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Abbruch von Vertragsverhandlungen über Verkauf eines Grundstücks – Schadensersatzanspruch

Vertragsverhandlungen: Kein Schadensersatz bei fehlender Verkaufsabsicht

Das Landgericht Aachen hat in seinem Urteil (Az.: 10 O 106/14) die Klage eines Paares auf Schadensersatz wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen über den Verkauf einer Immobilie abgewiesen. Trotz vorläufiger Absprachen und vorbereitender Maßnahmen für den Kauf sah das Gericht keine ausreichenden Beweise für eine verbindliche Verkaufsabsicht des Beklagten. Somit trugen die Kläger das Risiko ihrer getätigten Investitionen selbst.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 10 O 106/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Abweisung der Klage: Die Kläger haben keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen.
  2. Rechtsprinzip der Vertragsfreiheit: Bis zum Vertragsabschluss können Verhandlungen grundsätzlich ohne Folgen abgebrochen werden.
  3. Eigenes Risiko bei Investitionen: Aufwendungen in Erwartung eines Vertragsabschlusses erfolgen auf eigenes Risiko der Parteien.
  4. Keine ausreichenden Beweise für Verkaufsabsicht: Das Gericht konnte die behauptete Verkaufsabsicht des Beklagten nicht zweifelsfrei feststellen.
  5. Beweislast bei den Klägern: Die Kläger konnten die erforderliche ernst zu nehmende Verkaufsabsicht des Beklagten nicht beweisen.
  6. Formbedürftigkeit des Vertrages: Ein Anspruch der Kläger scheiterte an der fehlenden Einhaltung der Formvorschrift von § 311b Abs. 1 BGB.
  7. Kein Anspruch auf Durchführung des Vertrages: Die Kläger hatten keinen Anspruch auf die Durchführung des notariell zu beurkundenden Vertrages.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.

Abbruch von Vertragsverhandlungen: Wann besteht ein Schadensersatzanspruch?

Der Abbruch von Vertragsverhandlungen über den Verkauf eines Grundstücks kann unter bestimmten Umständen zu einem Schadensersatzanspruch führen. Dabei ist es entscheidend, ob eine tatsächlich nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorgespiegelt oder von einer bereits geäußerten Abschlussbereitschaft abgerückt wurde, ohne dies offenzulegen. Grundsätzlich darf jede Seite die Vertragsverhandlungen abbrechen, ohne dass dies zu Ersatzansprüchen der anderen Seite führt.

Ein Schadensersatzanspruch setzt jedoch voraus, dass der Abbrechende in zurechenbarer Weise Vertrauen geschaffen hat, das der Geschädigte aufgrund der Verhandlungen hatte. Es ist wichtig, dass bei Vertragsverhandlungen keine falschen Versprechungen oder Täuschungen vorgenommen werden, um spätere Schadensersatzansprüche zu vermeiden. In einem konkreten Fall hat der BGH einen Schadensersatzanspruch abgelehnt, in dem der Verkäufer eines Grundstücks im Laufe der Vertragsverhandlungen den Preis erhöht hat.

Eine detaillierte Betrachtung eines Urteils zum Thema „Abbruch von Vertragsverhandlungen über Verkauf eines Grundstücks – Schadensersatzanspruch“ kann dabei helfen, die rechtlichen Herausforderungen besser zu verstehen.

Die Anfänge des Rechtsstreits: Verhandlungen über Grundstücksverkauf

Im Zentrum des Falles steht der Abbruch von Verhandlungen über den Verkauf einer Doppelhaushälfte, die von einem Ehepaar, den Klägern, bewohnt wurde. Diese Immobilie gehörte dem Beklagten, der nebenan wohnte. Die Verhandlungen begannen im April 2012, als die Kläger Interesse am Kauf der Immobilie äußerten. Zur Unterstützung ihrer Kaufabsicht erstellten die Kläger ein Wertgutachten und legten dem Beklagten mehrere Schreiben vor, die er auch unterschrieb. Diese Schreiben beinhalteten Angebote zum Kauf des Grundstücks und Zugeständnisse zur Einsicht in das Grundbuch.

Eskalation und Schadensersatzforderungen

Nachdem die Kläger auf Grundlage der vorläufigen Vereinbarungen zwei Darlehensverträge abgeschlossen hatten, zog der Beklagte sein Verkaufsangebot zurück. Dies führte dazu, dass die Kläger, um zusätzliche Kosten zu vermeiden, ein anderes Objekt erwarben. Sie forderten daraufhin Schadensersatz vom Beklagten für die entstandenen Kosten, einschließlich Gutachter-, Maklergebühren und Umzugskosten. Der Beklagte lehnte diese Forderungen ab, woraufhin die Kläger vor Gericht zogen.

