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Zustandekommen Gaslieferungsvertrag durch Entnahme von Gas aus dem Verteilungsnetz

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 112/11 – Urteil vom 29.09.2011

Die Berufungen der Beklagten gegen das am 6. Mai 2011 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 141/08, werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin, ein Gasversorgungsunternehmen, verlangt von den Beklagten Zahlung für die Lieferung von Gas an die Verbrauchsstelle …straße 38 in G… für den Zeitraum vom 07.02.2004 bis 21.04.2005 und den Zeitraum vom 22.04.2005 bis 31.08.2005. Der erstgenannte Zeitraum wurde zunächst unter dem 24.05.2005 berechnet, wobei aus einer vorangegangenen Rechnung vom 05.03.2004 ein Restbetrag i.H.v. 2.302,99 € unter der Position „sonstige Forderungen“ fortgeschrieben wurde. Soweit die Gesamtrechnungsforderung von den Beklagten noch nicht getilgt worden war, schrieb die Klägerin wiederum die offene Restforderung in der Rechnung vom 01.12.2005 über den zweitgenannten Zeitraum fort. Die so ermittelte Rechnungsforderung über 22.777,38 € wird mit der Klage geltend gemacht. Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen eine vertragliche Zahlungsverpflichtung besteht, ob die Klägerin nachvollziehbar abgerechnet und ihre Forderung schlüssig vorgetragen hat sowie um die Einrede der Verjährung. Für die Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils in der Fassung des Tatbestandsberichtigungsbeschlusses vom 28.07.2011 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es gem. § 29 ZPO örtlich zuständig sei, da die Energieabnahme in dem dortigen Landgerichtsbezirk stattgefunden habe. Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit sei nicht veranlasst, weil die Beklagte zu 3. nicht behaupte, zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses ihren Wohnsitz bereits in London gehabt zu haben. Die Zustellung der Klage durch öffentliche Zustellung sei wirksam erfolgt. Der Vertrag über Gaslieferungen vom 18.11./27.11.2002 sei wirksam. Der Beklagte zu 4. habe im Schriftsatz vom 25.03.2009 den Vertragsschluss eingeräumt. Auch der Umstand, dass die Einzugsermächtigung unterzeichnet worden sei, deute darauf hin, dass diese Unterschrift für den gesamten Vertrag als Annahmeerklärung gelten solle. Außerdem lasse sich aus der einvernehmlichen Vertragsdurchführung bis zur Rechnung vom 24.05.2005 kein anderer Erklärungswert ableiten, als ein Vertragsschluss. Mangels einer von den Beklagten dargelegten Kündigung dieses Vertrages habe sich das Vertragsverhältnis gem. Ziffer II 12.c der AGB der Klägerin um jeweils 12 weitere Monate verlängert. Selbst wenn kein Vertrag auf schriftlicher Grundlage zustande gekommen wäre, sei ein Vertragsschluss gem. § 2 Abs. 2 der damaligen Allgemeinen Gasversorgungsbedingungen (AVBGasV) anzunehmen und ein Grundversorgungsvertrag zustande gekommen, indem, wie hier, Gas aus dem Gasversorgungsnetz entnommen worden sei. Die schriftliche Bestätigung i.S.d. § 2 Abs. 1 AVBGasV stelle lediglich eine Ordnungsvorschrift dar, die keine Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages darstelle. Da die Parteien davon ausgegangen seien, dass zwischen ihnen ein Vertragsverhältnis bestand, könne auch dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. Eigentümerin des Objektes gewesen ist. Die von der Klägerin gelegten Rechnungen erfüllten die Anforderungen des § 26 AVBGasV. Ihre Fälligkeit sei nach § 24 AVBGasV in entsprechenden Zeitintervallen herbeigeführt worden. Die geltend gemachten Forderungen seien auch der Höhe nach zutreffend. Die schlüssige Darlegung der Klägerin, wie sie den Anspruch rechnerisch ermittelt habe, hätten die darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht entkräften können. Die Klägerin sei nicht dazu verpflichtet, eine Aufstellung sämtlicher im Vertragszeitraum erfolgter Zahlungen mit den jeweiligen Rechnungsforderungen gegenzurechnen. Vielmehr sei es der Sache der Beklagten gewesen, darzulegen, wann sie auf welche Forderungen welche Zahlungen vorgenommen hätten. Die Position „sonstige Forderungen“ aus der Rechnung vom 24.05.2005 sei für die Beklagten nachvollziehbar eine Restforderung aus einer vorangegangenen Rechnung. Dies ergebe sich zwanglos aus der Einstellung des aus der Rechnung vom 24.05.2005 offen gebliebenen Betrages von 23.753,29 € in die Rechnung vom 01.12.2005. Die Abrechnung vom 24.05.2005 weise auch keinen offensichtlichen Fehler auf, der nach § 30 Ziffer 1 AVBGasV zur Zahlungsverweigerung berechtigte, obwohl sie fast die doppelte Verbrauchsmenge pro Monat verglichen mit der Rechnung vom 01.12.2005 aufweise. Dies liege daran, dass gänzlich unterschiedliche Zeiträume erfasst worden seien. Die Klägerin sei auch für den Zeitraum bis zum 31.08.2005 aktivlegitimiert, da sich u. a. aus einem Schreiben der W… GmbH & Co. KG B… vom 02.09.2005 an die Klägerin ergebe, dass der neue Vertrag mit ihr erst ab dem 01.09.2005 beginnen solle. Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt, dass die Klägerin die Forderung auch gegenüber der W… GmbH & Co. KG abgerechnet habe. Dieses sei behoben und die Beklagten könnten sich hierauf nicht berufen. Der Beklagte zu 4. sei auch nicht aus der gesamtschuldnerischen Haftung für die geltend gemachte Forderung ausgenommen, obwohl er durch Gesellschaftervereinbarung vom 30.12.2003 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Es bestehe eine fortdauernde Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters aus einer sinngemäßen Anwendung von § 160 Abs. 1 HGB i.V.m. § 736 Abs. 2 BGB, wenn Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund bereits vor dem Ausscheiden gelegt worden sei, vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gegen ihn gerichtlich geltend gemacht würden. Die Frist, die mit der Kenntnis des Gläubigers vom Ausscheiden aus der Gesellschaft beginne, sei bei Zustellung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen. Die Inanspruchnahme des Beklagten zu 4. sei auch nicht rechtsmissbräuchlich, obwohl er einst nur einen Geschäftsanteil von 0,01 % inne gehalten habe. Der Anspruch gegenüber den Beklagten sei auch nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe am 31.12.2005 begonnen und sei durch die Zustellung der Mahnbescheide an die Beklagten zu 1. – 3. gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden. Auf einen etwaigen Verfahrensstillstand gem. § 204 Abs. 2 S. 2 BGB komme es nicht an, da die Zustellung der Klage an die Beklagte zu 2. noch vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt sei. Die Zustellung an die Beklagten zu 1. und zu 3. sei durch öffentliche Zustellung i.S.v. § 167 ZPO demnächst erfolgt. Gleiches gelte für die Zustellung an den Beklagten zu 4. Zwar datiere dort die Zustellung der Klageschrift erst auf den 10.01.2009, diese Verzögerung sei jedoch nicht der Klägerin anzulasten. Neben der Zinsentscheidung, die sich aus §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 1 BGB ergäbe, seien die unstreitig entstandenen Kosten für die Einholung einer Einwohnermeldeamtsauskunft und für die Bankrücklastkosten gem. §§ 286 Abs. 3, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1 BGB zu ersetzen.

