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Verkehrsunfall zweier Fahrzeuge auf Verbindungswegen eines Baumarktparkplatzes

AG Freudenstadt  – Az.: 4 C 196/17 – Urteil vom 15.03.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.656,53 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt restlichen Schadensersatz wegen Verkehrsunfalls.

Am 30.03.2017 ereignete sich gegen 18:00 Uhr auf dem Parkplatz des Baumarktes „Bauhaus“ auf … ein Unfall zwischen dem vom Kläger geführten PKW Mercedes-Benz CLK 200 K und dem vom Beklagten PKW Citroën C 4, der bei der Beklagten Ziffer 2 haftpflichtversichert war.

Sowohl der Kläger als auch der Beklagte Ziffer 1 befuhren die Verbindungswege zwischen den blockweise angelegten Parkplätzen, wobei der Beklagte Ziffer 1 mit seinem Fahrzeug von links kam, der Kläger mit seinem Fahrzeug von rechts. Im Bereich der Kreuzung eines Verbindungswegs mit einer der breiteren Parkstraßen kam es zu einer Kollision zwischen beiden Fahrzeugen, wodurch das klägerische Fahrzeug beschädigt wurde.

Der Kläger trägt vor, der durch den Unfall entstandene Sachschaden an seinem Fahrzeug habe 3954,87 EUR betragen und nicht, wie von der Beklagten Ziffer 2 behauptet, lediglich 3334,18 EUR.

Auf den Schaden des Klägers hat die Beklagte Ziffer 2 eine Zahlung in Höhe von 1677,09 EUR geleistet.

Trotz Aufforderung mit Anwaltsschreiben unter Fristsetzung, auch den restlichen Schaden zu bezahlen, haben die Beklagten keine weitere Zahlung geleistet.

Der Kläger beantragt:

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an den Kläger 2656,53 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit 14.07.2017 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 334,75 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 14.07.2017 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.

Verkehrsunfall zweier Fahrzeuge auf Verbindungswegen eines Baumarktparkplatzes
(Symbolfoto: Eric Broder Van Dyke/Shutterstock.com)

Sie tragen vor, die Beklagte Ziffer 2 habe zu Recht nur 50 Prozent der Kosten erstattet und zudem an den kalkuliertem Reparaturkosten Abzüge vorgenommen. Richtig sei, dass sich der Unfall zwischen beiden Fahrzeugen auf dem Parkplatz der Firma Bauhaus in … ereignet habe. Es werde bestritten, dass der Kläger mit angepasster Geschwindigkeit gefahren sei. Es könne keine Rede davon sein, dass der Kläger auf dem Parkplatzgelände Vorfahrt gehabt hätte. Es werde auch bestritten, dass der Kläger auf der bevorrechtigten Durchgangsstraße befunden habe. Es sei zwar richtig, dass der Kläger von rechts gekommen sei und der Beklagte Ziffer 1 von links. Dies bedeute jedoch auf einem Parkplatz noch lange nicht, dass der Kläger damit Vorfahrt gehabt hätte. Die Einschätzung der Polizei aus den Ermittlungsakten, auf welche sich der Kläger berufe, werde nicht geteilt. Anhand der zur Akte gegebenen Lichtbilder könne man nicht die Auffassung vertreten, dass der Kläger auf der Vorfahrtsstraße gefahren sei bzw. er Vorfahrt gehabt habe, weil er von rechts gekommen sei. Auf der Übersichtsaufnahme von Google sei erkennbar, dass es auf dem Parkplatzgelände zwei längere, parallel verlaufende Straßen gebe, die parallel zum Baumarktgebäude verliefen. Die eine verlaufe direkt vor dem Baumarkt, die andere daneben. Die vom Baumarkt weiter entfernt verlaufende Straße werde dann mehrfach von anderen Straßen gekreuzt. An den Kreuzungen bzw. im Bereich der Kreuzung befinden sich teilweise die Unterstände für die Einkaufswagen.

Einen solchen sehe man auf den Lichtbildern. Nach Lage der Dinge sei der Kläger aus einer solchen Erschließungsstraße für die eigentlichen Parkbuchten in Richtung der anderen, parallel zum Baumarktgebäude verlaufenden, Straße gefahren. Der Beklagte Ziffer 1 sei auf diese sich parallel zum Baumarktgebäude befindlichen Straße gekommen. Auf einmal sei dann von rechts der Kläger mit seinem Mercedes gekommen. In diesem Bereich sei die Sicht für beide Fahrzeugführer durch ein unterstand für die Einkaufswagen behindert gewesen. Beide Fahrzeugführer seien nach Lage der Dinge an dieser Kreuzung unaufmerksam gefahren.