Rechtliche Herausforderungen und Gerichtsverfahren

Der Kern des Rechtsstreits lag in der Frage, ob die vorvertraglichen Handlungen des Beklagten zu einem Schadensersatzanspruch der Kläger führten. Die Kläger argumentierten, dass die vom Beklagten unterschriebenen Schreiben eine verbindliche Zusage darstellten, während der Beklagte behauptete, er habe nie die Absicht gehabt, das Grundstück vor Ablauf der Finanzierung zu verkaufen. Die Gerichtsverhandlungen konzentrierten sich daher auf die Beweisführung bezüglich der Verkaufsabsicht und der daraus resultierenden Pflichten.

Das Urteil des Landgerichts Aachen

Das Landgericht Aachen wies die Klage ab und entschied, dass die Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz hatten. Das Gericht stellte fest, dass im Rahmen der Vertragsfreiheit jeder Vertragspartner das Recht hat, von Verhandlungen Abstand zu nehmen. Es wurde betont, dass Aufwendungen in Erwartung des Vertragsabschlusses auf eigenes Risiko erfolgen. Das Gericht konnte nicht zweifelsfrei feststellen, dass der Beklagte eine ernsthafte Verkaufsabsicht hatte, und es ergab sich keine Beweislastumkehr zu seinen Ungunsten.

Fazit des Rechtsfalles

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung formeller Vertragsabschlüsse und die Risiken, die mit vorvertraglichen Verhandlungen verbunden sind. Es zeigt auf, dass die Absichtserklärungen ohne formelle Vertragsbindung nicht ausreichen, um Schadensersatzansprüche zu begründen.

Der vollständige Text des Urteils kann unten eingesehen werden.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was bedeutet ein Abbruch von Vertragsverhandlungen im Kontext des Immobilienrechts?

Im Kontext des Immobilienrechts bezieht sich der Abbruch von Vertragsverhandlungen auf die Situation, in der eine Partei die Verhandlungen über den Kauf oder Verkauf einer Immobilie einstellt. Dies kann verschiedene Gründe haben, wie zum Beispiel ein besseres Angebot von einer anderen Partei oder ein verändertes Interesse an der Immobilie.

Ein solcher Abbruch kann jedoch rechtliche Konsequenzen haben. Grundsätzlich kann der Abbruch von Vertragsverhandlungen Schadensersatzansprüche auslösen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vertragsschluss nach dem aktuellen Stand der Verhandlungen als sicher anzunehmen war und im Vertrauen darauf Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages getätigt wurden. Wenn die Verhandlungen dann ohne triftigen Grund abgebrochen werden, kann dies zu einer Haftung führen.

Es ist jedoch zu beachten, dass Immobilienkaufverträge formbedürftig sind und vor Einhalten der Form keine rechtliche Bindung besteht. Daher werden an das Vorliegen eines triftigen Grundes für den Abbruch der Verhandlungen keine hohen Anforderungen gestellt. Ein triftiger Grund könnte beispielsweise die Corona-Pandemie sein, wie in einem Fall, den das Oberlandesgericht München entschieden hat.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der Abbruch von Vertragsverhandlungen durch einen Mietinteressenten grundsätzlich keinen Grund für Schadensersatz darstellt. Jeder an den Vertragsverhandlungen für einen Mietvertrag Beteiligte ist berechtigt, vom Abschluss des Vertrages Abstand zu nehmen, ohne dass dieser Entschluss begründet werden muss.

Insgesamt ist es ratsam, bei Vertragsverhandlungen im Immobilienbereich vorsichtig zu sein und sich rechtlich beraten zu lassen, um mögliche Schadensersatzansprüche zu vermeiden.

Wann entsteht ein Schadensersatzanspruch bei gescheiterten Vertragsverhandlungen?

Ein Schadensersatzanspruch bei gescheiterten Vertragsverhandlungen entsteht unter bestimmten Voraussetzungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) kann ein solcher Anspruch begründet werden, wenn der Abschluss eines formbedürftigen Vertrages als sicher dargestellt wurde und das Verhalten des Abbrechenden einen schweren Verstoß gegen die Verpflichtung zu redlichem Verhalten darstellt, was in der Regel die Feststellung vorsätzlich pflichtwidrigen Verhaltens erfordert.