Gegen das den Beklagten zu 1. – 3. zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten am 13.05.2011 und dem Beklagten zu 4. zu Händen seiner Prozessbevollmächtigten am 17.05.2011 zugestellte Urteil, haben die Beklagten zu 1. – 3. durch am 07.06.2011 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz und der Beklagte zu 4. durch am 08.06.2001 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz jeweils Berufung eingelegt, welche von den Beklagten zu 1. – 3. nach rechtzeitig beantragter Fristverlängerung bis zum 15.08.2011 durch am 09.08.2011 eingegangenen Schriftsatz und durch den Beklagten zu 4. nach rechtzeitig beantragter Fristverlängerung bis zum 17.08.2011 durch am 11.08.2011 eingegangenen Schriftsatz jeweils begründet worden ist.

Die Beklagten zu 1. – 3. machen mit ihrer Berufung geltend, dass das Landgericht Potsdam aufgrund des im Ausland liegenden Wohnsitzes der Beklagten zu 3. international unzuständig gewesen sei, was trotz § 513 Abs. 2 ZPO berücksichtigt werden müsse. Außerdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft § 29 ZPO als zuständigkeitsbegründende Norm angewendet, ohne zuvor seine internationale Zuständigkeit zu prüfen. Für diese Prüfung komme es, anders als das Landgericht gemeint habe, auf den Zeitpunkt der Klageerhebung und nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses an. Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei i.S.v. § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO unzutreffend. Die richtigerweise zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigten eine andere Entscheidung i.S.d. §§ 513 Abs. 1, 529 ZPO. Die Beklagten zu 1. – 3. seien nicht Eigentümer des Hausgrundstückes …str. 38 in G… gewesen, was sich aus dem Grundbuch ergebe, so dass die Klägerin mit ihrer Behauptung, wonach die Beklagten Eigentümer der Verbrauchsstelle gewesen seien, ihre Wahrheitspflicht nach § 138 Abs. 1 ZPO offenkundig verletzt habe und diese Behauptung vom Landgericht daher als unbeachtlich hätte behandelt werden müssen. Außerdem hätte die Klage aufgrund des mehrfach ausgewechselten Klagevortrages als unschlüssig abgewiesen werden müssen. Die vom Landgericht in den Tatbestand eingeführten Feststellungen zum vermeintlich schriftlich abgeschlossenen Gaslieferungsvertrag fänden weder im Vortrag der Klägerin, noch im Vortrag der Beklagten eine tragfähige Grundlage, wobei von Seiten der Beklagten vorgetragen worden sei, dass eine Vertragsunterschrift überhaupt fehle und die lediglich unter der Einziehungsermächtigung von Frau P… geleistete Unterschrift für die damalige Hausverwaltung, nicht jedoch in vermeintlicher Stellvertretung für die Beklagte zu 1. bzw. 2. geleistet worden sei. Das Landgericht habe auch nicht auf die ursprüngliche Einlassung des Beklagten zu 4. zurückgreifen dürfen, da diese mit Schriftsatz vom 22.11.2004 als „versehentliches Ergebnis einer zunächst zu oberflächlich angestellten Würdigung“ revidiert worden sei. Die vom Landgericht in den Vordergrund gerückte Annahme eines schriftlichen Gaslieferungsvertrages stünde auch nicht im Einklang mit dem seitens der Klägerin erfolgten Vortrag, wonach ihr E…-Komfort-Tarif nur bei schriftlichen Gaslieferungsverträgen abgerechnet werde, wohingegen in den streitgegenständlichen Rechnungen der Standardtarif KL 3 nur in Ermangelung eines schriftlichen Gaslieferungsvertrages berechnet werde. Auch aus diesem Grunde hätte die Klage als unschlüssig abgewiesen werden müssen. Es habe einer schriftlichen Vertragsbestätigung der Klägerin i.S.v. § 2 Abs. 1 AVBGasV bedurft. Dass es sich hierbei um eine bloße Ordnungsvorschrift handele, sei entgegen LG Berlin vom 16.06.2005 zu Az.: 20 O 450/04 rechtsirrig. Es sei Sache der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin gewesen, die im Rahmen ihrer streitgegenständlichen Rechnungen als „sonstige Forderungen“ eingestellten Rechnungsposten transparent und substanziiert darzulegen, was nicht geschehen sei. Das Landgericht habe die von der Klägerin gleichwohl vorgenommenen Verrechnungen nicht als rechtmäßig vorgenommen ansehen dürfen. Die von der Beklagten zu 1. – 3. geleisteten Zahlungen hätten in weit höherem Umfang als Abschlagszahlungen auf die jeweils aktuelle entstandenen Forderungsbeträge gebucht werden müssen, wodurch die von der Klägerin beanspruchte Klageforderung insgesamt gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen bzw. in jedem Falle in weit größerem Umfang bereits getilgt gewesen wäre, zumal Verrechnungen gem. § 25 Abs. 3 AVBGasV nur mit künftigen Forderungen zulässig seien. Angesichts dessen habe es an der Fälligkeit der Klageforderung und damit auch an einem Verzug gefehlt. Die Einrede der Verjährung sei begründet. Zu Unrecht habe das Landgericht nicht zwischen dem Zeitpunkt der Vornahme der rechtswidrigen Verrechnungen der von der Klägerin als für mehrere Monate rückständig erachteten Abschlagszahlungen und der Fälligkeit von Differenzbeträgen aus der Jahresverbrauchsabrechnung differenziert. Schließlich habe das Landgericht nicht ohne Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangen dürfen, dass die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung gegeben gewesen seien. Denn die Beklagten hätten den Vortrag der Klägerin zu angeblich geführten Telefonaten mit der Familie V… im Dezember 2008 gerügt. Im Anschluss an die gebotene Beweisaufnahme hätte sich die öffentliche Zustellung als „regelrecht erschlichen“ herausgestellt, weshalb deren Wirkungen der Klägerin im Hinblick auf die erhobene Einrede der Verjährung nicht zum Vorteil gereichen könnten.