Vorfahrt habe der Kläger dort nicht gehabt. Vielmehr habe das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gegolten. Allenfalls wäre vertretbar, dass der Beklagte Ziffer 1 auf der Vorfahrtsstraße gefahren sei, weil diese den gesamten Markt zu den einzelnen Parkreihen erschließe. Der meiste Verkehr befinde sich deshalb auf dieser Straße. Darauf komme es jedoch nicht an. Der Kläger hätte, wenn er von rechts komme, auf Parkplätzen nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nur dann Vorfahrt, wenn die von ihm benutzte Straße so genannten „Straßencharakter“ hätte, was eindeutig nicht der Fall sei. Denn wo keine Straße sei, könne es auch keine Vorfahrt geben. Angesichts der vorgelegten Lichtbilder hätten beide Straßen keinen Straßencharakter im Sinne der StVO. Wenn die Straße lediglich den Besuch von Parkplätzen diene, was sicherlich bei der vom Kläger benutzten Straße der Fall sei und weniger bei der vom Beklagten Ziffer 1 benutzten Straße, dann könne der Kläger keine Vorfahrt gehabt haben. Denn eine Straße bzw. in straßenähnliche Charakter setze voraus, dass dies eindeutig erkennbar sei, und zwar entweder durch die bauliche Gestaltung oder durch Markierungen auf der Straße. Solche Straßencharakter habe er die vom Beklagten Ziffer 1 befahrene Straße. Im Übrigen ergebe sich weder aus irgendwelchen Markierungen auf der Straße noch aus sonstigen baulichen Gegebenheiten, dass eine der beiden Straßencharakter hätte und deshalb der Grundsatz rechts vor links gelten könne. Mithin gelte der Grundsatz, dass jeder auf einem Parkplatz mit Schrittgeschwindigkeit fahren dürfe und ständig bremsbereit sein müsse. Diesen Grundsatz hätten beide Fahrzeugführer nicht eingehalten. Deshalb habe die Beklagte Ziffer 2 die Schäden am klägerischen Fahrzeug nur zu 50 Prozent erstattet. Auch sei die geltend gemachte Schadenshöhe nicht zutreffend.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung der Fahrzeugführer im Rahmen des Termins vom 10.10.2017. Auf das Protokoll der Sitzung (Bl. 58/59 der Akte) wird verwiesen. Weiterhin wurde die Zeugin … uneidlich vernommen. Auf das Protokoll der genannten Sitzung (Bl. 59/60 der Akte) wird verwiesen.

Weiterhin hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 03.02.2018 (Bl. 81-89/100 der Akte) wird verwiesen.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die weiteren Ausführungen der Parteien in ihren Schriftsätzen sowie die Anlagen hierzu, insbesondere das Abrechnungsschreiben der Beklagten Ziffer 1 (Anlage K 1, Bl. 8-10 der Akte), das anwaltliche Aufforderungsschreiben (Anlage K 2, Bl. 11/12 der Akte), die von Beklagtenseite vorgelegte Aufnahme von Google Maps (Bl. 34 bzw. 66 der Akte), die Lichtbilder (Bl. 35/36 sowie 63-65 der Akte der Akte).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes aus §§ 823 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BGB in Verbindung mit 1 Abs. 2 StVO bzw. 7 Abs. 1 StVG, jeweils in Verbindung mit 115 Abs. 1 VVG nicht zu.

Die Unfallsituation konnte durch Anhörung der Fahrzeugführer im Termin vom 10.10.2017 und die von Beklagtenseite vorgelegten Lichtbilder (Bl. 35 und 36 der Akte) eindeutig geklärt werden.

Auf Parkplätzen von Einzelhändlern gelten die Vorschriften der StVO nicht unmittelbar. Beide Fahrzeugführer traf daher die Verpflichtung aus § 1 Abs. 2 StVO, das Parkplatzgelände mit einer solchen Vorsicht zu befahren, dass Gefährdungen oder gar Schädigungen Dritter ausgeschlossen sind. Ein „Vorfahrtsrecht“ des Klägers im eigentlichen Sinne besteht aus den in der Klageerwiderung dargelegten Gründen nicht; daher kommt auch keine Vorfahrtsverletzung durch den Beklagten Ziffer 1 in Betracht.