Ein Schadensersatzanspruch kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Partei bei der anderen Seite zurechenbar das berechtigte Vertrauen erweckt hat, dass der Vertrag mit Sicherheit zustande kommen wird, und dann die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht.

Die Vertragsfreiheit erlaubt es grundsätzlich, dass jede Partei die Vertragsverhandlungen jederzeit auch ohne triftigen Grund abbrechen darf. Eine Pflichtverletzung und damit ein Schadensersatzanspruch kann jedoch dann entstehen, wenn eine Partei ohne Abschlusswillen verhandelt oder weiterverhandelt, obwohl sie ihren Abschlusswillen bereits aufgegeben hat, und die andere Seite dadurch zu unnötigen Aufwendungen veranlasst wird.

Bei formbedürftigen Verträgen, wie beispielsweise Grundstückskaufverträgen, die einer notariellen Beurkundung bedürfen, sind die Anforderungen für einen Schadensersatzanspruch höher. Hier muss das Verhalten des Abbrechenden einen schweren Verstoß gegen das Gebot zu redlichem Verhalten darstellen, um einen Schadensersatzanspruch auszulösen.

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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Schadensersatzanspruch bei gescheiterten Vertragsverhandlungen nur unter bestimmten Voraussetzungen besteht, insbesondere wenn das Vertrauen auf den Vertragsabschluss in zurechenbarer Weise erweckt wurde und die Verhandlungen ohne triftigen Grund abgebrochen werden.

Inwiefern ist die Form des § 311b Abs. 1 BGB für Grundstückskaufverträge relevant?

Die Form des § 311b Abs. 1 BGB ist für Grundstückskaufverträge von entscheidender Bedeutung, da sie die notarielle Beurkundung solcher Verträge vorschreibt. Dies bedeutet, dass ein Vertrag, durch den sich eine Partei verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung bedarf. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.

Die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung dient mehreren Zwecken. Erstens stellt sie sicher, dass beide Parteien die Bedeutung und Konsequenzen des Vertrags vollständig verstehen. Zweitens bietet sie einen rechtlichen Schutz für beide Parteien. Drittens stellt sie sicher, dass der Vertrag ordnungsgemäß dokumentiert und aufgezeichnet wird.

Änderungen im Grundstückskaufvertrag bedürfen grundsätzlich der notariellen Form. Sollte eine Änderung nicht von einem Notar beurkundet worden sein, gilt diese als unwirksam; das bedeutet, dass der Vertrag in seiner ursprünglichen Form Gültigkeit hat.

Es ist auch zu beachten, dass nicht nur Kaufverträge, sondern auch andere Arten von Verträgen, die auf die Übertragung von Grundstücken gerichtet sind, der notariellen Beurkundung bedürfen. Dazu gehören beispielsweise Tausch- oder Schenkungsverträge über Grundstückseigentum.

Die Nichtbeachtung dieser Formvorschrift kann zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts führen. Daher ist es von größter Bedeutung, dass alle Parteien, die an einem Grundstückskaufvertrag beteiligt sind, sich der Anforderungen des § 311b Abs. 1 BGB bewusst sind und diese einhalten.


Das vorliegende Urteil

LG Aachen – Az.: 10 O 106/14 – Urteil vom 15.01.2015

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz aus einem gescheiterten Grundstückskaufvertrag in Anspruch.

Die Kläger sind Eheleute und waren von Dezember 2009 bis März 2013 Mieter der Doppelhaushälfte T- Straße … in G, die im Eigentum des Beklagten steht. Der Beklagte bewohnt die auf dem angrenzenden Grundstück befindliche andere Doppelhaushälfte. Im Rahmen eines Gesprächs vom 06.04.2012, teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er beabsichtige ein Haus zu kaufen. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig, es kam im Nachgang aber jedenfalls zu Gesprächen über einen Verkauf der von den Klägern bewohnten Doppelhaushälfte.

