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Betriebskostenabrechnung – Frist für Einwendungen gegen materielle Richtigkeit

AG Lichtenberg, Az.: 112 C 170/09, Urteil vom 16.02.2010

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 657,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 753,28 € vom 24.7.2009 bis zum 31.12.2009 und aus 465,28 € seit dem 1.1.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten noch auf Zahlung von Nebenkosten nach Abrechnung für die Jahre 2006 und 2007 sowie auf Nebenkostenvorauszahlungen für den Zeitraum Januar bis September 2009 in Anspruch.

Betriebskostenabrechnung - Frist für Einwendungen gegen materielle Richtigkeit
Symbolfoto: hozard/Bigstock

Die Parteien sind verbunden durch einen Mietvertrag über eine Wohnung in der … . Der Mietvertrag war mit einer Rechtsvorgängerin der Klägerin am 1.11.1985 geschlossen worden. Eine Umlage von Betriebskosten war zunächst nicht vorgesehen. Bis zum 1.7.1994 rechnete die Rechtsvorgängerin der Klägerin über Betriebskosten ab und verlangte entsprechende Vorauszahlungen. Nach Übernahme der Verwaltung durch die Klägerin ab dem 1.7.1994 rechnete diese über angefallene Betriebskosten ab.

Die monatliche Miete für die oben genannte Wohnung betrug am 31.12.2007 267,12 €, bestehend aus 154,12 € Nettokaltmiete und 113,00 € Betriebskostenvorauszahlung.

Mit Schreiben vom 22.10.2007 rechnete die Klägerin über die Betriebskosten für das Jahr 2006 ab.

Die Abrechnung weist ein Nachzahlungsergebnis zu Lasten der Beklagten in Höhe von 224,38 € aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Betriebskostenabrechnung vom 22.10.2007 Bezug genommen (Anlage K 1). Im Zusammenhang mit der Betriebskostenabrechnung 2006 erhöhte die Klägerin die monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen um 24,00 € monatlich auf 137,00 €. Mit Schreiben vom 18. 11. 2007 widersprach der Beklagte der Betriebskostenabrechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 18.11.2007 Bezug genommen (Anlagenkonvolut K 4, Seite 1).

Mit Schreiben vom 30.9.2008 rechnete die Klägerin über die Betriebskosten für das Jahr 2007 ab.

Die Abrechnung weist ein Nachzahlungsergebnis zu Lasten der Beklagten in Höhe von 441,28 € aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Betriebskostenabrechnung vom 30.9.2008 Bezug genommen (Anlage K 2). Mit Schreiben vom 12.12.2008 wendete der Beklagte ein, dass die Betriebskostenabrechnungen der Klägerin „unklar, undurchsichtig und schon deshalb nicht nachvollziehbar“ seien. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 12.12.2008 Bezug genommen (Anlagenkonvolut K 4, Seite 2).

Der Beklagte nahm keine Einsicht in Belege der Betriebskostenabrechnungen 2006 und 2007.

Nachdem die Klägerin zunächst mit der am 6.10.2009 zugestellten Klage u.a. auch die Erhöhungsbeträge der Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2008 in Höhe von 12 mal 24,00 €, insgesamt 288,00 € mit der Klage geltend gemacht hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2.2.2010 übereinstimmend für teilweise erledigt erklärt.

Die Klägerin behauptet, dass in der Betriebskostenabrechnung in nur solcher Hausratsleistungen umgelegt worden seien, die keine Instandhaltungs- und Verwaltungskosten enthielten und die abgerechneten Wasserkosten wie abgerechnet angefallen seien.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch nach Klageerweiterung und teilweiser Klagerücknahme, den Beklagten zu verurteilen, an sie 657,28 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten aus 753,28 € seit Zustellung des Mahnbescheides (23.7.2009) zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass teils nicht umlagefähige Kosten abgerechnet worden seien.

Die Betriebskostenabrechnungen seien ferner bereits formell unwirksam.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist, soweit über sie nach der teilweisen Klagerücknahme und den wirksamen übereinstimmenden Teilerledigungserklärungen noch zu entscheiden ist, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

1.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Nachzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2006 und 2007 in Höhe von 224,38 € und 216,90 €.

Die Klägerin durfte über Betriebskosten abrechnen und ihre Bezahlung durch den Beklagten auf der Grundlage des Mietvertrages i.V.m. § 556 BGB verlangen, da die Mietstruktur entsprechend § 14 Abs. 1 MHG in Verbindung mit der Betriebskosten-Umlageverordnung vom 17.6.1991 (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., BGB § 556 Rn. 30) durch Betriebskostenabrechnungen und das Verlangen angemessener Vorauszahlungen auf eine Nettokaltmiete mit gesonderter Abrechnung über zu leistende Betriebskostenvorauszahlungen abgeändert wurde.

