtskosten anzusehen. Diese Kosten sind im anschließenden Hauptsacheprozess erstattungsfähig, sofern die Beteiligten des selbstständigen Beweisverfahrens auch die Parteien des Hauptsacheverfahrens sind und das selbstständige Beweisverfahren in unmittelbarem Bezug zur Hauptsache steht.

Anwaltskosten

Die Anwaltskosten, die im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens entstehen, können ebenfalls relevant werden. Diese Kosten sind von den Parteien selbst zu tragen, können aber unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen des Hauptsacheprozesses geltend gemacht und erstattet werden.

Kostenentscheidung und -verteilung

Grundsätzlich ergeht im selbstständigen Beweisverfahren keine Kostenentscheidung. Wer letztlich die Kosten zu tragen hat, wird im anschließenden Hauptsacheprozess entschieden. Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren ergehen kann:

  • Wenn der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung eines Hauptsacheprozesses absieht, kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers ergehen.
  • Wenn der Antragsteller seinen Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zurücknimmt, hat er grundsätzlich die Kosten zu tragen.
  • Eine Kostenentscheidung zu Lasten des Antragstellers kann auch dann ergehen, wenn der Antrag als unzulässig zurückgewiesen wird.

In Fällen, in denen kein Hauptsacheprozess anhängig ist und die Parteien sich über die Kosten nicht geeinigt haben, kann auf Antrag eine Kostenentscheidung im selbstständigen Beweisverfahren erfolgen. Zusammenfassend hängt die Kostenverteilung im selbstständigen Beweisverfahren von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Entscheidungen, die im Verlauf oder nach Abschluss des Verfahrens getroffen werden. Die endgültige Entscheidung über die Kostenverteilung erfolgt jedoch in der Regel im Rahmen des Hauptsacheprozesses, es sei denn, es liegt einer der genannten Ausnahmefälle vor.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 485 Abs. 2 ZPO: Erläutert die Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines selbstständigen Beweisverfahrens, insbesondere das Erfordernis eines rechtlichen Interesses. Im Kontext des Urteils ist dieser Paragraph zentral, da die Gerichtsentscheidung maßgeblich darauf beruht, dass ein rechtliches Interesse des Antragstellers für das selbstständige Beweisverfahren besteht.
  • § 486 ff. ZPO: Regelt das Verfahren des selbstständigen Beweisverfahrens. Diese Paragraphen sind relevant, da sie die Verfahrensweise und die möglichen Folgen eines solchen Beweisverfahrens definieren, was für den Antragsteller bei der Durchsetzung seiner Ansprüche essentiell ist.
  • § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO: Legt die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde fest. Im vorliegenden Fall bildet dieser Paragraph die Grundlage für die Möglichkeit des Antragstellers, gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorzugehen.
  • § 568 Satz 1 ZPO: Bestimmt, dass über die sofortige Beschwerde der geschäftsplanmäßige Einzelrichter des Senats entscheidet. Dieser Aspekt ist wichtig für das Verständnis, wer im Gerichtsprozess über die Beschwerde entscheidet und wie diese Entscheidung zustande kommt.
  • Art. 14 Abs. 1 GG: Schützt das Eigentum und findet Anwendung bei der Bewertung von möglichen Entschädigungsansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff. Die Erwähnung dieses Artikels im Kontext des Urteils deutet darauf hin, dass der Sachverhalt möglicherweise auch verfassungsrechtliche Fragen berührt.
  • § 10 Abs. 1 StrG-SA: Betrifft das Straßengesetz Sachsen-Anhalts und ist relevant für die Beurteilung der Verantwortlichkeit bei Schäden durch öffentliche Straßenbaumaßnahmen. Dieser Paragraph ist insbesondere im Zusammenhang mit der Argumentation des Antragstellers von Bedeutung, da er die Haftung der beklagten Gemeinde für die Schäden thematisiert.


Das vorliegende Urteil

OLG Naumburg – Az.: 12 W 50/23 – Beschluss vom 17.08.2023

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 28.06.2023 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung ggf. in der Hauptsache vorbehalten.