Der Beklagte zu 4. teilt die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung durch das Landgericht, wie sie von den Beklagten zu 1. – 3. vorgebracht wurden und rügt darüber hinaus, dass das Landgericht rechtsfehlerhaft seine fortdauernde Haftung über den 31.12.2003 hinaus angenommen habe, obwohl er aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Wie das Amtsgericht Bremerhaven mit rechtskräftigem Urteil vom 26.10.2010 zum Az.: 55 C 2239/09 (in IMR 2011, 245) zutreffend entschieden habe, bestünde keine Nachhaftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters nach § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB für Neuschulden aus der Zeit nach seinem Ausscheiden. Wachse beim Ausscheiden eines Gesellschafters Grundeigentum einem anderen Gesellschafter zu, handele es sich bei der Pflicht zur Zahlung von Hausgeld nicht um Altschulden, deren Rechtsgrund noch vor dem Ausscheiden gelegt worden ist, sondern um eine Verpflichtung, die kraft gesetzlicher Regelung immer den aktuellen Eigentümer betreffe. Da zwischen den Parteien kein Dauerschuldverhältnis zustande gekommen sei, sondern nur eine Gaslieferung an den Hausanschluss der Eigentümergemeinschaft bürgerlichen Rechts vorliege, sei der Beklagte zu 4. dementsprechend für Gaslieferungen ab dem 01.01.2004 nicht mehr verantwortlich. Außerdem habe der Beklagte nur einen Gesellschaftsanteil von 0,01 % gehalten, sei nunmehr 71 Jahre alt und erhielte eine monatliche Rente von 900,00 €. Deshalb sei seine Inanspruchnahme hinsichtlich des geringen Gesellschaftsanteiles rechtsmissbräuchlich und seine wirtschaftliche Existenz bei einer Verurteilung dauerhaft bedroht.

Die Beklagten zu 1. – 3. beantragen sinngemäß, die Klage unter Abänderung des am 06.05.2011 zum Az.: 4 O 141/08 verkündeten erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Potsdam bei gleichzeitiger Aufhebung des zum Az.: 4 O 141/08 erlassenen Versäumnisurteils des Landgerichts Potsdam vom 30.03.2010 abzuweisen.