Der Betriebskostenabrechnung ist auch formell wirksam. Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, sind in die Abrechnung regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (BGH NJW 2008, 2260-2262; BGH NJW 2008, 2258-2260). Eine weitergehende Erläuterung, namentlich bei auffälligen Betriebskostensteigerungen oder Verbrauchsschwankungen oder die Richtigkeit der Zuteilung zu den richtigen Positionen betreffen die materielle Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung, berühren aber nicht ihre formelle Wirksamkeit (BGH NJW 2008, 2260-2262). Nach diesen Grundsätzen ist die angegriffene Betriebskostenabrechnung wirksam. Die Betriebskostenabrechnungen enthalten eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Verteilerschlüssel sind dargestellt und daraus der individuelle Anteil des Beklagten ermittelt. Die Kosten wurden entsprechend berechnet und die geleisteten Vorauszahlungen abgezogen. Soweit der Beklagte – von der Klägerin bestritten – behauptet, in denen Hauswartkosten seien Verwaltungstätigkeiten enthalten, so ist dies trotz gerichtlichen Hinweises vom 15.12.2009 unbeachtlich ins Blaue hinein erfolgt, § 138 Abs. 1, 2 ZPO. Der Beklagte hat keine Einsicht in die Belege genommen und danach keine Grundlage für seine Behauptung. Ein Vorwegabzug war insoweit nicht erforderlich, da nach dem wegen des unzulässigen Bestreitens des Beklagten zu Grunde zu legenden Vortrags der Klägerin die Verwaltungs- und Reparaturkosten gesondert vom Hauswart abgerechnet werden. Soweit der Beklagte einwendet, in einzelnen Positionen etwa der Hausbetreuung seien unzulässigerweise mehrere Kostenarten zusammengefasst, so berührt dies gleichfalls nicht die formelle Wirksamkeit. Zwar kann die Zusammenfassung mehrerer Positionen insoweit die Betriebskostenabrechnung formell unwirksam werden lassen (vgl. OLG Dresden, GE 2002, 994; OLG Hamburg ZMR 2003, 180). Das setzt aber voraus, dass aus der Abrechnung selbst nicht ersichtlich ist, welche Positionen zusammengefasst wurden (vgl. OLG Dresden aaO.; OLG Hamburg aaO.). Dies ist hier indes nicht der Fall. Denn in den Betriebskostenabrechnungen hat die Klägerin jeweils erläutert, welche Kosten zusammengefasst werden, so dass dem Beklagten ohne Weiteres die Prüfung möglich war, ob die Klägerin nicht umlagefähige Kosten umgelegt hat.

Soweit der Beklagte sich inhaltlich gegen die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung wendet, so ist er mit seinen Einwendungen gemäß § 556 Abs. 3 S. 6 BGB ausgeschlossen. Denn er hat nicht innerhalb eines Jahres nach Zugang der Betriebskostenabrechnungen seine Einwendungen vorgebracht. Der Mieter ist verpflichtet, innerhalb der Einwendungsfrist seine Einwendungen substanziiert vorzubringen (LG Bochum ZMR 2005, 863). Von substanziierten Einwendungen aber kann bei den Schreiben des Beklagten vom 18.11.2007 und 12.12.2008 (Anlagenkonvolut K 3) nicht die Rede sein. Vielmehr hat der Beklagte die Abrechnungen pauschal als nicht nachvollziehbar bezeichnet, ohne dies näher zu begründen. Die erstmals in der Klageerwiderungsschrift vom 3.11.2009 und in spätern Schriftsätzen vorgetragenen Einwendungen sind danach wegen Ablaufs der Einwendungsfrist nicht mehr zu berücksichtigen.

Die Ausschlussvorschrift des § 556 Abs. 3 S. 6 BGB umfasst dabei auch den Einwand der fehlenden mietvertraglichen Vereinbarung bei einzelnen umgelegten Kosten, sofern diese grundsätzlich umlagefähig sind (BGH NJW 2008, 283, 285 m.w.N.). Allein dies dient der mit § 556 Abs. 3 S. 5 und 6 BGB, dem der Nachforderungsausschluss für den Vermieter nach § 556 Abs. 3 S. 3 BGB entspricht, der beabsichtigten Befriedungsfunktion (BGH NJW 2008, 283, 285). Sämtliche in den Abrechnungen aufgeführte Kosten sind auch nach der Betriebskostenverordnung grundsätzlich umlagefähig.

2.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung der Betriebskostenvorauszahlungen für den Zeitraum Januar bis September 2009 in Höhe von 9 mal 24,00 €, insgesamt 216,00 € aus dem Mietvertrag. Die Mietstruktur wurde insoweit wirksam auf eine Nettokaltmiete mit Betriebskostenvorauszahlungen abgeändert (s.o.).

Da die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2006 auf der die Anpassungserklärung zu erhöhten Nebenkostenvorauszahlungen nach § 315 BGB beruhte, formell wirksam war (s.o.), ist der Beklagte auch zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verpflichtet.

3.

Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, analog § 187 Abs. 1 BGB. Da mit Abrechnungsreife der Betriebskosten für das Jahr 2008 mit Ablauf des 31.12.2009 nach § 556 Abs. 3 S. 2 BGB der Anspruch auf Betriebskostenvorauszahlungen 2008 erlosch, hat die Klägerin nur einen Anspruch auf Zinsen für die Betriebskostenvorauszahlungen 2008 bis zu diesem Zeitpunkt.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 2 Nr. 1, 91 a Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2008 übereinstimmend für erledigt erklärt haben, so waren nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes den Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da die Klägerin zum Zeitpunkt der Klagezustellung bis zum 31.12.2009 aus den vorstehenden Erwägungen einen Anspruch auf Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungen für das Jahr 2008 hatte.

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