Gründe

Die sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Zurückweisung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist zulässig und auch begründet.

Die sofortige Beschwerde, über die gemäß § 568 Satz 1 ZPO der geschäftsplanmäßige Einzelrichter des Senats entscheidet, ist im Streitfall nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der Antrag auf Anordnung eines selbständigen Beweisverfahren ist gemäß §§ 485 Abs. 2, 486 ff. ZPO zulässig, insbesondere ist auch ein rechtliches Interesse des Antragstellers hinreichend dargelegt.

Die Ablehnung des Verfahrens durch den angegriffenen Beschluss des Landgerichts überspannt die Anforderungen des § 485 Abs. 2 ZPO insoweit, als es annimmt, dass alle denkbaren Ansprüche des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin erkennbar ausgeschlossen sind. Das ist nicht der Fall.

Der Antragsteller legt im Antragsverfahren Rissbildungen u.a. an seinem Wohnhaus, der Doppelgarage und an der Grundstücksrandmauer dar. Die Antragsgegnerin sieht der Antragsteller für die aufgetretenen Risse als verantwortlich an, weil diese aus seiner Sicht auf einen nicht ausreichend dimensionierten Straßenunterbau an seiner östlichen Grundstücksgrenze zurückzuführen seien, der der zugelassenen Befahrung der Straße ### mit Schwerlastverkehr von bis zu 40 Tonnen (bzw. 400 kN) aufgrund eines Neubaugebiets nicht Stand halte, weshalb es auch schon auf der Straße selbst zu sog. Setzungserscheinungen gekommen sei. Dieser Vortrag ist zumindest schlüssig.

Es ist insbesondere entgegen dem Landgericht auch gerade nicht offenkundig, dass neue Rissbildungen aus dem Jahr 2021 nicht mit Straßenbaumaßnahmen aus den Jahren 2014/2015 zusammenhängen (können). Dies ist vielmehr weder allgemein- noch gerichtskundig. Gerade nach den Feststellungen des privaten Kurzgutachtens vom 26.04.2021 sind jedenfalls schon vor den Jahren 2016/2017 aufgetretene Rissbildungen durch eine Baufirma überputzt bzw. überstrichen worden:

„Die Ursachen der Rissbildungen werden den Bauarbeiten 2015 und dem schweren Fahrverkehr mit hoher bzw. sehr hoher Wahrscheinlichkeit zugeordnet“ (Anlagen K3 Seite 6 bzw. AG 1 Seite 3).

Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass auch eine mangelhafte Gründung der betroffenen Bauwerke als – weitere – mögliche Ursache der Rissbildungen in Betracht komme, wie sie in beiden o.g. Anlagen erwähnt wird. Das mag möglich sein und hält auch der Senat gerade angesichts der Grundstückslage zwischen zwei Stauseen und der sich ändernden Klima- und damit auch Bodenverhältnisse für denkbar. Darauf kommt es indes nicht an.

Denn insoweit ist im Rahmen des § 485 Abs. 2 ZPO der Grad der hohen Wahrscheinlichkeit für die vom Antragsteller vermutete und oben erstgenannte Ursache der Sachschäden ausreichend, die notwendige Gewissheit hierfür möchte der Antragsteller sich und einem etwaigen Hauptsachegericht (§ 286 ZPO) gerade erst im Rahmen dieses selbständigen Beweisverfahrens verschaffen.

Im Übrigen stellt der Antragsteller aber auch nicht allein auf die Straßenbaumaßnahmen der Jahre 2014/2015 ab, sondern schon in der Antragsschrift auch auf den Dauerzustand des angeblich nicht ausreichend dimensionierten Straßenunterbaus, wonach selbst neue Rissbildungen der Jahre 2021 aufgrund dessen hypothetisch möglich, jedenfalls nicht von Vornherein ausgeschlossen sind. Davon ist der Antragsteller im Nachfolgenden auch nicht abgerückt.