Der Beklagte zu 4. beantragt sinngemäß, das am 06.05.2011 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam, Az.: 4 O 141/08, abzuändern und die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 30.03.2010 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und hebt hervor, dass die Beklagte zu 3. zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheides noch in Deutschland gewohnt und sich schließlich lediglich mit unbekanntem Aufenthalt abgemeldet habe. Selbst bei Anwendung der EuGVVO habe gem. Art. 5 in Deutschland vor dem Landgericht Potsdam geklagt werden können, in dessen Bezirk der Erfüllungsort, die Verbrauchsstelle, liege. Die Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden. Die fehlende Unterschrift der Beklagten zu 1. bzw. ihrer Vertreter auf dem schriftlichen Vertragsformular sei der Grund gewesen, warum gegenüber der Beklagten zu 1. nicht der im schriftlichen Vertragsformular angegebene Sonderpreis „E…-Komfort 24“, sondern über die gesamte Vertragslaufzeit die Gaslieferungen der Klägerin an die streitgegenständliche Verbrauchsstelle mit dem allgemeinen Tarif E…-Klassik 3 berechnet worden seien. Die Beklagten seien als Erbbauberechtigte des Grundstücks …straße 38 in G… in Gesellschaft bürgerlichen Rechts wie Eigentümer der Verbrauchsstelle zu behandeln gewesen. Dass zwischen den Parteien ein Gaslieferungsvertrag, jedenfalls kraft sozialtypischen Verhaltens, zustande gekommen sei, ergebe sich auch aus der Mitteilung der Beklagten zu 1. vom 07.12.2005 sowie aus dem Schreiben der Beklagten zu 1. vom 29.11.2005. Auch die Erklärungen ihrer Hausverwaltung müssten die Beklagten sich zurechnen lassen, da sie für die Grundstücks- bzw. Erbbaurechtsgemeinschaft tätig geworden seien. Schließlich seien für die Verbrauchsstelle …straße 38 diverse Zahlungen der Beklagten für die Erdgaslieferungen an die Klägerin erfolgt, was für einen Vertrag spreche. Die Abrechnung der Klägerin sei transparent und nachvollziehbar gewesen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten zu 1. damals beauftragte Hausverwaltung B… mit Schreiben vom 13.06.2005 die offene Gesamtforderung in Höhe von 31.673,29 €, die sich aus der als Anlage K 1 überreichten Verbrauchsabrechnung vom 24.05.2005 ergebe, und damit auch die in dieser Rechnung enthaltene offene „sonstige Forderung“ in Höhe von 2.302,99 € aus der vorangegangenen Verbrauchsabrechnung vom 05.03.2004, vollumfänglich anerkannt und um Ratenzahlung gebeten habe (Schreiben der Hausverwaltung B… vom 13.06.2005). Es sei nicht erforderlich gewesen, diese Rechnung vom 05.03.2004 vorzulegen, da jedenfalls die Beklagten zu 1. und 2. die Jahresverbrauchsabrechnung vom 05.03.2004 und die Ratenzahlungsvereinbarung vom 18.01.2005 zu der Verbrauchsabrechnung vom 05.03.2004 sowie die weitere Ratenzahlungsvereinbarung vom 14./28.06.2005 gekannt hätten. Die Beklagten befänden sich seit dem 10.06.2005 mit der Zahlung der Klageforderung in Verzug, da in der Verbrauchsabrechnung vom 24.05.2005 eine Frist für den Rechnungsausgleich bis zum 09.06.2005 gesetzt worden sei. Hinsichtlich des Beklagten zu 4. sei das von ihm zitierte Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven nicht einschlägig, weil es vorliegend weder um Wohnungseigentum, noch um Hausgeldschulden, sondern um die Bezahlung von Gaslieferungen gehe. Ein Freistellungsanspruch zugunsten des ausscheidenden Gesellschafters bestehe nicht im Verhältnis zur Klägerin. Durch eine gesamtschuldnerische Verurteilung sei schließlich die wirtschaftliche Existenz des Beklagten zu 4. nicht dauerhaft bedroht, da die mitgeteilten Renteneinkünfte unter der Pfändungsfreigrenze lägen.

II.

Die Berufungen sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Beklagten machen Rechtsfehler i.S.d. §§ 513, 546 ZPO und Fehler i.S.d. §§ 513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geltend, auf denen das Urteil jeweils auch beruhen kann.

Die Berufungen haben in der Sache jedoch keinen Erfolg. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 22.777,38 € nebst Zinsen seit dem 10.06.2005 gem. § 433 Abs. 2, 286, 288 BGB zu. Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. ist durch unstreitig erfolgte Entnahme von Gas durch die Beklagte zu 1. an der Entnahmestelle …straße 38 konkludent ein Versorgungsvertrag zustande gekommen, § 2 Abs. 3 AVBGasV. Die Beklagten zu 2. bis 4. haften akzessorisch als Gesellschafter der Beklagten zu 1. für die hieraus entstehenden Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1. mit ihrem persönlichen Vermögen (vgl. zur dogmatischen Herleitung Sprau in Palandt, BGB, 64. Aufl., § 714, Randnummer 11).

Das Landgericht Potsdam ist auch für die Klage gegen die Beklagte zu 3. international zuständig gewesen. Entgegen dem Wortlaut von § 513 Abs. 2 ZPO, der insofern keine Beschränkung beim Ausschluss der Zulässigkeitsrüge vornimmt, ist die internationale Zuständigkeit des Landgericht auch in der Berufungsinstanz noch zu prüfen (Heßler in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 513, Randnummer 8). Es kann dahin stehen, ob und wann die Beklagte zu 3. ihren Wohnsitz von Deutschland nach London verlegt hat. Artikel 5 Nr. 1 b) EuGVVO begründet, sollte die Beklagte zu 3. zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits von Deutschland nach England verzogen sein, sowohl die internationale, als auch die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam. Ein Wohnsitz der Beklagten zu 3. außerhalb der Europäischen Union wird nicht behauptet. Soweit die Klägerin die Rechtmäßigkeit der öffentlichen Zustellung gegenüber der Beklagten zu 3. u.a. mit dem Argument verteidigt, sie hätte erfahren, dass die Beklagte zu 3. sich an unbekanntem Ort in den U.S.A. aufhalte, ist dies von der Beklagten zu 3. nicht aufgegriffen worden. Entscheidend für die Zuständigkeit nach Artikel 5 Nr. 1 b) EuGVVO ist, dass Gegenstand des Rechtsstreits der Verkauf einer beweglichen Sache ist. Es handelt sich bei einer Gaslieferung um den Verkauf einer beweglichen Sache, da für die Sacheigenschaft der Aggregatszustand nicht entscheidend ist (Ellenberger in Palandt, BGB, 70. Aufl., § 90, Randnummer 1). Der Begriff der beweglichen Sache ist von Sachen, die keine Begrenzung aufweisen, wie z.B. freie Luft oder frei fließendes Wasser, oder gänzlich ungegenständlichen Dingen, wie z.B. Computerdaten, vor allem aber energetischen Zuständen, wie z.B. Fernwärme oder elektrischer Energie abzugrenzen (Beispiele m.w.N. bei Ellenberger aaO., Randnummer 2), auch wenn letztere als leitungsgebundene Energieträger überwiegend wie Sachen behandelt werden (vgl. Hempel in Hempel/Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, AVBEltV, Einf., Randnummer 23 ff.). Strom und Fernwärme zeichnen sich dadurch aus, dass sie über ein Trägermaterial (Kabellage oder Wasser), das dabei nicht verbraucht wird, Energie liefern. Gas wird demgegenüber verbraucht, wenn es aus dem Leistungsnetz entnommen und verbrannt wird, um die ihm innewohnende Energie zu nutzen. Daher ist jedenfalls Gas als eine bewegliche Sache im Sinne des Artikels 5 Nr. 1 b) EuGVVO zu behandeln. Auch bei Anwendung nationalen Rechts ergäbe sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam aus § 29 ZPO, da Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungsverpflichtungen der Ort der Bereitstellung des Gases – die Verbrauchsabnahmestelle – ist (BGH, Urteil vom 17.09.2003 zu VIII ZR 321/02, zitiert nach beck-online).