Die Kläger ließen ein Wertgutachten durch den Dipl.-Ing. T1 aus G1 erstellen, der einen Verkehrswert der Immobilie von 180.000,00 EUR und einen Sachwert i. H. v. 188.000,00 EUR ermittelte und zeigten dieses Gutachten dem Beklagten. Die Kläger erstellten sodann unter dem 11.06.2012 ein Schreiben, das sie dem Beklagten zur Unterschrift vorlegten und das dieser unterzeichnete. In diesem Schreiben heißt es, dass der Beklagte den Klägern das streitgegenständliche Objekt zum Preis von 175.000,00 EUR zum Kauf anbietet und ihnen bzw. der finanzierenden Bank die Einsicht in das Grundbuch gewährt. Am 28.06.2012 unterzeichnete der Beklagte erneut ein von den Klägern vorgefertigtes Schreiben, in dem er erklärte, dass das Grundstück real und nicht nach WEG zu teilen sei und dass die Teilfläche in Höhe von 331 m² zu bemessen sein werde. Die Kläger schlossen, nachdem die E-Bank AG auf die Vorlage der o. g. Schreiben und weiterer Unterlagen hin ein Angebot erstellt hatte, am 16.07.2012 zwei Darlehensverträge bei der Bank über 175.000,00 EUR ab. Am 25.09.2012, nach dem Tod des Vaters der Zeugin O, der Lebensgefährtin des Beklagten, erklärte der Beklagte den Klägern, das Hausgrundstück nicht verkaufen zu wollen.

Um gegenüber der finanzierenden Bank keine Rangrücktrittsgebühren in Höhe von 10.000,00 EUR zahlen zu müssen, beschlossen die Kläger ein anderes Haus zu kaufen. Unter Zuhilfenahme eines Maklers erwarben sie ein Objekt in der S-Straße in G mit notariellem Kaufvertrag vom 13.11.2012, in das die Kläger Anfang April 2014 einzogen.

Mit Schreiben vom 02.12.2013 forderten die Kläger den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz unter Fristsetzung auf den 12.12.2013 auf. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 09.12.2013 ab.

Mit der Klage machen die Kläger die Gutachterkosten in Höhe von 238,00 EUR, Maklergebühren in Höhe von 7.818,30 EUR, Bearbeitungsgebühren über 350,00 EUR der E-Bank AG für den Pfandtausch, Bereitstellungszinsen in Höhe von 850,70 EUR, die Miete für Januar bis März 2013 über 2.250,00 EUR, Umzugskosten in Höhe von 952,00 EUR und Kosten über 25,20 EUR für einen postalischen Nachsendeauftrag geltend.

Die Kläger behaupten, dass sie mit dem Beklagten zwischen April und August 2012 ständig über den geplanten Kauf gesprochen hätten, wobei der Beklagte stets seine Verkaufsabsicht bekräftigt habe. Die Kläger hätten ihn über den Abschluss der Darlehensverträge informiert und auch schon Vorschläge für die Beauftragung eines Notars sowie eines Vermessungsingenieurs gemacht. Der Beklagte selbst habe sich ebenfalls um die Beauftragung kümmern wollen. Man sei sich im Übrigen über den Besitzübergang zum 01.01.2013 einig gewesen, da der Beklagte noch bis Ende 2012 habe abschreiben wollen. Die mit der Klage geltend gemachten Schadenspositionen seien als Kosten insgesamt angefallen und von ihnen beglichen worden.

Sie sind der Ansicht, dass die nun geltend gemachten Kosten bei Durchführung des Vertrages nicht angefallen wären und daher als negativer Vertrauensschaden zu ersetzen seien.

Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 12.485,20 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13.12.2013 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, er habe den Klägern gegenüber erklärt, dass er nicht beabsichtige, die von den Klägern bewohnte Doppelhaushälfte vor Ablauf deren Finanzierung im Juli 2014 zu veräußern, da er bis zu diesem Zeitpunkt entsprechende Abschreibungen vornehmen könne. Er habe zu keinem Zeitpunkt Kenntnis davon gehabt, dass die Kläger bereits am 16.07.2012 die Darlehensverträge abgeschlossen hatten. Verbindliche Zusagen hätte es von seiner Seite zu keinem Zeitpunkt gegeben. Zu den Schreiben vom 11.06.2012 und vom 28.06.2012 hätten die Kläger erklärt, sie benötigten diese lediglich um eine Finanzierungszusage ihrer Bank zu erfragen und um Einsicht in das Grundbuch zu erhalten.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Anspruch der Kläger nicht bestehe, da ein vorsätzlicher Verstoß gegen Pflichten seinerseits erforderlich gewesen wäre, der bereits nicht vorgetragen wurde. Ein Anspruch der Kläger auf Durchführung des Vertrages scheitere bereits mangels einer der Form des § 311b Abs. 1 BGB entsprechenden Vereinbarung.