Somit fällt beiden Fahrzeugführern ein Verstoß gegen das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme, § 1 Abs. 1 StVO, bzw. das Verbot einer Gefährdung oder gar Schädigung anderer, § 1 Abs. 2 StVO, bzw. ein Verstoß gegen die maximal zulässige Geschwindigkeit angesichts der Straßen- bzw. Sichtverhältnisse, § 3 Abs. 1 Satz 2 und 4 StVO, zur Last.

Angesichts dessen ist ein Ansatz eines Mitverschuldens, § 254 Abs. 1 BGB, bzw. einer Mitverursachung, § 17 Abs. 1 StVG, im Verhältnis von 50:50 angemessen.

Der als Schadensgutachter jahrzehntelang erfahrene Sachverständige … hat sorgfältig begründet dargelegt, dass bis auf die Position Lackieren der Schutzleiste durch die Beklagte Ziffer 2 keine weiteren Abzüge vorgenommen worden seien. Die Differenz zwischen den vom Gutachter … und dem Abrechnungsschreiben der Beklagten Ziffer 2 bestehenden Differenz resultiere somit im Wesentlichen aus den Stundenverrechnungssätzen des von der Beklagten Ziffer 2 genannten Referenzbetriebs … . Die Angaben im Gutachten … seien widersprüchlichen inkonsequent. Zum einen hätte, wenn das Lackieren der Zierleiste zum Farbtonangleichung erforderlich gewesen sein sollte, auch die rechte Zierleiste der Stoßfängerverkleidung zum Farbtonangleichung lackiert werden müssen. Aus technischer Sicht sei es zur Vermeidung von Farbtonabweichungen an einer mit der Originallackierung versehenen Zierleiste beim alleinigen Austausch der Stoßfängerverkleidung nicht notwendig, Lackierarbeiten an der Zierleiste durchzuführen. Erfahrungsgemäß seien beim Einbau bereits herstellerseitig lackierter Zierleisten nur dann Farbtonunterschiede feststellen, wenn die Zierleisten nicht mit dem Originalzustand entsprechen. Aus technischer Sicht sei es im konkreten Fall zur sach- und fachgerechten Instandsetzung ausreichen, die herstellerseitig lackierte Zierleiste zu montieren. Da diese Zierleiste bereits vom Hersteller lackiert geliefert werde, sei der von der Beklagten in Abzug gebrachte Betrag gerechtfertigt die von der Beklagten Ziffer 2 angegebenen Stundenverrechnungssätze hätten über den tatsächlichen Stundenverrechnungssätzen der Firma … für das Jahr 2017 gelegen. Bei dem von der Beklagten Ziffer 2 herangezogene Karosseriefachbetrieb sei die fachliche Wertigkeit der Reparatur bzw. der Qualitätsstandard mit den Leistungen einer markengebundenen Fachwerkstatt gleichzusetzen da nach den Feststellungen im Gutachten … nur geringe Beschädigungen und überwiegend Schäden an schraubbaren Anbauteilen vorhanden war gewesen seien, seien keine Qualitätsunterschiede zwischen den Leistungen der von der Beklagten Ziffer 2 herangezogene Fachwerkstatt zu Markenwerkstätten feststellen. Der durch die Kollision entstandene Fahrzeugschaden sei also mit einem Betrag von 3.954,87 EUR mit Ausnahme des lackierte Stoßfängerverkleidung richtig berechnet worden.

Nach Abzug des für das lackieren der Zierleiste erforderlichen Aufwands beliefen sich die Reparaturkosten unter Berücksichtigung der von der … verrechnen Stundenverrechnungssätze auf netto 3.334,18 EUR. Verbringungskosten fielen bei der Beauftragung der … nicht an.

Das Gericht hat die klaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nachvollzogen und deshalb auch der Entscheidung zugrunde gelegt.

Der somit zu ersetzende Schaden des Klägers setzt sich zusammen aus dem Sachschaden in Höhe von 3.314,18 EUR, den Kosten des Schadensgutachters … in Höhe von 707,57 EUR sowie der Pauschale in Schadensfällen in Höhe von 25,00 EUR, beträgt somit insgesamt 4.046,75 EUR.

Unter Ansatz der oben dargestellten Haftungsquote ergibt sich somit ein Schadensersatzanspruch des Klägers von 2.023,38 EUR.

Unter Beachtung der durch die Beklagte Ziffer 2 bereits geleisteten Zahlungen von 1677,09 EUR sowie weiterer 353,79 EUR verbleibt kein restlicher Schadensersatzanspruch des Klägers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts basiert auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

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