Die Klage ist auch rechtshängig geworden. Die Rügen bezüglich der gegenüber den Beklagten zu 1. und zu 3. angeordneten öffentlichen Zustellung greifen nicht durch. Die öffentliche Zustellung ist formal wirksam erfolgt, da die Anforderungen des § 186 ZPO an die Durchführung der öffentlichen Zustellung sowohl hinsichtlich der Beklagten zu 1., als auch hinsichtlich der Beklagten zu 3. beachtet worden sind. Dies ergibt sich aus den Bekanntmachungen, die jeweils vom 06.01. bis 06.02.2009 an der Gerichtstafel ausgehangen haben. Die richtig ausgeführte öffentliche Zustellung ist auch dann wirksam, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung nach § 185 ZPO nicht vorgelegen haben (Stöber in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 186, Radnummer 9 m.w.N.). Soweit fehlende Bewilligungsvoraussetzungen Folgen haben können, beschränken diese sich darauf, dass Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsfristen nicht in Gang gesetzt werden. Da die Beklagten zu 1. und 3. aber gegen das Versäumnisurteil rechtzeitig Einspruch eingelegt haben und auch sonst die Beachtung von Fristen nicht in Rede steht, kann eine weitere Prüfung der Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung dahin stehen. Dass die Klägerin sich die Bewilligung erschlichen habe, ist abwegig, und würde im Übrigen ebenfalls nicht die Zustellung an sich und ihre Wirkungen negieren, sondern allenfalls Schadenersatzansprüche auslösen (Stöber aaO.).

Indem die Klägerin an der Entnahmestelle …straße 38 Gas zur Verfügung gestellt hat, hat sie der Beklagten zu 1. in Form einer so genannten Realofferte den Abschluss eines Gaslieferungsvertrages angeboten. Dieses Angebot hat die Beklagte zu 1. dadurch angenommen, dass sie Gas entnommen hat. In dem Leistungsangebot eines Versorgungsunternehmens ist grundsätzlich ein Vertragsangebot in Form einer sogenannten Realofferte zu sehen, das von demjenigen angenommen wird, der aus dem Leistungsnetz Elektrizität, Gas, Wasser oder Fernwärme entnimmt (Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 20.12.2006 zu 4 U 600/06 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zitiert nach juris; Senat, Urteil vom 04.12.2003 zu 12 U 74/02). Durch diesen, in § 2 Abs. 3 AVBGasV lediglich aufgegriffenen Rechtsgrundsatz soll angesichts des Umstandes, dass Energielieferungen oft ohne ausdrücklich schriftlich oder mündlich erklärten Vertragsabschluss erfolgen, ein vertragsloser Zustand vermieden werden (Thüringer OLG aaO.). Das Angebot des Versorgungsunternehmens richtet sich dabei typischerweise an den Grundstückeigentümer, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zusteht (bzgl. Wasserversorgung: BGH, Urteil vom 30.04.2003 zu VIII R 279/02, zitiert nach juris, Randnummer 13). Das Verteilernetz des Energieversorgers endet auch üblicherweise am Hausanschluss des Grundstückes, über den regelmäßig der Eigentümer verfügt (bzgl. Fernwärme: Senat aaO.). Für die Frage, wem die tatsächliche Entnahme als eine auf den Abschluss eines Versorgungsvertrages gerichtete Willenserklärung zuzurechnen ist, kommt es aber letztlich nicht auf die Eigentümerstellung als solche, sondern auf die dadurch vermittelte Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss an (BGH, Beschluss vom 20.12.2005 zu VIII ZR 7/04, zitiert nach juris, Randnummer 2).

Als Erbbauberechtigte am Grundstück …straße 38 halten die Beklagten (bzw. hielt der Beklagte zu 4. bis zum 31.12.2003) Verfügungsgewalt über das dort aufstehende Gebäude inne. Dieses Gebäude, das von der Klägerin mit Gas versorgt wurde, ist wesentlicher Bestandteil ihres Erbbaurechts, § 12 ErbbauRG. Das Erbbaurecht selbst wird wiederum gleich einem Grundstück behandelt und es gelten die Ansprüche, die sich aus dem Eigentum ergeben, § 11 ErbauRG (vgl. Bassenge in Palandt, BGB, 70. Aufl., § 11 ErbauRG, Randnummer 1). Dafür, dass Grundstücksteile nicht vom Erbbaurecht erfasst wurden (§ 1 Abs. 1 und 2 ErbbauRG) und eben solche in der Verfügungsgewalt des Grundstückeigentümers verbliebenen Teile mit dem klägerischen Gas versorgt wurden, bestehen weder Anhaltspunkte, noch wurde entsprechendes vorgetragen. Vielmehr ergibt sich aus dem Auszug aus dem Liegenschaftskataster vom 25.10.2001, dass die Beklagten zu 2. bis 4. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts seit dem 20.05.1998 als Erbbauberechtigte über das Grundstück …straße 38 im Grundbuch eingetragen sind. Grundstückseigentümer sind K… und R… V…, geboren 1975 bzw. 1998, mutmaßlich die Kinder der Beklagten zu 3. Somit kommt es nicht darauf an, dass die Beklagten nicht die Grundstückseigentümer sind, wie sie wiederholt betonen. Sie sind als Erbbauberechtigte verfügungsberechtigt wie ein Eigentümer über den Versorgungsanschluss für das Gebäudeanwesen …straße 38, den die Klägerin mit Gas beliefert hat. Es kommt schließlich auch nicht darauf an, ob der Energieverbraucher der Eigentümer bzw. Erbbauberechtigte selbst oder ein anderer Nutzer des Gebäudes ist, soweit die Beklagten es gebilligt haben, dass andere Nutzer die gelieferte Energie verbrauchen (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2003, aaO., Randnummer 13). Auch in diesem Falle ist der Energieverbrauch anderer Nutzer als konkludente Annahme der klägerischen Realofferte durch die Beklagten zu verstehen (vgl. BGH aaO.).