Verhält es sich aber so, besteht auch ein rechtliches Interesse des Antragstellers an der beabsichtigten Anordnung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO.

Denn in diesem Fall kommen jedenfalls Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht, weil nach dem – schlüssigen – Vortrag des Antragstellers seine konkrete und in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Rechtsposition durch hoheitliches Handeln der beklagten Gemeinde nach § 10 Abs. 1 StrG-SA unmittelbar beeinträchtigt worden ist. Die erforderliche Unmittelbarkeit kann ebenfalls aufgrund kausaler und zurechenbarer Verbindung zwischen dem hoheitlichen Handeln und der Beeinträchtigung gegeben sein – wenn sich denn das Vorbringen des Antragstellers als zutreffend erweist. Hierfür müsste er dann aber immerhin keinen Verschuldensnachweis führen (grundlegend zu alledem u.a. BGH, Urteil vom 05.05.1988 – III ZR 116/87 -, und vom 27.01.1994 – III ZR 158/91 -).

Nach alledem kann im Ergebnis dieses Beschwerdeverfahrens nicht davon ausgegangen werden, dass selbst bei Unterstellung einer positiven Beantwortung der Beweisfragen alle denkbaren Ansprüche des Antragstellers erkennbar ausgeschlossen wären. Nur dies aber brächte den Antrag zu Fall, denn insoweit hat das Landgericht zutreffend erkannt, dass grundsätzlich weder die Erheblichkeit des Beweisthemas noch die Erfolgsaussichten im Hauptsacheprozess – wie oben ausgeführt – vom Beweissicherungsgericht zu prüfen sind, weil die Entscheidung hierüber eben der Hauptsache vorbehalten ist.

Den weiteren, insoweit allerdings zutreffenden Zulässigkeitsbedenken des Landgerichts hinsichtlich des Antrags Ziffer II. 1 kann unproblematisch dadurch Rechnung getragen werden, dass dieser im vorliegenden Fall nach dem erkennbaren Ziel des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin konkret im zulässigen Rahmen der §§ 139 Abs. 1, 308 ZPO ausgelegt und etwa wie folgt formuliert wird:

„Sind Baumängel und darauf etwa zurückzuführende Setzungserscheinungen der Straße ### nebst Gehweg entlang des vorbezeichneten Grundstücks sachverständig feststellbar, und sind diese – sofern vorhanden – Ursache der in Ziffer I. 1-3 beschriebenen Schäden?“

Nach alledem war der Beschluss des Landgerichts aufzuheben. Kann hiernach ein rechtliches Interesse an der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach § 485 Abs. 2 ZPO nicht verneint werden, wird das Landgericht unter Beachtung der Rechtsauffassung des entscheidenden Senats insgesamt neu über den Antrag auf Anordnung des selbständigen Beweisverfahrens zu entscheiden haben. Denn zweckmäßigerweise kann nur das Landgericht in Zuge dessen die weiteren Anordnungen vornehmen wie etwa die Auswahl des Sachverständigen, Urkundenvorlagen dazu und/oder die Entscheidung darüber und den Vollzug dessen, ob und welche Anweisungen und Hinweise dem dann ausgewählten Sachverständigen nach § 404a ZPO zu erteilen sind. Der Senat erachtet es insbesondere deshalb als sachgerecht, dem Landgericht nach § 572 Abs. 3 ZPO die nunmehr zu treffenden Entscheidungen zu übertragen.

Den Schriftsatz des Antragstellers vom 03.08.2023 hat der Senat bei dieser Entscheidung nicht berücksichtigt – es kommt nach alledem darauf nicht an, weswegen hierzu auch kein rechtliches Gehör zu gewähren war.

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten sind Kosten des selbständigen Beweisverfahrens und von demjenigen zu tragen, der nach einer Entscheidung in diesem Verfahren, in der Hauptsache oder aus sonstigem Rechtsgrund dessen Kosten zu übernehmen hat.

Die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 – 3 ZPO zuzulassen, besteht kein Anlass.

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