Das Gericht hat die Kläger informatorisch angehört und Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin N O. Wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2014 (Bl. 154 f. d. A.) und vom 18.12.2014 (Bl. 249 ff. d. A.) verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung von 12.485,20 EUR gegen den Beklagten wegen Abbruch der Vertragsverhandlungen aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit hat grundsätzlich jeder Vertragspartner bis zum Vertragsabschluss das Recht, von dem angestrebten Vertragsabschluss Abstand zu nehmen. Jeglicher Aufwand, der in Erwartung des Vertragsabschlusses gemacht wird, erfolgt daher auf eigene Gefahr (BGH, Urt. v. 22. Februar 1989, VIII ZR 4/88). Wenn der Vertragsabschluss nach den Verhandlungen zwischen den Parteien als sicher anzunehmen ist und in dem hierdurch begründeten Vertrauen Aufwendungen zur Durchführung des Vertrages vor dessen Abschluss gemacht werden, können diese allerdings vom Verhandlungspartner unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu erstatten sein, wenn er ohne triftigen Grund vom Vertrag Abstand nimmt. (BGHZ 76, 343, 349; Urteile v. 6. Februar 1969, II ZR 86/67, WM 1969, 595, 597; v. 12. Juni 1975, X ZR 25/73, WM 1975, 923, 925).

Bei notariell zu beurkundenden Verträgen im Sinne des § 311b BGB müssen diesbezüglich aber Einschränkungen vorgenommen werden. Denn eine so begründete Verpflichtung wirkt sich wie ein indirekter Zwang zum Abschluss des Vertrages aus. Das würde dann allerdings dem Zweck der Formvorschrift von § 311b BGB widersprechen, nach der wegen der objektiven Eigenart des Vertragsgegenstandes eine Bindung ohne Einhaltung der Form verhindert werden soll (BGHZ 116, 251, 257). Eine Ersatzpflicht kann daher nur dann bejaht werden, wenn es mit Treu und Glauben schlechthin nicht zu vereinbaren ist und nicht allein aus dem Grund, dass eine Partei ohne triftigen Grund die Verhandlungen abbricht (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1982, V ZR 216/81, WM 1982, 1436, 1437).

Lediglich bei Existenzgefährdung des anderen Teils (BGHZ 12, 286; 23, 249) oder wenn ein schwerer Treueverstoß der abbrechenden Partei vorliegt, der bei Vorspiegeln einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Verkaufsabsicht angenommen werden kann (Senat, Urt. v. 18. Oktober 1974, V ZR 17/73, NJW 1975, 43), ist eine Ersatzpflicht auch bei Rechtsgeschäften mit erhöhten Formerfordernissen zu bejahen. Dafür ist allerdings auch ein vorsätzliches Verhalten der Partei erforderlich (BGH, Urt. v. 29.03.1996, V ZR 332/94).

Dieser Konstellation gleichzustellen ist der Fall, dass die abbrechende Partei zunächst eine Kauf-/ Verkaufsabsicht gehabt hat, im Laufe der Verhandlungen jedoch innerlich von dieser abgerückt ist, ohne dies dem Vertragspartner zu offenbaren (vgl. BGH, Urt. v. 19. Januar 1979, I ZR 172/76). Die dadurch entstehende besondere Gefährdungslage begründet eine gesteigerte Vertrauensbeziehung, die den Verhandelnden zu erhöhter Rücksichtnahme auf die Interessen seines Partners verpflichtet. Aus ihr folgt gleichermaßen die Verpflichtung, den Partner vor einem Irrtum über den (Fort-)Bestand einer geäußerten, tatsächlich aber nicht (mehr) vorhandenen endgültigen Abschlussbereitschaft zu bestimmten Bedingungen zu bewahren. Letzteres käme hier in Betracht, die insoweit beweis- und darlegungspflichtigen Kläger konnten aber bereits die ernstzunehmende Verkaufsabsicht des Beklagten für einen Verkauf zum 01.01.2013 nicht beweisen.

Zwar haben die Kläger die Schreiben vom 11.06.2012 und vom 28.06.2012 vorgelegt, in denen der Beklagte bestätigt, ihnen das Grundstück zu einem Preis von 175.000,00 EUR anzubieten. Die Schreiben, die nach § 416 ZPO Privaturkunden darstellen, bieten – da sie nicht vom Beklagten bestritten worden sind – Beweis dafür, dass die enthaltenen Erklärungen vom Aussteller abgegeben worden sind.