Die Beklagte zu 1. war diejenige, die das von der Klägerin an der Abnahmestelle …straße 38 bereit gestellte Gas entnommen hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise nicht die Beklagte zu 1., sondern z.B. ein Grundstückspächter Vertragspartner der Klägerin geworden ist, haben die Beklagten nicht vorgetragen. Außerdem spricht dafür, dass die Beklagten Vertragspartner der Klägerin geworden sind, dass sie zahlreiche Zahlungen als Entgelt für die klägerischen Gaslieferungen geleistet haben. Die Zahlungen der Beklagten sind unstreitig auf Gaslieferungen der Klägerin erfolgt, lediglich ihre Verrechnung auf verschiedene Abrechnungen bzw. Lieferzeiträume ist streitig. Soweit die Beklagten erklären wollen, die Beklagte zu 1. habe mit der Klägerin keinen Vertrag schließen wollen, ist das unbeachtlich, weil es in Widerspruch zum eigenen tatsächlichen Verhalten stünde (vgl. BGH aaO, Randnummer 12).

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Gegen einen durch Annahme der klägerischen Realofferte durch Gasentnahme gem. § 2 Abs. 3 AVBGasV zustande gekommenen Vertrag spricht auch nicht der Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte diesen Vertragsschluss schriftlich bestätigen müssen. Es bedurfte zur Wirksamkeit des Vertrages keiner schriftlichen Bestätigung der Klägerin im Sinne der AVBGasV. Denn diese Regelung ist nur eine Ordnungsvorschrift, die kein Wirksamkeitserfordernis für den Vertragsschluss darstellt (LG Berlin, Urteil vom 24.06.2005 zu 20 O 450/04, zitiert nach juris, Randnummer 12), sondern nur deklaratorische Bedeutung besitzt (Hempel aaO., § 2 AVBEltV, Randnummer 150 m.w.N.). Kommt der Vertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen bereits durch die Entnahme des Gases zustande, so kann es kein konstitutives Wirksamkeits- bzw. Formerfordernis (mehr) sein, den bereits abgeschlossenen Vertrag schriftlich zu bestätigen. Die Einhaltung der Vorschrift dient letztlich der Beweiserleichterung, stellt aber die allgemeinen Anforderungen an das Zustandekommen von Verträgen durch übereinstimmende (konkludente) Willenserklärungen nicht in Frage.

Gegen die Höhe der geltend gemachten Forderung bestehen keine Bedenken.

Der Tarif, den die Klägerin abgerechnet hat, wird von den Beklagten nicht beanstandet. Die Klägerin hat den Standardtarif abgerechnet, weil sie den günstigeren Sondertarif nur gewähre, wenn der Vertragsschluss schriftlich erfolgt sei. Der Standardtarif werde hingegen abgerechnet, wenn der Vertrag gem. § 2 Abs. 3 AVBGasV durch Entnahme gelieferten Gases zustande komme. Hiergegen erheben die Beklagten keine Einwände.

Die Abrechnungen sind nachvollziehbar. Die Erläuterung zur Rechnung vom 24.05.2005 enthält hinsichtlich der Rechnungsposition „sonstige Forderung“, die sich auf 2.302,99 € beläuft, den Vermerk: „Ratenanforderung 2.302,99 € fällig am: 21.03.2005“. Dies ist für die Beklagte zu 1. ohne weiteres nachvollziehbar, da sie von der vorangegangenen, nicht streitgegenständlichen Rechnung vom 05.03.2004 Kenntnis hatte, und die Beklagten auch wussten, dass aus der Abrechnung vom 05.03.2004 ursprünglich noch 28.220,49 € offen standen. Der Einwand, die geleisteten Zahlungen seien „in weit höherem Umfang als Abschlagszahlungen nur auf die jeweils aktuell entstandenen Forderungen zu buchen gewesen“, greift nicht durch. Es ist der Klägerin nicht verwehrt, eingehende Zahlungen, von denen die Beklagten nicht behaupteten, sie seien mit einer bestimmten Leistungsbestimmung erbracht worden, auf rückständige Forderungen anzurechnen, die früher als die laufenden zu verjähren drohten, da diese ihr unter mehreren fälligen Forderungen die geringere Sicherheit boten, § 366 Abs. 2 BGB. Im Streitfall hat die Klägerin Zahlungen der Beklagten zwischen dem 10.12.2004 und dem 28.04.2005 in Höhe von 26.000,- € auf die Rechnung vom 05.03.2004 angerechnet, wobei die dort ausgewiesenen Forderungen, da schon 2004 fällig gestellt, ein Jahr früher verjährt gewesen wären, als die im Zahlungszeitraum durch fortlaufenden Gasbezug neu entstandenen Forderungen. Die in der Rechnung vom 24.05.2005 ausgewiesenen Abschlagszahlungen i.H.v. 1.889,00 € hat die Klägerin bei den folgenden Zahlungen berücksichtigt, indem sie die zwischen dem 15.06. und 06.09.2005 eingegangenen Zahlungen darauf gebucht hat und die weitergehenden Zahlungseingänge zur Tilgung der Rechnung vom 24.05.2005 verwendet hat. Im Einzelnen gingen 3 x 1.889,00 € und 3 x 2.640,00 € ein. Die Abschlagszahlungen von 5.667,00 € (3 x 1.889,- €) sind in der Abrechnung vom 01.12.2005 berücksichtigt und die weitergehenden Zahlungen haben zunächst den Restbetrag aus der Rechnung vom 05.03.2004 i.H.v. 2.302,99 € getilgt, der in der Rechnung vom 24.05.2004 unter „sonstige Forderungen“ fortgeschrieben worden war. Besteht über den Umfang der von den Beklagten geleisteten Zahlungen und die tatsächlich jeweils erfolgte Anrechnung zwischen den Parteien kein Streit, hat die Klägerin ihre Forderung hinreichend schlüssig dargestellt. Es kommt somit nicht mehr darauf an, dass die Klägerin erst mit der Berufungserwiderung die dem streitgegenständlichen Abrechnungszeitrum vorangegangene Abrechnung vom 5. März 2004 vorgelegt hat. Ebenso kann dahin stehen, ob die Beklagten sich das Handeln der Hausverwaltung B…, die mit Schreiben vom 13.06.2005 die Forderung aus der Abrechnung vom 24.05.2005 über ursprünglich 31.673,29 € anerkannt hat, indem sie um Ratenzahlung gebeten hat, zurechnen lassen müssen.

Der von den Beklagten im Termin beantragte Schriftsatznachlass auf die Berufungserwiderung war daher nicht zu gewähren. Entscheidungserhebliches Vorbringen, das nicht bereits dem erstinstanzlichen Vortrag zu entnehmen war, findet sich in der Berufungserwiderung weder hinsichtlich der Abrechnungen bzw. der Anrechnung von Zahlungen, noch zu sonstigen Punkten, namentlich dem Vertragsschluss oder der Verjährungseinrede. Unabhängig davon haben die Beklagten auf Nachfrage des Senats auch nicht plausibel zu erklären vermocht, weshalb der bis zur mündlichen Verhandlung verbleibende Zeitraum nicht ausreichend war, über die bereits erfolgten Stellungnahmen hinaus sich vollständig zum Inhalt der Berufungserwiderung zu erklären.

Dem Berufungsvorbringen, wonach § 25 Abs. 3 AVBGasV „in die Vergangenheit hinein vorgenommene Verrechnungen“ untersage und nur Verrechnungen mit künftigen Forderungen zulässig sein sollen, kann nicht gefolgt werden, da dieser Vorschrift, die über die Verordnungsmodifikation über den 14.12.2004 hinaus unverändert geblieben ist, kein Verbot der von der Klägerin vorgenommenen Anrechnungen entnommen werden kann. Es handelt sich bei der Anrechnung von Zahlungen auf eine bestimmte von mehreren offenen und fälligen Forderungen nicht um eine „Verrechnung“, sondern um die Zuordnung einer Leistung, die nicht hinreichend ist, eine bestehende Gesamtschuld auszugleichen, vgl. § 366 BGB.

Die Einrede der Verjährung hat keinen Erfolg.

Ist die von der Klägerin vorgenommene Anrechnung der geleisteten Zahlungen nicht zu beanstanden, so sind ist die streitgegenständliche Forderungen aus der Rechnung vom 01.12.2005 auch noch nicht verjährt. Zwar besteht diese Rechnung im Wesentlichen aus dem Übertrag der Rechnung vom 24.05.2005. Auch die Forderungen aus dieser Rechnung sind jedoch noch nicht verjährt. Die in der Rechnung vom 24.05.2005 wiederum enthaltende Restforderung i.H.v. 2.302,99 € ist, wie dargestellt, durch Zahlungen in übersteigender Höhe ausgeglichen worden. Der in die Rechnung vom 01.12.2005 überschriebene Restbetrag von 23.753,29 € war gem. § 27 Abs. 1 AVBGasV und entsprechender Zahlungszielangabe auf der Rechnung der Klägerin 2 Wochen nach Zugang der Rechnung vom 24.05.2005 fällig geworden, mithin im Laufe des Monats Juni 2005. Gem. §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB begann die dreijährige Regelverjährung mit Ablauf des 31.12.2005 und endete somit mit Ablauf des 31.12.2008.

Gegenüber den Beklagten zu 1. bis 3. hat zunächst die Einleitung des Mahnverfahrens eine Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB bewirkt, die mit Zustellung der Mahnbescheide, jeweils am 15.12.2006, begann. Die Verjährungshemmung endete jedoch am 04.07.2006 wieder, weil die Klägerin nach der Mitteilung über den Gesamtwiderspruch vom 04.01.2007 das Streitverfahren mangels Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses zunächst nicht einleitete, § 204 Abs. 2 Satz 2 BGB. Die Anspruchsbegründung gegenüber der Beklagten zu 2. ist dann am 15.08.2008 noch innerhalb offener Verjährungsfrist zugestellt worden. Dem Beklagten zu 4., dem vorher kein Mahnbescheid zugestellt worden war, der eine (vorübergehende) Hemmung der Verjährung bewirkt haben könnte, ist die Anspruchsbegründung zwar erst am 10.01.2009 zugestellt worden und damit in an sich verjährter Zeit. Doch diese Zustellung ist i.S.v. § 167 ZPO noch „demnächst“ erfolgt, da 10 Tage in jedem Falle von dieser Zeitspanne erfasst werden. „Demnächst“ bezieht sich dabei nicht auf den Eingang des zuzustellenden Schriftstückes, hier der Anspruchsbegründung, die schon am 21.05.2008 vorlag, sondern auf die Zeitspanne zwischen Ablauf der zu wahrenden Frist, hier Ablauf der Verjährung mit dem 31.12.2008, und der danach erfolgten Zustellung (Greger in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 167, Randnummer 10).