Auch haben die Kläger im Rahmen der informatorischen Anhörung nachvollziehbar erklärt, dass sie den Beklagten über jegliche Geschehnisse, wie zum Beispiel den Abschluss der Darlehensverträge, informiert haben und dass bereits Anstrengungen hinsichtlich der Erstellung eines notariellen Vertrages in Absprache mit dem Beklagten unternommen worden waren. Insofern ist auch der Widerspruch in der Erklärung der Klägerin unbeachtlich, als sie davon gesprochen hat, dass der Beklagte bis Juli 2014 abschreiben wollte. Aufgrund ihrer davor und danach getätigten Äußerungen ist das Gericht davon überzeugt, dass dies lediglich ein Versehen war.

Demgegenüber hat allerdings die Zeugin O bekundet, dass der Beklagte gerade keine Verkaufsabsicht dergestalt gehabt hat, dass den Kläger das Objekt zum 01.01.2013 übertragen werden sollte. Er habe auch nicht gewusst, dass die Kläger bereits die Darlehensverträge unterschrieben hatten, sondern ihnen mitgeteilt, dass ein Verkauf frühestens Mitte 2014 möglich sei. Die Aussage ist glaubhaft, insbesondere, da sie stringent und in sich schlüssig ist und die Zeugin bestehende Wissenslücken ohne Nachhaken eingeräumt hat. Den Klägern war diesbezüglich „kein Schriftsatznachlass auf das Protokoll“ zu gewähren, da insbesondere keine neuen Tatsachen von der Zeugin bekundet wurden.

Zur Überzeugung des Gerichts konnte deshalb nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Beklagte die behauptete Verkaufsabsicht besaß, was dazu führt, dass die beweisbelasteten Kläger beweisfällig geblieben sind.

Denn die vorgelegten Schreiben vom 11.06.2012 und vom 28.06.2012 führen auch nicht zu einer Beweislastumkehr zulasten des Beklagten. Zum einen beweisen die Schreiben nur, dass der Beklagte die in ihnen enthaltenen Erklärungen abgegeben hat und gerade nicht deren inhaltliche Richtigkeit. Zum anderen sind aufgrund der engen Voraussetzungen, die an einen Anspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung bei einem formbedürftigen Vertrag geknüpft sind, erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast der beweisbelasteten Partei zu stellen, wobei das Gericht nicht verkennt, dass es sich bei der in Frage stehenden Verkaufsabsicht, um eine innere Tatsache handelt, deren Nachweis zumeist nur durch Indizien geführt werden kann. Es ist daher lediglich von einer sekundären Darlegungslast des Beklagten auszugehen, der er durch sein Vorbringen, er sei davon ausgegangen, die Kläger bräuchten die Schreiben nur, um bei der Bank zu erfragen, ob überhaupt eine Finanzierung möglich sei, nachgekommen ist.

Selbst wenn von einer Verkaufsabsicht des Beklagten ausgegangen wird, kann dies aber ohnehin zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn der Beklagte hat unbestritten vorgetragen, dass die Absicht, das Grundstück überhaupt in den nächsten Jahren verkaufen zu wollen, jedenfalls in der Zeit nach dem Tod des Vaters der Zeugin O am 11.09.2012 nicht mehr bestand. Da der Beklagte den Klägern hierauf am 25.09.2012 die endgültige Absage erteilte, liegt keine Zeitspanne vor, in der der Beklagte innerlich von der Verkaufsabsicht abgerückt ist, ohne den Klägern darüber Mitteilung zu machen, so dass diese keine weiteren Investitionen tätigen.

Die geltend gemachten Schadenspositionen – dessen Anfallen unterstellt werden kann, da das lediglich pauschale Bestreiten des Beklagten hierzu jedenfalls nicht ausreicht – würden überdies auch nicht auf einer solchen Pflichtverletzung beruhen. Denn die Kläger haben gerade keinen Anspruch auf die Durchführung des notariell zu beurkundenden Vertrages. Im Rahmen des hier in Rede stehenden Anspruchs könnten sie allenfalls Ersatz für die Aufwendungen verlangen, die sie in der Zeit getätigt haben, in denen der Beklagte sie nicht von der nun nicht mehr bestehenden Verkaufsabsicht unterrichtet hat, da vorher entstandene Kosten und hinterher entstandene Kosten nicht kausal auf einer Aufklärungspflichtverletzungen beruhen können.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 12.485,20 EUR

 

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