Hinsichtlich der Beklagten zu 1. und zu 3. ist die Zustellung der Anspruchsbegründung mit Ablauf der Aushangfrist der Bekanntmachung über die öffentliche Zustellung am 06.02.2009 erfolgt. Es kann dahin stehen, ob die Klägerin als Zustellungsbetreiberin innerhalb offener Frist rechtzeitig alles ihr Zumutbare getan hat, um die Zustellung herbeizuführen, so dass nach wertender Betrachtung die Zustellung auch 14 Tage nach Fristablauf noch als „demnächst“ im Sinne von § 167 ZPO angesehen werden könnte (vgl. Greger aaO., Randnummern 10 und 11 m.w.N.). Denn durch die voran gegangene Zustellung der Mahnbescheide an die Beklagten zu 1. und 3. ist, obwohl das Verfahren danach zunächst nicht weiter betrieben wurde, die Verjährung um 6 Monate gehemmt worden. Die Zeit der Hemmung wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet, § 209 BGB, so dass sich die Verjährungsfrist um die Zeiten der Hemmung verlängert, mithin vorliegend die Verjährung erst Mitte des Jahres 2009 ablief und die zuvor erfolgte öffentliche Zustellung rechtzeitig die Rechtshängigkeit der Klage bewirkte. Das gleiche Ergebnis leitet sich aus § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB her, wonach die Hemmung erneut beginnt, wenn die Parteien das Verfahren weiter betreiben. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der Schuldner von diesem Weiterbetreiben Kenntnis erlangt (Heinrichs in Palandt, BGB, 70. Aufl., § 204, Randnummer 50 m.w.N.). Daher setzte die Verjährungshemmung zunächst wieder mit Einleitung des Streitverfahrens ein und dann, nachdem es wiederum in Stillstand geriet, durch den Antrag auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung vom 16.12.2008. Der Einwand, die Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung hätten nicht vorgelegen, ist dabei unerheblich, weil es allein darauf ankommt, dass das Zustellungsverfahren formal fehlerfrei, wie es hier geschehen ist, durchgeführt worden ist (vgl. Stöber in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 186, Randnummer 9).

Soweit der Beklagte zu 4. mit seiner Berufung weiterführende Gesichtspunkte geltend macht, greifen auch diese nicht durch. Seinen erstinstanzlichen Vortrag, mit dem er die Höhe des abgerechneten Verbrauchs bestreitet, hat der Beklagte zu 4. mit der Berufung, abgesehen von einer allgemeinen Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, nicht mehr aufgegriffen, insbesondere das landgerichtliche Urteil, das sich ausweislich seiner Gründe mit diesem Einwand auseinander gesetzt hat, diesbezüglich nicht angegriffen. Im Übrigen hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die klägerischen Abrechnungen jedenfalls keine offensichtlichen Unrichtigkeiten enthalten, die allein nach § 30 AVBGasV zur Zahlungsverweigerung berechtigten würden. Außerdem fehlt es an einer rechtzeitigen Rüge, die nach § 30 AVBGasV innerhalb von zwei Jahren zu erheben ist.

Sein Vorbringen, er hafte für die Forderungen nicht mehr, weil er vor deren Entstehen aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, ist nicht erheblich. Es handelte sich vorliegend um einen fortlaufenden Gasbezug, der bereits zu einem Zeitpunkt aufgenommen worden war, als der Beklagte zu 4. noch Gesellschafter der Beklagten zu 1. gewesen ist. Der damit, wie oben dargelegt, konkludent durch Gasentnahme geschlossene Vertrag hatte keine bestimmte Laufzeit, so dass er über das Ausscheiden des Beklagten zu 4. aus der Gesellschaft fortwirkte und den Rechtsgrund für die erst nach seinem Ausscheiden fällig gewordenen Forderungen gelegt hatte. Damit haftet der Beklagte zu 4. aber, wie das Landgericht zutreffend und ausführlich dargelegt hat, auch für die nach seinem Ausscheiden angefallenen Gasverbräuche und die daraufhin fällig gestellten Vergütungsforderungen innerhalb der Ausschlussfrist von 5 Jahren. Diese Frist beginnt mit der Kenntnis des Gläubigers von dem Ausscheiden. Dass die Klägerin von dem Ausscheiden des Beklagten zu 4. aus der Gesellschaft zum 31.12.2003 bereits vor dem 10.01.2004, d.h. 5 Jahre vor der Zustellung der Anspruchsbegründung an den Beklagten zu 4., erfahren hat, behauptet der Beklagte zu 4. nicht. Dagegen spricht auch, dass die Gesellschafter der Beklagten zu 1. das Ausscheiden des Beklagten zu 4. erst am 09.02.2004 nachträglich zum 31.12.2003 vereinbart haben. Die zitierte Rechtssprechung des Amtsgerichts Bremerhaven ist vom Sachverhalt her nicht mit der vorliegenden Situation vergleichbar. Dort ging es um unmittelbar gesetzlich geregelte Verpflichtungen, namentlich das Hausgeld in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Bei den vorliegenden Zahlungsverbindlichkeiten aufgrund von Gasbezug handelt es sich jedoch nicht um solche aus dem Eigentum an dem Anwesen …straße 38 hergeleiteten Verpflichtungen, sondern um verbrauchs- und vor allem vertragsabhängige Verbindlichkeiten. Die Inanspruchnahme des Beklagten zu 4. verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben. Dass er nur mit einem Anteil von 0,01 % an der Beklagten zu 1. beteiligt war, wird Gründe gehabt haben, die der Beklagte zu 4. nicht gegenüber der Klägerin geltend macht. Sein geringes Einkommen stellt schließlich auch keinen erheblichen Einwand dar, sondern ist ein Umstand, der im Vollstreckungsverfahren Beachtung finden mag.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, ohne entscheidungserheblich von höchst- oder obergerichtlicher Rechtssprechung abzuweichen. Der Rechtssache kommt deshalb weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.777,38 € festgesetzt.

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